LVwG-650141/20/MS/SA

Linz, 10.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin  Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn Ing. A. W., K. 8, A., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom 15. Mai 2014, AZ: 14167393, mit dem die Lenkberechtigung eingeschränkt wurde

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 15. Mai 2014, AZ: 14167393, wurde die Lenkberechtigung von Herrn Ing. A. W. für die Klassen AM, A1, A2, A und B in der zeitlichen Gültigkeit bis 15. Mai 2017 befristet und wurden als Auflagen vorgeschrieben:

-           Amtsärztliche Nachbegutachtung in drei Jahren unter Beibringung einer internistischen Stellungnahme, einer augenfachärztlichen Stellungnahme und einer HNO-fachärztlichen Stellungnahme

-           Jährliche Vorlage eines internistischen-, augenfachärztlichen- und HNO-fachärztlichen-Verlaufsbefundes (Code 104), das ist zum 13. Mai 2015, 15. Mai 2016

-           Verwendung von Kontaktlinsen oder Sehbrille beim Lenken von KFZ (Code 01.06)

-           Verwendung eines Hörgerätes (Code 02.02)

 

Begründet wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Im amtsärztlichen Gutachten vom 13. Mai 2014 wurde festgestellt, dass derzeit Ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Fahrzeugen grundsätzlich gegeben ist. Vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach wurde jedoch bei der Begutachtung Folgendes festgestellt:

„Laut vorliegender fachärztlicher Stellungnahmen des Klinikums Wels-Grieskirchen wurde beim Obgenannten eine MIDD herideritäre Punktmutation der mitrochondrialen DNA mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus und Schwerhörigkeit festgestellt. Dabei handelt es sich um eine seltene Erkrankung, weshalb aus hierortiger Sicht der sehr genaue Ambulanzbericht des Klinikums Wels-Grieskirchen akzeptiert wird. Herr Dr. W. wurde noch bezüglich der Prognose befragt, wobei er angab, dass diese unsicher sei, da jedoch Herr Ingenieur W. als sehr compliant und verantwortungsbewusst beschrieben wurde, ist auch laut fachärztlicher Meinung Dr. W. eine weitere amtsärztliche Untersuchung nach Ablauf von 3 Jahren möglich, die vorgeschriebenen jährlichen weiteren Befundvorlagen sind jedoch zur Verlaufskontrolle erforderlich. Herr Ing. W. befindet sich in laufender ärztlicher Behandlung.

Dieses Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und wird der behördlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

 

Gegen diesen Bescheid hat Herr Ingenieur W. mit Schreiben vom 27. Mai 2014 und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben und diese wie folgt begründet:

„Die Beschränkungen sind weder notwendig noch führten diese zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit, da keine akuten Veränderungen meines Gesundheitszustandes zu erwarten sind, bezüglich der Eigenschaften, die zum Lenken eines Fahrzeuges der Gruppe 1 nötig sind. Meine Grunderkrankung ist genetisch bedingt und wird weder heilen noch sich verschlimmern. Lediglich der normale Verfall des Gesundheitszustandes, wie der eines jeden Menschen, könnte etwas rascher verlaufen. Wie bei jedem Fahrzeuglenker liegt die Entscheidung bei einem selbst, ob der progressive Verlauf des Gesundheitszustandes das Lenken eines Fahrzeuges erlaubt. Der Gesetzgeber überlässt jedem alternden Menschen die Entscheidung selbst, ob eine Fahrtüchtigkeit zum entsprechenden Zeitpunkt gegeben ist. Dasselbe sollte auch für mich gelten. Der Verlust des optimalen Hörvermögens tritt in der Regel bei jedem Menschen ein. Abgesehen vom Schwindel, der bei mir nicht auftritt, verhindert dies nicht das Lenken eines Fahrzeugs, da offensichtlich sogar taube Menschen berechtigt sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken. Mein Sehvermögen, also die Kurzsichtigkeit, wird mittels eines Sehbehelf weitgehend korrigiert und verschlechtert sich seit über 35 Jahren nicht. Auch eine außergewöhnliche Verschlechterung des Sehsinns ist kaum zu erwarten, abgesehen durch die Folgen durch Diabetes mellitus, wobei mein Blutzuckerstand eher dem eines gesunden Menschens entspricht. Meine hypoglykemische Wahrnehmung ist optimal. Eine Beschränkung der Lenkberechtigung wegen Diabetes kann auch nicht im Sinn des Gesetzgebers sein, da sonst das Krankheitsbild Diabetes eine generelle Einschränkung bezüglich des Lenkens eines Fahrzeuges erwirken würde. Demgemäß müsste eine Meldepflicht bestehen, welche bewirkt, dass bei Feststellung von Diabetes automatisch eine Beschränkung für das Lenken eines Fahrzeuges zu erfolgen hat, was jedoch vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist. Ich bin nicht fettleibig und habe keine erhöhte Herzinfarkt- oder Schlaganfallhäufigkeit. Mein klinischer Gesamteindruck ist im Wesentlichen unauffällig.

Ich habe erhebliche Fahrerfahrung (bis zu 100.000 km pro Jahr) und fahre seit 25 Jahren weitgehend unfallfrei.

Somit stellen die Eintragung des „Code 104“ sowie die Befristung einer Lenkberechtigung im Vergleich zur Allgemeinheit eine unverhältnismäßige, unnötige und überdimensionierte Ungleichbehandlung dar. Die Einschränkungen erhöhen nicht die Verkehrssicherheit und erfüllen keinen notwendigen Zweck.

 

Unregelmäßigkeiten bei der amtsärztlichen Untersuchung am 22. April 2014 legen den Schluss nahe, dass eine Fehleinschätzung bezüglich meines Gesundheitsverlaufes getroffen wurde.

Im amtsärztlichen Gutachten wird nicht begründet welchen Zweck eine jährliche Verlaufskontrolle bewirken soll. Die Verlaufskontrollen stellen eine unnötige Maßnahme dar, erhöhen jedoch die jährlichen Aufwendungen und Kosten seitens der Behörde und meinerseits.

Die Befristung meiner Lenkberechtigung ist unnötig, da keine besonderen gesundheitlichen Verschlechterungen, die die Befähigung zum Lenken von Fahrzeugen der Führerscheingruppe 1 beeinträchtigen, zu erwarten sind.“

 

Die Beschwerde wurde von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach mit Schreiben vom 28. Mai 2013 samt den ggst. Verfahrensakt dem OÖ. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 28. Mai 2013 (wohl richtig 28. Mai 2014) vorgelegten Verfahrensakt und dem ergänzend eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Medizin, vom 17. Juni 2014, Ges—311453/2-2014-Kep/Pa und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 09. Dezember 2014.

 

Der medizinische Amtssachverständige führt in seiner Stellungnahme vom 17. Juni 2014 Folgendes aus:

„Herr Ingenieur W. leidet unter einer „Maternally Inheridet Diabetes & Deafness (MIDD)“.

 

Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die von mütterlicher Seite vererbt wird und durch eine Punktmutation in der mitochodrialen DNA zu einer verminderten Energiebereitstellung der Zellen führt. Die Erkrankung betrifft vor allem Organe wie die Bauchspeicheldrüse, das Innenohr, die Netzhaut der Augen, die Muskeln, die Nieren und das Gehirn.

 

Die vermindernde Bereitstellung von Insulin in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse führt zu einem Diabetes mellitus (Zuckererkrankung). Diese kann anfänglich durch Tabletten und später durch eine Insulintherapie behandelt werden.

 

Ca. 75 % der Erkrankten leiden unter einer Schwerhörigkeit an beiden Ohren, aufgrund einer Störung der Ohrnerven. Die Schwerhörigkeit betrifft mehr Männer als Frauen, bei Männern zeigt sich häufiger ein schwererer und sich schnell verschlechternder Verlauf. Typisch ist der Hörverlust bei hohen Frequenzen. Die Implantation von Hörimplantaten ist in der Literatur als erfolgreich beschrieben.

 

Die Erkrankten sind meist klein und dünn. Der Body-Maß-Index liegt unter 20.

 

Das MIDD ist auch mit Herzproblemen assoziiert. Es wird daher in der angloamerikanischen Literatur eine regelmäßige Kontrolluntersuchung des Herzens empfohlen, da es zu Herzrhythmusstörungen kommen kann.

 

Das MIDD geht auch mit einer Muskelschwäche einher, bedingt durch die vermindernde Energiebereitstellung in den Zellen.

 

Die Nieren sind meist aufgrund einer sogenannten segmentalen glomerulären Sklerose mitbetroffen. Dies führt zu einer eingeschränkten Nierenfunktion bis zum kompletten Ausfall. Eine regelmäßige Kontrolle der Nierenwerte wird daher in der Literatur empfohlen. Der frühzeitige Beginn mit einem sogenannten ACE-Hemmer wird daher angeraten.

 

Die Augen können beim MIDD durch eine Makuladegeneration betroffen sein, die eine Visuseinschränkung, Nachtblindheit, Sehfeldaussparung und erhöhte Blend-empfindlichkeit bewirken kann.

 

Bei MIDD besteht auch bei Patienten über 45 Jahre eine erhöhte Schlaganfallgefahr.

 

Häufig werden auch gastrointestinale Beschwerden beobachtet.

 

Im Ambulanzbericht der internen Abteilung des Klinikums Wels-Grieskirchen vom 3.12.2010 wurden bei Herrn Ingenieur W. erhöhte Schwankungs-breiten der Zuckerwerte beschrieben. Es traten Hypos (Unterzuckerung) sowohl tagsüber als auch nachts auf.

Weiters wurde im Befund auch eine deutliche Verschlechterung der Muskelschwäche beschrieben. Es fiel Herrn Ingenieur W. mitunter sogar schwer die Hundeleine zu halten. Aufgrund der Muskelschwäche kam es auch zu Gelenksproblemen.

Er litt unter erheblicher Schlaflosigkeit und Stimmungsschwankungen.

Herr Ingenieur W. beklagte auch Übelkeitsattacken mit erheblichen Schluckbeschwerden und nächtlichem Sodbrennen, was wiederum die Hypoproblematik verstärkte. Es bestand damals der Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung. Es wurde damals die Medikation verändert. Eine angebotene Vorstellung an der Diabetes-Ambulanz und eine psychologische Vorstellung wurden von Herrn Ingenieur W. abgelehnt.

 

In einer Stellungnahme der internen Abteilung des Klinikums Wels-Grieskirchen vom 6. Mai 2011 wurde die Stoffwechsellage als stabil und die Unterzuckerungswahrnehmung als nicht gestört beschrieben. Eine manifeste Neuropathie lag nicht vor. Aufgrund der Muskelschwäche war eine Strecke im Ausmaß von 1 km für den Patienten sehr beschwerlich und regelmäßig nicht zumutbar.

 

Im amtsärztlichen Gutachten von Dr. H. vom 13. Mai 2011 wurde Herr Ingenieur W. im Sinn des § 29b StVO 1960 als dauernd stark gehbehinderte Person angesehen.

 

In der ärztlichen Untersuchung nach § 8 Führerscheingesetz vom 13. Mai 2011 durch Dr. H. wird beim klinischen Gesamteindruck beschrieben:

Im vollkommenen ebenen Gelände ist Herr Ingenieur W. ca. 10 Minuten lang gehfähig, dann kommt es zum Auftreten zunehmender Schmerzen in den Beinen. Bereits kleine Steigungen stellen eine erhebliche Einschränkung dar, da sie durch die Muskelschwäche nur sehr schwer und mit vielen Pausen überwunden werden können. Zur Bewältigung von Stiegen ist zum Teil die Mithilfe der Arme durch Hochziehen an Geländer erforderlich. Die Bedienfähigkeit für die Fußpedale ist beim derzeitigen Kraftgrad ausreichend gegeben. Die Greiffunktion der Arme ist ausreichend gegeben. Er kann keine schweren Gegenstände tragen, das Lenken eines Kraftfahrzeuges ist aber derzeit gut möglich. Es besteht eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit. Mit Hörgeräten ist eine ausreichende Sprachverständlichkeit auf 1 m gegeben.

 

Im Ambulanzbericht der internen Abteilung des Klinikums Wels-Grieskirchen vom 24. März 2014 wird dokumentiert, dass das Gewicht zugenommen hat (62 kg). Die Gastrointestinalproblematik hat sich im Verlauf eher gebessert. Die Insulindosis hat Herr Ingenieur W. eher zurückgenommen. Der Blutdruck lag bei Selbstmessungen durch Herrn Ingenieur W. durchwegs im erhöhten Bereich. In der Ambulanz wurde er mit 155/90 mmHg gemessen, was mit den zuhause gemessenen Werten korrelierte. Laborchemisch lag der HbA1c-Wert noch immer unter 6 %. Es bestand eine klare Indikation für den Beginn einer Bluthochdrucktherapie. Von internistischer Seite bestand weiterhin kein Einwand gegen das Lenken eines Kraftfahrzeuges, zumal die Hypoglykämiewahrnehmung nicht gestört ist.

 

Als Therapievorschlag wurden angegeben: Coenzym Q 10 150 mg 1-0-1, Creatin Monohydrat 5 g täglich, Thioctacid 600 mg 1/2-0-0, Neurobion forte 1 Kps. Täglich, Exforge 80/5 mg 1-0-0, Sertalin 150 mg 1-0-0, Trittico 150 mg0-0-1, Praxiten 15 mg ½ Tablette abends bei Bedarf, Pantoprazol 20 mg abends bei Bedarf, Insulartard 0-0-7 Einheiten (+/- 1) abends, Novorapid 1-3x täglich.

 

Im Ambulanzbericht der Abteilung für HNO-Krankheiten des Klinikums Wels-Grieskirchen vom 29. April 2014 wurde eine Schwerhörigkeit an beiden Ohren diagnostiziert. Im Freiburger-Sprachtest verstand Herr Ingenieur W. bei 65 dB mit Hörgeräten 50 bzw. 60 %, bei 80 dB 95 %. Die Gleichgewichtsprüfung ergab keinen pathologischen Befund. In der Stellungnahme wurde Herrn Ingenieur W. das Lenken eines Personenkraftwagens ohne wesentliche Einschränkungen zugetraut. Es sei keine exakte Prognose zur Krankheit anzugeben, jedoch zeigt sich in der Regel ein langsamer Progress, wobei auch Stillstand und somit auch eine gleich bleibende Hörleistung normal sein könnten. Assistent Dr. W. W. empfahl eine 2 jährliche HNO-Kontrolle zur Überprüfung der Hörleistung.

 

Im augenfachärztlichen Befund von Dr. S. A. vom 9. Mai 2014 wurden eine Myopie und Astigmatismus als Diagnosen festgehalten. Es bestanden keine aktuellen Netzhautveränderungen. Das Gesichtsfeld ist altersentsprechend unauffällig. Er empfahl eine Kontrolle in einem Jahr.

Darauf basierend gab der medizinische Amtssachverständige folgende Beurteilung ab:

Beim MIDD handelt es sich um ein sehr komplexes Erkrankungsbild, welches sich – wie oben bereits ausführlich beschrieben – in einer Vielzahl von Beschwerden und Symptomen äußern kann. Die gastrointestinalen Beschwerden stehen in direkter Wechselbeziehung zum Blutzuckerspiegel. Auch wenn die Unterzuckerungswahrnehmung gegeben ist, so bedarf es trotzdem regelmäßig laborchemischer und fachärztlich-internistischer Kontrollen. Eine mangelnde Nahrungsaufnahme aufgrund gastrointestinaler Beschwerden sowie auch die Unterzuckerung führen zu einer Verschlechterung der Muskelschwäche. Der Bluthochdruck steht in direkter Wechselbeziehung zu der Nierenerkrankung und bedarf regelmäßiger internistischer und laborchemischer Kontrollen.

 

In der augenfachärztlichen Stellungnahme wird eine Kontrolluntersuchung in einem Jahr vorgeschlagen.

 

In der HNO-fachärztlichen Stellungnahme wird eine Kontrolle in 2 Jahren vorgeschlagen.

 

Eine Prognose bezüglich des Verlaufes der MIDD ist aufgrund der multiplen Organbeteiligung generell nicht möglich. Grundsätzlich ist jedoch von einer langsamen Verschlechterung der Erkrankungsbilder auszugehen. Wie bereits aus der Vorgeschichte ersichtlich (interner Ambulanzbericht von 2010) kann es vorübergehend zu einer Verschlechterung einzelner Krankheitssymptome (Unterzuckerung und Störung des Magen-Darm-Traktes) kommen.

 

Durch eine Zunahme der gastrointestinalen Beschwerden könnte es wiederholt zu Unterzuckerungen kommen. Gleichzeitig wäre auch eine Zunahme der Muskelschwäche in Armen und Beinen möglich, welche das Bedienen der Pedale und das Lenken des Kfzs mehr sicher ermöglicht. Netzhautveränderungen können zu Gesichtsfeldausfällen und zu einer Verschlechterung des Visus führen. Ein schlecht medikamentös eingestellter Bluthochdruck führt in der Regel auch zu zunehmender Niereninsuffizienz, langfristig zu Herz-Kreislauf-Problemen und möglicherweise auch neurologischen Symptomen.

 

Es wird daher eine Befristung der Lenkberechtigung für die Gruppe 1 auf 3 Jahre (mit folgenden Auflagen vorgeschrieben) empfohlen:

-      jährliche Vorlage eines internistischen, augenfachärztlichen und HNO-fachärztlichen Verlaufsbefundes

-      Verwendung von Kontaktlinsen oder Sehbrille beim Lenken von Kraftfahrzeugen

-      Verwendung eines Hörgerätes“

Die Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24. Juni 2014 zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Schreiben vom 01. Juli 2014 wurde der belangten Behörde die Stellungnahme des medizinischen Amtssachverständigen zur Kenntnis gebracht und auch ihr Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben.

 

Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.

 

Die belangte Behörde führt in ihrem Schreiben vom 08. Juli 2014, San20-4-2014, Folgendes aus:

„Herr Ing. W. leidet unter einer genetisch bedingten Krankheit, die Auswirkungen auf die Sinnesorgane (Hörminderung und Sehbeeinträchtigung) hat, und zu einer Schädigung der Nieren, zu Muskelschwäche und zu Diabetes führen kann.

Es ist mit einem stetig langsamen Fortschreiten der Erkrankung zu rechnen, wobei es im Rahmen von Plateauphasen auch zu einem vorübergehenden Stillstand kommen kann.

 

Aufgrund dieses absehbaren Fortschreitens der Erkrankung sind nach der geltenden Rechtslage ärztliche Kontrolluntersuchungen durchzuführen.“

 

In der mündlichen Verhandlung wird das vorliegende und dem Beschwerdeführer bereits zur Kenntnis gebrachte medizinische Gutachten vom Sachverständigen für Medizin erläutert. Der Beschwerdeführer stellt sowohl das eingeholte Gutachten als auch die von ihm vorgelegten Befunde des Klinikums Wels-Grieskirchen in Frage.

 

 

III.           Gemäß § 5 Abs. 5 Führerscheingesetz ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, behördlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Ziffer 2). Personen, die nach dem ärztlichen Gutachten“ beschränkt geeignet“ sind, darf nur eine eingeschränkte Lenkberechtigung erteilt werden, die ausschließlich zum Lenken eines oder mehrerer, aufgrund der Beobachtungsfahrt bestimmter Ausgleichsfahrzeuge berechtigt (§

IV. 

5). Die aufgrund des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befristungen, Beschränkungen oder Auflagen sind dem Antragsteller von der Behörde zur Kenntnis zu bringen.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 Führerscheingesetz hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: „geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“.

Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund:

2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten „bedingt geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 8 Abs. 3a FSG ist die Dauer der Befristung vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Ziffer 2 Führerscheingesetz ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Ziffer 2-4) nicht mehr gegeben sind von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, behördliche oder sachlichen Beschränkungen einzuschränken.

 

 

IV.          Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde gegen die Vorschreibung des Codes 104, das ist die jährliche Vorlage eines internistischen-, augenfachärztlichen- und HNO-fachärztlichen Verlaufsbefundes, sowie gegen die Befristung der Lenkberechtigung bis zum 13. Mai 2017.

 

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs. 3 Ziffer 2 ist dann gegeben, wenn eine Krankheit festgestellt worden ist, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kfz führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kfz iSd zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (VwGH 23.5.2000, 99/11/0368; 29.9.2005, 2005/11/0120; 24.11.2005, 2005/11/0148).

 

Einer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG verfügten Befristung der Lenkberechtigung liegt die Annahme zugrunde, dass der Besitzer der Lenkberechtigung zwar zum Lenken von Kraftfahrzeugen der betreffenden Klassen geeignet ist, diese Eignung jedoch nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind. Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG ist dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des zuletzt Gesagten anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (siehe dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337, und vom 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243, jeweils mwN).

 

Aufgrund der vorliegenden medizinischen Beurteilung ist beim Krankheitsbild des Beschwerdeführers von einer langsamen Verschlechterung der Krankheitsbilder auszugehen. Durch eine Zunahme der gastrointestinalen Beschwerden könnte es zu wiederholten Unterzuckerungen kommen. Durch eine Zunahme der Muskelschwäche in Armen und Beinen könnte nicht mehr sichergestellt sein, dass das Lenken und Bedienen der Pedale noch möglich ist. Netzhautveränderungen könnten zu Gesichtsfeldausfällen und einer Verschlechterung des Visus führen. Daher ist mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers zu rechnen, weshalb eine zeitliche Befristung und damit verbundene entsprechende fachärztliche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind. Die Befristung der Lenkberechtigung auf 3 Jahre und die Notwendigkeit jährlicher fachärztlicher Kontrolluntersuchungen ergeben sich bereits aus der von der belangten Behörde eingeholten amtsärztlichen Gutachten vom 13. Mai 2014. Die Befristung ist daher von diesem Zeitpunkt an zu berechnen.

 

 

V.           Daher war die Beschwerde abzuweisen.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Mag. Dr. Süß