LVwG-570017/2/KLe/AK

Linz, 10.12.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Karin Lederer über die Säumnisbeschwerde von Frau E M E-M, x,x, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bezirkshaupt-mannschaft Braunau am Inn und den Feststellungsantrag vom 9. September 2014 den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.         Die Säumnisbeschwerde wird gemäß §§ 8, 28 Abs. 1 und 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.       Der Feststellungsantrag vom 9. September 2014 wird gemäß § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

III.     Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Eingabe vom 19. August 2013 forderte Frau E M E-M von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als Forstbehörde, diese möge „im Sinne des § 16 (3) und § 172 (6) ForstG wegen der drohenden Gefahr der dauerhaften rechtswidrigen Waldverwüstungen

a)   den sofortigen Baustopp aller baulichen Maßnahmen im Bereich der Anlagen x und x (gemeint wohl: x) per Bescheid verfügen

b)   die Wiederherstellung vor der rechtswidrigen Rodung des Waldes durch Wieder­aufforstung im Bereich der Anlagen x und x per Bescheid verfügen

c) die Einleitung von Verfahren im Sinne des § 174 ForstG vorzunehmen.“

 

Begründend wurde ausgeführt:

„Mit oben angeführtem Aktenzeichen wurden seitens der Antragstellerin E M GmbH Rodungsbescheide beantragt und wegen Zurückziehung des Antrages bzw. Berufung meinerseits erwuchsen diese Bescheide nie in Rechtskraft (mit Ausnahme von ForstR10-251-2011-Sto).

In diesen Anträgen wurde jedes Mal einzig und allein für die x (Windkraftanlage) für die Anlage ein Antrag auf befristete Rodung auf dem Grundstück x der KG M, an dem ich dinglich Berechtigte bin, gestellt.

Im rechtskräftigen am 29. Mai 2013 berichtigten befristeten Rodungsbescheid
Zl. ForstR10-251-2011-Sto wurden befristete Rodungsbewilligungen nur für Anlagen x, x, x und x erteilt. In diesem bereits hinsichtlich der Bezeichnung der Grundstücksnummer x korrigierten Bescheid wurde für diese Grundstücksnummer x der KG M nur die befristete Rodungsbewilligung für Transport und Bauphase Weg erteilt. Für die Anlagen x (zweitnördlichste) und
x (nördlichste Anlage) wurde für die Errichtung der Anlagen in keinem Bescheid eine Bewilligung erteilt. Auf dem Grundstück x der KG M wurde daher zu keiner Zeit eine Bewilligung für irgendeine Windkraftanlage erteilt. Einzig für Transport und Bauphase Weg wurden befristete Rodungsbewilligungen auf dem Grundstück x der KG M erteilt.

Am 17. August und am 18. August habe ich mit Zeugen festgestellt, dass meines Erachtens nach auf dem Grundstück x der KG M sowohl massive Rodungen durchgeführt wurden als auch mehr als 2 m tiefe Fundamente für Errichtung folgender Windkraftanlagen ausgehoben wurden:

x und x: für die Anlagen, für deren Errichtung niemals eine forstrechtliche Rodungsgenehmigung erteilt wurde, wurden sowohl massive Rodungen für die Anlagenerrichtung ohne behördliche Bewilligung durchgeführt als auch mehr als 2 m tiefe großflächige Fundamentaushebungen für die Anlagen vorgenommen. Im nächsten Schritt würden massive Fundamentierungen (ver­mutlich mittels Pfeiler) vorgenommen, sodass die ohne behördliche Bewilligung vergenommenen Rodungen unumkehrbar würden.

In beiden Fällen liegt meines Erachtens eine massive Waldverwüstung im Sinne des § 16 (1) ForstG vor, weil der Waldboden durch die Bautätigkeit und vorangegangene Rodung entweder gänzlich vernichtet wurde (durch Baufolien wurde ein Durchdringen durch Pflanzen und Bäume unmöglich gemacht), jedenfalls jedoch dauerhaft wesentlich geschwächt wurde.“

 

Mit Schreiben vom 9. September 2014 wurden Säumnisbeschwerde und weitere Anträge eingebracht und Folgendes ausgeführt:

„Mit Anzeige vom 19. August 2013 wurde der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn eine massive Waldverwüstung am Grundstück x der EZ x der KG x (siehe Beilage vom 19. August 2013) angezeigt.

Die Antragstellerin ist selbst am Grundstück x der EZ x der
KG x (siehe Z 9 des C-Blattes mit der vormaligen Hausnummer x [in der Bezug habenden Urkunde unter wiederverheiratete K vormals M]) dinglich berechtigt und diese Berechtigung ist wiederum an der EZ x der KG M unter Z 1 des A-Blattes eingetragen.

Beweis: offenes Grundbuch

Bis dato hat die zuständige Behörde Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn die beantragten Rodungen für die Errichtung und den Betrieb der Anlage
x und x nicht bescheidmäßig genehmigt.

Im Spruch der Behörde Braunau am Inn ForstR10-251-2011-Sto vom
6. Dezember 2011 (Beilage 2) als auch im korrigierten Spruch
ForstR10-251-2011-Sto vom 29. Mai 2013 (Beilage 3) wurde nur das irrtümlich mit x bezeichnete Grundstück auf richtigerweise x korrigiert.

In beiden Bescheiden wird im genehmigenden Spruch die Rodung auf dem Grundstück x ausdrücklich nur für

Transport

Bauphase Weg

genehmigt, im Gegensatz zum Grundstück x, auf dem die Rodung für

Anlage

Transport

Bauphase Anlage

Bauphase Weg genehmigt wurde.

Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung ist nur der Spruch, nicht jedoch die Begründung des Bescheides für die Begründung von Rechts­ansprüchen maßgeblich.

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn) ist somit säumig.

 

Ich beantrage daher:

1.   Das Landesverwaltungsgericht möge die fehlende Genehmigung der Rodung für die Anlage und die Bauphase Anlage auf dem Grundstück x der
EZ x der KG x feststellen.

2.   Das Landesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst gegen die rechts­widrig handelnden Personen und Unternehmen ein Verwaltungs­strafverfahren einleiten und diese angemessen bestrafen.

In eventu

3.   Das Landesverwaltungsgericht möge die Sache an die zuständige Behörde Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zurückverweisen mit dem Auftrag, in der Sache gegen die rechtswidrig handelnden Personen und Unternehmen ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten und diese angemessen zu bestra­fen.

4.   Das Landesverwaltungsgericht möge gemäß § 17 ForstG Schritte zur Beseitigung der ohne Genehmigung der Rodung erfolgten Baulichkeiten einleiten.

Es wird ferner ersucht, die Antragstellerin von sämtlichen wesentlichen Verfahrensschritten zu verständigen.“

 

Die Anträge 2. bis 4. wurden am 3. November 2014 zurückgezogen.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass die Säumnis­beschwerde bzw. der Feststellungsantrag zurückzuweisen sind, entfallen (§ 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG).

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

I.            Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entschei­dungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnis­beschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser, entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzöge­rung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Mit Eingabe vom 19. August 2013 forderte die Beschwerdeführerin von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn die Durchführung von Aufträgen nach § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 und die Einleitung eines Verwaltungs­strafverfahrens nach § 174 Forstgesetz 1975.

 

Das Unterbleiben von Aufträgen im Sinne des § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 bewirkt keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte, weil auf Erlassung derartiger, sogenannter „Polizeibefehle“ niemandem ein Rechtsanspruch zusteht. Eine Ausnahme besteht nur, wo das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht (vgl. VwGH 27.4.1987, 87/10/0037).

 

 

Grundsätzlich steht niemandem ein Rechtsanspruch darauf zu, dass jemand aus welchem Grunde immer in Strafverfolgung genommen wird (vgl. VwGH 25.2.2009, 2006/03/0072). Eine Ausnahme besteht nur zugunsten des Privat­anklägers (§ 56 VStG) und aufgrund sondergesetzlicher Anordnung bestimmter Amtsparteien.

 

Der Beschwerdeführerin steht kein Rechtsanspruch auf die Durchführung von „Polizeibefehlen“ bzw. Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren zu. Eine dementsprechende Säumnisbeschwerde ist daher nicht zulässig.

 

 

II.          Das Landesverwaltungsgericht erkennt über Beschwerden

1.   gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2.   gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.   wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4.   gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4 (Art. 130 Abs. 1 B-VG).

 

Nach Art. 130 Abs. 2 B-VG können sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungs­gerichte durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen werden.

 

Da es sich beim gestellten Feststellungsantrag um keinen in Art. 130 Abs. 1 und 2 B-VG angeführten Fall handelt, liegt auch keine Zuständigkeit des Landes­verwaltungsgerichtes vor und der Antrag war daher zurückzuweisen.

 

Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass in einem Mehrparteienverfahren, wie dem verfahrensgegenständlichen, Parteistellung und das Recht auf Erlassung eines Bescheides (die Entscheidungspflicht der Behörde) auseinander fallen können. Einen Erledigungsanspruch haben neben dem Antragsteller nur jene anderen Parteien, die durch eine etwaige Säumnis der Behörde in ihren rechtlichen Interessen beeinträchtigt sind (vgl. VwSlg 4640 A/1958; VwGH 8.4.1986, 86/04/0042).

 

Eine vom beantragten Projekt betroffene Einforstungsberechtigte hat zwar Parteistellung im Verfahren, jedoch keinen Rechtsanspruch, dass von der Behörde in der Sache eine Entscheidung gefällt wird, weil sie durch eine etwaige Säumigkeit der Behörde in keinem subjektiven Recht verletzt sein könnte (vgl. VwSlg 12.634 A/1988; VwGH 20.9.1994, 94/04/0098; 24.10.2002, 2000/06/0031).  

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

III.        Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer