LVwG-400059/4/ER/TK

Linz, 02.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des C.K., geb. x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 3. Oktober 2014, GZ: 0003170/2013, wegen einer Übertretung nach dem Bundesstraßenmautgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 4 VStG eine Ermahnung erteilt wird.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG entfällt für den Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 3. Oktober 2014, GZ: 0003170/2013, verhängte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes wie folgt:

 

I. Tatbeschreibung:

Der Beschuldigte, Herr C.K., geboren am x, hat als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen x (A) am 08.11.2012 um 12:27 Uhr die A7, Mautabschnitt x - x, km x (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Nach den Bestimmungen des Bundesstraßenmautgesetzes unterliegt die Benützung von Mautstrecken (Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen) mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, gem. § 6 BStMG 2002 einer fahrleistungsabhängigen Maut.

(...)

 

Begründung

Ausgangspunkt des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens ist eine Anzeige der ASFINAG vom 15.01.2013 wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes, gerichtet gegen den Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen x (A).

Mit Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde der Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, mit dem amtlichen Kennzeichen x (A) gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) daher aufgefordert bekannt zu geben, wer das oben angeführte Kraftfahrzeug im Tatzeitpunkt gelenkt hat. Als Lenker wurde der Beschuldigte namhaft gemacht.

Mit Strafverfügung vom 29.01.2013 wurde gegen den Beschuldigten wegen der im Spruch dargestellten Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) verhängt.

Gegen diese Strafverfügung hat der Beschuldigte in offener Frist Einspruch erhoben und diesen wie folgt begründet:

‚Einspruch. Mit der Bitte um Einstellung des Verfahrens. Da ich versucht habe mit 2 oder 3 Kreditkarten die Maut Nachzuzahlen aber diese nicht von der Asfinag Akzeptiert worden sind. Tel. Protokoll vorhanden. Und ich seit Oktober kein Lohn mehr bekommen habe da sich mein Ehemaliger Chef in Insolvenz befindet. Ist es mir unmöglich diese Strafe zu zahlen. Des Weiteren werde ich nicht meinen Kopf hinhalten das Herr L. (Chef) die Maut nicht bezahlen kann.‘

Für die erkennende Behörde ist der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes hat die erkennende Behörde erwogen:

Der Beschuldigte bestreitet die vorgeworfene Verwaltungsübertretung dem Grunde nach nicht (Arg. er wollte die nichtgeleistete Maut nachzahlen).

Ursache für die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der Maut war eine falsch eingestellte Achsenzahl. Es wurde festgestellt, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges samt mautrelevanter Achsen hoher war als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Anzahl der anhand des Kontrollbildes ermittelten Achsen: 4 Eingestellte Anzahl der Achsen: 2

Eine ‚ordnungsgemäße Entrichtung‘ der fahrleistungsabhängigen Maut setzt unter anderem voraus, dass das Fahrzeug nicht nur mit einer funktionstüchtigen Go-Box ausgestattet ist, sondern auch, dass auf diesem Gerät die richtige Achsenanzahl eingestellt ist. Gem. § 9 Abs. 2 BStMG sind die Mauttarife nach der Zahl der Achsen in drei Kategorien zu staffeln (zwei Achsen, drei Achsen, sowie vier und mehr Achsen) wodurch der Achsenanzahl für die gehörige Mautentrichtung eine zentrale Bedeutung zukommt (VwGH 26.01.2006, 2005/06/0296). (...)

Der Beschuldigte hat eine mautpflichtige Bundesstraße benützt, ohne die geschuldete Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Es ist somit der Tatbestand der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

Schuldfrage:

Die Das sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn

• einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

• zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

• der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit seiner Rechtfertigung nicht erbringen.

Den Lenker treffen im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut umfassende Mitwirkungs- und Kontrollpflichten, wozu jedenfalls zähl, die richtige Einstellung der Go-Box - auch hinsichtlich der Achsenzahl - vor, während und nach dem Befahren einer mautpflichtigen Strecke zu überprüfen. (VwGH 05.07.2007, 2006/06/0284).

Vor dem Hintergrund der oa. Mitwirkungs- und Kontrollpflicht gereicht die Rechtfertigung des Beschuldigten nicht mangelndes Verschulden darzutun.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen.

Die belangte Behörde schloss mit Erwägungen zur Strafbemessung.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf mit E-Mail vom 27. Oktober 2014 rechtzeitig Beschwerde. Begründend führte der Bf im Wesentlichen aus, dass ihm sein ehemaliger Chef zugesichert habe, die Maut zu entrichten, da der Bf einen wichtigen Ladetermin zu erfüllen gehabt habe. Kurz darauf habe der ehemalige Chef dem Bf mitgeteilt, dass er die Maut nicht bezahlen könne, da seine Kreditkarte aufgrund seiner Insolvenz gesperrt sei. Der Bf habe daraufhin versucht, die Maut mit seiner slowakischen Kreditkarte zu begleichen, die aber von der ASFINAG nicht akzeptiert worden sei. Der Bf habe alles ihm Mögliche getan, die Maut zu entrichten.

 

I.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie ergänzend angeforderte Telefonprotokolle über Telefonate zwischen der ASFINAG und dem Bf am 9. November 2012 betreffend die Versuche des Bf, die Maut nachzuentrichten.

 

I.4. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, zumal keine 500 Euro übersteigende Strafe verhängt wurde und keine Verfahrenspartei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat (§ 44 Abs 3 Z 3 VwGVG).

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem S a c h v e r h a l t aus:

 

Der Bf hat am 8. November 2012 um 12:27 Uhr die A7, Mautabschnitt x - x, km x, mit einem mehrspurigen KFZ, dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrug, benützt. Von der automatischen Kontrolleinrichtung des Mautsystems wurde erkannt und unter Deliktnummer x registriert, dass die Achsenzahl des verwendeten KFZ höher war als die eingestellte Achsenzahl am Fahrzeuggerät.

Am 9. November 2012 rief der Bf um 11:51 Uhr erstmals bei der ASFINAG an, um die Maut nachzuentrichten. Die von ihm dafür verwendete Karte wurde von der ASFINAG nicht akzeptiert. Um 17:50 Uhr versuchte der Bf erneut mit einer PrePay-MasterCard die Maut nachzuentrichten, auch diese Karte wurde von der ASFINAG nicht akzeptiert.

Der Bf forderte seinen damaligen Chef zur Nachentrichtung der Maut auf, ein dahingehender Versuch blieb aber aufgrund der wegen Insolvenz bereits gesperrten Kreditkarte erfolglos.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den Telefonprotokollen über Telefonate zwischen der ASFINAG und dem Bf am 9. November 2012 und wird von keiner Partei bestritten.

 

 

III. Gemäß § 6 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr 135/2008, unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut. (...)

 

Gemäß § 7 Abs 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

Die näheren Bestimmungen über Geräte, deren Zulassung und Einsatz, über Abbuchung, Verrechnung und andere Formen der Mautentrichtung ohne Einsatz von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut sowie über den europäischen elektronischen Mautdienst sind gemäß Abs 4 in der Mautordnung zu treffen.

 

Gemäß § 8 Abs 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

Gemäß Abs 2 haben sie sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und - mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs 3 letzter Satz - des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs 5 und 6 ermöglichen.

Die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker sind gemäß Abs 3 in der Mautordnung zu treffen.

 

Gemäß § 20 Abs 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3000 € zu bestrafen.

 

Gemäß Teil B, Punkt 7.1. der Mautordnung in der zum Tatzeitpunkt geltenden Version 33 besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem angemeldete und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel, auf die Verwendung einer GO-Box nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gemäß Punkt 5.7.2, die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie oder einer zu niedrigen Tarifgruppe zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle nachfolgenden Bedingungen erfüllt werden. Nachzahlungen können nur dann berücksichtigt werden, wenn diese auf das im Zeitpunkt der Nicht- oder Teilentrichtung verwendete Kraftfahrzeugkennzeichen vorgenommen werden.

• Eine Nachzahlung für eine nicht ordnungsgemäße Mauttransaktion (keine oder nur Teilentrichtung der Maut) kann bei einer GO VERTRIEBSSTELLE oder bei einem MAUTAUFSICHTSORGAN (siehe Punkt 9) im Zuge der Betretung (Anhaltung) erfolgen, wenn die Nachzahlung der nicht ordnungsgemäßen Mauttransaktion innerhalb des NACHZAHLUNGSBEREICHES erfolgt.

• Der NACHZAHLUNGSBEREICH eines MAUTAUFSICHTSORGANES beträgt 100 km (in beiden Fahrtrichtungen) auf dem mautpflichtigen Straßennetz, gemessen ab dem aktuellen Kontrollstandort (Ort der Betretung).

• Der NACHZAHLUNGSBEREICH einer GO VERTRIEBSSTELLE beträgt 100 km (in beiden Fahrtrichtungen) auf dem mautpflichtigen Straßennetz, gemessen ab dem Standort der GO VERTRIEBSSTELLE (Vertriebsstelle am mautpflichtigen Straßennetz, z.B. Autobahn-Raststätte) oder gemessen ab der der Vertriebsstelle nächstgelegenen Anschlussstelle, (Vertriebsstelle am untergeordneten, nicht mautpflichtigen Straßennetz).

• Die Nachzahlung ist nur innerhalb eines Zeitraumes von fünf Stunden ab dem Zeitpunkt des Durchfahrens der ersten Mautabbuchungsstelle, an der keine ordnungsgemäße Mauttransaktion (keine oder nur Teilentrichtung der Maut) stattgefunden hat, erlaubt. Dabei wird die Referenzzeit des Mautsystems herangezogen.

• (...)

(...)

 

Gemäß Teil B Punkt 7.2. der Mautordnung besteht im Falle der Verwendung einer zu niedrigen Kategorie oder zu niedrigen Tarifgruppe neben der Nachzahlung gemäß Punkt 7.1 die weitere Möglichkeit einer zentralen Nachzahlung aufgrund der Angaben des Kunden binnen 48 Stunden ab der ersten Mautabbuchungsstelle, an der keine ordnungsgemäße Entrichtung der Maut (d.h. nur eine Teilentrichtung der Maut) stattgefunden hat.

Die zentrale Nachzahlung kann unter der Voraussetzung der Bekanntgabe bzw. Eintragung folgender Daten entweder telefonisch beim ASFINAG SERVICE CENTER oder über das INTERNET vorgenommen werden:

• (...)

• Bekanntgabe eines gültigen Zahlungsmittel gemäß Punkt 3.1.3 des Anhangs 2 über das die zentrale Nachzahlung vorgenommen werden kann

• (...)

Die zentrale Nachzahlung kann nur unter der Voraussetzung durchgeführt werden, dass für den angegebenen Zeitraum zumindest eine Mauttransaktion vorhanden ist, welche nur eine Teilentrichtung der Maut aufweist.

(...)

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Dass der Bf zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt eine mautpflichtige Straße benützt hat, ohne die Maut ordnungsgemäß zu entrichten, wird von ihm nicht bestritten. Vielmehr gestand er die Erfüllung des objektiven Tatbestands des vorgeworfenen Delikts bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 29. Jänner 2013 ein, indem er vorbrachte, versucht zu haben, die Maut nachzuzahlen.

 

IV.2.1. Gemäß Teil B Punkt 8.2.4.1. der Mautordnung haben sich Kraftfahrzeuglenker gemäß § 8 Abs 2 BStMG vor, während und nach jeder Fahrt auf mautpflichtigen Strecken von der technischen Funktionstüchtigkeit der GO-Box zu überzeugen, etwaige Funktionsstörungen umgehend zu melden, die Anzahl der Achsen auf der GO-Box einzustellen sowie jene Nachweise gemäß Punkt 5.2.3 mitzuführen, die eine Überprüfung der Zuordnung einer EURO-Emissionsklasse zu einer Tarifgruppe erlauben. Gemäß Punkt 8.2.2. hat der Kraftfahrzeuglenker vor jedem Fahrtantritt die Kategorie (Achsenzahl) entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Gemäß den zum Tatzeitpunkt geltenden Bestimmungen des BStMG iVm der Mautordnung hätte der Bf die Möglichkeit gehabt, gemäß Teil B Punkt 7.1. oder 7.2. die aufgrund der falsch eingestellten Achsenzahl nicht ordnungsgemäß entrichtete Maut nach zu entrichten. Zwar hat der Bf dies nachweislich versucht, jedoch hat er dafür kein gültiges Zahlungsmittel verwendet.

 

IV.2.2. Der Bf versuchte sich damit zu entschuldigen, dass ihm sein damaliger Chef versichert habe, die Maut nachzuentrichten, dass dessen Kreditkarte aber aufgrund einer Insolvenz gesperrt gewesen sei. Versuche des Bf, die ausständige Maut mit mehreren unterschiedlichen Kreditkarten zu begleichen, seien ebenfalls gescheitert. Der Bf brachte weiters bereits in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 29. Jänner 2013 vor, dass er aufgrund der Insolvenz seines damaligen Chefs seit Oktober 2012 keinen Lohn mehr erhalten habe und daher nicht in der Lage sei, die Strafe zu bezahlen.

 

Dabei übersieht der Bf jedoch, dass der Lenker eines Kfz für die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut Sorge zu tragen hat. Dass die von ihm verwendeten Zahlungsmittel nicht von der ASFINAG akzeptiert wurden bzw die Kreditkarte des Dienstgebers gesperrt war, entbindet den Bf nicht von seiner Verpflichtung, die Maut ordnungsgemäß zu entrichten bzw im Rahmen der in der Mautordnung vorgesehenen Möglichkeiten nachzuentrichten. Dem Bf ist die Tat somit auch auf subjektiver Ebene vorzuwerfen.

 

IV.3. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Voraussetzung für die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG ist das kumulative Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien.

 

IV.3.1. Zweck des § 20 Abs 2 BStMG ist es, Mautprellerei hintanzuhalten. Hinsichtlich der Bedeutung dieses Rechtsguts ist im abstrakten Vergleich zu den persönlichen Werten wie etwa dem Recht auf Leben oder dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, Gesundheit, Freiheit, etc grundsätzlich von einer deutlich geringeren Bedeutung des hier in Rede stehenden Rechtsguts auszugehen (zum Rangverhältnis der kollidierenden Rechtsgüter vgl Kienapfel/Höpfel, Strafrecht Allgemeinter Teil 13 Z 12 RN 21). Die gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG erforderliche Voraussetzung der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und der geringen Intensität der Beeinträchtigung kann, unter Ansehung der Tatsache, dass der Bf zwar grundsätzlich – aber aufgrund der falsch eingestellten Achsenzahl nicht vollständig – Maut entrichtet hat, daher als erfüllt angesehen werden.

 

IV.3.2. Darüber hinaus setzt § 45 Abs 1 Z 4 VStG für die Erteilung einer Ermahnung voraus, dass das Verschulden gering ist. Von geringfügiger Schuld kann nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl noch zu § 21 Abs 1 VStG aF VwGH vom 6.11.2012, 2012/09/0066). Solches kann auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters der Fall sein, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zB eine dringende Notlage, diesen Schluss rechtfertigen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1369 mwN).

 

Der Bf hat nachweislich mehrfach versucht, innerhalb der in Teil B Punkt 7.2. genannten Frist, die Maut telefonisch mittels verschiedener Zahlungsmittel nachzuentrichten. Auch hat der Bf seinen Chef über die ausständige Maut informiert und diesen – vergeblich – angehalten, den Restbetrag zu begleichen. Laut dem Telefonprotokoll über das Telefonat zwischen dem Bf und der ASFINAG vom 9. November 2012 um 17:50 Uhr ist dem Bf auf vorangegangene Nachfrage bestätigt worden, dass eines jener Zahlungsmittel, das er zur Nachentrichtung der Maut einzusetzen versucht hat, zulässig ist. Trotzdem wurde die angebotene MasterCard PrePay nicht zur Nachentrichtung der Maut akzeptiert.

 

In Gesamtbetrachtung dieser besonderen Umstände kommt das Oö. Landesverwaltungsgericht zur Auffassung, dass die gegenständliche Verwaltungsübertretung im Hinblick auf die glaubwürdig vorgebrachten besonderen Umstände des Falles (Konkurs des Arbeitgebers, der die Nachentrichtung der ausständigen Maut nicht zustande kommen ließ; mehrfache Versuche des Bf, mit unterschiedlichen Zahlungsmitteln fristgerecht die Maut nachzuentrichten; vergeblicher Versuch, den damaligen Chef zur Nachentrichtung der Maut anzuhalten) soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, dass das Absehen von einer Strafe gem § 45 Abs 1 Z 4 VStG gerechtfertigt ist und spricht lediglich eine Ermahnung aus. Letzteres jedoch mit dem Hinweis, dass dem Bf damit das Vertrauen geschenkt wird, sich künftig in Zweifelsfällen wie dem gegenständlichen gesetzeskonform zu verhalten.

 

 

V. Im Ergebnis war aufgrund der Besonderheit dieses Einzelfalls ausnahmsweise mit einer Ermahnung vorzugehen. Hinsichtlich Spruchpunkt II ist festzuhalten, dass gem § 52 Abs 8 VwGVG die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf nicht aufzuerlegen sind, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Reitter