LVwG-450038/3/MK

Linz, 23.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde der W. und D. GmbH, x, x, vertreten durch RAe Dr. F.H., Dr. O.U., Mag. A.M., Mag. T.L., Mag. B.F., x, x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde St. G. vom 13.05.2014, GZ. 851-W0172-2014, über die Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Abs.1 BAO als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde St. G. wurde der W. und D. GmbH, x, x (in der Folge: Bf), für das Objekt K., auf Gst.Nr. x, x, x, x, x, EZ x, KG x, eine Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr in der Höhe von 70.547,40 Euro vorgeschrieben.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Basis der Verordnung der Marktgemeinde x vom 07.11.2012 (Kanalgebührenordnung) für ein Gebäude, für welches bereits eine Kanalanschlussgebühr entrichtet worden sei, für den Fall, dass der Umfang dieses Gebäudes durch Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau verändert würde, eine Ergänzungsgebühr in jenem Umfang zu entrichten sei, als gegenüber dem bisherigen Zustand eine Vergrößerung der Bemessungsgrundlage vorliege. Die Niederschrift über die Ermittlung der Berechnungsgrundlage sei dem Bf mit Schreiben vom 05.11.2013 nachweislich zur Kenntnis gebracht worden.

 

Die Ergänzungsgebühr berechne sich daher aus der Differenz des nunmehrigen und des früheren Bestandes. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sei in § 3 Abs.4 und 5 Wassergebührenordnung normiert. Der Vorschreibung liege folgende Berechnung zugrunde:

 

Fläche Bestand

421

Fläche neu

3.201

Neuer Gesamtstand

3.622

 

Hinsichtlich des neuen Flächenanteils ergebe sich folgende Ergänzungsgebühr:

 

Fläche

x Gebührenansatz (§ 1 Kanalgebührenordnung)

+ USt

Betrag (gerundet)

3.201

x 20,36 Euro (§ 1 Abs.3)

+ 10%

64.134,00

6.413,40

 

 

70.547,40

 

I.2. Mit Schriftsatz vom 15.01.2014 brachte die Bf fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

 

Zum Zweck der Berechnung der Bemessungsgrundlage bzw. der daraus resultierenden Gebühr würde die neue Gesamtfläche von 3.622 entsprechend ihrer Verwendung bzw. Nutzung lt. Einreichplanung in einen Wohnbereich mit 915 (25,26 % der Gesamtfläche), eine Bürofläche mit 1.761 (48,62 % dGfl) und die Tiefgarage mit 946 (26,12 % dGfl) unterteilt. In eben diesem Verhältnis würden die bisherigen Flächen mit einem Gesamtausmaß von 421 in Abzuge gebracht, woraus sich folgende zusätzliche Teilflächen ergeben würden:

 

Bereich

Flächenberechnung

Fläche in

Wohnen

915 - (472 x 25,26 %)

795,77

Büro

1.761 - (472 x 48,62 %)

1.531,51

Tiefgarage

946 - (472 x 26,12 %)

822,71

Gesamt

 

3.150,00

 

Zu dem vom Bürgermeister der Marktgemeinde x der Gebührenberechnung zu Grund gelegten Ansatz sei festzuhalten, dass dieser für die Bereiche „Büro“ und „Tiefgarage“ unzutreffend sei, da Büroflächen einen nur sehr geringen Wasserbedarf aufweisen würden und in der Tiefgarage überhaupt kein Wasseranschluss vorgesehen sei. Die Berechnung hätte daher – wie in § 1 Abs.4, 2. Unterabsatz Kanalgebührenordnung für gewerbliche oder industrielle Objekte bzw. Objektteile, bei denen auf Grund der Betriebsart mit wenig Wasserverbrauch zu rechnen sei, auch vorgesehen – gestaffelt erfolgen müssen.

 

Dass „Büroräumlichkeiten“ von dieser Staffelungsmöglichkeit im 4. Unterabsatz der obzitierten Bestimmung aus genommen würden, sei sachlich nicht nachzuvollziehen und widerspreche dem in der Verfassung normierten Gleichheitsgrundsatz.

