LVwG-350117/2/GS/BD

Linz, 03.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn J.S., geb. x, x, x, vertreten durch Dr. M.K., Rechtsanwalt, x, x, gegen den Bescheid des Bezirks­hauptmannes von Braunau vom 28.10.2014, GZ. SO10-665118-He-Br, betref­fend Abweisung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der belangten Behörde bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 28.10.2014, GZ: SO10-665118-He-Br, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgen­den: Bf) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 11.08.2014 abge­wiesen.

 

In der Begründung hielt die Bezirkshauptmannschaft Braunau Folgendes fest:

 

„Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 08.05.2014, SO10-665118-He-Br, wurde Herr J.S., x, x, in einem Verfahren nach dem OÖ. Sozialhilfegesetz 1998 zu einem Kostenrückersatz von EUR 10.423,18 verpflichtet. Dieser Bescheid wurde am 12.05.2014 von der Behörde mittels Rsb an Herrn S. an die zuvor angeführte Adresse abgesandt. Am 13.05.2014 erfolgte laut Rückschein der erste Zustellversuch an der Abgabestelle. Die Verständigung darüber wird „in die Abgabeeinrichtung eingelegt“.

Am 14.05.2014 erfolgte die Hinterlegung des Briefes beim Postamt x. Am 04.06.2014 wurde der Brief vom Postamt mit dem Vermerk „nicht behoben" an die Behörde retourniert.

 

Im Antrag auf Wiedereinsetzung vom 11.08.2014 wurde vorgebracht, dass Herr S. erst am 31.07.2014 im Zuge der Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Salzburg vom 22.07.2014, 7E3383/14s, Kenntnis vom Bescheid der BH Braunau vom 08.05.2014 erlangt hatte. Begründend wurde ausgeführt, dass Herr S. über 2 Geschäftssitze in S., x und in W., x verfüge, wobei an der Adresse in S. der Hauptwohnsitz sei. In der KW 20 (angegeben mit 21.05. bis 18.05.2014, richtig 12.05. bis 18.05.2014) hätte er sich geschäftlich in W. aufgehalten. Das Büro in S. sei insofern besetzt gewesen, als dass seine Sekretärin, Frau S.H., aufgefordert war, die entsprechende Post während seiner Abwesenheit in Empfang zu nehmen. Offenkundig sei durch ein Versehen der sonst sehr zuverlässigen Sekretärin S.H. die Verständigung von der Zustellung des Bescheides der Behörde in Verstoß geraten und hätte Herr S. keine Möglichkeit gehabt, ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid zu erheben. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war eine eidesstattliche Erklärung von Frau S.H. beigeschlossen, in welcher sie erklärte, dass es in der besagten Zeit von 12.05. bis 18.05.2014 ihre Aufgabe gewesen sei, die einlangende Post in Empfang zu nehmen, zu sortieren und dem Dienstgeber, Herrn S., vorzulegen. Die Hinterlegung des Briefes der BH Braunau vom 08.05.2014 sei ihr entgangen. Die Benachrichtigung von der erfolgten Hinterlegung müsse zusammen mit dem Werbematerial und dergleichen irrtümlich entsorgt worden sein. Ein solches Versehen sei ihr noch nie passiert.

 

Gemäß §71 Abs. 1 Ziff. 1 AVG ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

 

Zum Vorbringen des Antragstellers wurde Frau S.H. zeugenschaftlich befragt. Sie gab an, am 13.05.2014 die Post nicht persönlich entgegengenommen zu haben. Auch die Zeugin halte sich Montag und Dienstag meistens in W. auf. Angemerkt wird, dass es sich beim Tag des ersten Zustellversuches am 13.05.2014 um einen Dienstag gehandelt hat.

Wenn Frau H. die Post nicht persönlich entgegennehmen konnte, wurde die Post vom Briefträger durch einen Briefschlitz in ein „Abstellkammerl" eingeworfen. Dies wurde auch mit den gelben Hinterlegungszetteln so praktiziert. Frau H. als Sekretärin sichtet die Post, sortiert Rechnungen und Kontoauszüge aus, das Prospektmaterial werde umgehend entsorgt.

 

Die Behörde muss nach den Zeugenangaben davon ausgehen, dass an der Abgabestelle in S., x, kein Briefkasten zur Aufnahme der Post montiert war, sondern die gesamte Post durch einen Briefschlitz in einer Türe in einen als Abstellkammer" bezeichneten Raum geworfen wird. Unter diesen genannten Umständen hat die Durchsicht der gesamten Post besonders genau zu erfolgen, um nichts zu übersehen. Aus dem Vorbringen des Antragstellers aber auch aus den Angaben der Zeugin ergibt sich nicht, dass die Sekretärin als Vertreterin des Antragstellers die eingeworfene Post besonders genau auf eine Hinterlegungsanzeige geprüft hätte. Dies wäre aber gerade bei einer mehrtägigen Abwesenheit ohne Vorhandensein eines Postkastens nötig gewesen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt ein einer säumigen Partei widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund nur dann ab, wenn dieses Ereignis für die Partei unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden der Partei, das über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des §§ 1324, 1332 ABGB zu verstehen. Das Verschulden von Angestellten stellt für den Vertretenen dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, wenn der Vertretene der im zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten nachgekommen ist. Zudem muss der Vertretene seinen Betrieb so organisieren, dass die aufmerksame Durchsuchung der gesamten Post gewährleistet ist. Im gegenständlichen Fall wurde nicht einmal behauptet, dass Herr S. ein Kontrollsystem eingerichtet hätte, sodass es ihm als eigenes, über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden anzulasten ist, dass die Zustellung des behördlichen Schriftstückes nicht bemerkt wurde. Es muss daher im gegenständlichen Fall davon ausgegangen werden, dass ein nicht bloß minderer Grad des Versehens vorliegt. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen deshalb nicht vor und war der Antrag vom 11.08.2014 damit abzuweisen.“

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher der Bf beantragt, seiner Beschwerde Folge zu geben und den Bescheid der BH Braunau vom 28.10.2014 dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge gegeben werde und in eventu, den Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückzuverweisen.

Begründend wurde vom Bf im Wesentlichen ausgeführt, dass er selbständig tätig sei und über zwei Geschäftssitze, und zwar zum einen in x, S. und einen weiteren Geschäftssitz in x, W., verfüge. Bei der Adresse in S. handle es sich um seinen Hauptwohnsitz. Er sei ferner unter zuvor genannter W. Anschrift als Nebenwohnsitz gemeldet. Am 23.07.2012 wäre die Mutter des J.S., M.K., verstorben. Aufgrund des Umstandes, dass die Verstorbene offenkundig Pflegeleistungen aus öffentlichen Mitteln bezogen hätte, wäre die BH Braunau auf ihn zugekommen und hätte ihn um Auskunft in Ansehung eines anonymen Sparbuches ersucht. Der Bf habe bekanntgegeben, dass ihm dieses Sparbuch zu Lebzeiten der Mutter geschenkt und übergeben worden wäre, der Aufforderung, eine Kopie des Sparbuches auszuhändigen, hätte er insofern nicht nachkommen können, als dass er dieses Sparbuch nach Behebung des Guthabens bei der Bank belassen hätte, diese die Sparurkunde vernichtet hätte und sich dann in weiterer Folge geweigert hätte, Dokumente wie eine Übersicht über die Bewegungen des Sparguthabens herauszugeben. In der Kalenderwoche 20/2014 (21.05.2014 – 18.05.2014) habe sich der Bf in W. befunden und wäre dort seinen geschäftlichen Tätigkeiten nachgegangen. Das Büro in S. (auch sein Hauptwohnsitz) wäre insofern besetzt gewesen, als dass seine Sekretärin S.H. aufgefordert gewesen wäre, die entsprechende Post in Empfang zu nehmen. Offenkundig durch ein Versehen der sonst sehr zuverlässigen Sekretärin S.H. sei die Verständigung von der Zustellung des Bescheides der BH Braunau vom 08.05.2014, SO10-665118-He-Br, mit welchem der Bf zum Ersatz eines Betrages in Höhe von 4.123,18 Euro verhalten worden wäre, in Verstoß geraten und hätte J.S. keine Gelegenheit gehabt, ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid zu erheben. Erst durch die erfolgte Exekutionsführung und die Behebung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses des BG Salzburg vom 22.07.2014 sowie Studium des Inhalts desselben hätte der Bf Kenntnis von der Existenz und auch vom Inhalt dieses Bescheides erlangt. Der Bf habe mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 11.08.2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhoben und hätte unter einem die versäumte Handlung, nämlich die Beschwerde an das LVwG Oö. nachgeholt. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der BH Braunau vom 28.10.2014 wäre der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen worden. Als Beschwerdepunkt wird Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides geltend gemacht. Im Konkreten moniere die belangte Behörde, dass kein Postkasten, sondern nur ein Briefschlitz vorhanden gewesen sei. Unter diesen genannten Umständen habe die Durchsicht der gesamten Post besonders genau zu erfolgen, um nichts zu übersehen. Aus Sicht des Bf könne es doch unerheblich sein, ob die Post in einen Briefkasten oder via eines Briefschlitzes in die dahinter befindlichen Räumlichkeiten befördert werde. In beiden Fällen sei gewährleistet, dass Poststücke in den Empfangsbereich des Empfängers gelangten (dass etwa andere Personen Zutritt zu diesen Räumlichkeiten hätten, hat nicht einmal die belangte Behörde angenommen). Die Sorgfalt beim Aufsammeln der in einem Briefschlitz eingeworfenen Poststücke werde daher genauso groß sein wie beim Öffnen eines Briefkastens. Allein daraus könne sich also kein taugliches Argument ergeben, warum dem Bf bzw. seiner Sekretärin kein entschuldbares Fehlverhalten zugebilligt werden könne. Was das Kontrollsystem betreffe, so wäre vorgetragen und durch eidesstattliche Erklärung der S.H. bzw. durch deren Aussage bescheinigt worden, dass diese die gesamte Post – mit Ausnahme der von ihr auszusortierenden Werbung oder Reklamematerial – dem Bf vorzulegen habe. Genau an dieser „Schnittstelle“ müsse der Sekretärin des Bf der Fehler unterlaufen sein, als dass sie irrtümlicherweise die Verständigung über die Hinterlegung einer Postzustellung zusammen mit Werbe- und Reklamematerial aussortiert und entsorgt hätte. Dies sei allerdings ein Versehen, das auch einer sorgfältigen Angestellten einmal passieren könne und auch durch ein Kontrollsystem des Bf (das darin bestehe, ohnehin die ihm vorgelegte Post, exkl. Werbematerial, zur Gänze durchzusehen) nicht zu verhindern gewesen wäre. In diesem Sinn sei die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Versehen des Bf bzw. seiner Sekretärin nicht minderer Art sei und habe zum Nachteil des Bf dem Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand keine Folge gegeben.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid, nämlich die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung, richtet (§ 44 Abs. 3 Z4 VwGVG). Im Übrigen wurde eine Verhandlung nicht beantragt und es ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt gänzlich aus der Aktenlage.

 

 

III. Das Oö. LVwG hat erwogen:

 

III.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1.   die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur minderer Grad des Versehens trifft, oder…

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden (§ 71 Abs. 2 AVG).

 

Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen (§ 71 Abs. 3 AVG).

 

Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsbelehrung erteilt hat (§ 71 Abs. 4 AVG).

 

III.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bildet die Unkenntnis von der Zustellung eines Bescheides einen Wiedereinsetzungsgrund, sofern die Unkenntnis nicht auf einem Verschulden beruht, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. VwGH vom 16.12.2009, 2009/12/0031mwN).

 

III.3. Als minderer Grad des Versehens versteht sich eine leichte Fahrlässigkeit iSd § 1332 ABGB. Der Wiedereinsetzungswerber darf also hinsichtlich der Fristversäumnis nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Auffallend sorglos handelt jemand, der die im Verkehr mit Gerichten und Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Irrtümer und Fehler von Hilfskräften stehen einer Wiedereinsetzung nicht im Weg, wenn sie trotz Einhaltung der zumutbaren Kontrolle des Wiedereinsetzungswerbers geschehen. Das, was der Wiedereinsetzungswerber in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger für ihn tätig gewordener Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung eines Termins vorgekehrt hat, hat er im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert zu behaupten (VwGH 18.03.2004, 2001/03/0003 mit Hinweis auf Beschluss des VwGH vom 24. November 1989, Zl. 89/17/0116).

 

Hinsichtlich des Kontrollsystems wurde vom Bf vorgebracht, dass die Sekretärin des Bf, Frau S.H., die gesamte Post – mit Ausnahme des von ihr auszusortierenden Werbungs- oder Reklamematerials – dem Bf vorzulegen habe. Genau jedoch dabei müsse der Sekretärin der Fehler unterlaufen sein, als dass sie irrtümlicherweise die Verständigung über die Hinterlegung einer Postzustellung zusammen mit Werbe- und Reklamematerial aussortiert und entsorgt hat.

 

Hier wurde nicht dargelegt, inwiefern das angebliche Wegwerfen der Hinterlegungsanzeige mit Werbematerial nicht sorglos erfolgt wäre.

 

Dem Vorbringen des Bf kann daher nicht gefolgt werden, wenn er sich auf den Verlust einer Hinterlegungsanzeige durch „Vermischung“ mit entsorgtem Werbematerial beruft. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26.04.2000, Zl. 2000/05/0054, in einem einen Wiedereinsetzungsantrag betreffenden Beschwerdefall ausgesprochen, dass im Falle eines mit Werbematerial angefüllten Postkastens die Durchsicht des Inhaltes besonders genau zu erfolgen hat, um nichts zu übersehen. Aus dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Vorbringen der Bf hatte sich nicht ergeben, dass deren Tochter als ihre Vertreterin bei der Durchsicht des Inhaltes des Briefkastens den Inhalt besonders genau durchgesehen hätte. Der Verwaltungsgerichtshof folgte der belangten Behörde, dass dem von der Bf und deren Tochter vermuteten Übersehen der Hinterlegungsanzeige unter dem umfangreichen Werbematerial nicht bloß ein minderer Grad des Versehens zu Grunde gelegen ist (VwGH 28.03.2006, 2005/06/0308, sowie VwGH vom 02.10.2000, 98/19/0198, mit Hinweis auf VwGH 21.12.1999, Zl. 97/19/0217 – 0219, 0231 – 0239, sowie vom 04.02.2000, Zl. 97/19/1484).

 

Aus den angeführten Gründen kann daher im behaupteten Übersehen einer Hinterlegungsanzeige ein bloß minderer Grad des Versehens nicht erkannt werden. Vielmehr ist geradezu von einer nicht zu entschuldigenden Schlampigkeit auszugehen. Aus dem Vorbringen des Bf ergibt sich nun nicht, dass die Sekretärin als seine Vertreterin bei Durchsicht des Inhalts des Briefeinwurfs diesen besonders genau durchgesehen hätte. Dem vom Bf und seiner Dienstnehmerin vermuteten Übersehen der Hinterlegungsanzeige unter dem umfangreichen Werbematerial durch seine Dienstnehmerin lag nicht ein bloß minderer Grad des Versehens zu Grunde.

 

Obendrein ist zu betonen, dass der Bf Kenntnis davon hatte, dass gegen ihn ein Verfahren wegen Kostenersatz nach dem Oö. SHG anhängig ist. Mit Verständigung der BH Braunau vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 18.03.2014 wurde der Bf unter seiner Adresse x, S., detailliert über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und auch darauf aufmerksam gemacht, dass ein Bescheid erlassen wird. Diese Aufforderung zur Rechtfertigung hat er tatsächlich erhalten, da er per E-Mail eine Stellungnahme übermittelte. In Anbetracht der Tatsache dieses gegen den Bf anhängigen Verfahrens mussten die in den Briefschlitz eingeworfenen Poststücke und das Werbematerial umso genauer durchgesehen werden.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger