LVwG-300576/2/KL/Gru

Linz, 30.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn M.F.A., vertreten durch E. & P. OG, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 11.12.2014, Gz. Ge96-4-2014, wegen Zurückweisung des Einspruches gegen eine Strafverfügung

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist kein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 11.12.2014, Ge96-4-2014, wurde der Einspruch des Beschwerdeführers (kurz: Bf) vom 21.11.2014 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 6.11.2014, Ge96-4-2014, wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen. Unter Hinweis auf § 13 Abs. 2 AVG, wonach für die Übermittlung von schriftlichen Anbringen mit E‑Mail technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten im Internet bekannt zu machen sind, und den im Internet auf der Homepage der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. ersichtlich gemachten Hinweis „Die Empfangs-geräte (Telefax und E-Mail) sind auch außerhalb der Amtsstunden empfangs-bereit, allerdings werden diese nur während der Amtsstunden betreut. Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an diese Empfangsgeräte gerichtet werden, können daher nicht entgegen genommen werden. Dies hat die Wirkung, dass Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in den Verfügungsbereich des Amtes gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten und von uns erst ab diesem Zeitpunkt behandelt werden.“ wurde der am Freitag, 21.11.2014 außerhalb der Amtsstunden per Fax und per E-Mail eingebrachte Einspruch gegen die am 7.11.2014 gültig zugestellte Strafverfügung als verspätet eingebracht erkannt. Ebenfalls war der am 24.11.2014 zur Postbeförderung übergebene Einspruch verspätet.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die ersatzlose Behebung des Bescheides beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein auf die vorgesehene Art (per Fax oder E-Mail) eingebrachtes Anbringen mit der Entgegennahme durch die Behörde als tatsächlich gestellt (eingebracht) anzusehen sei. Dies sei sowohl hinsichtlich des Einspruches per Fax als auch per E-Mail am 21.11.2014 erfolgt. Ob eine Bearbeitung durch die Behörde noch erfolgt sei, sei unwesentlich. Die Bezirkshauptmannschaft sei nicht verpflichtet, über die Amtsstunden hinaus ihr Fax- oder E-Mail-Gerät in Betrieb zu halten, wenn sie dies aber mache, dann gelten die Eingaben als bei der Behörde eingegangen und müssen als fristgerecht zugegangen gewertet werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem OÖ. Landesverwaltungs-gericht vorgelegt. Unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Der wesentliche Sachverhalt betreffend Zustellung der Strafverfügung und Übermittlung des Einspruches ist unbestritten und erwiesen. Von einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde (§ 44 Abs. 3 Z. 1 VwGVG) und eine mündliche Verhandlung keine Klärung des Sachverhaltes erwarten lässt.

 

Unbestritten von den Parteien steht als erwiesen fest:

Die gegen den Bf gerichtete Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 6.11.2014, Ge96-4-2014, wurde mit 7.11.2014 rechtswirksam zugestellt. Der Einspruch gegen die Strafverfügung wurde am Freitag,21.11.2014 um 16.39 Uhr per Fax und am selben Tag um 17.01 Uhr per E-Mail der Bezirks-hauptmannschaft übermittelt. Weiters wurde eine Ausfertigung des Einspruches am Montag, 24.11.2014 der Post zur Beförderung übergeben. Auf der Homepage des Landes Oberösterreich ist hinsichtlich der Bezirksverwaltung, Bezirkshaupt-mannschaft Ried i.I., betreffend „Kommunikation mit der Bezirkshaupt-mannschaft Ried i.I.“ verlautbart:

„Amtsstunden … Freitag 7.00 Uhr bis 12.30 Uhr …

E-Mail

Wenn Sie mit uns elektronisch kommunizieren wollen, verwenden Sie die offizielle Postadresse der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I.: bh-ri.post@ooe.gv.at

 

Hinweise

Gemäß § 13 AVG können Anbringen auch im Verwaltungsverfahren im elektronischen Weg per E-Mail rechtswirksam eingebracht werden. Eine digitale Signatur ist dazu grundsätzlich nicht erforderlich.

Die Empfangsgeräte (Telefax und E-Mail) sind auch außerhalb der Amtsstunden empfangsbereit, allerdings werden diese nur während der Amtsstunden betreut. Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an diese Empfangsgeräte gerichtet werden, können daher nicht entgegen genommen werden. Dies hat die Wirkung, dass Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in den Verfügungsbereich des Amtes gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten und von uns erst ab diesem Zeitpunkt behandelt werden.“

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs. 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekannt zu machen.

Diese Bestimmung wurde mit BGBl. I Nr. 5/2008, in Kraft gesetzt mit 1.1.2008, neu gefasst. In den Materialien (Erläuterungen) hiezu ist ausgeführt, „§ 13 Abs. 1 5. Satz AVG liegt erkennbar die Vorstellung zu Grunde, dass die Festlegung der Adressen, unter welchen Anbringen rechtswirksam eingebracht werden können, (also insbesondere der elektronischen Adressen der Behörde) kompetenzrechtlich eine Angelegenheit des „Verwaltungsverfahrens“ ist. Für schriftliche Anbringen, die auf konventionellem Weg eingebracht werden, wird allerdings in Lehre und Rechtsprechung angenommen, dass sich die konkrete Einbringungsstelle nach den jeweiligen organisationsrechtlichen Vorschriften richtet; … Da das Pendant zu diesen realen Einrichtungen die virtuellen „elektronischen Posteingänge“ sind, wird man konsequenterweise auch für die elektronische Einbringung anzunehmen haben, dass es Sache des Organisations-rechts ist, zu bestimmen, bei welchen (von mehreren) elektronischen Adressen der Behörde Anbringen einzubringen sind. … Gemäß § 13 Abs. 1 5. Satz AVG obliegt die Kundmachung der allenfalls bestehenden besonderen technischen Voraussetzungen, unter welchen Anbringen rechtswirksam eingebracht werden können, der Behörde. … Organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs sind z.B. Beschränkungen auf bestimmte Formen der elektronischen Übermittlung (vgl. den 1. Satz), Beschränkungen auf bestimmte elektronische Adressen (insb. E-Mail-Adressen) oder Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen (siehe dazu näher die Erläuterungen zum vorgeschlagenen Abs. 5).“ (Thienel/Zeleny, Verwaltungs-verfahren, 18. Auflage, Manz, Anm. 10 zu § 13 AVG). Weiters ist aus den Erläuterungen zu entnehmen: „Was den Zeitpunkt der Einbringung von außerhalb der Amtsstunden einlangenden schriftlichen Anbringen (welche nicht durch die Post übermittelt werden) betrifft, soll künftig wie folgt zu differenzieren sein: Bereits nach der Stammfassung des AVG stand es im Ermessen der Behörde, schriftliche Anbringen (Eingaben) auch außerhalb der Amtsstunden entgegen zu nehmen (Arg. „nur während der Amtsstunden verpflichtet“). Eine solche Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen auch außerhalb der Amtsstunden kann sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes z.B. aus der Aufstellung eines Einlaufkastens ergeben ….

Hält daher die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit und langt das Anbringen nach dem Ende der Amtsstunden (aber noch am letzten Tag einer allfälligen Frist) bei ihr ein, so gilt das Einbringen noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) eingebracht; … nicht anders als im Fall des Einlaufkastens ist allerdings anzunehmen, dass die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringen kann, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten.“

Im Licht der Erläuterungen hat die Behörde die Möglichkeit, durch entsprechende Erklärungen (§ 13 Abs. 2 letzter Satz AVG) zum Ausdruck zu bringen, dass außerhalb der Amtsstunden bei ihr eingelangte Anbringen erst zu einem späteren Zeitpunkt als eingebracht gelten und damit Entscheidungsfristen in Gang setzen (Thienel/Zeleny, Anm. 19 zu § 13 AVG).

 

In diesem Lichte hat daher der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom 23.5.2012, Zl. 2012/08/0102-0103-3, zur Möglichkeit der Beschränkungen des elektronischen Verkehrs gem. § 13 Abs. 2 AVG und einer entsprechenden Kundmachung im Internet und einer Einbringung einer Berufung am letzten Tag der Berufungsfrist, allerdings unbestritten nicht mehr innerhalb der Amtsstunden, ausgeführt: „Eine Kundmachung im Internet von organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten ist im § 13 Abs. 2 2. Satz AVG ausdrücklich vorgesehen; unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den bereits zitierten Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechts­änderungsgesetz 2007 (294 Blg. Nr. 23 GP, 10) auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen. Damit kann die Behörde - wie etwa auch im Fall eines Einlaufkastens mit entsprechendem Hinweis - ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (vgl. abermals die Erläuterungen 294 Blg. Nr. 23. GP, 11). Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt darin keine ……… Erschwerung des Zuganges zum Rechtsschutz, ist doch durch die Kundmachung im Internet sichergestellt, dass sich die Parteien über die Voraussetzungen für ein rechtzeitiges Einlangen ihrer Anbringen umfassend informieren können. Auch die Behauptung, die Rechtsmittelbelehrungen in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen seien unrichtig oder unvollständig gewesen, trifft nicht zu. Die beschwerdeführenden Parteien sind der Ansicht, es wäre anzugeben gewesen, dass die Berufungsfrist nicht volle 2 Wochen betrage, sondern im Fall der Einbringung per E-Mail oder Telefax früher ende. Die zweiwöchige Berufungsfrist ist jedoch nicht verkürzt worden, sondern hat bis zum Ablauf ihres letzten Tages gedauert. Wann aber eine Berufung, die nicht zur Post gegeben wird, per E-Mail oder Fax übermittelt werden muss, um noch als am selben Tag eingebracht und eingelangt zu gelten, ist nicht in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben, sondern ergibt sich aus einer allfälligen Kundmachung im Internet gem. § 13 Abs. 2 AVG.“

 

5.2. Im Grunde dieser rechtlichen Ausführungen in den Erläuterungen sowie auch im zit. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, welches auch die belangte Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat, war daher die angefochtene Entscheidung rechtmäßig. Der per E-Mail und Fax am 21.11.2014, dem letzten Tag der Einspruchsfrist, nach Ende der Amtsstunden eingebrachte Einspruch war daher entsprechend der Kundmachung im Internet, dass Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an diese Empfangsgeräte gerichtet werden, nicht entgegen genommen werden können, und dies die Wirkung hat, dass Anbringen auch dann, wenn sie an sich bereits in den Verfügungsbereich des Amts gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten, verspätet. Er gilt im Sinne der Kundmachung erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden, also mit Montag, 24.11.2014, 7.00 Uhr, eingebracht. Auch der am 24.11.2014 zur Post gegebene Einspruch ist daher verspätet. Es wurde daher der Einspruch zu Recht als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

 

6. Weil mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes kein Straferkenntnis bestätigt wurde, war ein Kostenbeitrag gem. § 52 Abs. 1 VwGVG nicht zu leisten.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Entscheidung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (VwGH 24.04.2014, Ro 2014/01/0014). Im Übrigen stützt sich die Entscheidung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 23.5.2012, 2012/08/0102-0103-3).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 11. Juni 2015, Zl.: E 336/2015-4