LVwG-650296/2/Kof/BD

Linz, 19.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn B. S., geb. x, x gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion OÖ.  vom 03.12.2014, GZ. FE-1431/2014, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und

der behördliche Bescheid aufgehoben.

 

 

II.       

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf) wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 06. November 2014, 28 Hv 47/14t, wegen dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe von
80 Tagessätzen verurteilt.

 

 

 

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bf in Linz seiner Schwester am
28. Juli 2014 in Form einer Verstauchung der Halswirbelsäule sowie einer Prellung der Wange verbunden mit Schwellung und Gesichtsrötung im Bereich der linken Gesichtshälfte sowie am Hals vorsätzlich leicht am Körper verletzt hat, indem er ihr mit der flachen Hand einen Schlag ins Gesicht versetzte.

 

Beim Bf liegen zwei einschlägige Vorstrafen vor.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem Bf gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A, B, C1, C und F sowie eine allfällig bestehende ausländische Lenkberechtigung für die Dauer von drei Monaten – gerechnet ab Zustellung des Bescheides (= 10. Dezember 2014) – entzogen.

Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 18. Dezember 2014 erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1  1.Satz B-VG) erwogen:

 

Das LVwG OÖ. ist an das oa. rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;  

VwGH vom 06.04.2006, 2005/11/0214; vom 06.07.2004, 2002/11/0163; vom 20.02.2001, 98/11/0317; v. 14.11.1995, 95/11/0215; v. 27.06.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.01.2008, 2007/03/0247; vom 27.01.2010, 2009/03/0082;         

vom 28.11.2013, 2013/03/0070 sowie OGH vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95 – VS

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen,

für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7 leg.cit.) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

 

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand wiederholt eine strafbare Handlung gemäß § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.04.2002, 2000/11/0184; vom 22.02.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur; vom 19.07.2002, 2000/11/0171; vom 06.04.2006, 2005/11/0214.

 

Die belangte Behörde ist völlig zu Recht davon ausgegangen, dass

·      der Bf insgesamt drei Vergehen nach § 83 Abs.1 StGB begangen und somit eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z9 FSG verwirklicht hat sowie

·      von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden muss;  VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062 und vom 22.01.2002, 2001/11/0196 jeweils mit Vorjudikatur.

 

Zu Gunsten des Bf ist jedoch auf Folgendes hinzuweisen:

Das Landesgericht Linz hat – wie dargelegt – über den Bf „nur“ eine Geldstrafe verhängt und damit die Verhängung einer auch nur bedingten Freiheitsstrafe als nicht erforderlich erachtet.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht somit nicht davon aus,
der Bf werde sich iSd § 7 Abs.1 Z2 FSG wegen der erleichternden Umstände,
die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen;

vgl. dazu VwGH vom 22.02.2007, 2004/11/0010 mit Vorjudikatur.

 

Es war daher der Beschwerde stattzugeben und

der behördliche Bescheid aufzuheben.

 

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung

der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision
beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro

zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung

einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler