LVwG-400068/2/ER/HUE

Linz, 22.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Elisabeth Reitter über die Beschwerde der J.H., x, x, vertreten durch Rechtsanwälte P.R., x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 18. November 2014, Zl. VerkR96-4262-2012, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens noch zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 18. November 2014, Zl. Verk96-4262-2012, verhängte der Bezirkshauptmann des Bezirkes Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) über Frau J.H. (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 3 BStMG eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem amtlichen Kennzeichen x den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachgeholt und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut mit diesem Kfz am 23. Dezember 2013, 15.33 Uhr, auf der A8 Innkreisautobahn bei km x, Gemeinde St. in Fahrtrichtung S. verursacht habe.

 

Begründend führt die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

"Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die gegenständliche Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes wurde mit dem auto­matischen Überwachungssystem der ASFINAG festgestellt. Auf dem Überwachungsfoto der ASFINAG ist ein Campingfahrzeug Modell Hymer mit dem genannten Kennzeichen zu erkennen.

Sie erhoben am 11.6.2014 Einspruch gegen die Strafverfügung und argumentierten, dass Sie am 20.12.2013 die Go-Box (für KFZ über 3,5 t) erwarben, wofür die Emissionsklasse IV erfasst wurde, obwohl das KFZ Emissionsklasse V aufwies (wofür jedoch ein und der­selbe Mauttarif verrechnet wird). Sie hätten keine Rechtsvorschrift verletzt, da für die Klasse IV und V der gleiche Tarif gelte. Sie legten den ASFINAG-Kundenbeleg (Quittung) vom 20.12.2013 und die Bestätigung über die Emissionsklasse V vom 7.3. vor.

Für die am 20.12.2013 erworbene Go-Box mit der Angabe der Emissionsklasse 4 waren innerhalb 14 Tagen Einmelde(Nachreich)Frist die nötigen Belege für die Berechtigung der Mautklasse 4 vorzulegen. Dies wurde auf dem ASFINAG-Beleg vom 20.12.2013 mit einer Einreichfrist bis 3.1.2014 ausdrücklich angegeben (diesen Asfinag-Beleg übermittelten Sie der Behörde in Ihrer Stellungnahme vom 23.7.2014).

Kaufdatum bzw. Angabe der Euro-4-Emissionsklasse: 20.12.2014 --> Ablauf der 14-tägigen Einreichfrist laut Beleg am 3.1.2014 --> Sperrung der Go-Box mit 5.1.2014 --> Ausbleiben der nötigen Dokumente bis zum 7.3.2014 !

Betreffend Ihre Angabe, dass 'gleich Anfang Januar' Nachweise zur ASFINAG übermittelt worden seien, liegt der Behörde keinerlei Bestätigung seitens der ASFINAG vor. Laut der an Sie weitergeleiteten Stellungnahme der ASFINAG vom 8.8.2014 wurden die notwendigen Nachweisdokumente bei der ASFINAG erst am 7.3.2014 einlangend nachgewiesen. Am 5.3.2014 wurden zwar auch Dokumente eingereicht (Certifcate of Conformity), aber die zwingend notwendige Zulassungsbescheinigung langte erst am 7.3.2014 ein. Deshalb erfolgte die Ersatzmautforderung vom 18.3.2014 für die Nutzung der Autobahn am 23.12.2013 zurecht und wurde mangels Nichtzahlung der Ersatzmaut in der Folge als Delikt der Behörde angezeigt.

In rechtlicher Würdigung des als erwiesen aufgenommenen Sachverhaltes hat die Behörde erwogen:

 

[…]

Von der ASFINAG wurde berichtet, dass zwar Maut entrichtet wurde, allerdings nicht ordnungsgemäß aufgrund der nicht fristgerechten Hinterlegung der Nachweisdokumente um die Erlangung der günstigeren Emissionsklasse 4 nachzuweisen. Es ist Faktum, dass Maut entrichtet wurde, allerdings nicht ordnungsgemäß bzw. ausreichend für den Tatzeitpunkt, weshalb jedenfalls das Faktum der Mautentrichtung ohnehin als Milderungsgrund zu werten war.

Da jedoch keine solche Bestrafung erfolgen soll, als hätten Sie gar keine Maut entrichtet, wird der Strafbetrag auf die Hälfte im Sinne des angeführten Milderungsgrundes reduziert.

Vom 'Vergleichsangebot' der Forderung einer noch niedrigeren 'Ersatzmaut' (sie ist eine erhöhte Mautgebühr), welche Ihnen mit Schreiben vom 18.3.2014 zugestellt wurde, haben Sie keinen Gebrauch gemacht.

 

Zur Schuldfrage wird bemerkt:

[…]

Ob Sie am 23. oder am 24.12.2013 von der Go-Box auf Warntöne hingewiesen wurden oder nicht, ist hier irrelevant, da es sich ohnehin nur um eine akustische Information handelt und diese Töne nur an die Dokumentenvorlage 'erinnern' sollen. Wenn Sie Ihr Fahrzeug nach dem 24.12.2013 bzw. nach erfolgter Sperre ab dem 5.1.2014 ohnehin nicht in Österreich auf Autobahnen benutzt haben, dann haben Sie die akustischen Signale, die eine Sperrung signalisieren, auch nicht wahrnehmen können. Dadurch, dass Sie nicht bis zum auf dem ASFINAG-Beleg vom 20.12.2013 angegebenen Fristablauf - dem 3.1.2014 - die notwendigen Einreichdokumente vorgelegt hatten, obwohl dies aufgrund der sofort wirksamen günstigeren Mautgebühr notwendig war, begann das Delikt, indem Sie mit dem genannten Fahrzeug am 23.12.2013, 15.33 Uhr, den Mautabschnitt der A8 im Bereich der Gemeinde St. in Richtung S. benutzten und nicht den fristgerechten Nachweis erbrachten, dass Sie zur Kontrollfallzeit zur Inanspruchnahme der günstigeren Euro-Emissionsklasse berechtigt waren.

Für beide Emissionsklassen (IV und V) ist der vollständige Nachweis von Fahrzeugdokumenten notwendig, die erkennen lassen, dass man zu Inanspruchnahme des 'billigeren' Mauttarifs berechtigt war. Die verlangte Emissionsklasse ist unmittelbar tarifrelevant, d.h., sie ist sofort für die Mautabbuchung ab Nutzung der österreichischen Autobahnen wirksam. Daraus kann geschlossen werden: Ein Delikt beginnt genau dann, wenn der Kunde den 'günstigeren' Mauttarif verlangt und die Autobahn benützt, aber nicht zeitgerecht die dafür notwendigen Dokumente einreicht um die Berechtigung nachzuweisen. Die Konsequenz ist zunächst eine Ersatzmautforderung als zivilrechtliches 'Vergleichsangebot' der ASFINAG und später die Verhängung einer Geldstrafe durch die Verwaltungsstrafbehörde für die 'illegale' Nutzung der Autobahn (z.B. weil zu wenig Maut bezahlt/abgebucht wurde).

Es wird nicht behauptet, dass Sie gar keine Maut entrichtet hätten, sondern dass lediglich zum Zeitpunkt am 23.12.2014 zu wenig Maut bezahlt wurde (bzw. abgebucht wurde). Hätten Sie eine nicht nachweispflichtige Emissionsklasse beantragt (niedriger als Klasse IV), dann wäre eine höhere Tarifklasse zur Anwendung gekommen als gegenständlich zur Anwendung kam.

Sie behaupteten zwar am 23.7.2014, dass Sie 'gleich Anfang Januar' diese Nachweisdokumente eingereicht hätten, die ASFINAG antwortete auf die Frage der Behörde, wann sie den Nachweis tatsächlich von Ihnen erhalten habe, dass sie Dokumente erst am 5. und am 7.3.2014 erhalten hat. Es wird davon ausgegangen, dass die ASFINAG keinen Grund hat, die Unwahrheit zu behaupten.

Das Delikt der nicht fristgerechten Nachweisführung der günstigeren Mautklasse wirkt zurück auf den Zeitpunkt der erstmaligen Inanspruchnahme der Autobahn und Abbuchung via Go-Box, ohne dass die günstigere Mautklasse durch Nachweise belegt wurde. Es mag auch sein, dass man die gleiche Sprache spricht, aber aneinander vorbei argumentiert.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenvorschreibung (Verfahrenskosten) ist in den angeführten Gesetzesstellen begründet."

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Bf, in welcher die Einstellung des Verfahrens beantragt und im Wesentlichen ausgeführt wird, dass die Eingabe der jeweiligen Emissionsklasse in die GO-Box nicht durch den Fahrzeughalter oder –führer sondern durch den Mitarbeiter der GO-Vertriebsstelle in P. erfolgt sei. Damit sei bereits zum ersten Mal der Nachweis zur fahrleistungsabhängigen Maut erbracht und diese ordnungsgemäß über die GO-Box entrichtet worden. Die Bf habe die erforderlichen Unterlagen am 3. Jänner 2014 auf dem Postwege übersandt, eine Kopie dieses Schreibens liege bei. Bei Überprüfung des Guthabens der GO-Box am 20. Februar 2014 sei die Bf erneut aufgefordert worden, die Fahrzeugdaten bis zum 6. März 2014 zuzusenden. Dies sei am 5. März 2014 per E-Mail erfolgt. Dementsprechend sei eine Sperre der GO-Box nicht erfolgt. Die Ersatzmautaufforderung der ASFINAG habe die Bf nicht erhalten. Aus dem ASFINAG-Schreiben vom 8. August 2014 ergebe sich sogar die Bestätigung, dass ein Rückschein nicht vorliege. Die Maut sei rechtzeitig, ordnungsgemäß und in voller Höhe entrichtet worden. Ein Schaden sei nicht entstanden.

 

I.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 (eingelangt beim Oö. Landesverwaltungsgericht am 2. Jänner 2014) unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verwaltungsakt.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist und zudem von keiner Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem   S a c h v e r h a l t aus:

 

Die Bf ist Zulassungsbesitzerin des Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem amtlichen Kennzeichen x. Am 20. Dezember 2013 wurde durch den Lenker dieses Kfz an einer GO-Vertriebsstelle in P. die Umstellung der EURO-Emissionsklasse "4" bei der GO-Box veranlasst. Diese Umstellung war sofort tarifwirksam. Gleichzeitig wurde der Lenker schriftlich darauf aufmerksam gemacht, dass die erforderlichen und noch fehlenden Nachweisunterlagen für die umgestellte EURO-Emissionsklasse spätestens bis zum 3. Jänner 2014 einlangend bei der ASFINAG vorgelegt werden müssen. Am 23. Dezember 2013 wurde das gegenständliche Kfz auf der mautpflichtigen Strecke A8 Innkreisautobahn bei km x gelenkt und die Maut gemäß der eingestellten EURO-Emissionsklasse "4" entrichtet. Am 3. Jänner 2014 hat die Bf auf dem Postweg Unterlagen über die EURO-Emissionsklasse dieses Kfz an die ASFINAG versandt. Bei der ASFINAG ist diese Postsendung nicht eingelangt. Die erforderlichen Unterlagen wurden der ASFINAG schlussendlich am 7. März 2014 vorgelegt.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt – insbesondere den darin enthaltenen Unterlagen betreffend die Übermittlung der erforderlichen Dokumente. Der Stellungnahme der Bf vom 23. Juli 2014 ist die Kopie der schriftlichen Aufforderung der ASFINAG vom 20. Dezember 2013 beigelegt, wonach die Bf die erforderlichen Unterlagen zum Nachweis der EURO-Emissionsklasse bis zum 3. Jänner 2014 (Einlangen bei der ASFINAG) vorzulegen gehabt hätte. Ihrer Beschwerde legte die Bf eine Kopie eines – mit 3. Jänner 2014 datierten – Schreibens bei, wonach sie erst an diesem Tag auf dem Postweg Unterlagen an die ASFINAG abgesendet habe. Der Stellungnahme der ASFINAG vom 8. August 2014 ist eine E-Mail-Korrespondenz zwischen der Bf und der ASFINAG beigelegt, aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass die geforderte Zulassungsbescheinigung der ASFINAG schlussendlich am 7. März 2014 übermittelt wurde.

 

 

III. Gemäß § 6 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 9 Abs. 4 BStMG legt die ASFINAG in der Mautordnung die Tarife für die durch Anschlussstellen und Knoten begrenzten Straßenabschnitte (Mautabschnitte) fest.

Die Mauttarife sind in der Verordnung nach Maßgabe des Artikels 7g Abs. 1 und 4 der Richtlinie 1999/62/EG sowie der in Anhang 0 dieser Richtlinie angeführten EURO-Emissionsklassen zu differenzieren. In der Verordnung kann auch eine Differenzierung der Mauttarife nach dem Zeitpunkt der Straßenbenützung nach Maßgabe des Artikels 7g Abs. 3 und 4 der Richtlinie 1999/62/EG erfolgen. Die EURO-Emissionsklassen sind zu Tarifgruppen zusammenzufassen. Differenzierungen nach dem Zeitpunkt der Straßenbenützung sind auch eingeschränkt auf einzelne Mautabschnitte oder Fahrzeugkategorien zulässig (Abs. 5).

 

Gemäß § 14 Abs. 1 BStMG hat die ASFINAG Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken festzulegen (Mautordnung).

 

Punkt 5.2 der Mautordnung, Teil B, besagt u.a., dass Kfz grundsätzlich der höchsten Tarifgruppe und der EURO-Emissionsklasse 0 oder I zugeordnet werden, wenn nicht ausdrücklich die Eintragung einer besseren EURO-Emissionsklasse erklärt wurde. An der GO-Vertriebsstelle wird die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung einer verlangten EURO-Emissionsklasse nicht geprüft. Die Rechtmäßigkeit der verlangten EURO-Emissionsklasse ist der ASFINAG durch entsprechende Nachweisdokumente entweder vorab oder im Nachhinein binnen 14 Kalendertagen (einlangend), gerechnet ab Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse, nachzuweisen (vgl. Punkt 5.2.2.1, Teil B, der Mautordnung). Die ausdrücklich verlangte EURO-Emissionsklasse wird an der GO-Vertriebsstelle auf der GO-Box und im Zentralsystem hinterlegt und ist damit unmittelbar tarifrelevant. Ein Anspruch auf Verrechnung des der jeweiligen Tarifgruppe zugeordneten Mauttarifs entsteht erst dann, wenn die EURO-Emissionsklasse an der GO-Vertriebsstelle hinterlegt wurde und die Nachweisprüfung (Nachweis der Rechtmäßigkeit der verlangten EURO-Emissionsklasse) positiv abgeschlossen wurde. Zusätzlich wird bei der Hinterlegung der EURO-Emissionsklasse von der GO-Vertriebsstelle ein Informationsbeleg zu den gespeicherten Fahrzeugdaten übergeben, der u.a. Hinweise über allfällige vom Zulassungsbesitzer zu beachtende Fristen enthält. 

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG begehen Zulassungsbesitzer, die den Nachweis über die Zuordnung des Fahrzeuges zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachholen und dadurch die nicht ordnungsgemäße Entrichtung fahrleistungsabhängiger Maut für die Benützung von Mautstrecken verursachen, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 gelten als an jenem Ort begangen, an dem die Benützung von Mautstrecken mit einem gemäß § 9 Abs. 6 vierter Satz vorläufig einer Tarifgruppe zugeordneten Fahrzeug durch automatische Überwachung oder durch dienstliche Wahrnehmung eines Mautaufsichtsorgans festgestellt wurde (Abs. 4).

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die ASFINAG ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 und 3 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1.1. § 44a VStG sieht vor, dass der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, Nachfolgendes zu enthalten hat:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Falle eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

IV.1.2. § 31 VStG regelt die Verjährung, wobei gemäß § 31 Abs. 1 VStG die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

IV.2.1. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass diese erstens nach Tatort und Tatzeit unverwechselbar feststeht sowie zweitens eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und damit auch die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985); im Spruch sind daher alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind.

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Bescheidspruch alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, angeführt sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung (VwGH vom 24. Mai 2013, 2012/02/0174).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung iSd § 44a Z 1 VStG darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, um ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (VwGH 17. April 2014, 2010/04/0057).

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden.

 

IV.2.2. Diesen Erfordernissen genügt der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht. Der Spruch gibt § 20 Abs. 3 BStMG wieder, ohne einen konkreten Tatvorwurf iSd § 44a VStG zu formulieren. Der Bf wird zwar vorgeworfen, den Nachweis über die Zuordnung ihres Fahrzeugs zur erklärten EURO-Emissionsklasse nicht fristgerecht nachgeholt zu haben, jedoch wird darin nicht angeführt, über welchen Zeitraum sich diese Frist erstreckte.

Der Spruch leidet daher unter dem Blickwinkel des § 44a VStG an dem Mangel, dass daraus nicht hervorgeht, dass das vorgeworfene Delikt erst mit Ablauf der 14-tägigen Frist am 3. Jänner 2014, bis zu der die erforderlichen Nachweisunterlagen für die umgestellte EURO-Emissionsklasse bei der GO-Box nach­gereicht hätten werden können, verwirklicht wurde. Dieses Tatbestandsmerkmal ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, da erst durch das ungenützte Verstreichen dieser Frist die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut im Rahmen der Fahrt vom 23. Dezember 2013 verursacht wurde.

Der Bf war es daher nicht möglich, auf einen konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Die Wiedergabe des Zeitraums in der Begründung des Straferkenntnisses reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

IV.2.3. Eine taugliche Verfolgungshandlung muss die dem Beschuldigten zur Last gelegte Handlung unter Berücksichtigung sämtlicher Erfordernisse des § 44a Z 1 VStG konkretisieren und individualisieren (vgl VwGH 12.5.1989, 87/17/0152). Die belangte Behörde hat weder im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, noch in der Strafverfügung vom 5. Juni 2015 einen entsprechend den Umständen des Einzelfalles konkretisierenden Tatvorwurf erhoben, der die Identität der Tat mit ausreichender Bestimmtheit formuliert und unverwechselbar erscheinen lässt. Es wurden innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 1 VStG keine tauglichen Verfolgungshandlungen gesetzt, wodurch mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Aus diesem Grund kann der diesem Straferkenntnis anhaftende wesentliche Spruchmangel nicht mehr korrigiert werden.

 

 

V. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Aus diesem Grund entfällt daher auch gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung der Bf zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Elisabeth Reitter