 

Ebenso sei es weder rechtlich noch sachlich zu rechtfertigen, dass gemäß § 1 Abs.5 letzter Satz Kanalgebührenordnung Garagen, die keine konstruktive Verbindung zum Hauptgebäude aufweisen würden gebührenpflichtig wären, frei stehende Garagen hingegen nicht.

 

Die Berechnung hätte für den Bürobereich richtiger Weise folgendermaßen durchgeführt werden müssen:

 

Bereich

gestaffelter Ansatz

Gebühr

Büro

150 x 20,36

3.054,00

 

100 x 15,26

1.521,00

 

200 x 11.10

2.220,00

 

200 x 7,21

1.442,00

 

881,51 x 4,64

4.090,21

Gesamt

 

12.332,21

 

Tatsächlich vorgeschrieben seien hingegen 31.181,54 Euro (1.531,51 x 20,36) worden, was eine Differenz von 18.849,33 Euro zu Lasten des Bf ergebe.

 

 

 

Für die Tiefgarage stelle sich die Situation wie folgt dar:

 

Bereich

gestaffelter Ansatz

Gebühr

Tiefgarage

150 x 20,36

3.054,00

 

100 x 15,26

1.521,00

 

200 x 11.10

2.220,00

 

200 x 7,21

1.442,00

 

172,71 x 4,64

801,37

Gesamt

 

9.043,37

 

Tatsächlich vorgeschrieben seien hingegen 16.750,38 Euro (822,71 x 20,36) worden, was eine Differenz von 7.707,00 Euro zu Lasten des Bf ergebe.

 

Daraus ergebe sich ein Zuviel an vorgeschriebener Ergänzungsgebühr von insgesamt 26.556,33 Euro.

 

Es würde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid im beantragten Umfang abzuändern sowie die Einhebung der Abgabe im beantragten Umfang auszusetzen.

 

I.3. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde x vom 13.05.2013, GZ. 851-W0172-2014, dem ein entsprechender Beschluss zugrunde liegt, wurde die Berufung als unbegründet zurückgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters bestätigt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Berechnung der einzubeziehenden Flächen auf der Grundlage der rechtsverbindlichen Kanalgebührenordnung der Gemeinde erfolgt sei. Die danach im konkreten Fall in Abzug zu bringenden Flächen seien die den Wohnungen zugeordneten Kellerabteile, die auch entsprechend berücksichtigt worden wären.

 

Bei der Kanalgebührenordnung handle es sich um eine ordnungsgemäß beschlossene und kundgemachte sowie aufsichtsbehördlich genehmigte Verordnung, in der eindeutig festgelegt sei, dass Büro und Verkaufsräume von einer Staffelung ausgenommen seien. Die als Garage genutzten Kellerflächen würden in die Bemessungsgrundlage fallen.

 

I.4. Mit Schriftsatz vom 28.05.2014 brachte die Bf Beschwerde gegen den Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde x (in der Folge: belangte Behörde) sowie eine Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein und führte dazu zusammengefasst Folgendes aus:

 

Auch wenn – trotz nicht vorliegender sachlicher und rechtlicher Rechtfertigung – nicht bestritten würde, dass die Fläche der Tiefgarage in die Bemessung miteinzubeziehen sei, so wäre doch der gestaffelte Ansatz anzuwenden gewesen, da derartige Flächen nicht unter die Bestimmung des § 1 Abs.4. 3. Unterabsatz der Wassergebührenordnung [Anm.: Ausnahmen von der Staffelung] fallen würden. Bei der Tiefgarage handle es sich unstrittig um ein gewerbliches Objekt. Die Heranziehung der gestaffelten Berechnungsmethode sei nach dem Wortlaut der Verordnung zudem auch für Teile von Objekten zulässig. Bei der Tiefgarage würde de facto überhaupt kein Wasserbedarf vorliegen können, weil auch kein Wasseranschluss vorgesehen sei.

