LVwG-750241/2/BP/JB

Linz, 21.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des F. P. F. L., geboren am x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W. P., xstraße x, R., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
13. September 2012, wegen Einziehung des Reisepasses und des Personalausweises nach dem Passgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm §§ 14 und 15 PassG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
13. September 2012, GZ: 304-2/21, wurden gem. §§ 15 Abs. 1 i.V.m.
14 Abs. 1 Ziffer 3 lit. f und Ziffer 4 des Passgesetzes 1992 idgF der Reisepass
Nr. x und der Personalausweis Nr. x, entzogen. Gleichgehend wurde einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Begründend führte die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt ua. wie folgt aus:

 

 

 „1. Sie wurden mit Urteil 130/2010 des Gerichtes Santa Cruz/Ten (Spanien) vom 30.11.2010 (rechtskräftig seit 30.11.2010) des Drogenhandels für schuldig be­funden.

 

 

 

2. Sie wurden mit Urteil 34 Hv 15/11a des Landesgerichtes Linz (rechtskräftig seit 11.07.2012)

 

 

 

der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 2., 3. und 5. Fall, Abs. 4 Z 3 SMG, teils als Beitragstäter nach § 12 3. Fall StGB, teils versucht nach § 15 Abs. 1 StGB;

 

 

 

des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG;

 

der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und
2. Fall SMG;

 

 

 

für schuldig befunden.

 

 

 

Diesem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

 

 

A) Sie haben in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge eingeführt, ausge­führt und anderen überlassen bzw. verschafft, wobei Sie die Straftaten mit Bezug auf Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge mehrfach übersteig­endenden Menge begangen haben, indem Sie

 

 

 

1. zwischen 2. Februar und 8. Februar 2008 mindestens 2.000 Stück Ecstasy-Tabletten in Amsterdam/Holland vom abgesondert Verfolgten H. R. S. übernahmen und versteckt in dem auf sie zugelassenen PKW Kombi Renault Laguna mit dem Kennzeichen x ÜBER Deutschland nach Österreich schmuggelten, wo Sie in L. das Suchtgift vereinbarungsgemäß dem abgeson­dert Verfolgten A. W. übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 2.000,00 erhielten;

 

 

 

2. am 1. März 2008 mindestens 3 kg Kokain in S. P./Brasilien (versteckt im doppelten Boden eines Reisekoffers) übernommen und auftragsgemäß per Flug­zeug via Lissabon/Portugal nach Amsterdam/Holland schmuggelten, wo Sie das Suchtgift vereinbarungsgemäß an Ihren Auftraggeber, den abgesondert Verfolgten
T. O. übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 10.000,00 erhiel­ten;

 

 

 

3. am 3. und 4. März 2008 mindestens 2.000 Stück Ecstasy-Tabletten in Amster­dam/Holland vom abgesondert Verfolgten H. R. S. übernahmen und versteckt in dem auf Sie zugelassenen PKW Kombi Renault Laguna mit dem Kennzeichen x über Deutschland nach Österreich schmuggelten, wo Sie in L. das Suchtgift vereinbarungsgemäß dem abgesondert Verfolgten A. W. übergaben;

 

 

 

4. Mitte März 2008 mindestens 500 g Kokain in Amsterdam/Holland (eingearbeitet in die Sohlen zweier Schuhe) vom abgesondert Verfolgten T. O. übernah­men und versteckt in dem auf Sie zugelassenen PKW Kombi Renault Laguna mit dem Kennzeichen x über Deutschland in die Schweiz schmuggelten, wo Sie in Z. das Suchtgift vereinbarungsgemäß einem bislang unbekannten Schwarzafrikaner übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 3.000,00 sowie
EUR 1.000,00 Benzingeld erhielten;

 

 

 

5. Ende März 2008 (vermutlich am 27. März) eine bislang unbekannte Menge Kokain oder Heroin (vermutlich 2,5 kg versteckt im doppelten Boden eines Reisekoffers) in Amsterdam/Holland vom abgesondert Verfolgten T. O. übernahmen, auftragsgemäß vorerst mit einem PKW nach Brüssel/Belgien und in der Folge per Flugzeug via Malaga/Spanien nach Teneriffa/Spanien schmuggelten, so Sie das Suchtgift vereinbarungsgemäß einem bislang unbekannten Schwarzafrikaner übergaben;

 

 

 

