LVwG-000060/2/FP/MSt

Linz, 09.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Felix Pohl über die Beschwerde R P, Inhaber des T, X, gegen den Ermahnungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstraße 14 - 16, 4020 Linz vom 12.8.2014, GZ: SanRB96-85-2014, wegen eines Verstoßes gegen das Tabakgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.                

1.   Mit Bescheid vom 12. August 2014 sprach die belangte Behörde gegenüber dem Bf als Gewerbeinhaber des „T“, etabl. im Einkaufszentrum X, eine Ermahnung aus, weil der Bf nicht Sorge getragen habe, dass am 8. Mai 2014 die Türe des Raucherbereiches zum öffentlichen Bereich des Einkaufszentrums („Mall“) geschlossen gehalten worden sei.

Dies sei bei einer dienstlichen Kontrolle am 8. Mai 2014 um 9:41 Uhr  festgestellt worden. Frau S habe an diesem Tag Dienst gehabt und habe nach Aufforderung der Kontrollorgane den Sensor der Türe aktiviert. Es sei festgestellt worden, dass die Türe einen technischen Defekt aufgewiesen habe. Frau S sei ermahnt und eine Frist von höchstens einer Woche für die Reparatur ausgesprochen worden.

Bei einer weiteren dienstlichen Kontrolle am 15. Mai 2014 habe festgestellt werden können, dass die Türe repariert wurden sei und funktioniert habe.

Der Bf habe dadurch die Rechtsvorschriften der §§ 13 Abs 2 iVm 13c Abs 1 Z2 und Abs 2 Z3, sowie 14 Abs 4 Tabakgesetz, BGBl Nr. 431/1995, idgF. verletzt.

Unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit der beschriebenen Tat würde von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Bf iSd § 45 Abs. 4 VStG ermahnt, weitere strafbare Handlungen gleicher Art zu unterlassen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der beschriebene Sachverhalt sei am 8. Mai 2014 bei einem Ortaugenschein im Beisein von Frau S festgestellt worden. Aus Sicht der Behörde erscheine im Hinblick auf die künftige Rechtskonformität der Hinweis auf die rechtliche Lage ausreichend, da bei einer Nachkontrolle am 15. Mai 2014 festgestellt worden sei, dass die Türen geschlossen gehalten worden seien. Es sei davon auszugehen, dass die Tat dem Grunde nach folgenlos geblieben sei, weshalb das Verschulden als geringfügig bewertet werden könne.

Unter Bedachtnahme auf das Fehlen einschlägiger Vorstrafen, erscheine ein Hinweis auf die rechtliche Lage ausreichend, um den Bf von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

2.   In seiner rechtzeitigen Beschwerde vom 6. September 2014 führte der Bf zusammengefasst und sinngemäß aus, dass das Schließen der Türe zum Raucherbereich aufgrund eines Defektes zum Kontrollzeitpunkt nicht möglich gewesen sei. Eine Firma sei umgehend mit der Reparatur beauftragt worden. Die Reparatur sei innerhalb einer Woche erfolgt. Es liege kein Verstoß gegen die §§ 13 und 14 Tabakgesetz vor. Aufgrund eines Defektes habe der Schließmechanismus nicht funktioniert. Gemäß § 5 VStG sei nur schuldhaftes Verhalten strafbar. Der Defekt sei außerhalb des Einflussbereiches des Bf gelegen gewesen und es treffe ihn an einer kurzfristigen Funktionsuntüchtigkeit der Türe kein Verschulden. Die Türe sei sofort nach Bekanntwerden repariert worden, wovon sich die Behörde überzeugt habe.

Da kein strafbares Verhalten vorliege, sei kein Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften anzunehmen. Ebensowenig wie eine Strafe sei eine Ermahnung gerechtfertigt.

 

3.   Die belangte Behörde legte den Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerde-vorentscheidung Gebrauch zu machen.

 

4.   Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahmen in den Verwaltungsakt. Bereits aus dem Verfahrensakt ergibt sich, dass das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben ist, sodass gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG auf eine Verhandlung verzichtet werden konnte.

 

5.   Es steht nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T fest:

 

Am 8.5.2014 um 9:41 Uhr stand die elektrisch betriebene Türe zwischen dem Raucherbereich des T und dem öffentlichen Bereich des Einkaufszentrums X offen. Aufgrund eines technischen Defektes konnte die Türe nicht geschlossen werden.

Der Bf ist Inhaber des T.

 

 

II.            Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verfahrensakt.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat wie folgt erwogen: Gemäß § 13 Abs. 1 Tabakgesetz gilt, soweit Abs. 2 und § 13a nichts anderes bestimmen, Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte.

Als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 regelt Abs. 2, dass im Falle des Vorhandenseins einer ausreichenden Anzahl von Räumlichkeiten, Räume bezeichnet werden können, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot damit nicht umgangen wird.

 

Gemäß § 13c Abs. 1 Z2 Tabakgesetz haben die Inhaber eines öffentlichen Ortes gemäß § 13 für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b ...Sorge zu tragen.

Gemäß § 13c Abs. 2 Z3 hat jeder solche Inhaber insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen eines öffentlichen Ortes, soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 Tabakgesetz (Gestatten des Rauchens, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt...) zum Tragen kommt, nicht geraucht wird.

 

Gemäß § 14 Abs. 4 Tabakgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 Tabakgesetz gegen eine der in Abs. 2 festgelegten Obliegenheiten verstößt. 

 

 

IV.          1. Aus der Bestimmung des § 13 Abs. 2 Tabakgesetz ergibt sich also, dass im Falle des Vorhandenseins mehrerer Räume, Räume bezeichnet werden dürfen in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot damit nicht umgangen wird. Der Gesetzgeber schweigt zur Form nach der Gewähr zu leisten ist, dass der Tabakrauch nicht in die Nichtraucherräume dringt. In aller Regel wird es sich hiebei um eine geschlossene Türe handeln, jedoch ergibt sich aus dem Gesetz, dass auch auf andere Weise derartig Sorge getragen werden kann. Etwa dadurch dass das Rauchen im Raucherraum (ggf. kurzfristig) untersagt wird. § 13c Abs. 1 Z2 Tabakgesetz normiert, dass der Inhaber Sorge für die Einhaltung der Bestimmungen, bspw. des § 13 Abs. 2 zu tragen hat.       § 13c Abs. 2 Z3 normiert, konkreter, dass der Inhaber dafür zu sorgen hat, dass in Räumen eines öffentlichen Ortes nicht geraucht wird, sofern dies nicht erlaubt ist. Erlaubt ist das Rauchen dann nicht, wenn der Rauch, bspw. aufgrund einer nicht verschließbaren Türe, in den Nichtraucherbereich dringen kann. Es ergibt sich aus diesen Schlüssen und in Zusammenschau mit den Obliegenheiten des    § 13c Abs. 1 und 2 also, dass wesentliches Tatbestandsmerkmal für einen Verstoß gegen das Tabakgesetz der Umstand sein muss, dass im als Raucherraum bezeichneten Raum auch tatsächlich geraucht wurde, da sonst eben kein Rauch in den Nichtraucherbereich dringen kann und damit auf andere Weise der Schutz des Nichtrauchers gewährleistet ist (vgl. VwGH 15.7.2011, 2011/11/0059).

 

2. Im Spruch der erstinstanzlichen Ermahnungsbescheides findet sich kein Vorwurf dahingehend, dass im vorgeworfen Zeitpunkt im Raucherraum geraucht wurde. Ein Hinweis darauf findet sich im Übrigen auch nicht im von der Behörde angefertigten Aktenvermerk. Die vorgeworfene Bestimmung sanktioniert jedoch die Nichteinhaltung eines Rauchverbotes, zumal, wenn der Raum nicht so geschlossen werden kann, dass kein Rauch in den Nichtraucherbereich dringen kann, dort nicht geraucht werden darf.

Indem die Behörde dem Beschuldigten im Spruch des Bescheids allein ein Verhalten angelastet hat, das nicht strafbar ist, hat sie den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (VwGH 15.7.2011, 2011/11/0059).

 

3. Der VwGH sprach am 31. Juli 2014, Ro 2014/02/0099, aus: „Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen berechtigt, die als erwiesen angenommene Tat – unter Beachtung der durch das Verbot der reformatio in peius (§ 51 Abs. 6 VStG, vgl nun § 42 VwGVG) gezogenen Grenzen – einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, zu unterziehen (vgl das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2007, Zl 2006/09/0031). Im Hinblick auf die den Verwaltungsgerichten übertragene Pflicht, in Verwaltungsstrafsachen über Beschwerden meritorisch zu entscheiden (Art 130 Abs. 4 erster Satz B-VG und § 50 VwGVG), kann für das Beschwerdeverfahren gegen Straferkenntnisse der Verwaltungsbehörden vor den Verwaltungsgerichten nichts anderes gelten.“

 

Mit seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 2013, 2009/06/0189, sprach der VwGH aus, dass "‘Sache‘ des Berufungsverfahrens [...] die Angelegenheit [ist], die Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz war; die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd (gemäß § 24 VStG im Strafverfahren anwendbaren) § 66 Abs. 4 AVG ist also nicht etwa jene, welche in erster Instanz in Verhandlung war, sondern ausschließlich die, die durch den (Spruch des) erstinstanzlichen Bescheid(es) begrenzt ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 1265 unter E 111f zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde war somit nur die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Tat.“

 

Am 16. Oktober 2001, 98/09/0270, sprach der VwGH aus, dass "‘Sache‘ des Berufungsverfahrens [...] die Angelegenheit [ist], die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. Im Verwaltungsstrafverfahren ist die Berufungsbehörde daher nicht berechtigt, die von der Behörde erster Instanz als erwiesen angenommene Tat auszuwechseln oder über eine Tat abzusprechen, über die im Bescheid der Behörde erster Instanz nicht abgesprochen worden ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. Auflage, 1998, unter E. 247 ff zu § 66 AVG angeführte hg. Rechtsprechung)“.

 

4. Da dem Bf eine nicht strafbare Tat vorgeworfen wurde und das Landesverwaltungsgericht an den Spruchgegenstand der belangten Behörde gebunden ist, war der erstinstanzliche Ermahnungsbescheid aufzuheben.  

 

 

 

 

 

 

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Felix Pohl