LVwG-600496/16/KLE/SA

Linz, 15.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des Dr. S L, S, A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S L, S, A, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 31.7.2014, GZ: S-7404/14-4,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 18 Euro zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat mit Straferkenntnis vom 31.7.2014, GZ: S-7404/14-4 folgenden Spruch erlassen:

„Sie haben am 08.11.2013 um 13:40 Uhr in Linz, A7, StrKm 1,500, Fahrtrichtung Linz das KFZ, Kz: X gelenkt und auf einer Richtungsfahrbahn in einem Abschnitt mit mindestens zwei Fahrstreifen eine bereits gebildete Rettungsgasse benützt, obwohl Sie kein Einsatzfahrzeug oder ein Fahrzeug des Straßendienstes bzw. Pannendienstes lenkten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 46 Abs. 6 StVO.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 90 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Stunden gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

10 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 100 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wurde,

„1. dem Rechtsmittel Folge zu geben, eine Berufungsverhandlung anzuberaumen, das erstinstanzliche Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das gegen mich eingeleitete Strafverfahren einzustellen;

2. hilfsweise das Verfahren auf Grund der Folgenlosigkeit des zu vernachlässigenden Verschuldens gemäß § 25 Abs. 3, 34 und 45 Abs. 1 VStG (vormals § 21 VStG) bei einer Ermahnung bewenden zu lassen.“

Weiters wurden folgende Beweismittel beantragt:

„- Abhalten eines Lokalaugenscheines,

- Einvernahme der Zeugen A H und Mag. R B,

- Einholung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen zur Abgrenzung und Erkennbarkeit von zähem und stockenden Verkehrsaufkommen,

- Einholung einer Auskunft aus der Verkehrsstauzentrale

- Einholung von Videoaufnahmen der A zum Verkehr auf der A7 am 8.11.2013 im Zeitraum 13.00 – 14.00 Uhr,

- meine ergänzende Einvernahme als Partei.“

 

Begründend wurde folgendes ausgeführt:

„I. Wie sich aus dem Spruch des angeführten Straferkenntnisses ergibt, werde ich verdächtigt, am 8.11.2013 um 13.40 Uhr in Linz, A7, StrKm 1,500, Fahrtrichtung Linz, das KFZ X gelenkt und auf einer Richtungsfahrbahn in einem Abschnitt mit mindestens zwei Fahrstreifen unberechtigterweise eine bereits gebildete Rettungsgasse benützt zu haben.

Richtig ist, dass ich am angeführten Tag das näher bezeichnete Fahrzeug gelenkt habe. Völlig unrichtig ist hingegen der Vorwurf, dass ich eine gebildete Rettungsgasse benützt hätte. Das gegenständliche Straferkenntnis wird sohin vollinhaltlich bekämpft. Als Berufungsgründe werden insbesondere Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige rechtliche Sachverhaltsdarstellung und Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht:

a) Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn ua dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. Das angefochtene Straferkenntnis begnügt sich hingegen damit, auf die (unreflektiert und auszugsweise übernommenen) Angaben der Privatanzeigerin zu verweisen. Die belangte Behörde hat dadurch zwar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich den Angaben der Privatanzeigerin anschließt, es jedoch unterlassen, sich mit den von mir vorgebrachten Argumenten eingehend auseinander zu setzen. Der Grund dafür liegt offenbar darin, dass sie nicht in der Lage war, mein Vorbringen zu entkräften. Unter diesen Umständen aber stellt sich die unvollständige Begründung des angefochtenen Straferkenntnis als Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften dar, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Zum Beweis für die Richtigkeit meines Vorbringens, wonach bei StrKm 1,500 weder ein Stocken noch ein Stau, sondern allenfalls ein zäher Nachmittagsverkehr vorherrschte, habe ich ua. einen Lokalaugenschein, die Einholung eines Gutachtens sowie einer Auskunft aus der Verkehrsstauzentrale, meine ergänzende Einvernahme als Partei sowie die Einvernahme von A H und der Anzeigerin Mag. R B als Zeugen sowie auf die Einholung von Videoaufnahmen der Verkehrsüberwachung der A berufen. Keinen dieser Anträge hat die erkennende Behörde vollinhaltlich berücksichtigt. Auch wurden die beiden Zeugen in meiner Abwesenheit befragt und nur niederschriftlich einvernommen. Die bloße Übermittlung einer niederschriftlichen Zeugenaussage widerspricht jedoch dem Grundsatz eines fairen Verfahrens, dem Grundsatz der Mündlichkeit und jenem des rechtlichen Gehörs (Art. 6 EMRK). So verweist die belangte Behörde selbst darauf, dass „das Strafverfahren ohne meine Anhörung durchgeführt wird, wenn ich von der Möglichkeit zur Rechtfertigung nicht Gebrauch machen“ sollte. Eine schriftliche Rechtfertigung meinerseits vom 6.5.2014 kann als aktenkundig vorausgesetzt werden. Aufgrund der geforderten Rechtfertigung hätte demnach auch die angekündigte (mündliche) Anhörung stattfinden müssen.

Dazu kommt, dass ein Spruch ausreichend bestimmt sein muss (§ 44a VStG). Der hier angeführte Sachverhalt ist nicht hinreichend bestimmt, um die als erwiesen angenommene Tat ausreichend individualisieren und ein „ne bis in idem“ vermeiden zu können, zumal sich die Ortsangabe nur auf den „StrKm 1,500“ und damit nur auf eine punktuelle Örtlichkeit bezieht. Der hier gegenständliche Vorwurf erstreckt sich auf ein vermutetes Befahren einer Rettungsgasse und damit auf einen Straßenbereich und eben nicht auf eine bloß punktuelle Km-Angabe.

Bei der Nichtzulassung meiner Anträge handelt es sich um eine vorgreifende Beweiswürdigung. Die Nichtzulassung meiner Beweisanträge ist geeignet, eine für mich ungünstige Entscheidung zu begründen, weil bei Einholung der beantragten Beweise meine Unschuld objektiviert werden hätte können, zumindest aber ein Freispruch im Sinne von in dubio pro reo vorzunehmen gewesen wäre.

b) Zur unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung:

Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde geht die Privatanzeigerin etwa in ihrer Anzeige vom 9.11.2013 selbst davon aus, dass „der vor ihr fahrende PKW Lenker … dies ebenfalls beobachtet“ hätte. Demnach ist durchaus davon auszugehen, dass sich die Anzeigerin ebenfalls fahrend und bei dem hier strittigen Bereich bei StrKm 1,500 und eben nicht (mehr und/oder gerade noch nicht) in einer Rettungsgasse befunden hat. Dies mag nicht ausschließen, dass einige Zeit zuvor, also auf der von der Anzeigerin befahrenen Strecke (von der A1 kommend auf die A7) eine Rettungsgasse bestanden hat, welche sich im Bereich StrKm 1,500 in einen zähen Verkehr übergegangen ist und anschließend nach StrKm (wieder und/oder erst) in eine Rettungsgasse übergegangen ist. Als die Rettungsgasse als solche erkennbar war, haben sich die vor mir fahrenden Fahrzeuge und auch ich in diese ordnungsgemäß eingeordnet.

Darüber hinaus bestätigt die Privatanzeigerin, dass sich auch diese selbst zu diesem Zeitpunkt in der teilweise stehenden und teilweise zäh fließenden Rettungsgasse befand.

Auch zeigen die widersprüchlichen Feststellungen der belangten Behörde in der Möglichkeits- und Istform, wie „mit Hilfe des Kartenprogramms „Doris“ wurde sei die Tatörtlichkeit definiert worden“, dass offenbar keine konkreten Feststellungen darüber abzuleiten sind, ob ich nun in der von der Privatanzeigerin behaupteten Art gefahren „bin“ oder nur angeblich „sei“.

Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeitsangaben der Privatanzeigerin (50-60 km/h) und des Zeugen (15-20 km/h) bestehen ausreichende Zweifel zur Identifizierung, ob es sich dabei um ein und dasselbe Fahrzeug gehandelt hat. Zudem konnte der Zeuge auch zur Farbe offenkundig nur Vermutungen (vermutlich schwarz) anstellen.

Gerade im Hinblick auf diese divergierenden Angaben zur Geschwindigkeit lässt die Schlussfolgerung der belangten Behörde fraglich erscheinen, wonach die Angaben der Privatanzeigerin mit denen des von ihr genannten Zeugen in wesentlichen Punkten übereinstimmen würden.

Entgegen den Erwägungen der belangten Behörde stimmen auch die Aussagen zur Rettungsgasse, wonach diese „seit längerer Zeit ausgeprägt und gebildet“ gewesen sei, ausdrücklich gerade nicht überein. Wie bereits oben dargestellt, hat die Privatanzeigerin ja selbst angegeben, dass die (auch von ihr) befahrene Rettungsgasse teilweise stehend und teilweise zäh fließend war.

Meiner Erinnerung nach begann die Rettungsgasse sich erst in Annäherung der Überkopfverkehrsanlage in der Nähe des Abbiegestreifens „Linz-Franzosenhausweg“ zu bilden. Als der Verkehr zu stocken begann, ordneten sich die vor mir fahrenden Fahrzeuge und ich auch in den linken Fahrstreifen ein. Meiner Erinnerung nach befindet sich im Bereich der Überkopfanlage in der Nähe des Abbiegestreifens nach „Linz-Franzosenhausweg“ auch die von der erkennenden Behörde geforderte unterbrochene Randlinie, sodass es für mich eben nicht eindeutig erkennbar sein hätte müssen, ob die sich rechts einordnenden Fahrzeuge für eine Rettungsgasse Platz machen der sich bloß zu einem Abbiegevorgang nach „Linz-Franzosenhausweg“ einordnen.

c) zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum § 46 StVO ist die Rettungsgasse freizuhalten, wenn auf der Autobahn der Verkehr zu stocken beginnt. Arg e contrario kann (und muss) die Rettungsgasse wieder (mit)benützt werden, wenn der Verkehr wieder zu fließen beginnt. Nach den Angaben der Privatanzeigerin war – von einer teilweisen stehenden und teilweise zäh fließenden Rettungsgasse auszugehen. Die Rettungsgasse war demnach offenbar – selbst nach den Angaben der Privatanzeigerin – nicht durchgehend ausgebildet. Sodass die Behörde – zumindest im Zweifel – davon ausgehen hätte müssen, dass schon der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist.

d) zu einem allfälligen Verschulden: Zu berücksichtigen bleibt, dass im gegenständlichen Fall allenfalls nur ein geringes Verschulden vorliegen kann und keine Folgen verbunden waren.

Dazu kommt, dass die Milderungsgründe (bislang völlige Unbescholtenheit) überwiegen und keinerlei Erschwerungsgründe vorliegen. Völlig abwegig scheint zudem die Annahme, dass meine xjährige Tochter sowie meine Gattin „keine ins Gewicht“ fallenden Sorgepflichten mit sich bringen würden.“

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.10.2014 und 19.11.2014. An der Verhandlung nahmen der Beschwerdeführer, die Zeugin Mag. Dr. R B und der Zeuge Ing. A H teil.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer lenkte am 8.11.2013, um 13:40 Uhr in Linz, auf der A7, StrKm 1.500, Fahrtrichtung Linz das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X. Er fuhr auf dem rechten Fahrstreifen.

 

Nach Angaben des Beschwerdeführers herrschte zäher Kolonnenverkehr. Dies wurde von beiden Zeugen dahingehend konkretisiert, dass „Stop-and-Go“-Verkehr geherrscht hat. Die Fahrzeuge bewegten sich zwischen 5 bis 10 km/h und kamen immer wieder zum Stillstand. Die Zeugin beschrieb dies so: „Es war ca. 1-2 m fahren und dann ist der Verkehr wieder zum Stillstand gekommen.“ Sie befand sich auf dem linken Fahrstreifen. Die rechte Fahrzeugkolonne fuhr auf dem Pannenstreifen.

Zum Tatzeitpunkt befand sich die Zeugin auf dem linken Fahrstreifen in der stillstehenden Kolonne ca. auf Höhe StrKm 1,5, im Bereich der Brücke über die T, als ein „dunkelgrünes Fahrzeug mit dem Kennzeichen X“ an ihr mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h vorbeifuhr. Der Zeugin fiel auf, dass einige Fahrzeuglenker hupten. Der Beschwerdeführer gab an, kein Hupen, das ihm gegolten hätte, gehört zu haben. Aus Sicht des Beschwerdeführers fuhr er deswegen zwischen den Kolonnen, da er aufgrund seiner Ortsunkenntnis, der nach rechts blinkenden Fahrzeuge und der nahenden Ausfahrt Franzosenhausweg vermutete, dass sich die rechte Kolonne zum Abbiegen eingereiht hätte und er nicht von der Autobahn abfahren wollte.

Der Verzögerungsstreifen der Ausfahrt beginnt ca. bei StrKm 2,000, also einen halben Kilometer nach dem Tatort. Die Zeugin gab an, dass an der Ausfahrt Franzosenhausweg ein bis zwei Fahrzeuge abgefahren sind. In der Rettungsgasse war nur dieses eine Fahrzeug unterwegs.

Der Zeuge, der unmittelbar vor dem Fahrzeug der Zeugin auf dem linken Fahrstreifen unterwegs war, konnte die Angaben der Zeugin insoweit bestätigen, als ein dunkles Fahrzeug langsam nach vorne fuhr, seiner Erinnerung nach mit ca. 5-10 km/h. Ob weitere Fahrzeuge in der Rettungsgasse nach vorne fuhren, war ihm nicht mehr erinnerlich. Einige Fahrzeuglenker hupten, als das dunkle Fahrzeug nach vorne fuhr.

 

Der Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und korrespondierenden Aussagen der beiden Zeugen. Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts besteht keinerlei Grund an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln und es steht fest, dass der Beschwerdeführer die Rettungsgasse zwischen den Fahrzeugkolonnen befahren hat. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, zwischen zwei Fahrzeugkolonnen durchgefahren zu sein.

 

Gerade weil der Beschwerdeführer seine Ortsunkundigkeit ins Treffen führt, ist er umso mehr daran gehalten, den Verkehr bzw. die übrigen Verkehrsteilnehmer aufmerksam zu verfolgen. Im Bereich von StrKm 1,500 war der Beginn des Verzögerungsstreifens der Ausfahrt Franzosenhausweg einen halben Kilometer entfernt. Er konnte daher bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht davon ausgehen, dass alle auf dem Pannenstreifen befindlichen Fahrzeuge die Autobahn verlassen wollten.

 

Auf die weiteren im Rechtsmittel angeführten Beweisanträge war aufgrund des bereits ausreichend feststehenden Sachverhaltes nicht mehr näher einzugehen.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

§ 46 Abs. 6 StVO lautet:

Stockt der Verkehr auf einer Richtungsfahrbahn in einem Abschnitt mit mindestens zwei Fahrstreifen, so müssen Fahrzeuge für die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen in der Mitte zwischen den Fahrstreifen, in Abschnitten mit mehr als zwei Fahrstreifen zwischen dem äußerst linken und dem daneben liegenden Fahrstreifen, eine freie Gasse bilden (Rettungsgasse); diese Gasse darf, außer von Einsatzfahrzeugen, nur von Fahrzeugen des Straßendienstes und Fahrzeugen des Pannendienstes benützt werden.

 

Im Gesetz wird nicht näher ausgeführt, was darunter zu verstehen ist, wenn der Verkehr „stockt“.

 

In den Materialien wird dazu ausgeführt:

„Mit dem neuen § 46 Abs. 6 wird in Österreich das System der sogenannten „Rettungsgasse“ eingeführt. Wann immer sich auf einer Richtungsfahrbahn einer Autobahn mit mindestens zwei Fahrstreifen ein Stau aufzubauen beginnt, sollen die Autofahrer verpflichtet sein, vorausschauend eine Gasse freizuhalten, durch die Einsatzfahrzeuge ungehindert zu ihrem Einsatzort gelangen können. Diese Regelung entspricht einer langjährigen Forderung der Einsatz- und Rettungsorganisationen und hat sich in Deutschland und anderen Ländern gut bewährt. Sofern ein Pannenstreifen vorhanden ist, wird dabei auch ein Ausweichen auf den Pannenstreifen zwecks Bildung der Rettungsgasse – vergleichbar dem Einfahren in eine Kreuzung trotz roter Ampel, um einem Einsatzfahrzeug Platz zu machen - als gerechtfertigt anzusehen sein.“

 

Zur Tatzeit standen die Fahrzeugkolonnen still bzw. im Stau. Es war daher eine Gasse vorausschauend freizuhalten. Die Fahrzeuglenker bildeten eine Rettungsasse: die rechte Fahrzeugkolonne befand sich auf dem Pannenstreifen,  die linke Fahrzeugkolonne auf dem linken Fahrstreifen.

 

Der Beschwerdeführer benützte diese Rettungsgasse entgegen § 46 Abs. 6 StVO. Somit wurde der objektive Tatbestand erfüllt.

 

Durch die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Bezeichnung des Tatortes mit „Linz, A7, StrKm 1,500, Fahrtrichtung Linz“, ist dieser hinreichend bestimmt bzw. wurde dem Konkretisierungsgebot entsprochen. Die an die Angabe des Tatortes gestellten Bestimmtheitserfordernisse  haben lediglich im Auge, den Bestraften nicht in seinen Verteidigungsrechten einzuschränken und eine Doppelbestrafung zu verhindern (vgl. VwGH 27.4.2002, 2011/02/0324).

 

Das Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche den Beschwerdeführer entlasten und somit sein Verschulden ausschließen hätten können, sodass gemäß § 5 Abs. 1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Übertretung als erfüllt zu bewerten.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Nach § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist der Ansicht, dass die von der Behörde verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und in der festgesetzten Höhe erforderlich ist, um den Beschwerdeführer und die Allgemeinheit wirksam von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten.

 

Die Geldstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung und liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens.

 

Die ohnehin niedrig verhängte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Beschwerdeführer in Zukunft zur genauesten Beachtung seiner gesetzlichen Verpflichtungen bewegen.

 

§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG konnte keine Anwendung finden, da kein geringes Verschulden vorliegt, da das tatbildmäßige Verhalten des Täters nicht hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

 

 

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer