LVwG-550367/3/Wim/BL

Linz, 18.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde der W. W.,  x, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M. R, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. September 2014, GZ: Wa10-103-2014, betreffend die Zurückweisung des Ansuchens der W. W. auf Ausstellung einer Vollstreckbarkeits­bestätigung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwal­tungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungs­gesetz
(B-VG) unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

 

1.           Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt (im Folgenden: belangte Behörde) vom 16. September 2014, GZ: Wa10-103-2014, wurde der Antrag der W. W. vom 5. Mai 2014 auf Ausstellung einer Vollstreck­barkeitsbestätigung, betreffend den Rückstandsausweis gegen die Ehegatten P., mangels Zuständigkeit zurückgewiesen. In der Begründung wurde festgehalten, dass im Vorfeld kein taugliches und aktuelles Schlich­tungsverfahren durchgeführt wurde. Ein solches hätte durchgeführt werden müssen, da die verpflichteten Ehegatten P. die in Rechnung gestellten Beträge (Mitgliedsbeiträge, Grundgebühren und Sanierungskostenbeiträge) teilweise bestritten hätten.

 

2.           Gegen diesen Bescheid wurde von der W. W. [im Folgenden: Beschwerdeführerin (Bf)] eine „Berufung“ eingebracht, die am
1. Oktober 2014 bei der belangten Behörde eingelangt ist.

Der wohl irrtümlich als „Berufung“ bezeichnete Schriftsatz der Bf ist als Beschwerde im Sinne des Art. 132 B-VG zu verstehen, da eine bloß unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels nicht relevant ist. Die Bf führt darin inhaltlich aus, dass die belangte Behörde eine Vollstreckbarkeitsbestätigung hätte erteilen müssen, da dem Ansuchen im ersten Rechtsgang lediglich ein Formalhindernis entgegengestanden sei und auch bereits der Versuch eines Streitschlichtungs­verfahrens im Jahre 2010 gescheitert sei. Die Bf beantragt daher, den Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und in der Sache selbst zu entscheiden, hilfsweise die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

3.1.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verfahrensakt sowie in die Vorakten der belangten Behörde: Wa10-4-2014 und Wa10-20-2010.

 

3.2.      Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 24 Abs. 3 und Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, obwohl eine solche seitens der belangten Behörde im Vorlageschreiben beantragt wurde. Zudem kann eine mündliche Verhandlung nach § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, wenn „der das vorange­gangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei ... zurückzuweisen ist ...“. Da im Ergebnis die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages der Bf über die Ausstellung der Vollstreckbarkeitsbestätigung aufrecht bleibt, konnte auch aus diesem Grund die mündliche Verhandlung entfallen.

 

3.3.      Aufgrund des vorgelegten Verfahrensaktes steht folgender Sachverhalt fest:

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juni 1976, WA-163-1976, wurde die Bildung der W. W. anerkannt. Die nunmehr gültige Satzung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Dezember 2004, Wa-10-250-2004, genehmigt.

§ 21 Abs. 2 dieser Satzung betrifft die Einhebung von Beiträgen und lautet:

„Die in Geld zu leistenden Beiträge sind innerhalb von 30 Tagen nach Empfang der Vorschreibung einzuzahlen. Rückständige Beiträge inklusive Verzugszinsen werden, wenn die Einmahnung durch die Obfrau bzA. den Obmann erfolglos geblieben ist, auf Ansuchen der Genossenschaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes eingetrieben, nachdem der Rückstands­ausweis nach Beschluss des Ausschusses von der Obfrau bzA. vom Obmann mit der Bestätigung versehen wurde, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt. (Für Ansprüche der W. auf rückständige Leistungen gelten die Vorschriften des ABGB - § 1480 - über Verjährung, nicht - § 84 WRG.)“

 

Am 16. Juni 2009 wurde bei einer Genossenschaftsversammlung mit der erforderlichen 2/3 Mehrheit (vgl. § 10 Abs. 7 der Satzung) der Beschluss hinsichtlich der Festlegung des Maßstabes der Aufteilung von Kosten zur Finanzierung der Bankverbindlichkeiten für die Sanierung der Wasserversor­gungsanlage gefasst. Demnach hätten die Mitglieder zwei Möglichkeiten:

1.   eine Einmalzahlung in Höhe von € 2.750,- je Hausanschluss oder

2.   die Zahlung in Teilbeträgen auf  fünf Jahre, aufgezinst insgesamt € 2.950,- je Hausanschluss.

 

Dieser Beschluss der Bf (über den Sanierungskostenbeitrag) wurde letztlich mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Jänner 2014, Wa10-4-2014, genehmigt, da es sich dabei um ein „besonderes Übereinkommen“ im Sinne des § 78 Abs. 2 WRG handelt.

 

Mit Rechnung vom 28. Februar 2014 wurde seitens der Bf nun ein Betrag von € 6.915,- von den Ehegatten P. gefordert. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

 

-       Mitgliedsbeiträge 2008-2014: €    420,-

-       Grundgebühren 2008-2014: €    840,-

-       Sanierungskostenbeiträge für W. 90 und 11: € 5.000,-

-       10 % MwSt: €    584,-

-       Zinsen laut Bescheid vom 9.11.2012: €      47,96

-       Zinsen 2012-2013: €   23,04

 


 

Mit Schreiben vom 5. Mai 2014 (eingelangt am 26. Mai 2014 bei der belangten Behörde) begehrte die Bf die Ausstellung einer „Vollstreckbarkeitsbestätigung“ durch die belangte Behörde, da der geforderte Betrag trotz Einmahnung seitens der Ehegatten P. nicht beglichen wurde.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. September 2014,
GZ: Wa10-103-2014, wurde der Antrag der Bf mangels Zuständigkeit zurück­gewiesen. In der Begründung wurde festgehalten, dass im Vorfeld kein taugliches und aktuelles Schlichtungsverfahren durchgeführt wurde. Ein solches hätte durch­geführt werden müssen, da die verpflichteten Ehegatten P. die in Rechnung gestellten Beträge (Mitgliedsbeiträge, Grundgebühren und Sanierungskosten­beiträge) teilweise bestritten hätten.

 

3.4.      Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem bezug­habenden Verfahrensakt sowie den Vorakten der belangten Behörde: Wa10-4-2014 und Wa10-20-2010.

 

4.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. § 84 WRG 1959 lautet:

„Rückständige Genossenschaftsbeiträge (§ 78) sind auf Ansuchen der Genossen­schaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes einzu­treiben.“

 

§ 21 der Satzung regelt die „Einhebung der Beiträge“. In Abs. 2 ist geregelt, dass die Beiträge 30 Tage nach Empfang der Vorschreibung zu leisten sind und rückständige Beiträge inklusive Verzugszinsen nach erfolgloser Einmahnung durch den Obmann bzA. durch die Obfrau auf Ansuchen der Genossenschaft nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes eingetrieben werden kön­nen. Zuvor muss aber der Rückstandsausweis nach Beschluss des Ausschusses von der Obfrau bzA. dem Obmann mit der Bestätigung versehen werden, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt.

 

Die Vorgehensweise ist daher folgende:

·         Vorschreibung

·         Einmahnung durch Obfrau/Obmann (nach Ablauf von 30 Tagen)

·         Beschluss des Ausschusses betreffend Rückstandsausweis

·         Bestätigung der Obfrau bzA. des Obmannes, dass der Rückstandsausweis einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt (§ 3 Abs. 3 VVG)

·         Ansuchen der Genossenschaft auf Eintreibung nach dem Verwaltungs-vollstreckungsgesetz

 

Im Sinne der genannten Satzungsbestimmungen und auch nach § 84 WRG  (vgl. dazu auch Bumberger/Hinterwirth, WRG² [2013] § 84) ist bei fälligen Geldleistungen somit von der W. ein Rückstandsausweis auszustellen. Dieser ist über Ansuchen der Genossenschaft nach den Bestim­mungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes zu vollstrecken. Auch der Verwal­tungsgerichtshof geht davon aus, dass W. berechtigt sind nach Maßgabe ihrer Satzungen Rückstandsausweise selbst herzustellen und deren Vollstreckbarkeit zu bestätigen (23.3.1988, 87/07/0030; 16.6.1987, 85/07/0311).

Der Oberste Gerichtshof (4.11.1960, 3 Ob 423/60 = SZ 33/121) vertritt zudem die Ansicht, dass der mit einer Vollstreckbarkeitsbestätigung versehene Rückstandsausweis einer W. nach § 3 Abs. 2 VVG einen Exekutionstitel im Sinne des § 1 EO darstellt. Da die W. eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, ist sie zum unmittelbaren Einschreiten beim Exekutionsgericht nach § 3 Abs. 3 VVG berechtigt.

 

Somit besteht keine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung, da diese laut Satzung - und auch zulässiger­weise - autonom von der Bf auszustellen ist. Hintergrund ist in diesem Sinne auch der zentrale Charakter der  Selbstverwaltung von W.en.

 

Die Bf hat - vertreten durch den Obmann - bei der belangten Behörde aber nun einen Antrag auf Ausstellung einer „Vollstreckbarkeitsbestätigung“ eingebracht, der am 26. Mai 2014 eingelangt ist.

Dieses Ansuchen der Bf kann auch nicht als eine Anrufung der Wasser­rechtsbehörde - anstelle eines Schiedsgerichtes zu entscheiden - verstanden werden. Beantragt wurde nämlich ausdrücklich nur die Ausstellung einer Voll­streck­barkeitsbestätigung. Dabei wurde wohl übersehen, dass dies eigentlich der Bf selbst - im Sinne ihrer eigenen Satzung (vgl. § 14 Abs. 10 und § 21 Abs. 2) - obliegt.  Aus diesem Grund besteht hier keine Zuständigkeit der belangten Behörde. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich musste sich daher auch inhaltlich nicht mit den Vorbringen der Beteiligten auseinandersetzen.

 

4.2. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom
16. September 2014 (Wa10-103-2014) wurde der Antrag der Bf auf Ausstellung einer „Vollstreckbarkeitsbestätigung“ mangels Zuständigkeit der belangten Behörde zurückgewiesen, mit der Begründung, dass im Vorfeld kein taugliches und aktuelles Schlichtungsverfahren durchgeführt wurde.

 

Die Satzung der W. W. regelt in § 22 die „Schlichtung von Streitigkeiten“ und legt fest, dass gegen Entscheidungen und Verfügungen (Beschlüsse) der Genossenschaftsorgane die betroffenen Genossenschaftsmit­glieder oder die Genossenschaft durch den Ausschuss binnen Monatsfrist schriftlich bei der Obfrau bzA. dem Obmann die Einberufung eines Schieds­gerichtes zur Entscheidung über die Streitigkeit verlangen können.

 

Die belangte Behörde geht zwar zu Recht davon aus, dass der seitens der Streitparteien im Juni 2010 unternommene Schlichtungsversuch, der bereits an der Namhaftmachung der dritten Person des Schiedsgerichtes (Obfrau/Obmann) binnen Monatsfrist gescheitert ist, nach dem nunmehrigen Stand der Dinge keine Relevanz mehr hat, da nun hinsichtlich der Sanierungskostenbeiträge von einer neuen Rechtsgrundlage auszugehen ist. Durch die Genehmigung des Beschlus­ses der Bf durch die belangte Behörde vom 14. Jänner 2014, Wa10-4-2014, haben sich die Grundlagen bzA. Voraussetzungen geändert. Da nunmehr der Beschluss der Bf über die strittigen Sanierungskostenbeiträge behördlich genehmigt wurde und dieser die Grundlage bzA. Basis für die offenen Forderungen bildet, wäre grundsätzlich von einer neuen Ausgangslage für eine interne Schlichtung auszugehen.

 

Von einer neuerlich möglichen Schlichtung hat aber keine der Streitparteien binnen Monatsfrist Gebrauch gemacht. Nach § 22 der Satzung ist es möglich, dass gegen Entscheidungen und Verfügungen (Beschlüsse) der Genossenschaftsorgane die betroffenen Genossenschaftsmitglieder oder die Genossenschaft durch den Ausschuss binnen Monatsfrist schriftlich bei der Obfrau bzA. dem Obmann die Einberufung eines Schiedsgerichtes zur Entscheidung über die Streitigkeit verlangen können.

 

Der Grund für die Festlegung der genannten Frist liegt wohl darin, dass nicht einer der Streitteile durch eine Untätigkeit eine strittige Angelegenheit hinauszögern bzA. verschleppen kann.

 

Die Genehmigung des Beschlusses über den Sanierungskostenbeitrag wurde
- nach einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren - nunmehr am
14. Jänner 2014
, Wa10-4-2014, durch die belangte Behörde genehmigt. Seit Februar 2014 wurden die offenen Beiträge in Rechnung gestellt und eingemahnt. Bereits ab dem Zeitpunkt der Rechnungsstellung bzA. jedenfalls mit Ablauf der Zahlungsfrist war klar von einem Streitfall auszugehen. Gegen den Rückstands­ausweis hätte die Möglichkeit bestanden, ein Schlichtungsverfahren zu bean­tragen. Dies ist allerdings nicht geschehen. Die Monatsfrist ist somit ungenutzt abgelaufen und die Chance zur internen Streitbeilegung wurde nicht ergriffen. Es ist daher von einer Bestandswirkung der Forderung auszugehen.

 

5.           Seitens der Bf ist somit eine Vollstreckbarkeitsbestätigung im Sinne der Bestimmungen ihrer Satzung auszustellen. Mit diesem Exekutionstitel ist sodann eine Vollstreckung möglich.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­bringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzA. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzA. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzA. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer