LVwG-650310/6/Bi

Linz, 03.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn A. W., K.weg, L., vertreten durch Herrn RA Ing. Mag. K. H., S.straße, L., vom 16. Jänner 2015 gegen den Bescheid des Landespolizei­direktors von vom 2. Jänner 2015, FE-2/2015, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der in Beschwerde gezogene Bescheid aufgehoben.  

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gemäß §§ 2, 7, 24, 25, 26, 29, 30 und 41a FSG die Lenkberechtigung – Führerschein ausgestellt von der LPD am 10.12.2014 zu F 14/466299 für die Klassen AM, A1, A2, A und B – wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen. Gleichzeitig wurde eine allenfalls bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen. Die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins bei der Behörde wurde angeordnet. Gemäß § 13 Abs.2 VwGVG wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 13. Jänner 2015.

2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerde­vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer (nicht beantragten) öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 VwGVG.

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, der  Bescheid sei ohne Ermittlungs­verfahren erlassen worden und er habe keine Möglichkeit zur Äußerung gehabt, sodass ein Verdacht hinsichtlich fehlender Verkehrszuverlässigkeit ausgeräumt hätte werden können. Der Bescheid sei auch inhaltlich rechtswidrig, weil aus dem bloßen Umstand, dass er als Ortsunkundiger den auf der Verkehrsinsel befindlichen Richtungspfeil nicht beachtet habe, weil er ihn übersehen und gemeint habe, die rechts vom Fahrbahnteiler wegführende Straße führe zum angestrebten Ziel, nicht auf eine generelle Verkehrsunzuverlässigkeit seinerseits geschlossen werden könne. Eine derartige Entzugsdauer sei bei krassen Verkehrsverstößen wie zB einer Geisterfahrt auf der Autobahn vorgesehen, damit sei der ggst Vorfall nicht vergleichbar. Die LPD habe möglicherweise die Situation falsch eingeschätzt, weil von der „Auf- und Abfahrt Scheibbs Nord“ die Rede sei. Der Unfall habe sich wenige Meter nach dem Fahrbahnteiler ereignet, in dessen Annäherung er geglaubt habe, die links vom Fahrbahnteiler weiter­führende Straße nehmen zu müssen. Beantragt wird eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle mit seiner und der Zeugeneinvernahme seiner beiden Beifahrer, sowie Aufhebung des Bescheides und Einstellung des Verfahrens.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie in den von der PI Scheibbs übermittelten Unterlagen, nämlich den Protokollen über die Einvernahme der Zeugen M. S. vom 16.12.2014 und G. H. vom 11.11.2014, jeweils mit Verletzungsanzeige, sowie der Einvernahme des Bf vom 12.12.2014 samt Schilderung des Unfallhergangs mit Skizze vom Unfallort, dem Verkehrs­unfall-Abschlussbericht vom 17.12.2014 und der Lichtbildbeilage mit Fotos von den Unfallfahrzeugen in Endlage und einem Überblicksfoto von der Örtlichkeit bei Tageslicht. Außerdem wurden die vom Bf mit der Äußerung vom 26. Jänner 2015 übermittelten Fotos eingesehen.

 

Auf dieser Grundlage stellt sich der Vorfall so dar, dass der dort ortsunkundige Bf am 4. November 2014 gegen 17.44 Uhr mit dem Pkw L-…. aus Richtung Scheibbs kommend in Saffen auf die B25 in Richtung Wieselburg auffahren wollte. In seinem Pkw befanden sich seine Schwester M. S. und deren Gatte W. S., die ebenso wie der Bf aus dem Krankenhaus Scheibbs kamen, wo sie die Cousine des Bf besucht hatten. Der Bf stand unter dem Eindruck des schlechten Gesundheitszustandes seiner Cousine, die eine Woche nach dem Unfall verstarb. Fest steht laut Abschlussbericht, dass der beim Bf nach dem Unfall durchgeführte Alkoholvortest 0,00 mg/l AAG ergab. Zur Unfallzeit war die Fahrbahn trocken, beide Pkw waren beleuchtet.

Die B25 verfügt über eine Auffahrt Nord in Richtung Wieselburg, die in Saffen von der Saffen Gemeindestraße abzweigt; zwischen der Abfahrt Nord in Richtung Scheibbs und der Auffahrt in Richtung Wieselburg befindet sich ein Fahrbahn­teiler, auf dem das Vorschriftszeichen „Vorgeschriebene Fahrtrichtung nach rechts“ in Fahrtrichtung des Bf gesehen angebracht ist. Bodenmarkierungen oder eine Beleuchtung sind nicht vorhanden. Bis zur Auffahrt besteht in Fahrtrichtung des Bf eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h. Aus der Gegenrichtung kam von der B25 G. H. mit dem Pkw SB-…..; für ihn beginnt die Geschwindigkeitsbeschränkung erst nach der Abfahrt auf der Saffen Gemeinde­straße.         

Nach der Schilderung des Bf fuhr er etwa 60 km/h, übersah den Fahrbahn­teiler samt Vorschriftszeichen „Vorgeschriebene Fahrtrichtung nach rechts“ und verriss den Pkw nach links, um nicht mit dem Vorschriftszeichen zu kollidieren, als er die Schein­werfer des von der Abfahrt Nord kommenden Pkw H. wahrnahm und versuchte, rechts auszuweichen. Es kam zum Zusammenstoß, wobei sich der Pkw des Bf 2-3mal um die eigene Achse drehte und quer zur Fahrbahn mit den Vorderreifen in der Wiese zum Stillstand kam.

Der Zeuge H. konnte sich im Nachhinein an das Zustandekommen des Unfalls nicht erinnern; ein Alkotest ergab um 19.43 Uhr 0,14 mg/l AAG; er erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Rumpfprellung.

M. S. erlitt laut Verletzungsanzeige des UKH Linz vom 6.11.2014 eine Brustkorbprellung.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beein­trächtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraft­fahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchst­geschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, sowie jedenfalls Über­schreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 90 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 100 km/h, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und diese Übertretungen mit technischen Messgeräten festgestellt wurden, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen.

 

Bezogen auf den in Rede stehenden Vorfall ist davon auszugehen, dass der Bf nicht durch Alkohol beeinträchtigt war und die Situation an der Unfallstelle (trockene Fahrbahn am Ende eines verbauten Gebietes, keine Schutzwege oder Hauseinfahrten, eine einwandfrei einsehbare Querstraße ohne jeden Verkehr, Dunkelheit, Fahrzeuge beleuchtet) sowie sein Verhalten nicht an sich geeignet waren, besonders gefährliche Verhältnisse herbei­zuführen. Die B25 Erlauftaler Straße ist keine Autobahn, ebenso wenig ihre Auf- bzw Abfahrten. Dass der Bf, der bei der Hinfahrt von der Abfahrt Nord der B25, dh vom linken Ast der vor ihm liegenden Gabelung der Saffen Gemeindestraße gekommen war, und den Fahrbahnteiler übersehen hatte, irrtümlich der Meinung war, links weiterfahren zu müssen, um auf die B25 in Richtung Wieselburg zu gelangen, dann aber die Scheinwerfer des von dort vorschriftsmäßig entgegen­kommenden Pkw sah und den von ihm gelenkten Pkw unter Verringern seiner Geschwindigkeit nach rechts verriss, aber nicht mehr am Pkw H. vorbeikam, ist als Fahrfehler in Verbindung mit Konzentrationsmängeln einzustufen, begründet aber keine besonders gefährlichen Verhältnisse an sich. Er hat keine Verkehrsvorschriften verletzt, lediglich die Reaktion auf das Bemerken seines Irrtums war unglücklich.

 

Aus diesen Überlegungen vermag das Landesverwaltungsgericht die von der belangten Behörde letztlich ohne stichhaltige Begründung angenommene Verwirklichung einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG nicht zu erkennen, weshalb auch die Voraussetzungen für die Annahme mangelnder Verkehrszuverlässigkeit beim Bf nicht vorliegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.   

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger