LVwG-400062/2/Gf/Rt

Linz, 24.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des S gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 16. Dezember 2013, Zl. VerkR96-99-2012, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG i.V.m. § 28 Abs. 5 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 17 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

II.         Der Beschwerdeführer hat weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 16. Dezember 2013, Zl. VerkR96-99-2012, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 37 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 30 Euro) verhängt, weil er am 25. Mai 2012 um 23:42 Uhr auf der Autobahn A 8 im Gemeindegebiet von S M bei Schärding ein mehrspuriges KFZ mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t gelenkt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da das von ihm benützte Abbuchungsgerät kein ausreichendes Guthaben aufgewiesen habe, sodass an der Kontrollstelle keine Abbuchung habe erfolgen können. Dadurch habe er eine Übertretung des § 7 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl.Nr. I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 135/2008 (im Folgenden: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 2 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete Tatverhalten sei auf Grund einer Anzeige der ASFINAG und des behördlichen Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; daher sei lediglich die Mindeststrafe zu verhängen gewesen.

 

2. Wann dieses Straferkenntnis dem Rechtsmittelwerber zugestellt wurde, lässt sich dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt nicht entnehmen; zu Gunsten des Beschwerdeführers ist daher davon auszugehen, dass der von ihm am 22. Oktober 2014 zur Post gegebene Schriftsatz – zumal dem auch seitens der Behörde anlässlich der Vorlage an das Verwaltungsgericht nicht widersprochen wurde – als innerhalb der vierwöchigen Rechtsmittelfrist und sohin rechtzeitig eingebracht anzusehen ist.

 

Inhaltlich weist der Rechtsmittelwerber darin – wie auch bereits im behördlichen Strafverfahren – darauf hin, dass es nicht erwiesen sei, ob der verfahrensgegenständliche LKW zum Tatzeitpunkt von ihm oder von seinem Kollegen gelenkt worden sei.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Zl. VerkR96-99-2012; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme konnte, soweit es den entscheidungsrelevanten Sachverhalt betrifft, festgestellt werden, dass sich der der Stellungnahme der ASFINAG vom 18. Dezember 2012 angeschlossenen Lichtbildaufnahme bzw. deren Original (Referenznummer: X) lediglich entnehmen lässt, dass sich im Führerhaus des verfahrensgegenständlichen LKWs zwar nur eine Person befindet, jedoch deren Identität, insbesondere deren Physiognomie, in keiner Weise erkennbar ist.

 

Mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass zum angelasteten Tatzeitpunkt tatsächlich der Beschwerdeführer – und nicht sein ihn auf dieser Tour begleitet habender Kollege – das Fahrzeug gelenkt hat.  

 

3. Weil im BStMG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

1. Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen, der als Kraftfahrzeuglenker eine Mautstrecke – hierzu zählen nach § 1 Abs. 1 und Abs. 4 BStMG sämtliche als solche gekennzeichneten Bundesstraßen – benützte, ohne die nach § 6 BStMG geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

 

Davon ausgehend, dass die Maut gemäß § 2 BStMG entweder für zurückgelegte Fahrstrecken (fahrleistungsabhängige Maut) oder für bestimmte Zeiträume (zeitabhängige Maut) zu entrichten ist, unterlag die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, nach § 6 BStMG einer fahrleistungsabhängigen Maut. Diese war gemäß § 7 Abs. 1 BStMG entweder durch den Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder durch eine Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

2.1. Im gegenständlichen Fall lässt sich, wie bereits zuvor unter II.2. ausgeführt, nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erweisen, dass zum angelasteten Tatzeitpunkt tatsächlich der Beschwerdeführer – und nicht sein ihn auf dieser Tour begleitet habender Kollege (wobei beide Personen sowohl ausländische Staatsbürger als auch bei einem ausländischen Unternehmer als Fernfahrer beschäftigt sind) – das Fahrzeug gelenkt hat.

 

Dieser Umstand ist deshalb von essentieller Bedeutung, weil § 20 Abs. 2 BStMG hinsichtlich der Strafbarkeit wegen dieser Verwaltungsübertretung explizit auf die Lenkereigenschaft – und nicht bloß auf die Eigenschaft einer Person als Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges o.Ä. – abstellt.

 

Da es sich hierbei um ein Tatbestandsmerkmal (und nicht um ein Schuldelement) handelt, obliegt der Behörde jedenfalls der Nachweis der Lenkereigenschaft des Beschuldigten.

 

Reichen hierfür die angefertigten Lichtbilder mangels technischer Unzulänglichkeit der eingesetzten Überwachungskameras nicht hin, ist weder der Beschuldigte noch dessen Arbeitgeber dazu verhalten, Aufzeichnungen (wie Tachoschaublätter o.Ä.), deren Herausgabe im Übrigen nur von den Behörden ihres Heimatstaates begehrt werden kann, vorzulegen.

 

Vielmehr ist die nationale Behörde darauf beschränkt, der zweiten vom Zulassungsbesitzer mit Namen und Anschrift als möglicher Lenker bekannt gegebenen Person die Tatanlastung vorzuhalten und davon ausgehend in freier Beweiswürdigung zu beurteilen, welche Verantwortung der beiden der Tat verdächtigen Personen als glaubwürdig(er) zu erachten ist.

 

Dem gegenüber ist die Annahme, dass eine im Verlauf des Verfahrens geänderte Verantwortung eines Beschuldigten schon per se als unglaubwürdig zu qualifizieren ist, weder in dieser Allgemeinheit haltbar, weil es diesem dadurch generell verunmöglicht würde, ihm erst im Nachhinein erinnerliche Entlastungsaspekte vorzubringen, noch insbesondere dann, wenn sich erst ex post – nämlich wie hier, wo dem Beschwerdeführer entgegen der ursprünglichen Annahme des Vorliegens eines zweifelsfreien Beweismittels erst nach geraumer Zeit erkennbar wird, dass das von den Kontrollorganen angefertigte Lichtbild zur Identitätsfeststellung ungeeignet ist – ergibt, dass hinsichtlich eines konkret angelasteten Deliktes zwei Personen als Täter in Frage kommen.    

 

Indem die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine diesbezügliche Einvernahme jener zweiten Person aber von vornherein unterlassen hat, war jedenfalls angesichts der objektiv zweifelhaften Tätereigenschaft zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK) davon auszugehen, dass er die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Tat nicht begangen hat.

 

2.2. Der gegenständlichen Beschwerde war daher gemäß § 50 VwGVG i.V.m. § 28 Abs. 5 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 17 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

3. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (vgl. § 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (vgl. § 52 Abs. 9 VwGVG) vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist für den Beschwerdeführer gemäß § 25a Abs. 4 Z. 2 VwGG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 letzter Satz B-VG nicht zulässig.

 

Für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei ist eine ordentliche Revision deshalb unzulässig, weil im Zuge des vorliegenden Verfahrens keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

Weder weicht nämlich die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

 

Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustel-lung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevoll-mächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Ein-gabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revi-sion an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzu-bringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Ver-waltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

LVwG-400062/2/Gf/Rt vom 24. November 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

EMRK Art6 Abs2

BStMG §7

BStMG §20

 

 

* Ob tatsächlich der Beschwerdeführer – und nicht sein ihn auf dieser Tour begleitet habender Kollege (wobei beide Personen sowohl ausländische Staatsbürger als auch bei einem ausländischen Unternehmer als Fernfahrer beschäftigt sind) – das Fahrzeug gelenkt hat, ist deshalb von essentieller Bedeutung, weil § 20 Abs. 2 BStMG explizit auf die Lenkereigenschaft – und nicht bloß auf die Eigenschaft einer Person als Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges o.Ä. – abstellt;

 

* Da es sich hierbei um ein Tatbestandsmerkmal (und nicht um ein Schuldelement) handelt, obliegt der Behörde jedenfalls der Nachweis der Lenkereigenschaft des Beschuldigten. Reichen hierfür die angefertigten Lichtbilder mangels technischer Unzulänglichkeit der eingesetzten Überwachungskameras nicht hin, ist weder der Beschuldigte noch dessen Arbeitgeber dazu verhalten, Aufzeichnungen (wie Tachoschaublätter o.Ä.), deren Herausgabe im Übrigen nur von den Behörden ihres Heimatstaates begehrt werden kann, vorzulegen. Vielmehr ist die nationale Behörde darauf beschränkt, der zweiten vom Zulassungsbesitzer mit Namen und Anschrift als möglicher Lenker bekannt gegebenen Person die Tatanlastung vorzuhalten und davon ausgehend in freier Beweiswürdigung zu beurteilen, welche Verantwortung der beiden der Tat verdächtigen Personen als glaubwürdig(er) zu erachten ist. Dem gegenüber ist die Annahme, dass eine im Verlauf des Verfahrens geänderte Verantwortung eines Beschuldigten schon per se als unglaubwürdig zu qualifizieren ist, weder in dieser Allgemeinheit haltbar, weil es diesem dadurch generell verunmöglicht würde, ihm erst im Nachhinein erinnerliche Entlastungsaspekte vorzubringen, noch insbesondere dann, wenn sich erst ex post – nämlich wie hier, wo dem Beschwerdeführer entgegen der ursprünglichen Annahme des Vorliegens eines zweifelsfreien Beweismittels erst nach geraumer Zeit erkennbar wird, dass das von den Kontrollorganen angefertigte Lichtbild zur Identitätsfeststellung ungeeignet ist – ergibt, dass hinsichtlich eines konkret angelasteten Deliktes zwei Personen als Täter in Frage kommen;   

