LVwG-090000/8/WEI

Linz, 29.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der Frau Mag. pharm. G. A., B.gasse, L., gegen den Bescheid (Vollstreckungsverfügung) des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Oktober 2014, Zl. 0043268/2013, betreffend die Vollstreckung des zur gleichen Aktenzahl prot. Straferkenntnisses vom 21. Dezember 2013 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Apothekengesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Dezember 2013 (Aktenzeichen wie Vollstreckungsverfügung) wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bfin) als die verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der H.-Apotheke Mag. pharm. A. KG wegen Über­tretung des § 41 Abs 1 Apothekengesetzes iVm § 27 Abs 4 Apothekenbetriebsordnung 2005 und dem Bescheid des Bürgermeisters vom 21. September 2012, Zl. 0004493/2011 zu einer Geldstrafe von 600 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) verhängt, weil die in L., H., gelegene Apotheke auch am 20. Juni 2013 ohne barrierefreien Zugang betrieben wurde, zumal der Eingang eine Stufe aufwies und dem im zitierten Bescheid erteilten Auftrag zur umgehenden Herstellung eines barrierefreien Zugangs nach wie vor nicht entsprochen worden war.

 

Zur Durchsetzung dieses Strafbescheides erließ der Bürgermeister der Landeshaupt­stadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) den gegenständlich bekämpften Bescheid vom 6. Oktober 2014 betreffend eine Vollstreckungsverfügung gemäß den §§ 3 und 10 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG). Diese Vollstreckungsverfügung wurde der Bfin nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 8. Oktober 2014 (Beginn der Abholfrist) durch Hinterlegung beim Postamt x zugestellt.

 

 

II.1. Gegen die Vollstreckungsverfügung erhob die Bfin mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 rechtzeitig Beschwerde, in der sie sinngemäß die Unzulässigkeit der Vollstreckung mit der Behauptung einwendet, dass ihr das Straferkenntnis nie zugestellt worden und auch inhaltlich nicht bekannt sei. Mit der Strafverfügung vom 22. Jänner 2013, Zl. 0003105/2013, sei ihr aber eine Geldstrafe von 365 Euro vorgeschrieben worden, weil sie es als Konzessionärin und Komplementärin der H.-Apotheke Mag. pharm. A. KG unterlassen habe, fristgerecht einen barrierefreien Zugang zur Apotheke herzustellen. Diese Strafe habe sie auch bezahlt. Die Herstellung des barrierefreien Zugangs zu ihrer Apotheke habe sich leider auf Grund der denkmalgeschützten Fassade zeitlich etwas verzögert und sei im Jänner 2014 abgeschlossen worden, was sie mit E-Mail vom 22. Jänner 2014 der Behörde mitgeteilt habe. In diesem E-Mail teilte die Bfin im Wesentlichen mit, dass die behindertengerechte Rampe inzwischen montiert wäre, und sie ersuchte höflich um Unterlassung weiterer rechtlicher Schritte.

 

II.2. Die belangte Behörde hat die Beschwerde mit einem Ausdruck ihres elektronisch geführten Verwaltungsakts zur Entscheidung vorgelegt und mitgeteilt, dass die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht beabsichtigt sei.

 

 

III.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt zwecks Überprüfung des Zustellvorganges die von der Post mangels Behebung durch die Bfin an die belangte Behörde retournierte Sendung (Straferkenntnis) und das in der Beschwerde erwähnte E-Mail der Bfin vom 22. Jänner 2014 ergänzend beigeschafft, aus dem sich diesbezüglich aber nichts ergibt. Außerdem wurde der Bfin zum Zustellvorgang die Möglichkeit einer Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs eingeräumt.

 

Da der ent­scheidungswesentliche Sachverhalt schon aus der Aktenlage festgestellt werden kann und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem auch nicht Art 6 Abs 1 EMRK bzw Art 47 GRC entgegen steht (vgl dazu EGMR 9.2.2006 BeschwNr. 4533/02 = ÖJZ 2006/18 [MRK], 864, wonach das Exekutionsverfahren keine Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen betrifft), konnte im Übrigen von der Durch­führung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden.

 

III.2. Mit Schreiben des Oö. Landesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2014, zugestellt durch Hinterlegung am 19. Dezember 2014, wurde der Bfin der vorläufige Sachstand aus der Aktenlage berichtet, wobei ihr auch Ablichtungen des Straferkenntnisses samt Zustellnachweis zur Kenntnisnahme übermittelt wurden. Die Bfin wurde im Rahmen des Parteiengehörs über die Hinterlegung gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz belehrt und sie erhielt Gelegenheit, einen allfälligen Fehler bei der Zustellung des Straferkenntnisses durch ein Vorbringen binnen drei Wochen geltend zu machen und geeignete Beweismittel für eine allfällige Ortsabwesenheit bekannt zu geben. Bis dato hat die Bfin keine Stellungnahme eingebracht.

 

Der erkennende Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts geht daher bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen S a c h v e r h a l t aus:

 

Mit dem oben dargestellten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 21. Dezember 2013 wurde über die Bfin wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Apothekengesetz eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 60 Euro vorgeschrieben. Aus dem aktenkundigen Zustellnachweis (Postrückschein) ist abzuleiten, dass das bezeichnete Straferkenntnis nach einem vergeblichen Zustellversuch an der Wohnadresse (B.gasse ../Stock:.., L.) der Bfin am 14. Jänner 2014 beim Postamt x zur Abholung für die Bfin hinterlegt worden ist. Dieser Tag ist auch der vom Zusteller vermerkte Beginn der Abholfrist, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde. Damit begann die gesetzliche Beschwerdefrist von vier Wochen zu laufen. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde laut Rückschein in den Briefkasten eingelegt. Die Sendung wurde in der Folge von der Bfin nicht behoben, weshalb sie von der Post nach Ablauf der Hinterlegungsfrist am 3. Februar 2014 an das Bezirksverwaltungsamt des Magistrats Linz zurückgeschickt wurde. Aktenkundig sind der Postrückschein sowie die von der Post an die belangte Behörde zurückgesandte Sendung samt den entsprechenden Vermerken.

 

Die Vollstreckungsverfügung vom 6. Oktober 2014 nimmt Bezug auf die offene rechtskräftige Zahlungsverpflichtung der Bfin hinsichtlich des sich aus dem Straferkenntnis ergebenden Gesamtbetrags von 660 Euro (Geldstrafe samt Kosten) und verfügt gemäß § 3 Abs 1 VVG zu dessen Einbringung die Eintreibung im Verwaltungsweg unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben. Eine letztmalige Zahlungsfrist von drei Wochen wird eingeräumt.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG (BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, soweit die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach § 28 Abs 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde (Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG) grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder seine Feststellung durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

 

Gemäß § 10 Abs 2 VVG hat die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen eine Vollstreckungsverfügung keine aufschiebende Wirkung.

 

Im Vollstreckungsverfahren kommt die Durchführung eines förmlichen Ermittlungsverfahrens grundsätzlich nicht in Betracht. Die Behörde hat idR nur zu prüfen, ob ein tauglicher Vollstreckungstitel vorliegt und ob die Verpflichtung noch nicht erfüllt ist. Das Verfahren besteht im Wesentlichen in der Erlassung von Vollstreckungsverfügungen, die unmittelbar der Vollstreckung des Titelbescheides dienen, und deren faktischer Durchführung (vgl näher mwN Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 1289 f)

 

IV.2. Die Bfin macht in der Beschwerde sinngemäß Unzulässigkeit der Voll­streckung geltend, indem sie die Zustellung des Straferkenntnisses vom 21. Dezember 2013 und damit dessen rechtswirksame Erlassung als Titelbescheid in Abrede stellt. Sie hat aber von dem ihr eingeräumten Parteiengehör zum Zustellvorgang keinen Gebrauch gemacht und kein Vorbringen erstattet, das die Zustellurkunden in Frage stellen könnte. Es ist daher entsprechend dem im Punkt III.2 festgestellten Sachverhalt davon auszugehen, dass das Straferkenntnis der Bfin nach einem ordnungsgemäßen Zustellversuch an ihrer Wohnadresse in L., durch Hinterlegung am 14. Jänner 2014 (Beginn der Abholfrist) beim Postamt x zugestellt worden ist.

 

Nach dem Zustellgesetz sind behördliche Schriftstücke dem Empfänger an einer Abgabestelle iSd § 2 Z 4 Zustellgesetz (bspw Wohnung oder sonstige Unterkunft, Betriebsstätte etc.) als Zustelladresse zuzustellen. Kann eine Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter regel­mäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Fall der Zustellung durch einen Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle (im Fall der Post bei der zuständigen Postfiliale bzw dem Postamt) zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs 3 Satz 3 Zustell­gesetz gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Hinterlegungsfrist, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Auf die Abholung der hinterlegten Sendung durch den Empfänger kommt es für die Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht an.

 

Die Bfin war Empfängerin des Straferkenntnisses. Sie hat nicht behauptet, sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten zu haben. Die durch den Postrückschein bescheinigte Hinterlegung vom 14. Jänner 2014 war daher zulässig und rechtswirksam. Die Bfin hat schon mangels Behebung der hinterlegten Sendung kein Rechtsmittel (Beschwerde) gegen das ihr als zugestellt geltende Straferkenntnis eingebracht. Das Straferkenntnis ist mit dem ungenützten Ablauf der Beschwerdefrist von vier Wochen rechtskräftig und verbindlich geworden und daher als tauglicher Titelbescheid für die nunmehr angefochtene Vollstreckungs­verfügung anzusehen.

 

Da im Ergebnis keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Vollstreckung vorliegen, erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet. Sie war abzuweisen und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.

 

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der ausdrücklich nur an die belangte Behörde gerichtete Antrag auf Abänderung des gegenständlichen Straferkenntnisses (vgl.: „Ich beantrage daher, die Behörde möge die vorgeschriebene Strafe aufheben beziehungsweise eventuell reduzieren.“) wegen rechtskräftig entschiedener Sache unzulässig ist. Die Frage der Rechtmäßigkeit eines rechtskräftigen Titelbescheides kann im Vollstreckungs­verfahren nicht mehr aufgeworfen werden, der Titelbescheid daher nicht mehr bekämpft werden (vgl uA VwGH 24.04.1990, Zl. 90/05/0050; 22.06.1995, Zl. 95/06/0106; VwGH 28.10.1999, Zl. 99/06/0106).

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß