LVwG-300527/9/Py/BD

Linz, 13.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn J.P., x, x, Tschechische Republik, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 4. November 2014, SV96-92-2013, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) den

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

I.         Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 31 VwGVG zurückgewiesen.

 

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis vom 4. November 2014, SV96-92-2013, nachweislich zugestellt am 10. November 2014, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) als Verantwortlicher der Firma L.D. s.r.o. mit Sitz in L., x, Tschechische Republik, sieben Geldstrafen in Höhe von je 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 36 Stunden wegen Verwaltungsübertretung nach § 7b Abs. 3 iVm § 7b Abs. 9 Z1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 idgF verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 350 Euro vorgeschrieben.

 

 

2. Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde des Bf vom 2. Dezember 2014, die am 5. Dezember 2014 direkt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingebracht wurde. Das Landesverwaltungsgericht hat die Beschwerde mit Schreiben vom 9. Dezember 2012 gemäß § 12 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG an die belangte Behörde zur Durchführung des Vorverfahrens weitergeleitet. Am 15. Dezember 2014 langte die Beschwerde bei der belangten Behörde ein.

 

 

3. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt zugehörigen Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor. Dieses ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

 

4. Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den behördlichen Verfahrensakt. Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen, da sich bereits aufgrund der Aktenlage ergibt, dass das Rechtsmittel zurückzuweisen ist (vgl. VfGH vom 28. November 2003, B1019/03). Der Bf wurde im Rahmen des Parteiengehörs eingeladen, eine Stellungnahme zur verspäteten Einbringung seines Rechtsmittels abzugeben. Mit Schreiben vom 23. Jänner 2015 führte der Bf dazu zusammengefasst aus, dass er als tschechischer Staatsbürger die deutsche Sprache nicht vollständig beherrscht und die behördliche Belehrung daher nicht verstanden habe. Zudem wird die unwirksame Zustellung des behördlichen Bescheides eingewendet. Des Weiteren wird vorgebracht, dass nach tschechischem Arbeitsgesetz und tschechischem Bürgerlichen Gesetzbuch der Arbeitgeber eine Rechtsperson ist und nicht ihr statutarisches Organ, weshalb der Bf die ihm vorgeworfenen Handlungen nicht begehen konnte. Zudem sei bereits Verjährung eingetreten, da die Strafverfolgung nicht binnen eines Jahres eingeleitet wurde.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichts-Verfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG vier Wochen und beginnt mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Bf nur mündlich verkündet wurde mit dem Tag der Verkündung.

 

Gemäß § 12 VwGVG sind bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Schriftsätze bei der belangten Behörde einzubringen. Dies gilt nicht in Rechtssachen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z2 B-VG.

 

5.2. Aus dem im Akt einliegenden Zustellnachweis (Internationaler Postrückschein) geht hervor, dass das angefochtene Straferkenntnis durch die tschechische Post dem Bf am 10. November 2014 zugestellt wurde. Wenn der Bf in seiner Stellungnahme dazu ausführt, eine wirksame Zustellung sei nicht vorgenommen worden, da keine internationale Vereinbarung zwischen Österreich und Tschechien über die Zustellung vorliegt, so wird auf § 11 Abs. 1 Zustellgesetz verwiesen, wonach Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden. Die Tschechische Republik lässt die Beförderung und nachweisliche Ausfolgung des gegenständlichen Schriftstückes seitens der tschechischen Post auf seinem Staatsgebiet zu und bringt damit stillschweigend seine Zustimmung zu diesem Vorgehen zum Ausdruck. Somit kann im Sinne dieser Bestimmung von einer internationalen Übung hinsichtlich der Zustellung behördlicher Schriftstücke ausgegangen werden. Der Bf hat die Sendung, wie am internationalen Rückschein dokumentiert ist, am 10. November 2014 eigenhändig übernommen. Somit kann – entgegen den Ausführungen des Bf – grundsätzlich von einer rechtswirksamen Zustellung bzw. einer Heilung allfälliger Zustellmängel mit diesem Zeitpunkt ausgegangen werden.

 

5.3. Auch aus der Behauptung des Bf, er sei der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig und habe die Rechtmittelbelehrung bzw. den ausdrücklichen Hinweis auf die Einbringungsstelle durch die belangte Behörde nicht verstanden, kann für sein Vorbringen nichts gewonnen werden.

 

Der EGMR stellt in dem Erkenntnis K. gegen Österreich fest, dass Art. 6 Abs. 3 lit. EMRK nicht so weit gehe, eine schriftliche Übersetzung jeder Beweisurkunde oder jeden Aktenstücks zu verlangen; dem Angeklagten müsse es möglich sein, zu verstehen, was man ihm vorwerfe, und sich zu verteidigen, indem er insbesondere dem Gericht seine Version der Ereignisse vortragen könne. Der Bf, der ein Fertigteilhaus-Bauunternehmen betreibt, wickelt – wie dem gegenständlichen Verfahrensakt entnommen werden kann – Rechts­geschäfte in Österreich mit österreichischen Vertragspartnern ab. Nach den für seine Tätigkeit in Österreich geltenden gesetzlichen Bestimmungen ist er zur Bereithaltung der Lohnunterlagen der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer in deutscher Sprache angehalten. Eine solche Verpflichtung stellt nach dem Urteil des EuGH „Kommission gegen Deutschland“ (RS C-490/04, Randnr. 63ff) zwar eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, wird jedoch als zulässig erachtet, da damit ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, nämlich den sozialen Schutz der Arbeitnehmer/innen und die Gewährleistung dieses Schutzes, verfolgt. Der Bf hat sich zudem mit dem den Arbeitnehmer/innen nach den österreichischen Rechtsvorschriften zustehenden Entgelthöhen auseinanderzusetzen. Gemäß § 39a AVG besteht ein Rechtsanspruch auf Beistellen eines Dolmetschers oder Übersetzers nur im mündlichen Verkehr zwischen der Behörde und den Parteien; es besteht jedoch kein Anspruch auf Verwendung einer Fremdensprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde, es sei denn, es ist eine weitere Sprache als Amtssprache zugelassen, was vorliegend nicht der Fall ist (vgl. VwGH vom 14.05.2014, Zl. 2012/06/0226).

 

5.4. Wenn der Bf vorbringt, dass nach tschechischem Bürgerlichen Gesetzbuch und nach tschechischem Arbeitsrecht der Arbeitgeber eine Rechtsperson darstelle und nicht der Bf als deren statutarisches Organ so ist dem entgegenzuhalten, dass es sich gegenständlich um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. § 9 VStG erfasst in gleicher Weise ausländische juristische Personen/eingetragene Personengesellschaften (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG (2013), § 9, Rz 9). Seine statutarische Vertretungsmacht für die Firma L.D. s.r.o. wird vom Bf jedoch nicht bestritten.

 

5.5. Gemäß § 31 Abs. 1 ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst ab diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 1. und 2. Satz erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt.

Zu den Ausführungen des Bf, es sei Verjährung eingetreten, ist auszuführen, dass die Verfolgungsverjährungsfrist für die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Jahr beträgt. Als Tatzeitpunkt ist im gegenständlichen Straferkenntnis der 20. September 2013 angeführt. Der Bf hat sich gegenüber der belangten Behörde im Rahmen seiner Vernehmung am 16. Dezember 2013 zu den gegen ihn gerichteten Tatvorwürfen aufgrund der an ihn von der belangten Behörde ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. November 2013 persönlich geäußert.

Im Hinblick auf den dem Bf im gegenständlichen Straferkenntnis zur Last gelegten Tatzeitpunkt 20. September 2013 ist daher weder Verfolgungsverjährung eingetreten, noch liegt absolute Strafbarkeitsverjährung vor.

 

5.6. Das gegenständliche Straferkenntnis wurde dem Bf am 10. November 2014 nachweislich zugestellt. Damit begann die mit vier Wochen bemessene Rechtsmittelfrist zu laufen (vgl. § 7 Abs. 4 VwGVG) und endete somit mit 10. Dezember 2014. Die gegenständliche Beschwerde langte am 15. Dezember 2014 - und somit verspätet - bei der belangten Behörde ein (vgl. zur Verspätung wegen falscher Einbringung einer Beschwerde VwGH v. 31. Juli 2014, Zl. RA 2014/05/0003-9). Die Beschwerdefrist im Verwaltungsstrafverfahren ist keine bloße Ordnungsfrist (oder ein bloßer Formalismus); der Ablauf dieser Frist führt vielmehr zur Schaffung einer neuen Rechtslage, die Entscheidung wird rechtskräftig (vgl. VwGH v. 22.2.2012, Zl. 2011/08/0220).

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einbringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny