LVwG-550333/5/SE/AK

Linz, 02.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn H P, P, W b F, vom
14. August 2014 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 24. Juli 2014, GZ: N10-224-2014, wegen eines naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsverfahrens

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hof­gesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichts­hof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. 1.  Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt (im Folgenden kurz: belangte Behörde) vom 24. Juli 2014, GZ: N10-224-2014, wurde Herrn H P, P, W b F (im Folgenden kurz: Beschwerdeführer), zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes auf dem Grundstück Nr. x, KG und Marktgemeinde W b F, aufgetra­gen, bis spätestens 31. August 2014 sämtliche in der gepunkteten, rund
2.000 großen Fläche des beiliegenden Planes aufgeforsteten Gehölze vollständig zu entfernen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund einer Anzeige der Gebietsbe­treuung für das Europaschutzgebiet „M“ bekannt wurde, dass auf dem Grundstück Nr. x, KG und Marktgemeinde W b F, zwischen Herbst 2013 und Frühjahr 2014 eine rund 2.000 große Fläche, die den Lebensraumtyp „7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore“ aufweise, mit vor allem Schwarzerle und Hartriegel neu aufgeforstet worden sei. Das gegenständ­liche Grundstück liege im Europaschutzgebiet „M“ und die betroffene Fläche stelle ein Niedermoor mit Wollgras, Braunsegge, Schnabelegge, Bach-Aschen­kraut, Sumpf-Kratzdistel, Wald-Simse, Schlangenknöterich und Torfmoos mit Moosbeere dar. Die Umwandlung in eine Waldfläche durch Neuaufforstung führe zu einer Veränderung der Standortfaktoren Licht und Boden, welche zu einer Verdrängung der Moorvegetation führe. Die Neuaufforstung der natürlichen Lebensräume des Europaschutzgebietes sei keine erlaubte Maßnahme und bedürfe einer Bewilligung. Es handle sich um eine Neuaufforstung, da historische Luftbildaufnahmen aus dem Jahr 2002 belegen würden, dass ein Großteil der Parzelle nicht bewaldet gewesen sei und auch der größte Teil der bezughabenden gepunkteten Fläche des Planes frei von Gehölzen war. Auch zeige die historische Luftbildaufnahme aus dem Jahr 2002 die gesamte bezughabende gepunktete Fläche frei von forstlichem Bewuchs.

 

I. 2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14. August 2014 fristgerecht Beschwerde und führte dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

 

Das gegenständliche Grundstück wurde 2003 als Waldfläche mit Fichtenbestand gekauft. Infolge der Nässe und des extremen Weichbodens sei der Großteil des Fichtenbestandes umgefallen gewesen. Die Lichtbildaufnahme aus 2002 zeige die Waldfläche mit umgestürzten Bäumen. Als Wiederaufforstungsmaßnahme nach dem Forstgesetz seien standortgerechte Gehölze, nämlich Schwarzerle und Hartriegel, gepflanzt worden. Schon 2007 sei eine Wiederaufforstungsmaßnahme gesetzt worden, die jedoch aufgrund der vorhandenen Nässe, ungeeigneter Bepflanzung und des Wildwechsels von Schwarzwild nicht den gewünschten Erfolg gebracht habe.

 

Der Beschwerdeführer beantragte, von der bescheidmäßig vorgeschriebenen Ent­fernung der Wiederaufforstung Abstand zu nehmen.

 

 

II. 1. Der Verfahrensakt ist gemeinsam mit der Beschwerde am 25. August 2014 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt.

 

II. 2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt sowie Einholung des Bescheides der belangten Behörde vom 15. September 2014, GZ: ForstR10-103-2014 (Nichtwaldfeststellung einer Teilfläche von rund 1.636 des Waldgrundstückes Nr. x, KG und Marktgemeinde W b F).

 

Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben, zu der Nichtwaldfest­stellung Stellung zu nehmen und bekanntzugeben, ob mittlerweile für die Auf­forstungsmaßnahmen entsprechende naturschutzrechtliche Bewilligungen erteilt wurden. Der Beschwerdeführer äußerte sich jedoch dazu nicht.

 

II. 3. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Überdies hat der Beschwerdeführer eine solche nicht beantragt.

 

II. 4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. x, KG und Markt­gemeinde W b F. Dieses Grundstück befindet sich zur Gänze im Europa­schutzgebiet „M“. Eine Teilfläche dieses Grundstücks in der Größe von rund
1.636 stellt ein Niedermoor mit Wollgras, Braunsegge, Schnabelegge, Bach-Aschen­kraut, Sumpf-Kratzdistel, Wald-Simse, Schlangenknöterich und Torfmoos mit Moosbeere dar und ist nicht Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975. Dies wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. September 2014 festgestellt. Es erfolgte zwischen Herbst 2013 und Frühjahr 2014 eine Aufforstung mit Schwarzerle und Hartriegel. Diese  Aufforstungsmaßnahme führte zu einer Verdrängung der Moorvegetation und beeinträchtigt somit wesentlich den Schutzzweck des Europaschutzgebietes der M. Gehölze in Form von Sträuchern oder kleinwüchsigen Bäumen sind in dieser Lebensraumstruktur höchstens vereinzelt vorhanden. Luftbildaufnahmen aus den Jahren 2002 und 2007 zeigen auf der gegen­ständlichen Teilfläche keinen forstlichen Bewuchs.

 

Das gegenständliche Grundstück hat eine unregelmäßige Ausformung und grenzt an der östlichen Seite auf der gesamten Länge an die M. Die M mäandriert in diesem Bereich sehr stark. In diesen Mäanderbereichen hat sich eine Pionierbestockung aus Weiden, Erlen und einigen Fichten etabliert. Im Zentrum der Fläche hat sich aufgrund der massiven Grundwasserbeeinflussung ein Moor im Ausmaß von ca. 1.636 m² gebildet. Auf dieser Fläche stocken ledig­lich einzelne Bäume, die jedoch aufgrund der Frostlage in ihrem Wachstum stark eingeschränkt sind. Es sind auf dieser Fläche keine Baumstöcke oder andere Hinweise auf eine frühere Bestockung dieses Bereiches vorhanden. Gesetzte Schwarzerlen sind zum Teil in der Unkrautschicht eingewachsen und kaum zu entdecken. Der Trauf des westlich an die Moorfläche angrenzenden Fichten-Kiefernbestandes der IV-Altersklasse ist vollständig vorhanden. Die gegenständ­liche Teilfläche war zumindest während der letzten zehn Jahre unbestockt und frei von forstlichem Bewuchs. Darauf weist der vollständig erhaltene Trauf des westlich an die Moorfläche angrenzenden Waldbestandes hin.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:

 

III. 1. Maßgebliche Rechtslage:

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Natur- und Landschaftsschutz­gesetzes 2001 (Oö. NSchG 2001), LGBl. Nr. 129/2001, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 35/2014, lauten:

 

㤠5

Bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland

 

Folgende Vorhaben bedürfen im Grünland (§ 3 Z 6) unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlichen behördlichen Genehmigungen - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde:

....

 

18.     in Mooren, Sümpfen, Quellen, Quelllebensräumen, Feuchtwiesen sowie Trocken- und Halbtrockenrasen die Bodenabtragung, der Bodenaustausch, die Aufschüttung, die Befestigung oder die Versiegelung des Bodens, die Überflu­tung, die Düngung, die Anlage künstlicher Gewässer, die Neuauf­forstung, das Pflanzen von standortfremden Gewächsen und das Ablagern von Materialien.

....

 

§ 24

Europaschutzgebiete

....

 

(3) Maßnahmen, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Maßnahmen zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes eines Europaschutz­gebietes führen können, bedürfen vor ihrer Ausführung der Bewilligung der Landesregierung. Auf Antrag des Projektwerbers hat die Behörde innerhalb von acht Wochen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Bewilligungspflicht gemäß dem ersten Satz besteht.

....

 


§ 58

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

 

(1) Wenn ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne eine nach diesem Landes­gesetz erforderliche Bewilligung verwirklicht oder wesentlich geändert wurde, ist der Person, die das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, von der Behörde unabhängig von einer allfälligen Bestrafung aufzutragen, entweder

 

1.         innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist um die nachträg­liche Erteilung der Bewilligung anzusuchen oder

2.         innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist, welche nach Wochen oder Monaten zu bestimmen ist, auf ihre Kosten den vorigen bzw. den bescheidmäßigen Zustand wiederherzustellen oder, wenn dies tatsäch­lich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

 

Die Möglichkeit nach Z 1 ist nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann. In jedem Fall kann auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bis zum Zeitpunkt der Erteilung einer allfälligen Bewilligung verfügt werden.

....“

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Oö. Landesregierung, mit der das Gebiet „M“ in den Gemeinden L, S und W b F als Europaschutzgebiet bezeichnet und mit der ein Land­schaftspflegeplan für dieses Gebiet erlassen wird, LGBl. Nr. 11/2010, (im Folgenden kurz: VO Europaschutzgebiet M) lauten:

 

㤠3

Schutzzweck

....

 

(2) Schutzzweck des als „M“ bezeichneten Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Art. 4  der „FFH-Richtlinie“ (§ 7 Z 2) ist die Erhaltung oder gegebe­nenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes

 

1.         der in Tabelle 3 angeführten natürlichen Lebensräume des Anhanges I der „FFH-Richtlinie“ (§ 7 Z 2)

....

 

7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore

 

....

 

§ 4

Erlaubte Maßnahmen

 

(1) Maßnahmen, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Maßnahmen zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Europaschutz­gebietes führen können, bedürfen vor ihrer Ausführung einer Bewilligung der Landesregierung gemäß § 24 Abs. 3 Oö. NSchG 2001.

 

(2) Nachstehende Eingriffe führen keinesfalls zu einer wesentlichen Beeinträch­tigung des Schutzzweckes des Europaschutzgebietes im Sinne des § 24 Abs. 3 Oö. NSchG 2001:

 

....

 

2.         In der Forstwirtschaft:

 

....

 

2.5. Die Wiederbewaldung (ausgenommen davon sind Flächen, die im Nahbereich von Vorkommen der Art „1029 Flussperlmuschel“ liegen), wobei in den in der Tabelle 3 angeführten Lebensräumen die für den jeweiligen Lebens­raumtyp charakteristische Baumartenzusammensetzung zu erhalten ist;

 

....“

 

III. 2. Der oben festgestellte Sachverhalt blieb vom Beschwerdeführer bis auf die Einwendung, dass die von ihm getätigte Auf­forstung mit Schwarzerle und Hartriegel auf der gegenständlichen Teilfläche keine Neuaufforstung, sondern eine Wiederaufforstung darstelle, unbestritten.

 

Entsprechend § 4 Abs. 2 Z 2 Punkt 5. der VO Europaschutzgebiet M ist eine erlaubte Maßnahme in der Forstwirtschaft die Wiederbewaldung mit einer, im konkreten Fall für den Lebensraumtyp 7140, charakteristischen Baumarten-zusammensetzung.

 

Der Beschwerdeführer hat Schwarzerle und Hartriegel gepflanzt. Diese Baum­­arten fallen nicht unter die charakteristische Baumartenzusammensetzung des Lebensraumtyps 7140. Diese Aufforstung mit Schwarzerle und Hartriegel führt zu einer Verdrängung der Moorvegetation und es wird somit der Schutzzweck des Europaschutzgebietes M, nämlich die Erhaltung bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes des Lebensraumtyps 7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore, wesentlich beeinträchtigt.

 

Die vom Beschwerdeführer getätigte Wiederaufforstungsmaßnahme ist somit einerseits keine erlaubte Maßnahme i. S. d. § 4 Abs. 2 Z 2.5. der VO Europaschutzgebiet M und führt andererseits zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Europaschutzgebietes M, weshalb dafür eine Bewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Oö. NSchG 2001 erforderlich gewesen wäre. Eine solche liegt jedoch bis jetzt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat somit ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne eine nach dem Oö. Naturschutzgesetz 2001 erforderliche Bewilli­gung verwirklicht, wodurch der Tatbestand des § 58 Oö. NSchG 2001 erfüllt ist.

 

Nachdem die getätigte Aufforstungsmaßnahme auch als Wiederbewaldungs-maßnahme einer Bewilli­gungspflicht nach dem Oö. NSchG 2001 unterliegt, war die Beschwerde abzuweisen.

 

 

IV. Gemäß Tarifpost 6 Gebührengesetz 1957 hat der Beschwerdeführer eine Eingabegebühr von 14,30 Euro zu tragen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Sigrid Ellmer