6. am 2. Mai 2008 mindestens 5 kg Kokain in S. P./Brasilien (versteckt zwi­schen zehn Bettbezügen) übernahmen und auftragsgemäß per Flugzeug via Lis­sabon/Portugal nach Amsterdam/Holland schmuggelten, wo sie das Suchtgift ver­einbarungsgemäß an Ihren Auftraggeber, den abgesondert Verfolgten T. O. übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 10.000,00 sowie 300 g Kokain erhielten;

 

 

 

7. am 4. und 5. Mai 2008 die in Amsterdam/Holland vom abgesondert Verfolgten T. O. als Entlohnung erhaltene Menge von 300 g Kokain in einem Miet­fahrzeug über Deutschland nach Österreich schmuggelten, wo Sie einen Teil des Suchtgiftes, nämlich 100 g Kokain, in L. dem abgesonderte Verfolgten M. D. zu einem Grammpreis von EUR 70,00 gewinnbringend verkauften;

 

 

 

8. am 28. oder 29. Mai 2008 mindestens 500 g Kokain in Amsterdam/Holland (ein­gearbeitet in die Sohlen zweier Schuhe) vom abgesondert Verfolgten T. O. übernahmen und vorerst mit einem PKW nach Brüssel/Belgien und in der Fogle per Flugzeug nach Oslo/Norwegen schmuggelten, wo Sie das Suchtgift vereinba­rungsgemäß einem bislang unbekannten Schwarzafrikaner übergaben, wofür Sie nach Ihrer Rückkehr nach Amsterdam/Holland vom abgesondert Verfolgten Z. O. eine Entlohnung von EUR 3.000,00 erhielten;

 

 

 

9. am 29. oder 30. Mai 2008 den abgesondert Verfolgten T. O. bei dessen gewerbsmäßigen Suchtgifthandel insofern unterstützten, als Sie in Oslo/Norwegen von einem bislang unbekannten Schwarzafrikaner Drogengeld in Höhe von EUR 50.000,00 (versteckt in drei Zigarettenschachteln) übernahmen, nach Ams­terdam/Holland brachten und dort vereinbarungsgemäß T. O. übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 1.500,00 erhielten;

 

 

 

10.am 30. Mai 2008 in Amsterdam/Holland vom abgesondert Verfolgten T. O. eine Menge von 300 g Kokain zu einem Grammpreis von EUR 40,00 ankauften und in einem Mietfahrzeug über Deutschland nach Österreich schmuggelten, wo Sie einen Teil des Suchtgiftes, nämlich 200 g Kokain, in L. dem abgesondert Verfolgten M. D. zu einem Grammpreis von EUR 70,00 gewinnbrin­gend verkauften;

 

 

 

11.am 9. oder 10.Juni 2008 den abgesondert Verfolgten T. O. bei dessen gewerbsmäßigen Suchtgifthandel insofern unterstützten, als Sie in Oslo/Norwegen von einem bislang unbekannten Schwarzafrikaner Drogengeld in Höhe von
EUR 75.000,00 (versteckt in zehn Zigarettenschachteln) übernahmen, nach Ams­terdam/Holland brachten und dort vereinbarungsgemäß T. O. übergaben, wofür Sie eine Entlohnung von EUR 1.500,00 erhielten;

 

 

 

12. Anfang Juni 2008 in Amsterdam/Holland vom abgesondert Verfolgten T. O. eine Menge von 50 g Kokain zu einem Grammpreis von EUR 40,00 an­kauften und in einem Mietfahrzeug nach Brüssel/Belgien schmuggelten, welches Sie in der Folge weiter via Deutschland nach Österreich zu schmuggeln beabsich­tigten, um es in L. dem abgesondert Verfolgten M. D. zu einem Grammpreis von
EUR 70,00 gewinnbringend zu verkaufen, was daran scheiterte, dass Sie am 12. Juni 2008 in Teneriffa/Spanien beim Schmuggel von 2,5 kg Hero­in festgenommen wurden;

 

 

 

B. von zumindest Anfang Juni 2008 bis 13. Juni 2008 in T. in einer die Grenz­menge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, nämlich 140,2 g Kokain (mit einer Reinsubstanz von 54 +/- 5,3%) mit dem Vorsatz besaßen, dass es in Verkehr gebracht werde;

 

 

 

C. im Zeitraum Anfang Februar 2008 bis zu Ihrer Festnahme in Teneriffa/Spanien in L. und anderen Orten insgesamt unbekannte Mengen (zumindest 150 g) Kokain erworben und bis zum Eigenkonsum besaßen,

 

 

 

Sie wurden unter Anwendung des § 28 StGB und gemäß den §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Teneriffa in Spanien, Abteilung 5,

 

Nr. 18/2009, vom 30. November 2010, nach dem Strafsatz des § 28a Abs. 4 SMG zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 30 (dreißig) Monaten verurteilt.

 

 

 

Mit Schreiben vom 31.08.2012 wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, eine schriftliche Stellungnahme innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens abzugeben.

 

 

 

Sie haben vom Recht der schriftlichen Stellungnahme Gebrauch gemacht und gaben folgendes an:

 

 

 

„Es entspricht den Tatsachen, dass ich sowohl in Tenerife als auch vom LG Linz für das Verbrechen des internationalen Drogenschmuggels verurteilt worden bin. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Ihnen bekannt ist, dass meine Verurteilung hier beim LG Linz nur auf Grund meiner umfassenden Geständigkeit möglich war. Ich habe zu einem Zeitpunkt (03.11.08) in Tenerife, wo die ermittelnden Beamten des BKA und LKA OÖ keinen Verdacht hatten, dass ich im Drogenhandel involviert bin, bereits ein umfassendes Gesamtgeständnis abgelegt, um so mit diesem riesengroßen Fehler von mir abschließen zu können. Mein Geständnis war die Grundlage, sowohl meiner Anklageschrift als auch meiner Verurteilung. Da ich auch alle beteiligten Personen bekanntgegeben habe, sind diese inzwischen ebenfalls zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Dies und die Tatsache, dass ich während meiner 5jährigen Haft in Spanien „komplett weg vom Fenster" war, führen dazu, dass ich keine wie auch im­mer gearteten Verbindungen zur Drogenszene besitze und auch nicht gewillt bin, diese wieder aufzubauen. Ich habe mit meiner unrühmlichen Vergangenheit gebro­chen und bin froh darüber. Daher entbehrt die Annahme, ich würde in Zukunft wei­terhin Suchtgift einführen oder in Verkehr setzen jeglicher Grundlage.

 

 

 

Durch einen langjährigen Bekannten (Dipl.-Ing. M. P., Geschäftsführer von S.
I.-Rumänien) habe ich die für mich einmalige Möglichkeit, nach meiner Haft wieder als Kranführer für Turmkräne zu arbeiten, wobei ich nach einer
1/2 jährigen Einarbeitungszeit in Rumänien in weiterer Folge in Russland zum Einsatz kommen werde. Daher würde ich meinem speziellen Fall der Passentzug nicht nur einem Reiseverbot gleichkommen, sondern auch einem Arbeitsverbot!

 

 

 

Ich hoffe, Sie haben Verständnis für meine Lage und Werten meinen Beitrag zur Aufklärung und Berücksichtigen meine schwierige Arbeitsplatzsituation die Sie mit einem negativen Bescheid zerstören würden. Daher ersuche ich sie nochmals, aus oben angeführten Gründen von einem Passentzug abzusehen."

 

 

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde ua. wie folgt aus:

 

 

 

„Die durch rechtskräftige Verurteilung festgestellte Einfuhr und Ausfuhr von Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge sowie das in Verkehr setzen von Suchtgift, stellen sowohl Tatsachen im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f, als auch solche im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 4 Passgesetz 1992 i.d.g.F. dar.

 

 

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Begehung eines nach §12 Suchtgiftgesetz (nunmehr §28 Suchtmittelgesetz) zu ahndenden Suchtgiftdeliktes die Versagung eines Reisepasses (vgl. die Erkenntnisse vom
1. Juni 1999, ZI. 96/18/0473 und vom 21. September 1999, ZI. 99/18/0267, aber auch bereits die zum Passgesetz 1969 ergangene Judikatur, etwa das Erkenntnis vom
13. Jänner 1992, ZI. 91/19/0137).

 

 

 

Ihrem Vorbringen in Ihrer Stellungnahme, dass Ihre Verurteilung beim LG Linz nur  aufgrund Ihrer umfassenden Geständigkeit möglich wäre bzw. dass Sie zum Zeit­punkt (03.11.08 in Teneriffa), wo die ermittelnden Beamten des BKA und LKA Oö keinen Verdacht hatten, dass sie im Drogenhandel involviert wären, bereits ein um­fassendes Gesamtgeständnis abgelegt hätten bzw. Ihr Geständnis die Grundlage, sowohl Ihrer Anklageschrift, als auch Ihrer Verurteilung wäre und sie auch alle betei­ligten Personen bekanntgegeben hätten und diese inzwischen ebenfalls zu mehrjäh­rigen Haftstrafen verurteilt worden wären, ist entgegenzuhalten, dass die Passbehör­de bei ihrer Entscheidung weder eine Interessensabwägung vorzunehmen hat, noch ist ihr die Möglichkeit einer Ermessensübung eingeräumt (vgl. VwGH 98/18/0354).

 

 

 

Ihren Angaben in Ihrer Stellungnahme, dass Sie durch einen langjährigen Bekannten (Dipl.-Ing. M. P., Geschäftsführer von S. I.-Rumänien) die einmalige Möglichkeit hätten, nach Ihrer Haft als Kranführer für Turmkräne zu arbeiten, wobei Sie nach einer V* jährigen Einarbeitungszeit in Rumänien in weiterer Folge in Russland zum Einsatz kommen würden und in Ihrem Fall der Passentzug nicht nur einem Reiseverbot, sondern auch einem Arbeitsverbot gleichkommen wür­de, ist weiters entgegenzuhalten, dass die Behörde bei der Entziehung eines Reise­passes auch auf persönliche und wirtschaftliche Interessen des Betroffenen keine Rücksicht zu nehmen hat (vgl. VwGH 2001/18/0223, 2003/18/0155, 2005/18/0608).

 

 

 

Eine Passversagung bzw. Entziehung stellt eine administrativ-rechtliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung dar und es kommt ihr die Funktion einer Sicherungsmaßnahme zu, die den/die Betroffene(n) während eines längeren Zeitraumes am legalen Grenzübertritt und damit an der Möglichkeit hindern soll, im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes Suchtgift zu erwerben und nach Österreich einzuführen, um es hier in Verkehr zu setzen.

 

 

 

Es kommt auch nicht darauf an, ob Sie Ihren Reisepass im Zusammenhang mit dem Ihnen zur Last gelegten Suchtgiftdelikt verwendet haben (vgl. VwGH 97/18/0455, 2002/18/0071, 2005/18/0030), vielmehr steht im Vordergrund, dass Sie in Hinkunft Ihren Reisepass zu diesem Zweck missbrauchen könnten.

 

 

 

Der VwGH sieht es auch als Erfahrungstatsache an, dass der inländische Drogen­markt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Aus­land verknüpft ist (vgl. VwGH 2001/18/0193). Im Übrigen würde Ihnen die Verwen­dung eines Reisepasses einen Handel mit Suchtmitteln jedenfalls erleichtern.

 

 

 

Weiters ist Ihrer Stellungnahme, dass Sie aufgrund der Tatsache, dass Sie während Ihrer 5-jährigen Haft in Spanien „komplett weg vom Fenster" wären und dass Sie kei­ne wie auch immer gearteten Verbindungen zur Drogenszene mehr besäßen und auch nicht gewillt wären, diese wieder aufzubauen und sie mit Ihrer unrühmlichen Vergangenheit gebrochen hätten, entgegenzuhalten, dass es auch eine Erfahrungs­tatsache ist, dass bei Delikten, die mit Suchtgift in Zusammenhang stehen, die Ge­fahr der Wiederholung bzw. die Rückfallsquote besonders groß ist (vgl. VwGH 1998/18/0017).

 

 

 

Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, ist eine Passentziehung dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse sehr hoch ist.

 

 

 

Ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte, ganz gleich in welcher Form, ist schon deshalb dringend erforderlich, da der immer größer werdende Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft und hier wie­derum vor allem bei Jugendlichen, führt. Außerdem nimmt die mit dem Genuss von Suchtgiften einhergehende Suchtgiftkriminalität bereits Dimensionen an, die zu einer eklatanten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen.

 

 

 

Nicht zuletzt deshalb bezeichnet auch der EuGH Suchtgifte als „Geißel der Mensch­heit".

 

In die gleiche Kerbe schlägt auch der OGH, wenn er ausführt, dass die Suchtgiftkriminalität bereits mit besorgniserregenden Wachstumsraten immer mehr zu einem gesellschaftlichen Destabilisierungsfaktor ausufert, dessen wirksame Bekämpfung gerade aus der Sicht seiner grenzüberschreitenden Intensivierung auf immer größere Schwierigkeiten stößt.

 

 

 

Abschließend sei noch bemerkt, dass die Möglichkeit geschaffen wurde, einen Identi­tätsausweis zu beantragen. Mit diesem Identitätsdokument kann man seiner Aus­weispflicht nachkommen, ein Bankkonto eröffnen, diverse Poststücke abholen udgl. mehr. Als Reisedokument kann dieser Ausweis jedoch nicht verwendet werden.

 

 

 

Für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung war maßgebend, dass unter Berücksichtigung Ihres Tatverhaltens und der damit verbundenen Wiederholungsgefahr, die vorzeitige Vollstreckung der gegenständlichen Ver­fügung wegen Gefahr im Verzug, im öffentlichen Interesse, dringend geboten erscheint.

 

 

 

2. Dagegen hat der Bf innerhalb offener Frist Berufung (die nunmehr als Beschwerde zu gelten hat) erhoben. Begründend führte der Bf wie folgt aus:

 

Ich ersuche um Aufhebung des oben Bezeichneten Bescheides, da er meiner Meinung nach formal und inhaltlich nicht korrekt ist.

 

 

 

1.) Die auf dem Bescheid angeführten Paragraphen die als Rechtsgrundlage herangezogen werden, treffen auf mich nicht zu.
§ 14 besagt, unter welchen Voraussetzungen die Ausstellung, die Erweiterung und die Änderung eines Passes zu untersagen sind. Ich besitze einen gültigen Paß, sodass keiner der genannten Gründe auf michzutrifft. § 15 besagt, daß ein Paß, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als 5 Jahre abgelaufen ist, zu entziehen ist. Mein Paß besitzt noch eine Gültigkeitsdauer von 6 Jahren, sodaß auf mich auch dieser Paragraph keine Anwendung findet.

 

 

 

2.) Aus Ihrem Bescheid ist nicht zu ersehen, für wielange und ab welchem Datum mir sowohl Paß als auch Personalausweis entzogen werden sollen. Selbst wenn es unbefristet wäre, ist mir das zumindest mitzuteilen.

 

 

 

3.) Mit diesem Bescheid werde ich als Österreicher gegenüber allen
EU-Bürgern diskriminiert. So ein EU-Bürger in Österreich eine Straftat begeht, erhält es „nur“ Aufenthaltsverbot für Österreich für einen gewissen Zeitraum und kann sich sonst im Rest der Welt frei bewegen. Ich hingegen darf mich nur in Österreich aufhalten – unter massiven Einschränkungen meiner persönlichen und beruflichen Existenz. Ich beantrage daher eine Gleichstellung mit sämtlichen EU-Bürgern und daher ein befristetes Aufenthaltsverbotes für Österreich.

 

 

 

Sie führen auch aus, daß bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß sei. Das mag wohl so sein, gibt Ihnen aber keinesfalls das Recht, dies ohne eingehende Prüfung oder Begutachtung meiner Person auch von mir anzunehmen.

 

 

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in einer Berufung ist auch nicht rechtens, da von Gefahr in Verzug keine Rede sein kann, wenn ich noch 24 Monate Haft vor mir habe.

 

 

 

Abschließend möchte ich noch anmerken, daß ich mich seit meiner Verurteilung um eine Therapie bemüht habe (im Prozessprotokoll nachzulesen) und spätestens nach der Haft absolvieren werde. Dies und die Tatsache, daß ich Ersttäter bei Suchtgiftdelikten bin, untermauern meine Behauptung, mit dem Drogenmilieu abgeschlossen zu haben. Daher ersuche ich Sie nochmals, von einem negativen Bescheid Abstand zu nehmen.

 

 

 

3.1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 6. Mai 2013,

GZ: A2/42979/2012, wurde dem Bf auf Rechtsgrundlage des § 15 Abs. 1 i.V.m.
§ 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes 1992 i.d.g.F.

1. der vom Magistrat Linz am 09.04.2008 ausgestellte und bis 08.04.2018 gültige österreichische Reisepass mit der Nummer x und

2. der vom Magistrat Linz am 09.04.2008 ausgestellte und bis 08.04.2018 gültige Personalausweis mit der Nummer x

entzogen.

 

3.2. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2014 wurde der oa. Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben und insbesondere ausgeführt, dass im vorliegenden Fall eine gerichtliche Entscheidung getroffen werden muss.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der relevante Sachverhalt - auch vom Bf unwidersprochen – feststand. Zudem verzichtete der nun mehr rechtsfreundlich vertretene Bf im Verfahren vor dem LVwG explizit auf die Durchführung einer Verhandlung, nachdem sich der Sachverhalt  aus der Aktenlage klar ergebe.

 

5. Bei seiner Entscheidung geht das LVwG Oberösterreich von dem unter den Punkten I.1. und I.2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

 

II.

 

 

Der relevante Sachverhalt ist unstrittig.

 

III.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gesetzliche Grundlagen:

 

Passgesetz 1992 idF BGBl. I Nr. 161/2013

 

§ 14

(1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Reisepasses sind zu versagen, wenn

[.....]

3. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um

[.....]

f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, oder

4. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

5. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Passwerber könnte als Mitglied einer kriminellen Organisation oder kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Sinne der §§ 278 bis 278b StGB durch den Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährden.

[.....]

 

(3) Liegen den in Abs. 1 Z 3 lit. b bis f und Z 4 und 5 angeführten Tatsachen gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach den §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben.

 

 

 

Passentziehung

§ 15

(1) Ein Reisepass dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, ist zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

(5) Vollstreckbar entzogene Reisepässe sind der Passbehörde unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar und sind von der Behörde zu entwerten.

 

§ 22

(2) Über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Landesverwaltungsgericht.

 

 

Die einschlägigen Bestimmungen im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 BGBl. Nr. 51/1991 i.d.g.F. lauten:

 

§ 64

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

 

Nach Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG stellen die Mitgliedstaaten ihren Staatsangehörigen gemäß ihren Rechtsvorschriften einen Personalausweis oder einen Reisepass aus, der ihre Staatsangehörigkeit angibt und verlängern diese Dokumente.

 

Artikel 4 Abs. 4 dieser Richtlinie sieht vor, dass der Reisepass zumindest für alle Mitgliedstaaten und die unmittelbar zwischen den Mitgliedstaaten liegenden Durchreiseländer gelten muss. Sehen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates keinen Personalausweis vor, so ist der Reisepass mit einer Gültigkeit von mindestens fünf Jahren auszustellen oder zu verlängern.

 

2. Rechtliche Erwägungen:

 

2.1. Gemäß § 15 Abs. 1 PassG ist ein Reisepass dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

 

2.2. Zunächst ist festzuhalten, dass dem Bf im Jahr 2008 ein Reisepass mit Gültigkeit bis ins Jahr 2018 ausgestellt wurde, also die Gültigkeitsdauer nicht schon länger als fünf Jahre abgelaufen ist. Weiters ist anzuführen, dass
§ 15 PassG keine Dauer der Entziehung vorsieht, sondern den Entzug der Dokumente an das Vorliegen bestimmter Tatsachen knüpft. Im vorliegenden Fall können als solche Tatsachen die teils gravierenden strafrechtlichen Verfehlungen des Bf erkannt werden. Versagungsgründe bzw. hier anwendbar Entziehungsgründe sind in § 14 PassG normiert.  

 

3.1. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B.: Erkenntnis vom 12. Dezember 2012, 2011/18/0244) hat § 14 Abs. 3 PassG 1992 infolge der dem Unionsrecht beizumessenden Vorrangwirkung unangewendet zu bleiben. Dabei hat sich der Verwaltungsgerichtshof sowohl auf die Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil EuGH 17. November 2011, C-340/10, Rs G.) als auch auf sein Erkenntnis vom 6. September 2012, 2009/18/0168, bezogen. Demnach stellt sich die Vorschrift des § 14 Abs. 3 PassG 1992, mit der eine gesetzliche Vermutung des Bestehens einer maßgeblichen Gefahr für eine im Vorhinein festgelegte Zeit angeordnet wird, ohne, dass eine Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles möglich ist, mit den unionsrechtlichen Vorgaben der RL 2004/38/EG, denen zufolge nicht schon für sich genommen der Umstand der strafrechtlichen Verurteilung die Einschränkung des aus dem Unionsrecht herrührenden Rechts auf Freizügigkeit zur Folge haben darf (Art. 27 Abs. 2), als nicht vereinbar dar.

 

Bei der Prüfung des in Rede stehenden Falles hat daher § 14 Abs. 3 PassG außer Betracht zu bleiben.

 

3.2. Zutreffend hat die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bezug genommen, wonach die Begehung eines nach   § 28 SMG zu ahndenden Suchtmitteldeliktes die Versagung eines Reisepasses rechtfertigen kann.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in zahlreichen Erkenntnissen
(19. Juni 2012, 2009/18/0094, 6. September 2012, 2009/18/0168 und 2009/18/0159) ausgeführt, dass gemäß der Richtlinie 2004/38/EG und dem dazu ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (kurz: EuGH) vom 17. November 2011, C-430/10, Rs G., die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit einschränken dürfen.

 

Der EuGH führt in Randnummer 40 des genannten Urteils weiter aus, aus Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG und der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes lasse sich entnehmen, dass eine das Recht auf Freizügigkeit beschränkende Maßnahme nur gerechtfertigt sein könne, wenn sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre.

 

3.3. Unzweifelhaft bezweckt die angefochtene Entscheidung es dem Beschwerdeführer unmöglich zu machen, sich ins Ausland, also auch in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zu begeben und sich dort aufzuhalten. Somit hat diese Entscheidung aber auch zum Inhalt, das dem Bf, einem österreichischen Staatsbürger, der sohin auch als Unionsbürger anzusehen ist, das unionsrechtlich zustehende Recht auf Freizügigkeit, soweit es das Recht umfasst, sich in einen anderen Mitgliedstaat als seinen Herkunftsmitgliedstaat zu begeben, als auch das Recht, den Herkunftsmitgliedstaat zu verlassen, einzuschränken. Dies hat aber zur Folge, dass die diesbezüglich maßgeblichen Vorschriften der RL 2004/38/EG zu beachten sind (vgl. Randnr. 25 bis 27 des bereits genannten Urteils des EuGH C-430/10).

 

Der EuGH hat allerdings darauf hingewiesen, dass das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit nicht uneingeschränkt besteht, sondern den im Vertrag und in den Bestimmungen zu seiner Durchführung vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen unterworfen werden darf. Nach Art. 27 Abs. 1 RL 2004/38/EG ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit der Unionsbürger oder ihrer Familienangehörigen nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken dürfen (vgl. Randnr. 29 und 30 Urteil C-430/10). Der EuGH stellt aber auch klar, dass der Begriff der öffentlichen Ordnung jedenfalls voraussetzt, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (Randnr. 33 Urteil C-430/10). Die Ausnahmen vom freien Personenverkehr, auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, implizieren in diesem Rahmen, wie Art. 27 Abs. 2 RL 2004/38/EG zu entnehmen ist, insbesondere, dass Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nur gerechtfertigt sind, wenn für sie ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend ist, während vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen nicht zulässig sind. Strafrechtliche Verurteilungen allein können eine die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit beschränkende Maßnahme nicht ohne weiteres begründen (Randnr. 34 Urteil C-430/10; vgl. zum Ganzen auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 2012, 2009/18/0094).

 

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 17. November 2011 aber auch klargestellt, dass die beschränkende Maßnahme geeignet sein muss, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten und sie nicht über das hinausgehen darf, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. In den Ausführungen in Randnr. 40 dieses Urteils präzisiert der EuGH dies dahingehend, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss.

 

3.4. Im vorliegenden Fall bedarf es sohin, um dem Bf seine Reisedokumente zu entziehen, einer das Grundinteresse der Gesellschaft berührende tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr auf Grund der konkret beim Bf bestehenden Umstände, im Rahmen einer Einzelfallprüfung.

 

Es ist bei der Prognoseerstellung im Sinn des § 14 Abs. 1 Z 3 lit. f PassG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich, dass bei der Begehung bisheriger Straftaten der der Entziehung unterliegende Reisepass oder Personalausweis bereits verwendet worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2010, Zl. 2007/18/0764).

 

Bei der Beurteilung, ob es zulässig ist, das unionsrechtlich zustehende Recht auf Freizügigkeit einzuschränken, ist daher zu prüfen, ob vom Bf im Zeitpunkt der Entscheidung eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr im Sinn der Vorgaben der RL 2004/38/EG ausgeht und diese Annahme auch für die Zukunft gerechtfertigt ist.

 

4.1. Es ist nun festzuhalten, dass der Bf aufgrund seiner Verurteilungen wegen
§ 28 SMG – also wegen internationalen Drogenhandels (dies in einem überaus beträchtlichen Umfang) - zunächst das Tatbild des § 14 Abs. 3 lit f erfüllt.

 

4.2. Grenzüberschreitender Drogenhandel mit Suchtgiftmengen von immensem Ausmaß, mit „harten“ und besonders gefährlichen Drogen wie ua. Kokain oder Heroin, ist fraglos geeignet ein Grundinteresse der Gesellschaft zu berühren und die öffentliche Ordnung und Sicherheit tatsächlich zu gefährden. An dieser Stelle kann auf die verheerenden Auswirkungen von Suchtmitteln für die Gesundheit von Menschen, insbesondere von Jugendlichen und die Verwerflichkeit des organisierten Drogenhandels verzichtet werden, da diese allgemein anerkannt sind.

 

4.3. In insgesamt 12 Angriffen verschob bzw. handelte der Bf teils große Mengen an Drogen. Er missbrauchte dabei seine (unionsrechtlich gewährte) Freizügigkeit, um etwa Drogenhandel in Staaten wie den Niederlanden, Deutschland, Spanien, Portugal oder Großbritannien auszuüben. Die Reichweite seiner Tätigkeit erstreckte sich aber auch sogar bis Südamerika. Angesichts dieser Verbrechen kann ihm eine Integration im internationalen Drogenhandel fraglos bescheinigt werden. Es versteht sich dabei von selbst, dass sein Reisedokument ihm die Durchführung der Reisebewegungen und somit der Verbrechen erst ermöglichte.

 

Im Sinne der oa. Judikatur muss also auch das Vorliegen der Erheblichkeit der Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie Gesundheit bejaht werden.

 

4.4. Im vorliegenden Fall ist insbesondere Bedacht auf die Gegenwärtigkeit der Gefährdung zu legen, da die den Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten bereits im Jahr 2008 begangen wurden. Dies könnte Anlass zu der Annahme geben, dass von einer gegenwärtigen Bedrohung aktuell nicht mehr auszugehen sei.

 

Dabei ist aber klar festzuhalten, dass der Bf bis Jänner 2014 in Haft war und somit die Zeitspanne des Wohlverhaltens in Freiheit mit einem Jahr begrenzt werden muss. Die von ihm relevierten Ansätze einer geänderten Gesinnung sind zwar sehr zu begrüßen; allerdings kann aktuell keinesfalls schon eine positive Prognose für das zukünftige Verhalten erstellt werden.

 

Der Bf blickt auf eine beeindruckende Serie an Straftaten zurück, die schon in den frühen 90er-Jahren des 20sten Jahrhunderts einsetzte. Es liegen immerhin 19 strafgerichtliche Verurteilungen vor, was grundsätzlich von einer massiv gefestigten kriminellen Energie ausgehen lässt. Zu bemerken ist auch, dass sich die Intensität der Straftaten kontinuierlich steigerte. Um von einer nachhaltig positiven Zukunftsprognose ausgehen zu können, wird es also eines mehrjährigen Wohlverhaltenszeitraumes bedürfen. 

 

Der Bf hat zur Frage einer von ihm allfällig ausgehenden Gefahr, unter Missbrauch von Reisedokumenten Straftaten nach dem SMG zu begehen, darauf hingewiesen, nunmehr völlig geläutert zu sein, keinen Kontakt mehr zum organisierten Drogenhandel zu pflegen und sogar an der Aufklärung und Strafverfolgung in den bisherigen Verfahren mitgewirkt zu haben. Im Sinne einer einzelfallbezogenen Zukunftsprognose kann der geäußerten Läuterung jedenfalls noch nicht die Intensität zugemessen werden, wonach anzunehmen wäre, dass gegenwärtig der Rückfall in alte Verhaltensmuster ausgeschlossen werden kann.

 

Hingegen ist weiterhin von einer tatsächlichen, erheblichen und gegenwärtigen Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft am Schutz von Leben und Gesundheit, insbesondere von Jugendlichen, durch den Bf auszugehen.

 

4.5. Bei einer Verhältnismäßigkeitsprüfung müssen dahingehend die persönlichen Interessen des Bf an einer beruflichen Tätigkeit im Ausland hinter das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten (vgl. oben) zurücktreten. Nach Verstreichen eines gewissen Zeitraums des Wohlverhaltens wird der neuerlichen Ausstellung von Reisedokumenten nichts mehr im Wege stehen. 

 

5. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels kann aus Sicht des erkennenden Richters des Oö. LVwG nicht beanstandet werden, da durchaus die Gefahr nicht gebannt war, dass der Bf – wie in der Vergangenheit praktiziert – sein Reisedokument zur neuerlichen Verübung von Straftaten genutzt haben würde. Im Sinne des § 64 Abs. 2 AVG war sohin auch dieser Spruchpunkt zu bestätigen.

 

6. Es war daher im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Bernhard Pree

Beachte: Revision anhängig