 

Bezüglich der Büroflächen sei allgemein bekannt, dass solche einen geringen Wasserbedarf aufweisen würden. Die oben angeführte verordnungstechnische Festlegung einer Ausnahme von einer Staffelung widerspreche – im Gegensatz zu der für jedermann nachvollziehbaren Ausnahme von Gastgewerbe- und Fleischhauereibetrieben – daher dem in der Verfassung normierten Gleichheitsgrundsatz. Der Verordnungsgeber habe hier offenkundig eine „Ausnahme von der Ausnahme“ normieren wollen, für die es aber keine materielle Rechtfertigung gebe.

 

Darüber hinaus gebe es ebenfalls keinen ersichtlichen Grund für die Differenzierung von Garagen mit bzw. ohne konstruktive Verbindung mit dem Hauptgebäude.

 

Es sei daher neuerlich der bereits in der Berufung formulierte Antrag zu stellen.

 

I.5. In ihrem Vorlageschreiben führte die belangte Behörde aus, dass der gestaffelte Berechnungsansatz nach dem Willen des Verordnungsgebers nur für Lager- bzw. Produktionshallen mit großen Flächen und geringe Abwasserintensität gedacht seien. Beim vorliegenden Objekt handle es sich aber um ein kombiniertes Wohn- und Gewerbeprojekt mit 9 Wohn- und 17 Büro- bzw. Geschäftseinheiten. Diese seien in der rechtsverbindlichen Verordnung von der Möglichkeit des gestaffelten Ansatzes ausgenommen.

 

Kellergaragenflächen von Objekten dieser Größenordnung von der „normalen“ Bemessungsgrundlage auszunehmen und einer Staffelung zu unterziehen würde im Gegenteil eine Ungleichbehandlung aller übrigen Bauherrn des privaten Wohnbaues diskriminieren, da die Staffelung erst ab einer Fläche von 150 beginne und „übliche“ Garagen bzw. Doppelgaragen niemals darunter fallen könnten.

 

Zusätzliche Beweismittel würden nicht vorgelegt, da dies seitens der Bf auch nicht erfolgt sei.

 

 

II. Das Verwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

 

 

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

Gemäß § 1 Abs.1 lit.a Interessentenbeiträge-Gesetz (IntBeitrG), LGBl.Nr. 28/1958 idgF, sind die Gemeinden u.a. dazu ermächtigt, im eigenen Wirkungsbereich von Grundstückseigentümern einen Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage zu erheben.

 

Nähere Bestimmungen hat die Gemeindevertretung gemäß § 2 leg.cit. in einer Beitragsordnung zu regeln, die gleichzeitig mit dem Beschluss nach § 1 Abs.1 zu erlassen ist.

 

Gemäß § 1 Abs.1 der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde x vom 06.11.2012 (Kanalgebührenordnung) ist die Kanalanschlussgebühr eine Gebühr für den Anschluss von Grundstücken und Bauwerken an die gemeindeeigene Kanalnetz.

 

Nach § 1 Abs.3 der Verordnung beträgt die Kanalanschlussgebühr für bebaute Grundstücke 20,36 Euro je Quadratmeter der nach Abs.5 zu errechnender Bemessungsgrundlage, mindestens jedoch 3.054,00 Euro.

 

Der Abs.4 dieser Bestimmung legt fest, dass – abweichend von Abs.3 – die Kanalanschlussgebühr für den Anschluss von bebauten Grundstücken, auf denen sich gewerbliche oder industrielle Objekte bzw. Objektteile befinden, bei denen auf Grund der Betriebsart mit wenig Wasserverbrauch zu rechnen ist, bis 150 20,36 Euro, von 151 bis 250 15,26 Euro, von 251 bis 450 11,10 Euro, von 451 bis 650 7,21 Euro und über 650 4,64 Euro der zu errechnender Bemessungsgrundlage, mindestens jedoch 3.054,00 Euro.

Wenn sich neben gewerblichen oder industriellen Objekten  oder Objektteilen mit wenig Wasserverbrauch auch andere Bebauungen befinden, ist jedenfalls eine getrennte Berechnung der Bemessungsgrundlage vorzunehmen.

Von der Staffelung sind jedenfalls Gastgewerbe- und Fleischhauereibetriebe sowie Büroräumlichkeiten und Verkaufsräume samt den dazugehörigen Nebenräumen ausgenommen.

[…]

 

Nach Abs.5 bildet die Bemessungsgrundlage für bebaute Grundstücke […] bei eingeschossiger Verbauung die Quadratmeterzahl der verbauten Grundfläche, bei mehrgeschossiger Verbauung die Summe der verbauten Flächen der einzelnen Geschosse jener Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss aufweisen, wobei jedoch freistehende Nebengebäude, die keine Leitungsanschlüsse besitzen, außer Ansatz bleiben. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist auf die volle Quadratmeterzahl der einzelnen Geschosse abzurunden. Dach- und Kellergeschosse sowie Dachräume werden nur in jenem Ausmaß berücksichtigt, als sie Wohn-, Geschäfts- oder Betriebszwecken oder als Kellergaragen dienen bzw. hiefür nutzbar sind.

Zur Bemessungsgrundlage zählen in jedem Fall sämtliche Flächen von folgenden Räumlichkeiten:

Hallenbad, Sauna, Bad samt Nebenräume, Kellerbar, Fitnessraum, Wintergarten und Windfang.

An das Gebäude angebaute Garagen und Car-Ports, soweit sie mit dem Hauptgebäude eine konstruktive Verbindung aufweisen, sowie Schwimmbecken im Freien sind ebenfalls gebührenpflichtig.

[…]

 

Hinsichtlich der Ergänzungsgebühr bestimmt § 2 Abs.2 der Verordnung, dass – wenn auf einem Grundstück anstelle eines abgetragenen Gebäudes ein neues Gebäude errichtet wird – eine Ergänzungsgebühr in jenem Ausmaß zu entrichten ist, als sich gegenüber dem bisherigen Gebäude eine Vergrößerung der Bemessungsgrundlage ergibt.

Gemäß Abs.4 errechnet sich die Ergänzungsgebühr […] aus der Differenz des nunmehrigen und des früheren Bestandes, wobei die Bestimmungen des § 1 Abs.3 bis 6 Anwendung finden.

 

III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

§ 279 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl.Nr.194/1961 idgF bestimmt Folgendes:

Abs.1: Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Abs.2: Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

Abs.3: Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs.1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

 

 

IV. Das Oö. Verwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Von zentraler Bedeutung ist die Beurteilung der Frage, ob – und gegebenenfalls inwieweit in aktenkundiger Ermangelung formaler Fehler – materielle Bedenken an der Gesetz- bzw. Verfassungsmäßigkeit der Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde x anzunehmen sind, was zur Folge hätte, dass ein entsprechendes Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten wäre.

 

Dazu ist im Grundsatz festzuhalten, dass der Inhalt der Verordnung – basierend auf der Qualifikation einer Verordnung als generell-abstrakte Norm – vor dem Hintergrund eines kategorisierenden Regelungsgegenstandes zu beurteilen ist, d.h., dass auf der Basis allgemeiner und vom Einzelfall losgelöster Kriterien eine materielle Analyse der Norm zu erfolgen hat.

 

Die vom VfGH entwickelte Prüfungsformel stellt darauf ab, dass der Gleichheitsgrundsatz nur „sachlich gerechtfertigte“ Differenzierungen zulasse. Nach der Rsp ist eine Differenzierung nur „sachlich begründet“, wenn sie aus objektiven Unterscheidungsmerkmalen („aus Unterschieden im Tatsächlichen“) erfolgt. Der VfGH hat dabei nicht auf die Diskriminierungsabsicht oder auf das Bemühen des Gesetzgebers um eine sachliche Regelung, sondern auf die „objektive Wirkung“ der Norm abgestellt.

[…]

Der Gesetzgeber ist demnach durch den Gleichheitssatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Er hat „Gleiches gleich“ aber „Ungleiches ungleich“ zu behandeln. Wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich müssen zu entsprechend differenzierten Regelungen führen; unterschiedliche Regelungen, die nicht in entsprechenden Unterscheiden im Tatsächlichen ihre Grundlage haben, sind gleichheitswidrig (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, Rz 1357).

 

Büroräume

 

Im Sinne dieses umfassenden Sachlichkeitsgebotes ist also die Frage zu stellen, worin nach Ansicht des Verordnungsgebers die sachliche Begründung für den Ausschluss von Büro- und Verkaufsräumen (als Nutzungskategorie) von der Anwendbarkeit eines gestaffelten Gebührenansatz zu sehen ist.

 

Von grundsätzlicher Bedeutung ist dabei, dass es Intention der Verordnung ist, die Anschlussgebühr grundsätzlich nach der Quadratmeterzahl eines Gebäude festzusetzen (vgl. § 1 Abs.3 und 5, 1.Satz) und nicht darin gelegen ist, eine auf den Einzelfall abstellende „Individualgebühr“ zu ermitteln. Es werden folglich auch alle Nutzungsarten von Objekten bzw. Objektteilen grundsätzlich mit der Anschlussgebühr belegt.

 

Darüber hinaus kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass es sich bei dem hier vorgeschriebenen Interessentenbeitrag um eine reine „Anschluss“-Gebühr handelt, dem Aspekt des Wasserverbrauchs also – da es ohnehin auch eine verbrauchsabhängige Bezugsgebühr gibt – in diesem Kontext nicht das Hauptaugenmerk geschenkt wird.

 

Ein ebenso bedeutender – und letztlich ausschlaggebender – Aspekt ist in der Tatsache zu sehen, dass auch im Fall der Staffelung des Gebührenansatzes (§ 1 Abs.4) eine unmittelbare Verbrauch-Flächen-Relation hergestellt wird, dass also auch bei Vorliegen des Kriteriums des üblicherweise geringen Wasserverbrauchs, Objekte bzw. Objektteile mit geringerer Ausdehnung nicht unmittelbar in den Genuss einer verminderten Gebühr kommen. Das entspricht nicht nur dem Wesen einer Staffelung sondern zeigt, dass erst bei atypischer Relationsentwicklung („Schere“) einem bestimmten Aspekt Rechnung getragen werden soll. Dies ist – wie im gegenständlichen Fall schon aus der Anzahl der Einheiten abzuleiten ist – bei flächenmäßig „normalen“ Büroräumlichkeiten nicht gegeben, da diese nach aktuellem Standard üblicherweise über ganz ähnliche Sanitäranlagen wie Wohneinheiten verfügen.

 

Mit anderen Worten will der Verordnungsgeber jene Arten von Gebäudenutzungen schrittweise begünstigen, die – im objektiven Vergleich zu anderen Raumnutzungskategorien – einen unverhältnismäßig hohen Flächenbedarf aufweisen, sofern nicht typischer Weise von einem tendenziell hohen Wasserverbrauch ausgegangen werden muss, was eben auch (d.h. nicht taxativ) bei Gastronomie- und Fleischhauereibetrieben anzunehmen ist. Das primäre Ausnahmekriterium für die Berechnungsmethode der Anschluss(!)gebühr liegt also im Flächenbedarf und nicht im Wasserverbrauch.

Dies bringt die belangte Behörde in ihrem Vorlageschreiben auch nachvollziehbar zum Ausdruck, wenn als Beispiele für die gegenständliche Staffelungsregelung großflächige gewerblich oder industriell genutzte Lager- und Produktionshallen angeführt werden, „aber auch nur dann, wenn wenig Abwasserintensität besteht“.

 

Diese Systematik weist zweifelsohne einen abstrakt-sachlichen Bezug zum Gegenstand der Regelung auf, und zwar sowohl im Hinblick auf den beabsichtigten Steuerungseffekt, also auch im Zusammenhang mit dem für beachtlich erklärten Kriterium. Ein gleichheitswidriger Ansatz kann darin nicht gesehen werden.

 

Tiefgarage

 

Das oben ausgeführte hat grundsätzlich auch in diesem Zusammenhang – wie wohl mit unterschiedlichem systematischen Zugang – Gültigkeit. Der Verordnungsgeber nimmt Dach- und Kellergeschosse sowie Dachräume grundsätzlich aus, sofern sie nicht genauso wie (anschlusspflichtige) Flächen in anderen Geschossen für Wohn-, Geschäfts oder Betriebszwecke genutzt werden. Dieser Nutzung stellt er eine Verwendung als Kellergarage gleich (§ 1 Abs.5, 1. Unterabsatz, letzter Satz) und behandelt sie ebenso wie die mit dem Hauptgebäude in konstruktiver Verbindung stehenden oberirdischen Garagen, also sachlich gleich. Diese Regelung entspricht dem grundsätzlichen Zugang der Gebührenbemessung nach der Quadratmeterzahl und ist in sich nachvollziehbar.

 

Dem Umstand, dass im konkreten Fall in der Tiefgarage keine Möglichkeit zur Wasserentnahme vorgesehen ist, bleibt vor dem Hintergrund einer abstrakten Betrachtung (und unter Hinweis auf die oben bereits angeführte Unterscheidung zwischen Anschluss- und Bezugsgebühr) ohne Bedeutung. Ein generell unsachlicher Ansatz kann darin auch insbesondere deshalb nicht erblickt werden, da es nicht unüblich – und daher im Wesen der Raumkategorie gelegen – ist, Garagen auch mit einem Wasseranschluss auszustatten.

 

Im Zusammenhang mit dem Beschwerdevorbringen teilt  daher das erkennende Gericht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Bf nicht. Sollte – wenn überhaupt – die Wassergebührenordnung eine in der Tendenz unsachliche Regelung enthalten, dann im Zusammenhang mit freistehenden Garagen ohne Entnahmestelle. Dieser Aspekt ist aber nicht Gegenstand der hier vorzunehmenden Beurteilung.

 

IV.2. Ausgehend von der verfassungsrechtlich unbedenklichen Anwendbarkeit der Wassergebührenordnung, ist – unter Hinweis auf die bereits bei der Sachlichkeitsprüfung behandelten Aspekte – die Feststellung der Bemessungsgrundlage durch die belangte Behörde und die darauf basierende Berechnung der Ergänzungsgebühr materiell richtig.

 

In die Bemessungsgrundlage waren (gleichsam naturgemäß) auch Flächen einzubeziehen, die keine signifikante Abwasserintensität aufweisen. Das ist aber bei jeder Wohneinheit ebenso der Fall. Ein spezifisch unverhältnismäßiger Flächenbedarf, der iSd Ausnahmebestimmung der Wassergebührenordnung zu einer Staffelung der Anschlussgebühr führen könnte, liegt bei den hier im verkehrsüblichen Ausmaß projektierten gewerblichen Nutzungseinheiten nicht vor. Dass die nach den technischen Bestimmungen des Bau- und Gewerberechts zwingend vorzusehenden Stellflächen für Kfz pro Nutzungseinheit – auch wenn sie keinen signifikanten Wasserverbrauch indizieren – keinen überbordenden Flächenbedarf aufweisen, ist offenkundig.

 

Die einzigen nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehenden Flächen sind die den Wohneinheiten zugewiesenen Kellerabteile, da diese vorrangig privaten Lager- und nicht Wohnzwecken dienen.

 

Verfahrensfehler ergeben sich aus der Aktenlage nicht und wurden von der Bf auch nicht releviert.

 

Nähere Ausführungen zur  Art der Differenzflächenermittlung und Berechnung der gestaffelten Gebühr können unterbleiben, da dieser Umstand irrelevant bleibt.

 

 

V.           Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass verfassungsrechtliche Bedenken wegen allfälliger Gleichheitswidrigkeit der Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde x nicht bestehen.

Die Festsetzung der Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr erfolgte – da die Voraussetzungen für die Anwendung des gestaffelten Berechnungsansatzes nicht vorliegen – sachlich und rechnerisch richtig.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger