LVwG-650314/11/BR

Linz, 17.02.2015

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier über die Beschwerde des K. K., geb. ….1965, S.weg, P., vertreten durch die Rechtsanwälte G. L. T. & P., S.straße, L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 18.12.2014, GZ: 240711-2014, nach der am 17.2.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht:

 

 

 

 

 

I. Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben; sämtliche Auflagen sowie die Befristung der Lenkberechtigung werden behoben.

 

 

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Mit dem o.a. Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung über Antrag des Beschwerdeführers folgenden Bescheid erlassen:

1.   Die Lenkberechtigung wird Ihnen unter folgenden Befristungen, Auflagen und Beschränkungen erteilt:

Klassen: A, B, C, E, F, ausgestellt: 18.12.2014, Befristet bis: 12.12.2016,

Einschränkung/Auflage: Code 104*)

*) Abgabe eines alkoholspezifischen Laborbefundes (MCV, GOT, GPT, GGT, CDT bzw. EtG) nach schriftlicher Aufforderung und Vorlage des Befundes unaufgefordert bei der Behörde und Vorlage einer Bestätigung (über die Weiterbetreuung in der Ambulanz der Nervenklinik Wagner-Jauregg) jährlich (bis spätestens 12.12.2015 unter Einhaltung einer Toleranzfrist von maximal 1 Woche) bei der Behörde;

 

Amtsärztliche Nachuntersuchung ev. mit einer psychiatrischen Stellungnahme und Vorlage einer Bestätigung (über die Weiterbetreuung in der Ambulanz der Nervenklinik Wagner-Jauregg) in zwei Jahren (bis 12.12.2016);

 

Rechtsgrundlage:

§§ 5 Abs.5, 8 Abs.4 und 5 Führerscheingesetz 1997 (FSG)

 

2.   Die Auflage ist in Form eines Zahlencodes in Ihren Führerschein einzutragen. Die Ein­tragung des Zahlencodes 104 bedeutet, dass die Lenkberechtigung unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen erteilt bzw. verlängert wird.

 

Rechtsgrundlage

§ 13 Abs. 5 Führerscheingesetz 1997 (FSG) und § 2 Abs. 2 Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung BGBl 11/1997 idgF.

 

 

 

II.  Begründung:

Gemäß § 5 Abs.5 FSG 1997 ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Bedingungen, Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

 

Wenn das ärztliche Gutachten die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen von der Erfüllung bestimmter Auflagen, wie insbesondere die Verwendung von bestimmten Behelfen oder die regelmäßige Beibringung einer fachärztlichen Stellungnahme abhängig macht, so sind diese Auflagen beim Lenken von Kraftfahrzeugen zu befolgen (§ 8 Abs. 5 FSG).

 

Das amtsärztliche Gutachten vom 12.12.2014 betreffend Herr/Frau K. K. lautet wie folgt:

Herr K. hat angegeben sicher keinen Alkohol zu trinken. Trotzdem waren die EtG-Werte immer zu hoch. Er hat daher eine Fachärztin konsultiert, die dann herausfand, dass Herr K. an seinem Arbeitsplatz Alkohol inhaliert (Desinfektionsspray). Dies kann somit als Ursache für die schlechten Werte angesehen werden und die angegebene Abstinenz ist glaubhaft. Herr K. hat seinen Arbeitsplatz gewechselt.

Die psychiatrische Stellungnahme war daher dann positiv, allerdings unter der Voraussetzung weiterer Abstinenz und zukünftig unauffälliger Laborwerte. Er muss die Exposition gegenüber alkoholhaltigen Desinfektionmitteln meiden. Es wurde auch für nötig erachtet, dass Herr K. die Betreuung in der Nervenklinik Wagner-Jauregg weiterführt.

Herr K. ist alkoholabhängig. Bei Alkoholabhängigkeit muss lebenslang absolute Alkoholabstinenz gehalten werden, da bei jedem Alkoholkonsum die Gefahr eines Kontrollverlustes besteht. Bei einem Kontrollverlust kann der Betroffene sein Konsumverhalten nicht mehr steuern, das Risiko einer neuerlichen Fahrt in alkoholisiertem Zustand ist dann als extrem hoch einzuschätzen.

Strenge Kontrollmaßnahmen sind daher erforderlich. Unter dem Einfluss von Alkohol sind sowohl die kraftfahrspezifischen Leistungen als auch die Bereitschaft zu verkehrsangepasstem Verhalten deutlich eingeschränkt, sodass alkoholbeeinträchtigte Lenker ein großes Risiko im Verkehr darstellen. Aufgrund dessen ist es erforderlich, dass kein Kfz in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt wird. Es sollte ihm aufgetragen werden absolut Alkoholabstinenz einzuhalten, und auf Abruf Laborbefunde (MCV, GOT, GPT, GGT, CD-Transferrin bzw. EtG) sowie jährlich eine Bestätigung (über die Weiterbetreuung in der Ambulanz der Nervenklinik Wagner-Jauregg vorzulegen. Bei Auffälligkeiten wäre sofort eine Kontrolluntersuchung zu veranlassen. Sollten die Befunde in Ordnung sein, wäre eine amtsärztliche Kontrolluntersuchung in 2 Jahren erforderlich. Dann wird auch ev. wieder eine psychiatrische Beurteilung erfolgen müssen.

 

Vorangeführtes amtsärztliche Gutachten vom 12.12.2014 wird seitens der Behörde als schlüssig und nachvollziehbar befunden und es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

II. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner fristgerecht dagegen erhobenen Bescheidbeschwerde gemäß Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG mit folgendem Inhalt:

Gegen diesen Bescheid können Sie binnen vier Wochen nach Zustellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben.

Die Beschwerde ist schriftlich1 bei uns einzubringen und hat zu enthalten: 1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,

 

I. Vollmacht

 

Der Beschwerdeführer hat Rechtsanwälte G. L. T. + P., S.straße, L., beauftragt und berufen sich diese auf die erteilte Bevollmächtigung gemäß § 10/1 AVG. Um Kenntnisnahme wird ersucht.

 

 

II. Bescheidbeschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z.1 B-VG

 

II.1    Sachverhalt

Der Beschwerdeführer begann im Alter von ca. 15 Jahren mit dem Alkoholkonsum. Bisher gab es 3 Führerscheinentzüge. Der erste war ungefähr im Jahr 1986 und betrug die damalige Alkoholkonzentration rund 1,3 %o. Der zweite Führerscheinentzug war im Jahr 1991 mit rund 0,9 %o und schließlich der letzte Führerscheinentzug war im Jahr 2011 mit rund 2,2 %o.

 

Der letzte Führerscheinentzug war aufgrund einer Alkoholkonsumation auf einer Hochzeitsfeier. Der Beschwerdeführer bewegte leider mit Restalkohol nach der Hochzeitsfeier sein Fahrzeug und kam es zu einem Unfall mit Totalschaden. Der Führerschein wurde für 8 Monate entzogen und wurde nach dieser Entziehung der Führerschein bedingt ausgestellt.

 

Bei der Nachuntersuchung im Oktober 2012 wurde ein hoher CD-Transferrin (bzw. ETG)-Wert festgestellt. Dabei handelt es sich um erhöhte Harnwerte. Sämtliche anderen auf einen Alkoholmissbrauch hindeutenden Werte waren in Ordnung. Aufgrund des erhöhten ETG-Wertes wurde seitens des Labors Dr. R. immer vermutet, dass Alkoholkonsum vorliegt (vgl. Beilagen amtsärztliches Gutachten). Interessant dabei ist, dass sich das Labor Dr. R. jedoch nicht mit den Leber- oder sonstigen für Alkoholmissbrauch relevanten Daten auseinandersetzte.

 

Aufgrund der erhöhten ETG Werte wurden die Befristungen und Auflagen für Nachuntersuchungen immer wieder verlängert. Grundsätzlich hätte der Beschwerdeführer   im   Januar   2014   den   Führerschein   bereits   gänzlich zurückbekommen sollen, waren jedoch bei den Nachuntersuchungen unerklärlicherweise immer wieder die „Harnwerte" (ETG-Werte) erhöht.

 

Zumal der Beschwerdeführer jedoch bereits seit geraumer Zeit alkoholabstient war, die erhöhten Harnwerte sohin nicht erklärlich waren, suchte der Beschwerdeführer eine Fachärztin für Innere Medizin, Frau Dr. S. N. in S., auf. Im Zuge Ihrer Recherchen gelangte diese zum Ergebnis, dass die erhöhten Harnwerte, insbesondere der erhöhte ETG-Wert keineswegs auf Äthanolkonsum sondern vielmehr auf die arbeitsbedingte Isopropanol-Inhalation im lebensverarbeitenden Betrieb des Beschwerdeführers zurückzuführen ist. Der Ordnung halber wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer lange Zeit in der Burgerfleischverarbeitung tätig ist und die Fleischpresse vor Benutzung mittels „Isopropanol" desinfiziert. Dabei werden (ohne Luftabsaugung) rund 0,5-0,75 Liter „Isopropanol" innerhalb von 4-6 Stunden mittels Handzerstäuber „verarbeitet". Zumal der Beschwerdeführer seit zumindest 2012 alkoholabstinent ist, liegt auch kein Alkoholmissbrauch mehr vor, die erhöhten ETG-Werte sind schlichtweg auf die „Inhalation" des Desinfektionsmittels zurückzuführen. Zu diesem Ergebnis gelangte auch der befundende Psychotherapeut Dr. R. L. (vgl. Gutachten vom 20.11.2014).

 

Am 12.12.2014 erstattete die Amtsärztin Dr. B. D. ihr amtsärztliches Gutachten und führte auch diese in Ihrer Anamnese aus, dass die erhöhten ETG-Werte auf die Inhalation des Desinfektions"alkohols" am Arbeitsplatz zurückzuführen seien. Die vom Beschwerdeführer angegebene Alkoholabstinenz wäre daher schlüssig.

Obgleich die Amtsärztin zu dem Ergebnis gelangte, dass Alkoholabstinenz vorliegt, stellte sie trotzdem fest, dass der Beschwerdeführer angeblich nach wie vor alkoholabhängig wäre. Dies widerspricht jedoch den Ausführungen des Dr. L. als auch den Ausführungen zu den erhöhten ETG Werten durch Dr. N..

 

II.2.   Beschwerdeausführung und rechtliche Beurteilung

 

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu GZ 240711-2014 vom 18.12.2014 verletzt im Wesentlichen die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers dahingehend, dass ihm rechtswidrig Befristungen und Auflagen auferlegt werden.

 

Weiters hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Beschwerdeführer das Gutachten der Amtsärztin Dr. B. D. erst mit dem Bescheid vom 18.12.2014 zugestellt. Dem Beschwerdeführer wurde daher die Möglichkeit genommen Einwendungen gegen das Gutachten zu erheben.

Der Bescheid sieht vor, dass die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers -nochmals - befristet wird. Gemäß § 5/5 iVm § 8/1 und 3 Z.2 FSG ist die Lenkberechtigung dann befristet auszustellen, wenn dies auch in den ärztlichen Gutachten über die gesundheitliche Eignung festgehalten ist. Interessant erscheint, dass der befundende Psychotherapeut Dr. R. L. in seinem Gutachten mehr oder minder zu dem Ergebnis gelangt, dass kein Alkoholabusus mehr vorliegt, die Amtsärztin Dr. D. jedoch vermeint, dass der Beschwerdeführer alkoholabhängig ist. Zumal dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit eingeräumt wurde, dass Gutachten Dr. D. vor Bescheiderlassung zu sichten, konnte dieser auch nicht auf die Diskrepanzen hinweisen. Grundsätzlich hätte die Amtsärzin Dr. D. in ihren Ausführungen über die „bedingte Geeignetheit" festhalten müssen, dass die Lenkberechtigung nicht weiter zu befristen wäre, sondern ohne Befristung auszustellen ist. Ungeachtet dessen weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Aufzählungen der Auflagen unter § 5/5 iVm § 8 FSG eindeutig eine „Oder" Auflistung darstellen. Das bedeutet, dass zunächst der befundende Fach- und Amtsarzt festzuhalten hat ob eine Befristung notwendig ist. Das Gutachten über die „bedingte Geeignetheit" hat derart zu lauten, dass Befristungen, Auflagen der zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen sind. Zumal, wie bereits ausgeführt, das amtsärztliche Gutachten wohl irrtümlicherweise auf eine noch gegebene Alkoholabhängigkeit hinweist, diese jedoch wie bereits ausgeführt unrichtig ist, liegen keine Gründe für eine weitere Befristung vor. Die neuerliche Befristung durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ist überschießend.

Weiters rügt der Beschwerdeführer die Feststellung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, dass der Beschwerdeführer alkoholabhängig ist. Wie bereits ausgeführt dürfte die Amtsärztin irrtümlicherweise einen standardisierten „Stehsatz" in das Gutachten hinsichtlich einer allfälligen Alkoholabhängigkeit aufgenommen haben. Bei korrekter Anamnese wäre die Amtsärztin, wie auch Dr. L., zu dem Ergebnis gelangt, dass eben keine Alkoholabhängigkeit mehr vorliegt. Die Amtsärztin hätte in Entsprechung der Ausführungen der Dr. N.- die Begründung der hohen ETG Werte liegt einzig in der überhöhten Nutzung des Desinfektionsmitteies „Isopropanol". Die schlichte wortwörtliche Übernahme im Bescheid ist daher unzulässig. Vielmehr ist davon auszugehen, dies attestiert auch der Dr. L., dass der Beschwerdeführer bereits lange Zeit alkoholabstinent ist und sohin kein „Krankheitsbild: Alkoholabusus" mehr vorliegt. Die Auflage, dass neuerdings wiederholte Kontrollen in der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg notwendig wären greifen sohin eindeutig in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers ein und sind schlichtweg überhöht.

 

II.3    Beschwerdeanträge

 

Der Beschwerdeführer erhebt daher gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.12.2014 zu GZ 240711-2014 binnen offener Frist durch die bevollmächtigten Vertreter gemäß Art. 130 Abs-1 Z1 B-VG

 

Bescheidbeschwerde

 

an das zuständige Verwaltungsgericht und stellt die

 

Anträge

 

das Verwaltungsgericht möge

 

1. eine mündliche Verhandlung durchführen;

2. den angefochtenen Bescheid vom 18.12.2014, GZ 240711-2014, aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zurückverweisen;

 

in eventu

 

3. den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Lenkberechtigung unbefristet ausgestellt wird und die Auflagen der Abgabe der alkoholspezifischen Laborbefunde, der jährlichen Vorlage der Bestätigung durch die Ambulanz der Nervenklinik Wagner-Jauregg und der amtsärztlichen Nachuntersuchung mit einer psychiatrischen Stellungnahme und Vorlage einer Bestätigung über die Weiterbetreuung durch das Wagner-Jauregg in zwei Jahren, entfallen.

 

Linz, am 14.01.2015 K. K.

 

 

 

III. Den Verfahrensakt hat die Behörde mit Vorlageschreiben vom 23.01.2015 unter Anschluss eines Inhaltsverzeichnisses mit dem Hinweis vorgelegt eine Beschwerdevorentscheidung mangels eines zu erwartenden anderen Ergebnisses nicht in Betracht gezogen zu haben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war antragsgemäß gemäß § 24 Abs.1 VwGVG durchzuführen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Sachentscheidung iSd § 28 Abs.2 Z2 VwGVG liegen vor.

Die Behörde nahm an der öffentlichen mündlichen Verhandlung unentschuldigt nicht teil, wobei auch der Hinweis in der Ladung, die für die Behörde tätig gewordene Amtsärztin zwecks Erörterung ihrer Befristungsempfehlung ohne Reaktion der Behörde verblieb.

 

 

III.1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ergänzend wurde Rücksprache mit der Fachärztin für innere Medizin gehalten, über dessen Ergebnis am 12.2.2015 ein Aktenvermerk angelegt wurde (ON 6).

Vom Beschwerdeführer wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung ein Schriftsatz zur Vorbereitung dieser Verhandlung vorgelegt, welcher am Postweg übermittelt wurde, jedoch beim Landesverwaltungsgericht noch nicht eingelangt bzw. noch nicht zum Akt gelangt war. Auch dieser wurde verlesen. Vorgelegt wurde vom Beschwerdeführer ferner ein aktueller Befund über den am 13.2.2015 labortechnisch (Labor Dr. R. – Dr. L.) erhobenen und im offenbar unbedenklich liegenden EtG-Wert.

Erörtert wurden schließlich die Begutachtungsrichtlinien des BMVIT für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrzeuglenkern - erstellt im Auftrag des BMVIT unter der Leitung des KFV 2013, betreffend Alkohol-abhängigkeit/Krankheit S 135, sowie die ICD-10 Kriterien zur Feststellung von Substanzabhängigkeit (Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung – Handbuch für Ärzte u. Juristen, 4.Auflage, S 206 ff).

 

 

IV. Fachliche Stellungnahme Dr. S. N. vom 10.11.2014:

„Herr K. K. sucht mich am 11.9.2014 auf, weil seit wenigen Monaten wiederholt unerklärliche, erhöhte EtG-Werte im Harn gemessen wurden. Herr K. K. beteuerte, keinen Alkohol getrunken zu haben. Es wurde auch ein weiteres psychiatrisches Gutachten von OA Dr. L. abgelehnt, da jener einen Alkoholabusus annahm.

Nun galt es andere Ursachen für den erhöhten EtG-Wert zu suchen, in hoher Frequenz ließ der Patient Leberfunktionsparameter und CDT durchführen, immer mit unauffälligem Befund.

Ich führte eine Oberbauch/Nierensonographie durch, auch hier fanden sich keine Auffälligkeiten, insbesondere eine sonographisch unauff. Leber und Nieren, samt Labor.

In einer ausführlichen Anamnese stellte sich heraus, dass der Patient in einem lebensmittelverarbeitenden Betrieb beschäftigt ist, er stellt Fleisch-Burger her. Seit wenigen Monaten arbeitete er an einer Fleischpresse, wo er ständig die Metallform mittels Handzerstäuber (ohne Absaugung) desinfizierte. Desinfektionsmittelverbrauch (Calgonit DS 622 . Inhalt ist: 2-Propanol >30 %): 0,5-0,75 Liter in 4-6 Stunden! Herr K. hat in dieser Zeit große Mengen an Isopropanol inhaliert, da es keine Absaugung gab. Der EtG-Test funktioniert auf immunologischer Basis, und es kann zu Kreuzreaktionen zwischen Ethylglucuronid und Propylglucuronid kommen.

Zwischenzeitlich hat der Patient den Arbeitsplatz gewechselt, wo kaum Inhalationen von Alkoholen auftreten. Der neue ETG-Wert vom 7.10.2014 liegt im Referenzbereich. Auch die Integritätsprüfung des Harnes ist wieder normal (Kreatinin im Harn). Zuvor waren erniedrigte Kreatininwerte aufgetreten, die ich mir über die hemmende Wirkung von Alkohol auf ADH erklären kann, und somit eine Wasserdiurese stattgefunden hatte.

!n der 43. Woche, am 24.10.2014 wurde eine neuerliche Untersuchung unter den „alten Arbeitsbedingungen" durchgeführt. Es wurde wiederum erhöhtes EtG im Urin gemessen, zugleich wurde eine massenspektrometrische Untersuchung desselben Urins auf Ethyl- und Propylglucuronid durchgeführt (Bioscientia Institut, Ingelheim Deutschland) - also die empfohlene Bestätigungsanalyse (für den Patienten kostenpflichtig). Bei meiner Literaturrecherche bin ich auf dieses Institut gestoßen, da in der Zeitschrift „K. T." von jenem eine relevante Untersuchung publiziert wurde (Falsch positives EtG nach Inhalation von propanolhältigem Handdesinfizienz im medizinischen Bereich). Das massenspektrometrische Ergebnis bestätigte das Vorliegen von Propylglucuronid. Äthylglucuronid war negativ. Somit ist es geklärt. Die erhöhten EtG-Werte sind durch eine Kreuzreaktion im immunologischen Test auf Propylglucuronid zurückzuführen bei glaubhaft negativem Äthanolkonsum jedoch arbeitsbedingter Propanolinhalation in dem lebensmittelverarbeitenden Betrieb.“

 

 

 

 

IV.1. Die fachliche Stellungnahme Zentrum für ärztliche Psychotherapie, Dr. R. L.:

 

„Führerscheinstellungnahme K. K.,

geb. am 7.1.1965, vom 19.11.2014 um 17.00 Uhr

 

Herr K. kommt pünktlich zum Termin.

Legitimation durch österreichischen Führerschein, ausgestellt von der BH Linz-Land am 24.1.2014.

 

Biographie;

Er sei in Steyr geboren, in Enns bei seinen Eltern aufgewachsen. Der 19.. geborene Vater sei Maurer von Beruf gewesen, die 19.. geborene Mutter sei zunächst Hausfrau, dann in der Straßenmeisterei tätig gewesen. Die Eltern seien verheiratet und würden noch im Elternhaus in Enns wohnen. Er hätte einen 19.. geborenen Bruder, der als Taxifahrer bei der Fa. W. in P. arbeite, er W sei früher im Transportgewerbe tätig gewesen, wohne derzeit in St. Martin/Traun. Eine 19.. geborene Schwester arbeite als Diplomkrankenschwester im AKH L., wohne im Elternhaus in Enns. Mit den Eltern und der Schwester treffe er sich bei gelegentlichen Besuchen im Elternhaus. Mit dem Bruder hätte er gelegentlichen Kontakt, wenn er ihn in Pasching treffe.

Er selbst sei nach nur 18-monatiger Ehe seit 19.. geschieden. Aus dieser Ehe stamme eine in der Zwischenzeit 24-jährige Tochter, die in Leonding wohne, verheiratet, aber noch kinderlos sei, in der Gastronomie gelernt hätte und mittlerweile als Ordinationsgehilfin bei einem Linzer Orthopäden arbeite. Von seiner Frau sei er nach der Scheidung 4 Jahre getrennt gewesen, sie seien dann aber wieder 10 Jahre zusammen gewesen, bis sie sich endgültig getrennt hätten. Nach der 2. Trennung sei die Tochter 14 Jahre alt gewesen und hätte sich entschieden, bei ihm weiter zu wohnen, was sie bis zu ihren 20. Lebensjahr getan hätte.

 

 

Er sei derzeit alleinstehend und wohne in einer Eigentumswohnung in F., vielmehr im 1. Stock eines alten Hauses.

 

Schulausbildung bzw. beruflicher Werdegang:

Volksschule, Hauptschule und Polytechnikum in Enns, anschließend Lehre zum Koch/Kellner im E., die Lehrabschlussprüfung hätte er erfolgreich abgelegt. Anschließend Präsenzdienst in der Kaserne Enns ohne Probleme, anschließend halbjährige Tätigkeit im U., danach jahrelange Saisonarbeit, zunächst in der Wintersaison in Seefeld, anschließend in der Schweiz von 1986 - 1989 (in Bern, Arosa, Gstad und am Thuner See, [zuletzt sei er im Alter von 24 Jahren Oberkellner und Leiter eines 4-Sterne-Hotels gewesen). Ab dem Alter von 25 Jahren hätte er nach Österreich zur Firma C. C. gewechselt, hätte im Außenlager in Haid 21 Jahre bis 2011 gearbeitet, hätte Getränke ausgeliefert. Dann sei es zum letzten Führerscheinentzug gekommen (siehe unten). Danach sei er 4 Monate arbeitslos gewesen, ab Oktober 2011 hätte er bei der Fa. P. gearbeitet, war zunächst nach der Zusammenlegung der genannten Firma mit der Fa. N. am H. P. in der Schnitzelproduktion und Hygienekontrolle beschäftigt bis Oktober 2012. Seither sei er bei der Tochterfirma B. tätig, der 1. B.kiosk sei in der Nähe der P. C. begonnen worden, in der Zwischenzeit seien 4 Filialen im Raum Linz aufgebaut worden, er hätte meist 2 Kioske zu betreuen. Im Jahr 2013 sei die Küche des 1. Kiosks vollkommen abgebrannt, 2 Monate stillgestanden. Anschließend sei er in die Filiale in die P. C. gewechselt, danach wieder zur Produktion am H. P. mit 3 Mitarbeitern. Die Produktion sei mittlerweile beendet und an die Filialen abgegeben worden. Er verdiene ca. 1.800,- Euro netto pro Monat, müsse derzeit keine Überstunden machen. Mit dem Job sei er prinzipiell zufrieden und wolle ihn auch behalten.

 

Familienanamnese:

Unauffällig, die Eltern und Geschwister seien gesund.

 

Frühere Erkrankungen:

Mit ca. 17 Jahren Bänderriss im rechten Sprunggelenk mit operativer Sanierung. Seit damals keinerlei länger dauernde psychiatrische Aufenthalte, allerdings 2-tägiger Aufenthalt im UKH Linz nach dem Unfall im Juni 2011, bei dem er mit seinem Auto einen Totalschaden gehabt hätte (Rippenprellung, keine sonstigen ernstlichen Verletzungen).

 

Allergien: keine bekannt

 

Medikation: derzeit keine

 

Nikotin: ca. 30 Zigaretten täglich

 

Illegale Substanzen: nie konsumiert

 

Alkohol:

 

Ab seiner Lehrzeit, also im Alter von ca. 15 Jahren hätte er mit Alkoholkonsum begonnen, hätte anschließend hauptsächlich Bier konsumiert. Es hätte schon Zeiten gegeben, in denen er größere Mengen Bier, bis zu 3 oder 4 am Tag getrunken hätte, nur selten hätte er höherprozentige alkoholische Getränke konsumiert. Durchgehende Phasen täglichen Alkoholkonsums hätte es aber nicht gegeben.

 

Zu den Führerscheinentzügen:

Der 1. sei ca. im Jahr 1986 erfolgt, damalige Alkoholkonzentration ca. 1,3 %o, 2. Führerscheinentzug 1991 mit ca. 0,9 %o und schließlich 3. Führerscheinentzug im Juni 2011 mit damals 2,2 %o.