 

* Indem die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine diesbezügliche Einvernahme jener zweiten Person aber von vornherein unterlassen hat, war jedenfalls angesichts der objektiv zweifelhaften Tätereigenschaft zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK) davon auszugehen, dass er die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Tat nicht begangen hat.

 

 

Schlagworte:

 

Mehrtäterschaft; Beweislast; Änderung der Verteidigungslinie; ungeeignete Überwachungskameras

 

 

 

LVwG-400062/2/Gf/Rt vom 24. November 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

EMRK Art6 Abs2

BStMG §7

BStMG §20

 

 

* Ob tatsächlich der Beschwerdeführer – und nicht sein ihn auf dieser Tour begleitet habender Kollege (wobei beide Personen sowohl ausländische Staatsbürger als auch bei einem ausländischen Unternehmer als Fernfahrer beschäftigt sind) – das Fahrzeug gelenkt hat, ist deshalb von essentieller Bedeutung, weil § 20 Abs. 2 BStMG explizit auf die Lenkereigenschaft – und nicht bloß auf die Eigenschaft einer Person als Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges o.Ä. – abstellt;

 

* Da es sich hierbei um ein Tatbestandsmerkmal (und nicht um ein Schuldele-ment) handelt, obliegt der Behörde jedenfalls der Nachweis der Lenkereigenschaft des Beschuldigten. Reichen hierfür die angefertigten Lichtbilder mangels technischer Unzulänglichkeit der eingesetzten Überwachungskameras nicht hin, ist weder der Beschuldigte noch dessen Arbeitgeber dazu verhalten, Aufzeichnungen (wie Tachoschaublätter o.Ä.), deren Herausgabe im Übrigen nur von den Behörden ihres Heimatstaates begehrt werden kann, vorzulegen. Vielmehr ist die nationale Behörde darauf beschränkt, der zweiten vom Zulassungsbesitzer mit Namen und Anschrift als möglicher Lenker bekannt gegebenen Person die Tatanlastung vorzuhalten und davon ausgehend in freier Beweiswürdigung zu beurteilen, welche Verantwortung der beiden der Tat verdächtigen Personen als glaubwürdig(er) zu erachten ist. Dem gegenüber ist die Annahme, dass eine im Verlauf des Verfahrens geänderte Verantwortung eines Beschuldigten schon per se als unglaubwürdig zu qualifizieren ist, weder in dieser Allgemeinheit haltbar, weil es diesem dadurch generell verunmöglicht würde, ihm erst im Nachhinein erinnerliche Entlastungsaspekte vorzubringen, noch insbesondere dann, wenn sich erst ex post – nämlich wie hier, wo dem Beschwerdeführer entgegen der ursprünglichen Annahme des Vorliegens eines zweifelsfreien Beweismittels erst nach geraumer Zeit erkennbar wird, dass das von den Kontrollorganen angefertigte Lichtbild zur Identitätsfeststellung ungeeignet ist – ergibt, dass hinsichtlich eines konkret angelasteten Deliktes zwei Personen als Täter in Frage kommen;   

 

* Indem die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine diesbezügliche Einver-nahme jener zweiten Person aber von vornherein unterlassen hat, war jedenfalls angesichts der objektiv zweifelhaften Tätereigenschaft zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers (vgl. Art. 6 Abs. 2 EMRK) davon auszugehen, dass er die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Tat nicht begangen hat.

 

 

Schlagworte:

 

Mehrtäterschaft; Beweislast; Änderung der Verteidigungslinie; ungeeignete Überwachungskameras