LVwG-850256/5/Bm/AK

Linz, 16.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin 
Maga. Michaela Bismaier
über die Beschwerde des Herrn B S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B, x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. September 2014, GZ: 0044490/2014, betreffend Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23. Jänner 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.:

 

1. Mit Eingabe vom 10. September 2014 beantragte der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) die Nachsicht vom Ausschluss der Ausübung des mit Antrag vom 1. Juli 2014 angemeldeten Gastgewerbes in der Betriebsart Cafe am Standort x, x.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
26. September 2014, GZ: 0044490/2014, wurde dieses Ansuchen im Grunde des § 26 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b) GewO 1994 abgewiesen und die Nach­sicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gastgewerbes nicht erteilt.

Begründend wurde angeführt, der Bf weise eine gerichtliche Verurteilung auf, welche insgesamt vier Vergehen beinhalte. Aufgrund der Art und Weise dieser Vergehen müsse davon ausgegangen werden, dass gleiche oder ähnliche Straf­taten neuerlich bei der Ausübung des Gastgewerbes begangen werden könnten.  Dies, zumal ein Zusammenhang zwischen den Vergehen und der Gewerbeaus­übung des Gastgewerbes vorliege. So seien die Verge­hen an einer Kellnerin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses begangen worden. Auch sei von einem zu kurzen Zeitraum des Wohlverhaltens in Anbetracht der Schwere der Gesetzes­verletzungen auszugehen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bf durch seine anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen aus­geführt, der Bf weise lediglich eine gerichtliche Verurteilung auf und habe sich sowohl vor der gegenständlichen Verurteilung als auch danach ständig wohlver­halten. Es könne entgegen der Ansicht der belangten Behörde davon ausgegan­gen werden, dass aufgrund seiner Persönlichkeit die weitere Begehung einer derartigen Straftat nicht zu befürchten sei. Ausdrücklich werde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt, damit sich das Verwal­tungsgericht von der Persönlichkeit des Bf überzeugen und feststellen könne, dass er keinerlei weitere derartige strafbare Handlungen mehr begehen werde.

Auch aufgrund der Eigenart der strafbaren Handlung sei eine gleiche oder ähnliche Straftat bei Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart Cafe nicht zu befürchten. Die beantragte Gewerbeberechtigung beinhalte nicht die Beherber­gung von Personen, sodass eine Freiheitsentziehung sowie ein Bedrängen einer am Standort des Gewerbes wohnhaftenden Person nicht weiter zu befürchten sei.

Ein Zusammenhang zwischen den Vergehen und der Gewerbeausübung des Gastgewerbes liege sohin nicht vor, auch wenn die Ver­gehen an einer Kellnerin begangen worden seien.

 

Es werde daher beantragt,

den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuän­dern, dass dem Antrag auf Nachsicht vom Ausschluss von der Gewerbeausübung stattgegeben wird;

in eventu

den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der belangten Behörde die neuer­liche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Beschwerde gemeinsam mit dem bezughabenden Verwaltungsverfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Ver­fahrensakt, insbesondere in die darin einliegenden Urteile des Landesgerichtes L und des Oberlandesgerichtes L.

Weiters wurde am 23. Jänner 2015 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Bf und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Eingabe vom 10. September 2014 stellte der Bf den Antrag auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluss der Ausübung des Gastgewerbes im Standort x, x.

Mit Urteil des Landesgerichtes L vom 1. Juni 2012, AZ: 34 Hv 36/12 s, wurde der Bf wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB, der Körperver­letzung nach § 83
Abs. 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB in Tateinheit für schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen á 8 Euro verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen; die Geldstrafe wurde unbedingt verhängt. Rechtskräftig wurde dieses Urteil mit 12. September 2012. Die Tilgung der Verurteilung ist noch nicht eingetreten.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
26. September 2014, GZ: 0044490/2014, wurde dem Bf die Nachsicht vom Gewerbeausschluss wegen dieser gerichtlichen Verurteilung für die Ausübung des Gastgewerbes verweigert.

 

4.2. Der hier entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus dem Akteninhalt, dem Strafregisterauszug und den Angaben des Bf.

 

5. Hierüber hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b) und Z 2 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie wegen einer sons­tigen [Anmerkung: nicht unter lit. a) fallenden] strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen von einem Gericht verurteilt worden sind und die Verurteilung nicht getilgt ist. Diese Bestimmung gilt auch, wenn mit den angeführten Aus­schlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.

 

Nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde im Fall des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Aus­schluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.

 

5.2. Fest steht und wird vom Bf auch nicht bestritten, dass aufgrund der erfolgten Verurteilung der Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b) GewO 1994 für den Bf gegeben ist. Eine Tilgung der verhängten Strafe ist bislang nach dem Strafregisterauszug nicht eingetreten.

 

Nach dem oben zitierten § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde bei der Prüfung der Frage, ob die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen, wobei auf den Umfang der erfolgten gerichtlichen Verurteilung abzustellen ist (VwGH 5.9.2001, 2001/04/0116).

Bei der Prognose nach der genannten Bestimmung ist auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum abzustellen, wobei dem zwischenzeitlichen Wohlverhalten des Bf jenes Gewicht beigemessen werden können muss, um von einer eine negative Prognose der nach dieser Bestimmung ausschließenden Wandlung des Persönlichkeitsbildes ausgehen zu können (VwGH 27.5.2009, 2009/04/0101, 17.9.2010, 2010/04/0026).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in den hierzu laufend ergan­genen Erkenntnissen ausgeführt, dass die Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 erst dann zu erteilen ist, wenn die in dieser Bestimmung genannte Befürchtung gar nicht besteht. Eine Nachsicht soll immer die Ausnahme bilden und darf nicht eine Regel darstellen.

Es kommt also nicht darauf an, dass die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat kaum zu befürchten oder unwahrscheinlich ist, sondern dass die in der (durch die fragliche Straftat manifestierten) Persönlichkeit begründende Befürch­tung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes eben gar nicht besteht (VwGH 17.9.2010, 2009/04/0237).

Ist also aufgrund der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Bf die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes zu befürchten bzw. kann eine solche Straftatbegehung mit guten Gründen nicht ausgeschlossen werden, liegen die Voraussetzungen für die Nach­sichtserteilung nicht vor und ist daher die Nachsicht zu verweigern.

 

5.3. Die dem Gewerbeausschluss zugrundeliegende Verurteilung aus dem Jahr 2012 hat Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsentziehung und Sachbeschä­digung zum Gegenstand. Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass der Bf die bei ihm angestellte Kellnerin, als diese das Arbeitsverhältnis beenden wollte, mit Gewalt genötigt hat, sich in ihr Zimmer zu begeben und in weiterer Folge dort widerrechtlich gefangen gehalten hat. Im Zuge dieser Vergehen wurde die Kellnerin vom Bf auch vorsätzlich am Körper verletzt.

Sämtliche dieser in Tateinheit begangenen Vergehen wurden im Zusammenhang mit der Ausübung des Gastgewerbes begangen.

Diese Verurteilung zeigt ein Charakterbild des Bf, das den Schluss nahelegt, dass ihn Verhaltensweisen von Angestellten und Umstände, die nicht seinen Vorstel­lungen entsprechen, reizbar machen und zu Gewalt­tätigkeiten veranlassen und er auch nicht davor zurückschreckt, Menschen am Körper zu verletzen.  

Vom Bf wurde weder in der Beschwerdeschrift noch in der mündlichen Verhand­lung geltend gemacht, inwiefern sich an dieser Situation Entscheidendes geändert habe. Vielmehr wurde vom Bf trotz des vorliegenden Urteiles wiederum die Tatbegehung in Abrede gestellt.

Es kann der belangten Behörde nicht widersprochen werden, wenn sie davon aus­geht, dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, dass bei Ausübung des Gastgewerbes der Bf erneut solche Straftaten begehen werde.

Der Umstand, dass die Gewerbeberechtigung nicht die Beherbergung von Personen beinhalte, kann nicht als Begründung dafür herangezogen werden, dass nicht zu befürchten sei, dass eine ähnliche Straftat begangen werde. Die vorliegende Verurteilung bezieht sich nicht auf ein Vergehen gegen Beherber­gungsgäste, sondern viel­mehr gegen eine Person, die in einem Abhängig­keits­verhältnis zum Bf im Rahmen der Gastgewerbeausübung gestanden ist.

Der Bf beabsichtigt wiederum die Ausübung des Gastgewerbes und gibt diese Ausübung jedenfalls Gelegenheit zur Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat.

 

Zu Recht wurde von der belangten Behörde auch der Zeitraum des Wohlverhal­tens des Bf seit dieser Straftat als zu kurz angesehen, um die Befürchtung einer nochmaligen Begehung einer solchen Straftat auszuschließen.

In diesem Zusammenhang wird auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach einem relativ kurzen Zeitraum seit Ende des strafbaren Ver­haltens bzw. der Verurteilung nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen nicht jenes Gewicht beigemessen werden kann, dass die angenommene Befürchtung rechtswidrig erscheinen ließe (VwGH 24.11.1992, 92/04/0102). Auch wenn sich der Bf seit der Tatbegehung Ende 2011 wohlverhalten hat, kann daraus nicht zwingend auf eine positive Wandlung des Persönlichkeitsbildes geschlossen werden.

 

Insgesamt ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zu Recht nach der Eigen­art der strafbaren Handlungen und nach der Persönlichkeit des Bf die Befürch­tung der Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des angestrebten Gewerbes nicht gänzlich ausgeschlossen hat, weshalb für die Erteilung einer Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 kein Raum bleibt.

 

 

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 Maga. Michaela Bismaier

 

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 20. Mai 2015, Zl.: Ra 2015/04/0021-3