Dazu führt er aus, dass es einen besonderen Anlass zur Alkoholkonsumation gegeben hätte. Am Vortag sei er nämlich zu einer Hochzeitsfeier eingeladen gewesen, hätte noch Restalkohol gehabt und hätte am nächsten Tag 3 Halbe Bier und 2 Schnaps getrunken. Bei dem Unfall in P. sei er mit seinem Fahrzeug in eine Leitplanke gefahren und hätte dadurch einen Totalschaden gehabt, sei 2 Tage im UKH behandelt worden (siehe oben). Anschließend sei die Lenkerberechtigung für 8 Monate entzogen worden, daraufhin hätte er die Lenkerberechtigung für alle Führerscheinklassen (A,B,C und E) für 1 Jahr bedingt wieder erhalten, im Oktober 2012 sei allerdings ein sehr hoher CD-Tect-Wert von 5,15 % gemessen worden, ohne dass er damals größere Mengen Alkohol konsumiert hätte. Nach Rücksprache mit Frau Dr. D. sei 14 Tage später der Wert kontrolliert worden, der nur mehr 1,7 % betragen hätte. Diesen schnellen Abfall des Wertes könne er sich nicht erklären und er hätte er auch keine Erklärung von Medizinern erhalten.

Im Jänner 2013 hätte der CD-Tect-Wert 2,0 % betragen, die Befristung sei um 3 Monate verlängert worden, zusätzlich sei eine verkehrspsychologische Untersuchung vorgeschrieben worden. Diese sei negativ ausgefallen. Daraufhin sei die Lenkerberechtigung neuerlich für 6 Monate, nämlich vom 1.5. - 31.10.2013 entzogen gewesen. Er hätte die Auflage bekommen, einmal pro Monat die Ambulanz der Abhängigkeitserkrankungen der Landesnervenklinik Wagner Jauregg aufzusuchen, einmal pro Monat seien die Leberwerte kontrolliert worden. Im Jänner 2014 hätte er schließlich den Führerschein zurückbekommen.

Bei den Kontrollen in der Landesnervenklinik seien auch Bestimmungen des Ethylglucuronids durchgeführt worden, die im August und September deutlich erhöht gewesen seien.

Laut mitgebrachten Aufzeichnungen waren die Transaminasen und das CD-Tect mit 0,7 im Juli 2014 (Bestimmung im Labor des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder) im Normbereich gewesen. Er hätte die erhöhten Werte des genannten Parameters nicht erklären können, da er seit über 1 Jahr durchgehend alkoholabstinent geblieben sei, um den Führerschein nicht wieder zu gefährden. In der Zwischenzeit hätte er Kontakt mit der Fachärztin für Innere Medizin, Frau Dr. S. N. in Steyr aufgenommen, die genaue Recherchen durchgeführt hätte. Ein Befund vom 10.11.2014 wird mir vorgelegt. Aus diesem geht hervor, dass die erhöhten EtG-Werte durch eine Kreuzreaktion im immunologischen Test auf Propylclucuronid zurückzuführen seien. Dieses wiederum      sei      auf      arbeitsbedingte      Propanolinhalation       im lebensmittelverarbeitenden Betrieb zurückzuführen gewesen. Weiters wird ausgeführt, dass nach Wechsel an eine andere Arbeitsstelle, wo kaum Inhalationen des Desinfektionsmittels Isopropanol auftreten würden, der EtG-Wert vom 7.10.2014 im Referenzbereich gelegen hätte.

 

Status psychicus:

Der Patient ist bewusstseinsklar, zur Person, zeitlich und örtlich voll orientiert. Er ist kontaktfähig, zum Thema ausreichend fixierbar. In der Grundstimmung wirkt er indifferent ist im gesamten Skalenbereich ausreichend affizierbar. Der Gedankengang ist von normaler Geschwindigkeit, das Denkziel wird erreicht, inhaltlich zeigen sich keine psychopathologischen Denkstörungen, insbesondere keine Wahnsymptome, keine paranoiden Elemente, keine Halluzinationen, von Selbstmordgedanken ist der Patient glaubhaft distanziert. Antrieb ist der Patient angepasst, Gestik und Mimik sind lebhaft.

 

Diagnose:

Anamnestisch Alkoholmissbrauch mit angegebener Abstinenz seit über 1 Jahr, Zustand nach insgesamt 3 Alkoholdelikten, zuletzt im Juni 2011 (damals sehr hohe Alkoholkonzentration von 2,2 %o, F 10.1 (ICD 10). Aktueller Nikotinabusus

 

Beurteilung:

Herr K. hat mich am 19.11.2014 erstmals in meiner Praxis aufgesucht. Grund war das gegenständliche Führerscheinverfahren nach einem 3. Alkoholdelikt im Juni 2011. Zunächst war die Lenkerberechtigung für 8 Monate entzogen, anschließend für 1 Jahr bedingt wiedererteilt worden (damals sämtliche Führerscheinklassen, also A, B, C und E). Im Oktober 2012 war es zu deutlich erhöhten CD-Tect-Werten gekommen, die allerdings 14 Tage später wieder knapp unter dem Grenzwert auf 1,7 % gesunken waren. Im Jänner 2013 war der CD-Tect-Wert wieder erhöht mit 2 %. Damals wurde die Befristung um 3 Monate verlängert, die anschließend durchgeführte verkehrspsychologische Untersuchung war allerdings negativ ausgefallen. Es wurde eine weitere Führerscheinentzugsperiode in der Dauer von 6 Monaten bis Ende Oktober 2013 vereinbart. In dieser Zeit hat er die Auflage, sich an die Ambulanz für Abhängigkeitserkrankungen der Landesnervenklinik Wagner Jauregg zu wenden umgesetzt (eine Ambulanzkarte mit regelmäßigen, annähernd monatlichen Einträgen seit damals wird vorgelegt). In der Landesnervenklinik Wagner Jauregg wurden Ethylglucuronidwerte festgestellt, die zunächst nahe legten, dass Herr K. wieder Alkohol getrunken hat, obwohl die CD-Tect-Werte unauffällig waren.

Wie oben ausgeführt, hat Frau Dr. N. nachweisen können, dass die erhöhten EtG-Werte auf eine Kreuzreaktion mit dem Desinfektionsmittel Isopropanol zurückzuführen waren. Mit diesem Desinfektionsmittel war der Patient an seinem damaligen Arbeitsplatz konfrontiert und hat entsprechend große Mengen inhaliert.

Somit sind die Angaben des Patienten über seine über 1 Jahr eingehaltene durchgehende Alkoholabstinenz glaubhaft.

 

Ich befürworte daher die weitere Erteilung der Lenkerberechtigung der Gruppe

1 und 2 (A, B, C und E):

Folgende Auflagen sind einzuhalten:

1. Durchgehende weitere Alkoholabstinenz

2. Unauffällige weitere CDT-Werte

3. Meidung der Exposition gegenüber alkoholhaltigen, insbesondere isopropanolhältigen Desinfektionsmittel am Arbeitsplatz.

4. Dementsprechend unauffällige EtG-Werte bei eventuellen neuerlichen Bestimmungen in der Landesnervenklinik Wagner Jauregg wären zu erwarten.

5. Vorerst Fortsetzung der Betreuung über die Ambulanz der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen in der Landesnervenklinik Wagner Jauregg,

6. Sollten die CDT-Werte wieder signifikant ansteigen, wäre die Lenkerberechtigung neuerlich in Gefahr.

 

Mit kollegialen Grüßen

 

Dr. R. L.“

 

 

 

IV.2. Das amtsärztliche Gutachten Dr. B. D. vom 12.12.2014:

 

Herr K. hat angegeben sicher keinen Alkohol zu trinken. Trotzdem waren die EtG-Werte immer zu hoch. Er hat daher eine Fachärztin konsultiert, die dann herausfand, dass Herr K. an seinem Arbeitsplatz Alkohol inhaliert (Desinfektionsspray). Dies kann somit als Ursache für die schlechten Werte angesehen werden und die angegebene Abstinenz ist glaubhaft. Herr K. hat seinen Arbeitsplatz gewechselt

Die psychiatrische Stellungnahme war daher dann positiv, allerdings unter der Voraussetzung weiterer Abstinenz und zukünftig unauffälliger Laborwerte. Er muss die Exposition gegenüber alkoholhaltigen Desinfektionsmitteln  meiden. Es wurde auch für nötig erachtet, dass Herr Kern die Betreuung in der Nervenklinik Wagner-Jauregg weiterführt.

Herr K. ist alkoholabhängig.

Bei Alkoholabhängigkeit muss lebenslang absolute Alkoholabstinenz gehalten werden, da bei jedem Alkoholkonsum die Gefahr eines Kontrollverlustes besteht. Bei einem Kontrollverlust kann der Betroffene sein Konsumverhalten nicht mehr steuern, das Risiko einer neuerlichen Fahrt in alkoholisiertem Zustand ist dann als extrem hoch einzuschätzen. Strenge Kontrollmaßnahmen sind daher erforderlich. Unter dem Einfluss von Alkohol sind sowohl die kraftfahrspezifischen Leistungen als auch die Bereitschaft zu verkehrsangepasstem Verhalten deutlich eingeschränkt, sodass alkoholbeeinträchtigte Lenker ein großes Risiko im Verkehr darstellen. Aufgrund dessen ist es erforderlich, dass kein Kfz in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt wird. Es sollte ihm aufgetragen werden absolut Alkoholabstinenz einzuhalten, und auf Abruf Laborbefunde (MCV, GOT, GPT, GGT, CD-Transferrin bzw. EtG) sowie jährlich eine Bestätigung (über die Weiterbetreuung in der Ambulanz der Nervenklinik Wagner-Jauregg vorzulegen. Bei Auffälligkeiten wäre sofort eine Kontrolluntersuchung zu veranlassen. Sollten die Befunde in Ordnung sein, wäre eine amtsärztliche Kontrolluntersuchung in zwei Jahren erforderlich.

Dann wird auch ev. wieder eine psychiatrische Beurteilung erfolgen müssen.

 

 

 

 

V. Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2011 wegen einer hochgradigen Alkofahrt auffällig. Er gibt als Grund dieser Alkofahrt einen damals falsch eingeschätzten Restalkohol an, wobei er zu diesem Zeitpunkt auch etwas kränklich gewesen wäre und sich daher auch nicht wohl gefühlt habe.

Diese Alkofahrt war letztlich Anlass für die bis dato fortwährende Einschränkung seiner Lenkberechtigung(en).

Er beteuert seine im Grunde gänzliche Alkoholabstinenz und wies gleichzeitig auf die für ihn damals unerklärlich gewesenen erhöhten Werte hin. Aus diesem Grunde wäre immer wieder die Lenkberechtigung eingeschränkt worden, was aufgrund verfahrensspezifischer Abläufe (konkret Hinweis auf die Begutachtungsdauer seitens der Amtsärztin) zwischenzeitlich sogar zu einem Verlust der Lenkberechtigung in der Dauer von drei Monaten geführt habe. Da ihm das Ganze letztlich selbst unerklärlich gewesen ist, nämlich trotz Abstinenz immer mit erhöhten Werten konfrontiert zu sein, habe er schließlich Frau Dr. N. aufgesucht, um der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei sei heraus gekommen, dass offenbar seine berufsbedingte Einatmung eines entsprechenden Lösungsmittels zu diesen erhöhten Werten führen würde bzw. geführt hätte.

Der Beschwerdeführer legt diesbezüglich einen aktuellen und normwertigen Befund betreffend den EtG-Wert vom 13.2.2015 vor.

Abschließend vermeinte der Beschwerdeführer mit der Abstinenz keinerlei Probleme zu haben und nie alkoholabhängig gewesen zu sein.

 

 

V.1. Beweiswürdigung:

 

Die Darstellung des Beschwerdeführers findet sowohl in der fachlichen Stellungnahme der Internistin als auch in der Stellungnahme des Zentrums für ärztliche Psychotherapie des Dr. L. ihre inhaltliche Deckung. Aus letzterer geht etwa hervor, dass die vom Beschwerdeführer angegebene Alkoholabstinenz seit einem Jahr glaubwürdig ist. Auch die Fachärztin für Innere Medizin vertritt die Auffassung, dass beim Beschwerdeführer von einer Alkoholabhängigkeit nicht ausgegangen werden könne. Dies wurde seitens der Fachärztin über Anfrage des Landesverwaltungsgerichtes am 12.2.2015 unmittelbar bestätigt, wobei die Ursache der wiederholt erhöhten EtG-Werte, in der Stellungnahme eines forensischen Labors aus Deutschland vom 4.11.2014 dahingehend als gesichert erachtet worden sind, dass nicht der Konsum von Ethanol (Alkoholkonsum) sondern lediglich durch das Einatmen entsprechender Dämpfe im Rahmen der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Lebensmittelindustrie herrührten.

Darauf nimmt die Amtsärztin aus unerfindlichen Gründen keinen wie immer gearteten Bezug. Als bemerkenswert gilt es hervorzuheben, dass die Fachärztin, wie diese gegenüber dem Landesverwaltungsgericht am 12.2.2015 mitteilte, darüber die Amtsärztin informiert hätte und diese sich über diesen Befund „nicht erfreut gezeigt hätte“. Offenbar bestand seitens der Amtsärztin keine Bereitschaft die Ursache dieser erhöhten Werte zu hinterfragen, sondern diese der Regel folgend ausschließlich auf Alkoholkonsum zurückzuführen.

Die geradezu apodiktisch, d.h. keinen Widerspruch duldend, anmutende Feststellung im aä. Gutachten vom 12.12.2014, „Herr K. ist alkoholabhängig“ steht mangels entsprechender Exploration der Inhalte der Fachgutachten und nicht zuletzt, auch mit den plausibel  scheinenden Angaben des Beschwerdeführers in Widerspruch. Dieser hätte im Fall alkoholbedingter erhöhter Werte sich wohl kaum der Kosten und Mühen unterzogen einen  Grund hierfür zu suchen.

Vor diesem Hintergrund ist es demnach auch nicht nachvollziehbar, dem Beschwerdeführer nach nunmehr vier Jahren nach einer aus unglücklichen Umständen unterlaufenen Alkofahrt, dessen Lenkberechtigung unter der Annahme einer Alkoholabhängigkeit weiterhin mit Abstinenznachweisen zu belasten und dessen Lenkberechtigung zu befristen, wenn andererseits weder eine Alkoholabhängigkeit oder Krankheit nachvollziehbar erhoben wurde und darüber hinaus durch mehrere einschlägige Expertisen die Ursache der erhöhten Werte evident scheint.

Inwieweit, zwei bereits Jahrzehnte (1985 u. 1991) zurückliegende Alkofahrten in das amtsärztliche Kalkül einer bestehenden Alkoholabhängigkeit informell eingeflossen sind, lässt sich weder aus der Aktenlage noch aus dem amtsärztlichen Gutachten erschließen. Diese auf Grund des langen Zurückliegens einer rechtlichen Beurteilbarkeit schon aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes entzogenen Umstände wurde offenbar vom Beschwerdeführer selbst im Zuge seiner in Anspruch genommenen Psychotherapie (Dr. L.) am 20.11.2014 erwähnt. Dessen Stellungnahme ist mit dem Hinweis „VERTRAULICH“ der für die Behörde tätigen Amtsärztin per FAX am 22.11.2014 übermittelt worden.

Wenn in dieser Stellungnahme (Seite 4 unten) einerseits die Abstinenz seit einem Jahr als glaubhaft dargestellt, andererseits jedoch weiterhin Abstinenz empfohlen wird, bleibt wohl auch dieser Gutachter die Notwendigkeit dafür schuldig und scheint, wie auch die Amtsärztin auf Grund der Jahrzehnte zurückliegenden Ereignisse von einer Alkoholabhängigkeit auszugehen, die jedoch auch von diesem Experten unbegründet bleibt, obwohl er andererseits als Ursache der erhöhten EtG-Werte in der berufsbedingten Exposition von Lösungsmitteldämpfen bejaht.

 

Die amtsärztliche Vermutung widerlegt der Beschwerdeführer mit  der schlüssig zu erachtenden fachärztlichen Stellungnahme von Dr. N., die sich ihrerseits auf eine im Auftrag des Beschwerdeführers eingeholte Expertise des Institutes „B. für medizinische Diagnostik GmbH“, in D-…. I. vom 4.11.2014 stützt.

 

Ein diesbezüglich mit Frau Dr. N. am 12.2.2015 im Rahmen eines Telefonates geführte und in einem Aktenvermerk dem Tenor nach festgehaltene Gespräch erklärte diese sinngemäß, die Angelegenheit betreffend Herrn K. noch gut evident zu haben, zumal sie wegen der unerklärlichen EtG-Werte sogar ein deutsches kriminaltechnisches Labor befasst gehabt zu haben.

Sie habe hinsichtlich der von ihr erhobenen Fakten betreffend die beim Beschwerdeführer Kern aufgetretenen erhöhten EtG-Werte mit der Amtsärztin sogar Kontakt aufgenommen und ihr den Befund bzw. die Ursache für diese Werte erklärt. Darüber habe sich  die Amtsärztin – so Dr. N. - nicht erfreut gezeigt. Diese Reaktion der Amtsärztin scheint zumindest bedenklich, wenn dieses fachärztliche Kalkül offenbar nicht dem Konzept der Amtsärztin zu entsprechen schien. 

Aus fachärztlicher Sicht wurde letztlich von Frau Dr. N. kein Grund gesehen den Herrn K. weiterhin zu überwachen oder dessen Lenkberechtigung einzuschränken.

Dieser wurde seit dessen letzter Alkofahrt bereits längere Zeit überwacht, hat unter Bewachung bzw. Beobachtung Harnproben abgegeben, welche negativ verlaufen waren.

Die Fehlwerte wären eindeutig auf die berufliche Disposition bzw. den Umgang mit den in der o.a. Stellungnahme genannten Substanzen zurückzuführen (ON 6).

 

Darauf ging die Amtsärztin mit keinem Wort ein, wobei es seitens der Behörde offenbar auch nicht als geboten erachtet wurde diese sich aus der Aktenlage klar ergebenden Widersprüche im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung aufzuklären und dem Hinweis des Landesverwaltungsgerichtes zu folgen, die Amtsärztin zur Verhandlung stellig zu machen.

 

Wenn letztlich dennoch die belangte Behörde bzw. die für sie tätige Amtsärztin dem Beschwerdeführer als alkoholabhängig und demnach im Grunde der fortwährenden Überwachung bzw. Beschränkung seiner Lenkberechtigung unterwerfen will,  steht dies nicht nur in diametralen Widerspruch zu einer vom Beschwerdeführer beigebrachten fachärztlichen Stellungnahme, sondern würde dies gleichsam eine amtsärztliche Meinung weitgehend jeglicher Nachprüfbarkeit entziehen und, wenn die Behörde sich im Rahmen des Beschwerdeführers nicht geneigt zeigte sich auf die durchaus substanzvoll vorgetragenen Beschwerdeausführungen kontradiktorisch einzulassen, reduzierte dies die gerichtsförmige Nachprüfung einer Behördenentscheidung zu einem bloß hülsenhaften Formalakt.

Die Behörde begnügte sich in der Begründung des beschwerdegegenständlichen Bescheides mit dem lapidaren Hinweis das amtsärztliche Gutachten als schlüssig anzusehen. Sohin stellt sich durchaus die berechtigte Frage, welche nicht zuletzt auch in der Beschwerde aufgegriffen wurde, welchen Zweck fachärztliche Stellungnahmen im Rahmen eines so genannten Führerscheinverfahrens zugedacht werden sollte, wenn diese ohne auch nur ansatzweise darauf einzugehen, von der Amtsärztin unbeachtet und gleichsam hinweg gewürdigt werden.

Es finden sich auch keine wie immer gearteten nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür, in welcher Weise die Amtsärztin etwa im Sinne der ICD-10 Kriterien zu determinierenden Diagnose erstellt hätte.

Vielmehr scheint die Behörde bzw. die für sie tätige Amtsärztin ausschließlich auf die über drei Jahrzehnte verteilten Alkofahrten gestützt zu haben, unbeachtlich jedoch die wissenschaftlich untermauert scheinenden Fachmeinungen die Ursache der erhöhten Werte in einer berufsbedingt durch das Einatmen alkoholhaltiger Dämpfe begründet seien. Die fortzuschreibende Einschränkung der Lenkberechtigung erweist sich vor diesem Hintergrund als sachlich nicht gerechtfertigt.

Wenn bei der hier vorliegenden Ausgangslage behördlicherseits die Auffassung vertreten erscheint, nach zwei Jahren im Zuge einer Kontrolluntersuchung wieder ein psychiatrisches Gutachten als erforderlich zu erachten, liefe dies auf eine dem Gutachtenstourismus huldigende Erkundungsneigung hinaus, welche im Grunde auf viele Inhaber einer Lenkberechtigung zutreffen könnten, die jedoch in aller Regel einem amtsärztlichen Kontrollregime nicht zufallen.

Dem Beschwerdeführer kann sachlich beurteilt letztlich nicht mehr zugemutet werden ihn abermals amtsärztlich untersuchen zu lassen, um auch noch formal durch einen Amtsarzt zu einer bereits fachärztlich gesichert positiv zu beurteilenden gesundheitlichen Eignung zu gelangen.

 

 

VI. Rechtlich hat Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2). Personen, die nach dem ärztlichen Gutachten „beschränkt geeignet“ sind, darf nur eine eingeschränkte Lenkberechtigung erteilt werden, die ausschließlich zum Lenken eines oder mehrerer, auf Grund der Beobachtungsfahrt bestimmter Ausgleichkraftfahrzeuge berechtigt (§ 9 Abs. 5). Die aufgrund des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befristungen, Beschränkungen oder Auflagen sind dem Antragsteller von der Behörde zur Kenntnis zu bringen.

 

§ 14 Abs. 1 und 5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV lautet:

 

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel

 

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

...

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen."

 

 

VI.1. Das amtsärztliche Gutachten vom 12.12.2014, auf das sich der angefochtene Bescheid stützt, enthält keine nachvollziehbaren Feststellungen in der Richtung, dass der Beschwerdeführer alkoholabhängig im Sinne des § 14 Abs.1 erster Satz FSG-GV wäre. Es steht einerseits im Gegensatz zu fachärztlicher Sicht der Laborwerte, sodass sich aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Einschränkung der Lenkberechtigung als nicht darstellbar erweist. Auch § 14 Abs.5 FSG-GV bietet keine Grundlage für die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befristung.

 

VI.2. Das Landesverwaltungsgericht hatte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens im Sinne der nach § 14 Abs.5 FSG-GV für die Auferlegung der genannten Bedingung heranziehende Fakten zu überprüfen, wobei keine nachvollziehbaren Umstände betreffend eine in der Vergangenheit gelegene Alkoholabhängigkeit des Beschwerdeführers oder einen gehäuften Alkoholmissbrauch erwiesen werden konnten. Die amtsärztlichen Annahmen entbehren der Nachvollzieh-barkeit und stehen im klaren Widerspruch zu der auf höherer Fachkompetenz zu qualifizierenden fachärztlichen Auffassung über die Gründe der erhöhten einschlägigen Laborparameter. Von einer Alkoholabhängigkeit oder einem gehäuften Missbrauch kann bei einer Alkofahrt vor vier Jahren und zwei vom Beschwerdeführer eingestandenen Alkofahrten vor zwei bzw. drei Jahrzehnten nicht wirklich die Rede sein. Das zurückliegende Alkoholereignis lässt diesen Schluss lt. Fachärztin offenbar nicht zu (zur Schlüssigkeit eines aä. GA vgl insb. VwGH 2009/11/0017, v. 29.3.2011).

Für die Rechtmäßigkeit betreffend die Vorschreibung von Auflagen setzt gemäß
§ 14 Abs.5 FSG-GV 1997 schlüssige Feststellungen über die Abhängigkeit des Beschwerdeführers von Suchtmitteln bzw. einen gehäuften Missbrauch derselben voraus (VwGH 22.2.2007, 2004/11/0096 mit Hinweis auf VwGH 27.2. 2004, 2003/11/0209).

 

 

VI.3. Daher war dem Beschwerdeführer in dessen  Ausführungen zu folgen, nämlich mangels eines hinreichend konkreten Tatsachensubstrates für die begründete Annahme einer Alkoholabhängigkeit, als Grundlage eine weiter aufrecht zu erhaltende Einschränkung und Befristung seiner Lenk-berechtigung[en] (vgl. VwGH 24.4.2012, 2008/11/0066, 27.6.2000, 2000/11/0057).

 

 

VII. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil gesicherte Rechtsprechung fehlt (vgl. jüngst VwGH Ra 2014/03/0040, v. 17.12.2014)

Insbesondere findet sich – soweit dies überblickbar ist – keine Aussage der Judikatur darüber, inwieweit ein amtsärztliches Gutachten im Rahmen der Tatsachenkognition und Beweiswürdigung unbeachtet bleiben oder diesem nur mit einem weiteren amtsärztlichen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten werden müsste, womit sich wohl die Verfahrensdauer verlängern und ein sprichwörtlicher Gutachtenstourismus die Folge sein könnte. Die freie Gutachterwahl ist, durch das Faktum der Bindung an die örtliche Zuständigkeit und damit in der Praxis  in aller Regel nur ein Amtsarzt, allenfalls noch an einen für die Oberbehörde tätigen Amtsarzt in Betracht kommt, de facto nicht gegeben, sodass letztlich im Grunde dem Amtsarzt/der Amtsärztin eine Monopolstellung zukommt, der -  wie hier -  nicht auf gleicher  formaler fachlicher Ebene entgegen getreten werden könnte, insbesondere wie es hier zutrifft, die Behörde auf die Mitwirkung am verwaltungsgerichtlichen Verfahren offenbar nicht einlassen konnte oder wollte. Vor diesem Hintergrund musste das sich ob des Widerspruches zu fahrärztlichen Einschätzung einer Alkoholabhängigkeit das als unschlüssig erweisende amtsärztliche Gutachten unbeachtet bleiben.

Demnach war diese Sachentscheidung gleichsam ohne einer formalen amtsärztlichen Bestätigung der uneingeschränkten gesundheitlichen Eignung zu treffen gewesen. In diesem Kontext scheint keine durch die Judikatur gesicherte Rechtsprechung vorzuliegen.

 

Vor diesem Hintergrund scheint dieser Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zuzukommen (Fischer. Pabel. Raschauer, Handbuch Verwaltungsgerichtsbarkeit, Kapitel 12 Rz 7).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. B l e i e r