LVwG-300166/4/GS/PP

Linz, 09.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn V.L.V., geb. x, vertreten durch Dr. jur. T.E.H., Rechtsanwalt, x, x, D., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 28. Oktober 2013, GZ: SV96-55-2013, wegen Übertretung des Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG)

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben, als

a)  im zweiten Absatz des Spruches festgestellt wird: Bei einem Bruttomonatslohn von 450 Euro pro genanntem Arbeit­nehmer erhielten sowohl Herr L. als auch Herr K. bei einer täglichen Arbeitszeit von jeweils 7,5 Stunden für 24 Tage Arbeit einen Grundlohn von jeweils 360 Euro brutto vom Arbeitgeber. Die Unterentlohnung beträgt daher pro Arbeitnehmer 1.042,20 Euro (Unterentlohnung in %: 74,33 %); die Gesamtdifferenz zwischen zustehendem Lohn und ausbezahltem Lohn beträgt folglich 2.084,40 Euro;

b)  die verhängte Geldstrafe wird auf 6.000 Euro für jeden Arbeit­nehmer, insgesamt daher auf 12.000 Euro, und die Ersatz­freiheitsstrafe auf 220 Stunden für jeden Arbeitnehmer, ins­gesamt daher auf 440 Stunden, herabgesetzt.

 

 

II.      Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 2 x 600 Euro, insgesamt daher
1.200 Euro. Gemäß § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28. Oktober 2013,
GZ: SV96-55-2013, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 7.000 Euro bzw. für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatz­freiheitsstrafe von 2 x 235 Stunden verhängt. Ferner wurde der Beschwerde­führer (Bf) zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafver­fahrens in Höhe von 2 x 700 Euro verpflichtet.

 

Ihm wurde ein Verstoß gegen § 7i Abs. 3 iVm § 7b Abs. 1 Z 1 AVRAG vorgewor­fen:

 

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C.F. GmbH mit Sitz in D., x, D., und somit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zu verantworten, dass von der genannten Gesellschaft als Arbeitgeber die d. StAen. L.S., geb. x, und K.A., geb. x, in der Zeit vom 21.2.2012 bis zur Kontrolle am 15.3.2012 mit der Betreuung der Sanitäranlagen (Toiletten, Duschen) in der x-Tanksteile in  H., x, gegen einen Lohn von 4,50 Euro brutto/Stunde bzw. 450 Euro brut­to/Monat beschäftigt wurden, ohne dass den Arbeitnehmern für den Zeitraum deren Entsen­dung nach Österreich zumindest der nach dem Kollektivvertrag für das Jahr 2012 für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger der Lohngruppe 4 zustehende Grundlohn für Reinigungskräfte von 7,79 Euro brutto/Stunde geleistet worden ist, obwohl ein Arbeitnehmer, der von einem Ar­beitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäi­schen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf zumindest jenes gesetzliche, durch Ver­ordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt hat, das am Arbeitsort vergleichbaren Ar­beitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt und hat die Gesellschaft somit gegen die Lohnvorschriften des AVRAG verstoßen.

 

Laut den Berechnungen des Kompetenzzentrum LSDB ergibt sich bei einem Bruttomonatslohn von 450 Euro, dass Herr L. für 30 Tage Arbeit, bei einer täglichen Arbeitszeit von 12,25 Stunden (=367,5 Stunden), einen Brutto­stundenlohn von 1,22 Euro (450:367,5=1,22) und Herr K. bei einer täglichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden (=225 Stunden), einen Bruttostundenlohn von
2 Euro (450:225=2,00) erhielten.

Die Gesamtdifferenz an nicht ausbezahltem Lohn beträgt daher für Herrn L. 2.414,48 Euro brutto/Monat und für Herrn K. 1.302,75 brutto/Monat.“

 

I. 2. Dagegen richtet sich die Berufung (nunmehr Beschwerde) vom
19. November 2013, mit Beschwerdeausführung vom 13. Jänner 2014. Darin werden folgende Beschwerdegründe vorgebracht:

1.   Zweifel an der Verfolgbarkeit

2.   mangelnde Konkretisierung des Vorwurfs

3.   Zweifel an der Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für chemische Gewerbe und Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger

4.   unrichtige Berechnung der Unterentlohnung

 

Zu 1. (Zweifel an der Verfolgbarkeit) wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Strafanzeige der W. GKK vom 12. August 2013 Ausführungen zur Verjäh­rungsfrist gemäß § 7i V AVRAG zu entnehmen seien. Danach sehe die Bestim­mung abweichend von § 31 II VStG eine Verjährungsfrist für Verwaltungs­übertretungen gemäß Abs. 3 der Bestim­mung von einem Jahr vor. Die Frist sei von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört habe. Dabei beginne das strafbare Ver­­halten im Zusammenhang mit einer Unterentlohnung mit dem Herbeiführen des rechtswidrigen Zustandes, also der Nichtleistung oder der ausreichend hohen Leistung des Grundlohnes und ende erst mit der tatsächlichen Leistung des zustehenden Grundlohns. Der rechtswidrige Zustand bleibe also bis zum Zeit­punkt der ordnungsgemäßen Erfüllung des Lohnanspruches bestehen. Solange die Zahlung des korrekten Grundlohnes für jenen Zeitraum, welcher der Anzeige zugrunde liege, nicht erfolgt sei, höre das strafbare Verhalten nicht auf. Die Verjährungsfristen würden daher nicht zu laufen beginnen. An dieser Rechtsauf­fassung wären Bedenken anzumelden. Im vorliegenden Fall habe die dem Ver­fahren zugrunde liegende Kontrolle am 15. März 2012 stattgefunden. Das vorgeworfene Verhalten reiche bis zum 21. Februar 2012 zurück. Erst achtzehn Monate später, nämlich mit Schreiben vom 12. August 2013, wäre seitens der W. GKK Strafanzeige bei der Bezirkshauptmannschaft gestellt und von dort die Auf­forderung zur Recht­fertigung mit Schreiben vom 23. August 2013 versandt worden. Die Tatsache, dass die Verjährungsfrist für den Vorwurf des Lohndumpings auf ein Jahr herabgesetzt worden wäre, belege den gesetzgebe­rischen Willen, eine rasche Ahndung dieser Übertretung sicherzustellen. Zugleich drücke insbesondere im regulatorischen Verwaltungsstrafverfahren die Reduzie­rung einer Verjährungsfrist die Überzeugung aus, dass die Ahndung der entsprechenden Übertretung nur innerhalb kurzer Fristen sinnvoll erscheine. Die vertretene Rechtsauffassung führe im Fall einer nicht erfolgenden Nachzahlung angeblich geschuldeter Lohnbestandteile zu einer faktischen Unverjährbarkeit der Übertretung. Dieses Ergebnis widerspreche jedoch dem gesetzgeberischen Ziel einer Verkürzung der Verjährungsfrist und im Übrigen der ratio legis der Verjährungsvorschriften, wonach die Strafverfolgung nur innerhalb bestimmter zeitlicher Grenzen legitim und erfolgversprechend sei. Die Verjährungsfrist für ein Dauerdelikt könne nicht dadurch in ihrem Lauf gehindert werden, dass innerhalb eines einmal begonnenen Verwaltungsstrafverfahrens über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr keine Verfolgungstätigkeit stattfindet. Es sei richtigerweise davon auszugehen, dass auch bei einem Dauerdelikt der Unterentlohnung der Lauf der Verjährungsfrist von einem Jahr jedenfalls dann beginne, wenn behördlicherseits die belastenden Umstände, z.B. anlässlich einer Kontrolle, bekanntgegeben werden würden. Da nach dem Beginn der Ermittlungen deutlich mehr als zwölf Monate vergangen wären, ohne dass das Verfahren gefördert worden wäre, habe der Lauf der einjährigen Verjährungsfrist im vorliegenden Fall mit der Ermittlungsmaßnahme (Kontrolle vom 15. März 2012) begonnen. Die Verjäh­rungs­frist sei daher am 15. März 2013 abgelaufen, sodass für den Erlass des Straferkenntnisses ein Verfolgungshindernis bestehe.

 

Zu 2. (mangelnde Konkretisierung des Vorwurfs) wird begründend ausgeführt, dass dem Mandanten explizit zur Last gelegt werde, den geschuldeten Grundlohn in der Zeit vom 21. Februar 2012 bis 15. März 2012 nicht vollständig entrichtet zu haben. Bei der konkreten Berechnung der vorgeworfenen Unterentlohnung würde jedoch sodann von der Lohnsumme für dreißig Tage Arbeit und der entspre­chenden Arbeitszeit ausgegangen werden. So werde auch die Behauptung auf­gestellt, die Gesamtdifferenz an nicht ausbezahltem Lohn betrage für Herrn L. 2.414,48 Euro brutto/Monat und für Herrn K. 1.302,75 Euro brutto/Monat. Auch bei der Berechnung der festgesetzten Geldstrafe wird von einer Monatsstundenzahl von 2 x 235 Stunden ausgegangen. Es erscheine aber nicht rechtmäßig, einerseits einen Zeitraum von drei Wochen der Unterentlohnung zur Last zu legen, jedoch bei der Lohnberechnung und der Strafberechnung von einem dreißigtägigen Zeitraum auszugehen. Abgesehen davon sei aus dem Straferkenntnis nicht ersichtlich, wie die Bezirkshauptmannschaft bei der Geld­strafenberechnung zu dem Ansatz „2 x 235 Stunden“ gelange. Ebenfalls nicht klar wäre, wie die für Herrn L. zugrunde gelegte Arbeitsstundenzahl von monatlich 367,5 Stunden ermittelt worden wäre. Ausweislich der Ermittlungsakte habe Herr L. selbst nicht angegeben, täglich 12,25 Stunden zu arbeiten. Die W. GKK gehe auch für Herrn L. davon aus, dass sein Arbeitsvertrag eine tägliche Arbeitszeit von 3,5 Stunden vorsehe, da angenom­men werde, dass der Vertrag den in anderen Kontrollfällen vorgefundenen Arbeitsverträgen der Firma C.F. GmbH entspreche. Offenbar sei die W. GKK bei der Ermittlung der Löhne davon ausgegangen, dass einer der angetroffenen Mitarbeiter die Nachtschicht und der andere die Tagschicht betreut habe. Sodann habe man die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Einteilung von Nacht- und Tagschicht zur Ermittlung der Arbeitsstunden herangezogen. Dabei gehe man bei der Nachtschicht von einem Zeitraum von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr und bei der Tagschicht von einer Einsatzzeit von 07.00 Uhr bis 20.00 Uhr aus. Dieses Berechnungsmodell möge der Behörde zur Vereinfachung dienen, ändere jedoch nichts daran, dass die Herrn L. unterstellten Arbeits­stunden von diesem tatsächlich nicht erbracht worden wären. Es erscheine auch fragwürdig, einerseits die Einteilung von Tag- und Nachtschicht aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag zu entnehmen, andererseits jedoch die dort genannten Arbeitszeiten nicht als maßgeblich zu erachten. Tatsächlich aber sei in den Arbeitsverträgen eine Arbeitszeit von täglich 3,5 Stunden in der Tagschicht und von zwei Stunden in der Nachtschicht ausgewiesen. Soweit die W. GKK herausstelle, dass die Angaben der Mitarbeiter mit den schriftlich vereinbarten Arbeitszeiten nicht übereinstimmen würden, sei ergänzend hinzuzufügen, dass auch die von der Behörde nun behauptete Arbeitszeit weder mit der einen noch der anderen Erkenntnisquelle in Einklang zu bringen sei. Sowohl die vertraglichen Arbeitszeiten würden durch die Berechnung der Behörde um ein Vielfaches erhöht als auch die Angaben der Mitarbeiter selbst. Alles in Allem erschienen die Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung der angeblichen Unterentlohnung derart widersprüchlich und unbewiesen, dass ein Straferkenntnis hierauf nicht gestützt werden könne. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die beiden betroffenen Arbeitnehmer L. und K. seitens der Ermittlungs­behörde nicht vernommen worden wären. Es lägen also keine eigenen Angaben der Mitarbeiter als Beweismittel für den geäußerten Verdacht vor.

 

Zu 3. (Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für chemische Gewerbe und Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger) wird ausgeführt, dass aus dem Regelungszusammenhang des genannten Kollektivvertrages sich zunächst eine fachliche Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für alle der Bundesinnung dieser Branche angehörige Mitgliedsbetriebe ergebe. Frage man nach den Zugangs­voraussetzungen für die Innungen, werde deutlich, dass im Tarifvertrag lediglich die handwerkliche Gebäudereinigung fachlich abgedeckt werde. Dies ergebe sich insbesondere aus der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das Handwerk der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung vom 28. Jänner 2003. Danach sei die fachliche Qualifikation zum Antritt des Handwerkes der Denkmal-, Fassaden- und Gebäude­reinigung als erfüllt anzusehen, wenn ein Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung oder aber ein Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss einer Studienrichtung oder eines Fachhochschulstudienganges sowie eine mindestens einjährige fachliche Tätigkeit nachgewiesen werden würden. Eine weitere Möglichkeit bestehe darin, Zeugnisse über den erfolgreichen Besuch einer berufsbildenden höheren Schule mit einschlägiger Ausbildung im Bereich Bautechnik/Chemie etc. vorzulegen und eine mindestens eineinhalbjährige fachliche Tätigkeit nachzuweisen. Weitere Möglichkeiten des Qualifikationsnach­weises würden in der Verordnung festgelegt werden; sie alle würden aber bestä­tigen, dass die Qualifikation an eine relativ intensive fachliche Ausbildung und praktische Erfahrung geknüpft werde. Hieraus folge, dass mit dem Kollektivver­trag lediglich handwerklich ausgeübte Gebäudereinigung fachlich erfasst werden solle, während nicht handwerklich betriebene Gebäudereinigung nicht unter die Tarifzuständigkeit der Bundesinnung dieser Branche falle. Aus diesem Grund werde die nicht handwerklich ausgeübte Reinigungstätigkeit im vorliegenden Fall auch nicht von den kollektivvertraglichen Grundlohnbestimmungen erfasst, sodass eine Unterentlohnung nicht festgestellt werden könne. Von einer hand­werklichen Gebäudereinigung könne nur dann ausgegangen werden, wenn Reinigungstätigkeiten ein Mindestmaß an besonderen tätigkeitsbezogenen Fachkenntnissen des Gebäudereiniger-Handwerkes mit einem gewissen Schwie­rig­keitsgrad voraussetzen würden. Gerade dies könne aber im vorliegenden Fall nicht bestätigt werden. Diesbezüglich wurde eine bundesdeutsche Fachdiskussion angeführt. Die nicht handwerkliche Tätigkeit kennzeichne die Dienstleistungen der Reinigungskräfte im vorliegenden Fall. Die Reinigungstätigkeiten der beiden genannten Mitarbeiter unterstünden nach all dem nicht dem Kollektivvertrag.

 

Zu 4. (unrichtige Berechnung der Unterentlohnung) wird vorgebracht, dass der in Ansatz gebrachte Grundlohn nicht korrekt sei. Abgesehen davon, sei aber auch der in Ansatz gebrachte Arbeitszeitrahmen von acht bzw. dreizehn Stunden abzüglich der jeweiligen Mindestpausenzeiten nicht gerechtfertigt. Denn tatsäch­lich hätten die Reinigungskräfte sehr viel mehr Pausen und arbeitsfreie Zeiten, als dies behördlicherseits angenommen werde. Einzelheiten hierzu wären dem Arbeitsvertrag zu entnehmen. Darin wären in der Tagschicht lediglich zwei Grundreinigungen von jeweils dreißig Minuten Dauer zu Beginn und zum Ende der Tagschicht vorgesehen, während in der Zwischenzeit lediglich in regelmäßigen Abständen Desinfektionsarbeiten vorgesehen wären. In der Nacht­schicht sei lediglich eine Grundreinigung vorgesehen; daneben einige Desinfek­tionsarbeiten. Insgesamt sei die reine Arbeitszeit jedoch in der Tagschicht auf 3,5 Stunden begrenzt und in der Nachtschicht auf zwei Stunden. Die Zeit dazwischen werde arbeitsvertraglich als Ruhepausen klassifiziert. Fakt sei, dass während der Anwesenheitszeit der Mitarbeiter weit überwiegend keine körperliche Arbeit verrichtet werden müsse. Es sei in Ermangelung einer ordnungsgemäßen Ver­nehmung der angetroffenen Mitarbeiter unklar, welche Qualität die von den Mitarbeitern formularmäßig als Arbeitszeit gekennzeichnete Anwesenheitszeit hätte. Handle es sich um Vollarbeit, um Arbeitsbereitschaft, um Bereitschafts­dienst oder um volle Pausen? Dies sei im Rahmen der Ermittlungen nicht hin­reichend aufgeklärt worden. Tatsächlich könnten die Mitarbeiter ihre Arbeit sehr frei gestalten, da sie vor Ort lediglich gehalten wären, eine dauerhafte Sauber­keit der Anlagen sicherzustellen. Wie sie jedoch ihre Arbeitszeit konkret verteilen würden, werde in der Praxis durch die Firma C.F. GmbH nicht kontrolliert. Die Mitarbeiter könnten faktisch zwischen den konkret vorgesehenen Grundrei­nigungen machen was und wann sie es wollen. Wenn die Mitarbeiter tatsächlich auch außerhalb der konkreten Arbeitszeiten vor Ort anwesend gewesen wären, dann habe dies allein damit zu tun, dass sie daran interessiert seien, zu ihrem eigenen Vorteil das Trinkgeldaufkommen zu erhöhen. Daher würden sich die Toilettenreiniger außerhalb ihrer Arbeitszeit oftmals dennoch vor Ort aufhalten, um durch diskrete Interaktion mit den Toilettenbenützern ein höheres Trinkgeld­aufkommen zu bewirken. Da die Mitarbeiter die Trinkgelder in bestimmten Zeiten behalten dürften, würden sie sich gerade in diesen Zeiten verstärkt in den Anlagen aufhalten. Dies sei jedoch nicht als Arbeitszeit zu betrachten. Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich bei den Zeiten, in denen das Reinigungs­personal nicht seiner Reinigungstätigkeit nachgehen müsse, nicht um Pausen handle, so stelle dies dennoch keine Arbeitszeit dar. Es handle sich dann nur um Anwesenheitszeit, die nicht einmal als Arbeitsbereitschaft oder Bereit­schafts­dienst zu qualifizieren wäre. Arbeitsbereitschaft sei nach diesseitiger Auffassung eine Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung (Erfurter Kommentar - Wank, zur bundesdeutschen Rechtslage nach dem ArbZG § 2
Rn 21). Der Arbeitnehmer befinde sich dabei körperlich am Arbeitsplatz, er bringe jedoch außer seiner Aufmerksamkeit keine Arbeitsleistung. Es erscheine aber auch nicht gerechtfertigt, diese Zeit als Bereitschaftsdienst zu behandeln. Bereitschaftsdienst sei eine Zeitspanne, während derer sich der Arbeitnehmer, ohne dass er unmittelbar am Arbeitsplatz anwesend sein müsste, für Zwecke des Betriebes an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten habe, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit sofort wieder zeitnah aufnehmen könne. Dem Reinigungspersonal der Firma C.F. GmbH wäre jedoch frei gewesen, seinen Aufenthaltsort selbst zu wählen. Es hätte sich während der Pausen frei auf dem Gelände bewegen oder dieses auch verlassen dürfen, wovon auch regelmäßig Gebrauch gemacht worden wäre. Danach also könne auch nicht von Bereitschaftsdienst gesprochen werden. Würde man die fraglichen Zeiten dennoch nicht als vollständig arbeitsfreie Pausen, sondern als Bereitschaftszeit werten, wäre die im Arbeitsvertrag angegebene Arbeitszeit von täglich 3,5 bzw.
zwei Stunden entsprechend zu erhöhen. Aber auch dies würde zu einer abweichen­den Bewertung der täglichen Arbeitszeit im Vergleich zum Stundensatz der Bezirkshauptmannschaft führen. Denn Zeiten des Bereitschaftsdienstes müssten nicht in der gleichen Höhe wie reguläre Arbeitszeiten vergütet werden. Zwar sei Arbeitsbereitschaft zu vergüten, jedoch nicht zwingend in voller Höhe. In D. sei dies durch das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 2005 bestätigt worden. Unter Zugrundelegung von Bereitschaftszeiten ohne konkrete Anwesenheitspflicht wäre daher allenfalls der Ansatz der hälftigen Mehr-Arbeits­zeit angemessen, was zu einer deutlichen Reduzierung der behördlichen Arbeits­zeitberechnung führen würde. Mithin ergäbe sich hieraus eine Fehlkalkulation im angefochtenen Straferkenntnis in einer Größenordnung von rund 4,5 Stunden in der Tagschicht und rund drei Stunden in der Nachtschicht. Es werde daher bean­tragt, der Berufung (Beschwerde) stattzugeben und den Bescheid aufzuheben. Hilfsweise werde beantragt, gemäß § 7i IV AVRAG von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

 

I. 3. Mit Stellungnahme vom 11. Dezember 2014 stellte die W. GKK als Kompetenzzentrum LSDB den Antrag, das Landesverwaltungsgericht möge der Beschwerde nicht Folge geben und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft mit der Maßgabe bestätigen, dass der Tatvorwurf entsprechend konkretisiert werde.

 

 

II. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt ist der Entscheidung zugrunde zu legen:

 

Am 15. März 2012, gegen 18:56 Uhr führten Organe der Finanzpolizei auf der x-Tankstelle in H., x, eine Kontrolle durch. Dabei wurden die d. Staatsangehörigen K.A., geb. x, und L.S., geb. x, bei der Betreuung der Sanitäranlage (Toiletten, Duschen) angetroffen. Arbeitgeber von Herrn K. und Herrn L. ist die Firma C.F. GmbH mit Sitz in D., x. Handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C.F. ist Herr V.V.L., geb. x.

Herr K. gab in dem am Kontrolltrag aufgenommen Personenblatt an, dass er seit 21. Februar 2012 auf der x-Tankstelle mit einer täglichen Arbeitszeit von
8 Stunden täglich tätig ist und seine monatliche Entlohnung 450 Euro brutto beträgt. Herr L. gab in seinem bei der Kontrolle aufgenommen Personen­blatt ebenfalls an, dass er täglich 8 Stunden auf der x-Tankstelle arbeitet und seine monatliche Entlohnung ebenso 450 Euro brutto beträgt.

Nach dem Kollektivvertrag für das Jahr 2012 für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger der Lohngruppe 4 steht Reinigungskräften ein Grundlohn von 7,79 Euro brutto pro Stunde zu.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt der Behörde.

Dass die beiden Arbeitnehmer ein monatliches Bruttoentgelt von 450 Euro vom Arbeitgeber erhielten, wird auch vom Bf nicht bestritten. Außerdem liegt eine diesbezügliche Einkommensbescheinigung von Herrn S.L. im Akt auf.

 

Von den Herren L. und K. liegen im Akt eigenhändig von ihnen ausgefüllte und eigenhändig unterschriebene Personenblätter vom 15.3.2012 auf. Als tägliche Arbeitszeit wurde von beiden Personen 8 Stunden angegeben (unter Anrechnung des gesetzlichen Pausenabzuges ergibt dies 7,5 Stunden tägliche Arbeitszeit). Diesen Stundenansatz laut der ns. Angaben der beiden Herren hat die belangte Behörde nur bei Herrn K. zugrunde gelegt, bei Herrn L. jedoch einen höheren angenommen. Die erkennende Richterin hat diesen von der Behörde bei Herrn K. angenommenen Stundenansatz nunmehr auch bei Herrn L. zugrunde gelegt.

Diese glaubwürdigen Arbeitszeitangaben der Herren K. und L. werden durch den vorgelegten Verwaltungsakt wie folgt belegt:

Der Bf führt aus, dass für ihn nicht klar sei, wie die für Herrn L. zugrunde gelegte Arbeitsstundenzahl von monatlich 367,5 Stunden ermittelt wurde (Seite 4 oben der Beschwerde). E contrario ist für die erkennende Richterin daraus abzuleiten, dass die von der Behörde bei Herrn K. zugrunde gelegten 225 Stunden (entspricht einer täglichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden) für den Bf klar sind (hinsichtlich Anrechnung der gesamten Zeit als Arbeitszeit – siehe rechtliche Beurteilung). Es werden diesbezüglich von Herrn K. in der Beschwerde auch keine konkreten Einwände vorgebracht.

Die von Herrn L. bei der Kontrolle angegebene Arbeitszeit von 8 Stunden (abzüglich gesetzlicher Ruhepause von 30 Minuten = 7,5 Arbeitsstunden) wird durch Folgendes belegt:

Es ist eine Gesamtschau einerseits zwischen dem vorgelegten Arbeitsvertrag (abgeschlossen zwischen der Firma C.F. GmbH und Herrn L.) einerseits und andererseits dem im Akt einliegenden Dienstleistungsvertrag (abgeschlossen zwischen der R.F. GmbH, Tankstelle D.-W. und der C.F. als „Auftragnehmer“) anzustellen. Es ist davon auszugehen, dass auch mit gegenständlichem Auftraggeber ein gleicher oder zumindest ähnlicher Vertrag abgeschlossen wurde. Dies ist untermauert durch die vom Bf getätigte Rechtfertigung vom 5. September 2013. Hier ist die Rede von einer ordnungsgemäßen Betreuung/Reinigung bei der jeweiligen Raststätte/Tankstelle, die in der Zeit von 6 bis 22 Uhr zu gewährleisten ist. Dieser Zeitrahmen findet sich explizit im Dienstleistungsvertrag. Laut diesem Dienstleistungsvertrag ist die Nachtschicht (von 22 bis 6 Uhr) nur bei Erfordernis durch die Kundenfrequenz zu leisten. Dadurch ist belegt, dass grundsätzlich keine täglichen Nachtschichten zu leisten sind. Im vorgelegten Arbeitsvertrag betreffend Herrn L. ist generell als Grundvergütung für die vertragliche regelmäßige Arbeitszeit in der Tagschicht ein monatliches Bruttoentgelt von 450 Euro festgelegt (§ 5 Punkt 1 des Arbeitsvertrages). Für die vertragliche regelmäßige Arbeitszeit in der Nachtschicht erhält der Mitarbeiter hingegen laut Arbeitsvertrag lediglich ein monatliches Bruttoentgelt von 165 Euro (Punkt 5.2. des genannten Arbeits­vertrages). Aufgrund dieser Ausführungen ist im Einklang mit den nieder­schriftlichen Angaben der Arbeitnehmer davon auszugehen, dass sich die beiden Dienstnehmer die laut genanntem Dienstleistungsvertrag von 6 bis 22 Uhr zu gewährleistende Reinigungszeit untereinander aufgeteilt haben (jeweils 8 Stunden pro Arbeitnehmer). Da - wie bereits erwähnt - die Nachtschicht nur aufgrund der erforderlichen Kundenfrequenz zu leisten ist, steht auch der Vermerk auf dem Personenblatt des Herrn K. nicht entgegen, dass er die Nachtschicht macht. Vielmehr hat auch er ein monatliches Bruttoentgelt von 450 Euro angegeben, das vertragsmäßig für die Tagschicht zusteht.

Folglich belegen diese Ausführungen die niederschriftlichen Angaben des Herrn L. im Zuge der Kontrolle: 8 Stunden tägliche Arbeitszeit (abzüglich
30 Minuten gesetzliche Ruhepause) um 450 Euro brutto Monatslohn. Aus den angeführten Gründen ist daher – wie in der Beschwerde eingewendet – die von der belangten Behörde ermittelte Arbeitsstundenanzahl von 367,5 Stunden für Herrn L. nicht korrekt. Bei beiden Arbeitnehmern ist vom gleichen Grund­lohn und der gleichen jeweiligen Arbeitsstundenanzahl auszugehen. Bei Herrn L. war daher die von der Behörde zugrunde gelegte Arbeitststundenzahl zu reduzieren. Trotzdem blieb jedoch eine krasse Unterentlohnung bestehen.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt konnte aufgrund der ns. Angaben beider Dienstnehmer festgestellt werden. Ob es sich bei den in Ansatz gebrachten 7,5 Arbeitsstunden um Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft, volle Pausen, etc. handelt, ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung abzuhandeln. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist daher hinreichend geklärt.

 

 

IV. Rechtliche Beurteilung:

 

IV.1. Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

 

Das angefochtene Straferkenntnis vom 28. Oktober 2013 wurde dem Bf z.Hd. seines Steuerberaters am 4. November 2013 zugestellt. Am 6. November 2013 verständigte der Steuerberater den Bf.

Gemäß § 3 WTBG (Berechtigungsumfang-Steuerberater) ist ein Steuerberater in Verwaltungsstrafsachen nicht vertretungsbefugt (siehe Entscheidung LVwG-300423/7/KLi/PP), weshalb dem Steuerberater von der belangten Behörde nicht rechtswirksam zugestellt werden konnte.

Erst dadurch, dass dem Bf die nunmehr angefochtene Strafverfügung am Mittwoch, den 6. November 2013 tatsächlich zugekommen ist, liegt eine rechts­wirksame Zustellung vor.

Gemäß § 32 AVG war daher letzter Tag der 14-tägigen Rechtsmittelfrist Mittwoch, der 20. November 2013. Da die verfahrensgegenständliche Beschwer­de am 19. November 2013 bei der belangten Behörde eingegangen ist, liegt eine fristgerechte Einbringung vor.

 

IV.2. Rechtslage und rechtliche Beurteilung in der Sache selbst:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) gilt die Berufung als Beschwerde im Sinne des Art 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

 

Gemäß § 27 VwGVG ist das Landesverwaltungsgericht an die vorgebrachten Beschwerdegründe gebunden. Somit sind vom Landesverwaltungsgericht nur jene Gründe zu prüfen, die tatsächlich in der Beschwerde vorgebracht wurden.

 

Gemäß § 44 Abs.3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhandlung absehen, wenn

1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird,...

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

 

Vorgebracht wurden in der Beschwerde lediglich

– Zweifel an der Verfolgbarkeit

– Mangelnde Konkretisierung des Vorwurfes

– Zweifel an der Anwendbarkeit des Kollektivvertrages

– Unrichtige Berechnung der Unterentlohnung.

Eine mündliche Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt.

 

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß
Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Be­schwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Aus diesem Grund war das Oö. LVwG zur verfahrensgegenständlichen Spruch­berichtigung berechtigt.

 

 

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

Mit BGBl I Nr.94/2014, kundgemacht am 16. Dezember 2014, wurde eine Änderung der Strafnormen des AVRAG erlassen, die keine milderen Strafen für die inkriminierten Handlungen vorsieht, sodass die Rechtslage zur Tatzeit und zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Anwendung kommt.

Änderungen der Verjährungsbestimmungen sollen beim Günstigkeitsvergleich außer Betracht bleiben, weil sie nicht unmittelbar die Strafe betreffen (VwSlg 12.570 A/1987, VwGH 11.9.1979, 0523/79). Angemerkt wird, dass selbst unter der neuen Fassung der gesetzlichen Bestimmungen des § 7 i Abs. 7 AVRAG der gegenständliche Sachverhalt nicht verjährt wäre.

 

Das AVRAG in der anzuwendenden Fassung lautet demnach:

 

§ 7b AVRAG regelt die Ansprüche gegen ausländische Arbeitgeber mit Sitz in einem EU-oder EWR-Mitgliedsstaat. § 7b Abs. 1 Z 1 AVRAG bestimmt, dass ein Arbeitnehmer, der von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung nach Österreich entsandt wird, unbeschadet des auf das Arbeits­verhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt hat, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeit­nehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt.

 

§ 7i Abs. 3 AVRAG regelt, dass derjenige, der als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten, eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen ist, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer betroffen, beträgt die Geldstrafe für jeden Arbeitnehmer 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer betroffen, für jeden Arbeitnehmer 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall 4.000 Euro bis 50.000 Euro.

 

Zur Frage der Verjährung:

 

§ 31 VStG regelt u.a. die Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung, welche vorsieht, dass nach drei Jahren ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden darf. Die Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst ab diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 7i Abs.5 AVRAG beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 ein Jahr. Es handelt sich hiebei um die Verfolgungsverjährung.

 

1. Einwand des Zweifels an der Verfolgbarkeit

 

Für den Beginn der einjährigen Verjährungsfrist ist – wie in allen verwaltungs­strafrechtlichen Tatbeständen – die Beendigung der strafbaren Handlung ent­scheidend. Das strafbare Verhalten im Zusammenhang mit einer Unter­entlohnung im Sinne des § 7i Abs. 3 AVRAG besteht in der Nichtleistung des (laut Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag) zustehenden Grundlohnes. Dieses strafbare Verhalten liegt folglich solange vor, bis der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den ihm zustehenden Grundlohn geleistet (bzw. nachgezahlt) hat. Ein anderer – vom klaren Wortlaut des Gesetzes abweichender – Wille kann dem Gesetzgeber jedenfalls nicht unterstellt werden. Die vorliegende eindeutige Judikatur und auch die herrschende Lehrmeinung bestätigen diese Rechtsansicht. Jedenfalls nicht relevant für den Beginn von Verjährungsfristen ist der Zeitpunkt einer Kontrolle bzw. der Zeitpunkt, in dem Ermittlungen durchgeführt wurden, wenn hierdurch das strafbare Handeln nicht aufgehört hat. In der Beschwerde wurde nicht vorgebracht, dass die Unterentlohnung nach Kollektivvertrag den Arbeitnehmern nachbezahlt wurde.

 

Nachstehend werden wesentliche Punkte relevanter UVS-Erkenntnisse, aus denen sich die grundsätzliche Rechtslage und diese Judikatur ergeben, zitiert:

 

UVS Steiermark vom 29.05.2013, UVS 33.15-10/2013-8:

"Hier ist der mitbeteiligten Partei dahingehend Recht zu geben, dass aus der Formulierung des Gesetzestextes, insbesondere den Worten „oder beschäftigt hat", der Schluss zu ziehen ist, dass es gegenständlich auf das Ende der Beschäf­tigung bzw. auf die Dauer der Entsendung in Österreich nicht ankommt, das strafbare Verhalten der unterkollektivvertraglichen Entlohnung also auch nach diesem Zeitpunkt noch fortbesteht, solange die fehlenden Lohnbestandteile nicht nachgezahlt wurden. Dies folgt auch aus den Erläuternden Bemerkungen (1076 der Beilagen, XXVI. GB [Anm: müsste lauten „XXIV. GB"]), welche nachstehende Ausführungen enthalten:

 

„§ 7i Abs 3 sieht eine Verwaltungsstrafe vor, wenn ein/eine ausländische/r Arbeitgeber/In eine/einen Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz. Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn laut Einstufung zu leisten. Zu ahnden ist nicht nur die Herbeiführung, sondern auch die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zu­standes. Es handelt sich daher um ein Dauerdelikt. Es geht solange weiter, wie der Zustand erhalten wird. Der Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn z.B. die Entsendung oder das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits beendet und die Verjährungsrist (§ 7i Abs 5) nicht eingetreten ist."

 

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt nicht der geringste Hinweis dahingehend, dass Herr A. M. bzw. das von ihm vertretene Unternehmen S. den verfahrensgegenständlichen Arbeitnehmern die fehlenden Lohnbestandteile jemals nachgezahlt hätte. Vielmehr ist mit an Sicherheit zu grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dies nicht der Fall war, zumal Herr M. mangels Verfolgungshandlung durch die belangte Behörde von der gegenständlichen Anzeige noch gar keine Kenntnis hat. Somit besteht für die Berufungsbehörde auch keine Veranlassung, die ausstehende ' Verfolgungs­handlung nachzuholen, da die belangte Behörde nach Erhalt dieser Entscheidung ohnedies mehr als ausreichend Zeit hat, dies selbst zu tun.“

 

UVS Oberösterreich vom 17.05.2013, VwSen-253354/5/Py/TO/Hu:

„Im vorliegenden Fall wird dem Bw eine Übertretung des § 7i Abs.3 Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 24/2011 zur Last gelegt, mit dem Maßnahmen zur Verhinderung von Lohn- und Sozialdumping umgesetzt wurden. Bei diesen Verstößen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte, bei welchen das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges besteht (Kühteubl/Wieder: Das neue Lohn- und SozialdumpingbekämpfungG, ZAS 2011/
36, D.1.a. mwN).

Zudem handelt es sich bei der Strafbestimmung des § 7i Abs.3 AVRAG um ein Dauerdelikt Dies entspricht nicht nur der Intention des Gesetzgebers (vgl. 1076 BlgNR XXIV. GP 3 zu 7i Abs.3) und dem Durchführungserlass des Bundes­ministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (GZ BMASK-462.203/0014-VII/b/9/2011), sondern wird auch in Lehre und Literatur vertreten (vgl. Kühteubl/Wieder: Das neue Lohn- und SozialdumpingbekämpfungsG, ZAS 2011/36, D.1.a.; Stadler: Sanktionen im Lohn- und Sozialdumping-Bekäm­pfungsgesetz 2011, RdWHeft 11, 671).

 

Dauerdelikte sind solche, die nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes pönalisieren, sondern auch dessen Aufrechterhaltung. Abhängig vom Tatbild kann das strafbare Verhalten erst auch dann enden, wenn der ver­pflichtete seiner Pflicht zu handeln nachkommt. Das Delikt dauert daher an, solange der dem/der Arbeitnehmer/in zustehende Grundlohn nicht geleistet wird und zwar auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kontrolle bereits beendet wurde und die Verjährungsfrist nicht eingetreten ist."

 

Seitens des Rechtsvertreters des Bf wird der vermeintliche Wille des Gesetz­gebers bezüglich der Verjährungsbestimmungen wie folgt interpretiert: "Die Tatsache, dass die Verjährungsfrist für den Vorwurf des Lohndumpings auf ein Jahr herabgesetzt wurde, belegt den gesetzgeberischen Willen, eine rasche Ahndung dieser Übertretung sicherzustellen. Zugleich drückt insbesondere im regulatorischen Verwaltungsstrafverfahren die Reduzierung einer Verjährungsfrist die Überzeugung aus, dass die Ahndung der entsprechenden Übertretung nur innerhalb kurzer Fristen sinnvoll erscheint, da nur so der gesetzgeberische Zweck erreicht werden kann."

 

Hiermit verkennt der Rechtsvertreter des Bf jedoch die tatsächliche Rechtslage und den gesetzgeberischen Willen.

 

Bis zum 30. Juni 2013 wurde die Verjährungsfrist in § 31 Abs. 2 VStG wie folgt geregelt: "Die Verjährungsfrist beträgt ... bei allen anderen Verwaltungs­übertretungen sechs Monate." Abweichend von dieser Bestimmung sieht § 7i Abs. 5 AVRAG für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 (Tatbestand der Unterentlohnung) eine Verjährungsfrist von einem Jahr vor. Der Gesetzgeber hat mit dieser Bestimmung des AVRAG nicht eine Reduzierung der Verjährungsfrist herbeigeführt, wie etwa der Rechtsvertreter behauptet, sondern durch diese lex specialis eine Verlängerung (von 6 Monaten auf 1 Jahr) bewirkt.

 

Eine Auslegung des Gesetzgeberwillens dahingehend, „die Ahndung der entsprechenden Übertretung“ solle „nur innerhalb kurzer Fristen“ möglich sein, ist daher nicht haltbar.

 

Erklärend wird darauf hingewiesen, dass mit der Novelle des VStG mit 1. Juli 2013 die Verjährungsfrist generell von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert wurde. Die maßgebliche Bestimmung findet sich nun in § 31 Abs. 1 VStG. Die lex specialis in § 7i Abs. 5 AVRAG hat damit an Bedeutung verloren.

 

All das ändert jedoch nichts am gesetzlich festgelegten Beginn des Fristenlaufes. Die entsprechende Bestimmung erfuhr durch die Novelle mit 1. Juli 2013 keine Änderung und lautet unverändert: „Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ...“.

 

Die Frage, wann das strafbare Verhalten bei Dauerdelikten (zu denen die Unterentlohnung im Sinne des AVRAG zweifelsfrei gehört) aufhört und wann bzw. ob eine Verjährungsfrist zu laufen beginnt, werden durch die obgenannten UVS-Erkenntnisse abschließend beantwortet.

Zu den vom Rechtsvertreter des Bf vorgebrachten Bedenken hinsichtlich einer „faktischen Unverjährbarkeit“ ist anzumerken, dass diese bei bestimmten Verwaltungsübertretungen durchaus gegeben und nicht grundsätzlich undenkbar ist. Eine „vollständige Aushebelung des gesetzgeberischen Zieles einer bewussten Verkürzung der Verjährungsfrist“ besteht – entgegen der Vermutung des Rechtsvertreters – aus den zuvor erwähnten Gründen jedenfalls nicht.

 

Weiters ist zu diesem Punkt anzuführen, dass dem österreichischen Gesetzgeber die quasi Unverjährbarkeit durchaus bewusst ist, weshalb er mit dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 2014 (ASRÄG 2014) die entsprechenden Verjährungsbestimmungen im AVRAG per 1. Jänner 2015 entschärft hat.

 

Auszug aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage:

„Neuregelung der Verjährung im Fall des Lohndumpings: Derzeit ist die Straf­verfolgung möglich, solange der/die Arbeitgeber/in nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachzahlt, auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt keinen Eintritt der Verfolgungsverjährung. Davon abweichend ist künftig vorge­sehen, dass der Beginn der Verjährung (Verfolgungs- und Strafbarkeits­verjährung) mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Entgelts eintritt. ...“

 

Die entsprechende Neuregelung findet sich zukünftig in § 7i Abs. 7 AVRAG und lautet:

„Die Frist für die Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 VStG) beträgt drei Jahre ab der Fälligkeit des Entgelts. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, beginnt die Frist für die Verfolgungsver­jährung im Sinn des ersten Satzes ab der Fälligkeit des Entgelts für den letzten Lohnzahlungszeitraum der Unterentlohnung. Die Frist für die Strafbarkeits­verjährung (§ 31 Abs. 2 VStG) beträgt in diesen Fällen fünf Jahre. Hinsichtlich von Sonderzahlungen beginnen die Fristen nach den beiden ersten Sätzen ab dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres (Abs. 5 dritter Satz) zu laufen.“

 

Hieraus geht unmissverständlich hervor, dass der Gesetzgeber die Verjährungs­bestimmungen entschärft hat. Angemerkt wird nochmals, dass selbst unter den zukünf­tigen Bestimmungen gegenständlicher Sachverhalt nicht verjährt wäre.

 

§ 7i Abs. 3 AVRAG bestimmt, dass ein Arbeitgeber zu bestrafen ist, wenn er Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne den zustehenden Grundlohn zu leisten. Durch die bewusste und ausdrücklich Anführung des Wortes „beschäftigt“ und der Wortfolge „oder beschäftigt hat“ bringt der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck, dass das Dauerdelikt der Unterentlohnung unabhängig von der Fortdauer des betreffenden Arbeitsverhältnisses aufrecht bleiben soll.

 

Zweifelsohne stellt der Ausdruck „beschäftigt“ darauf ab, dass das Dauerdelikt solange aufrecht bleiben soll, solange auch das betreffende Arbeitsverhältnis aufrecht ist. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses trifft der Umstand „beschäftigt“ nicht mehr zu, das Dauerdelikt bzw. die strafbare Handlung wäre somit beendet und die Frist für die Verfolgungsverjährung würde zu laufen beginnen.

 

Nun hat der Gesetzgeber in den Wortlaut der Strafnorm des § 7i Abs. 3 AVRAG nicht nur den Ausdruck „beschäftigt“ aufgenommen, sondern eben diesen um die Wortfolge „oder beschäftigt hat“ ergänzt. Es liegt kein vernünftiger Grund vor, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe die Ergänzung „oder beschäftigt hat“ in die Reglung aufgenommen, ohne dieser Wortfolge auch einen bestimmten Regelungszweck zuzuordnen.

 

Die Wortfolge „oder beschäftigt hat“ ist einerseits durch das Wort „oder“ zweifelsfrei als ein vom alleinigen Ausdruck „beschäftigt“ unterschiedlicher und somit eigenständiger Regelungscharakter zu qualifizieren, andererseits weist sie durch den semantischen Wortsinn von „beschäftigt hat“ eindeutig und ebenso zweifelsfrei einen Bezug auf bereits Vergangenes bzw. in der Vergangenheit Abgeschlossenes auf (im Gegensatz zum Begriff „beschäftigt“, welcher sich nur auf gegenwärtig Bestehendes bezieht), somit auch auf bereits beendete Arbeits­verhältnisse.

 

Unterstellte man nun der gesamten Regelung des § 7i Abs. 3 AVRAG, dass für die Fortdauer des Dauerdelikts der Unterentlohnung immer ein aufrechtes Dienstverhältnis Voraussetzung wäre, hätte die Wortfolge „oder beschäftigt hat“ keinerlei Regelungswirkung, da diese schon mit dem Wort „beschäftigt“ gegeben ist. Die rechtliche Gleichsetzung des Wortes „beschäftigt“ mit der Wortfolge „beschäftigt hat“ entbehrt somit jeder semantischen Logik und Grundlage und wäre daher eindeutig rechtswidrig.

 

2. Einwand hinsichtlich Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für Denkmal-,

Fassaden- und Gebäudereiniger (Einwand 3. der Beschwerde).

 

Den Zweifel an der Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger begründet der Rechtsvertreter des Bf offenbar damit, dass für die Ausübung dieses Gewerbes Zugangsvoraussetzungen erforderlich sind, über die sein Mandant scheinbar nicht verfügt. Dies bedeutet aber keineswegs, dass der einschlägige Kollektivvertrag keine Anwendung findet, sondern stellt möglicherweise einen Verstoß gegen die Gewerbeordnung dar, da eine Gewerbeausübung ohne Erfüllung der notwendigen Zugangsvoraussetzun­gen vorläge.

 

Reinigungstätigkeiten können grundsätzlich im Rahmen eines reglementierten als auch eines nicht reglementierten Gewerbes ausgeübt werden. Von allen in der Bundeseinheitlichen Liste der freien Gewerbe (siehe Beilage 1) angeführten Tätigkeiten steht lediglich das nachstehend angeführte freie Gewerbe im Zusammenhang mit objektbezogenen Reinigungsarbeiten:

 

„Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reini­gungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungs­tätigkeiten“

 

Jedoch entspricht keine der darin beschriebenen Tätigkeiten auch nur annähernd der Reinigung von Sanitäranlagen. Gerade im Zusammenhang mit der Reinigung von Sanitäranlagen ist die Einhaltung von maßgeblichen Hygienevorschriften zwingend erforderlich. Unter Punkt 4 seiner Stellungnahme wendet der Beschwerdeführer sogar selbst ein, dass „in regemäßigen Abständen Desinfektionsarbeiten vorgesehen sind.“ Eine Qualifizierung als „einfache Reinigungstätigkeit“ im Sinne der Definition für „Hausbetreuung“ scheidet daher selbstredend aus. Vielmehr erfordert gerade die Sanitärreinigung das vom Beschwerdeführer für die Anwendbarkeit des Kollektivvertrages als notwendig erachtete „Mindestmaß an besonderen tätigkeitsbezogenen Fachkenntnissen“.

 

Es wird in diesem Zusammenhang auf die Homepage (siehe Beilage 2) der Wirtschaftskammer Österreich

(https: //www.wko.at/Content.Node/branchen/oe/Chemische-Gewerbe-und-der-Dankmal-Fassaden-und-Gebaeudereiniger/Denmal-Fassaden-und-Gebaeuderein/ Dienstleistung.html)

verwiesen. Dort werden unter dem Stichwort "Berufsbild" die Betätigungsfelder des Handwerks der Denkmal-, Fassaden- und Gebäude­reinigung genannt.

 

Unter Punkt 6 findet sich der Eintrag "Sanitärreinigung", welche im gegenständlichen Verfahren zweifelsfrei vorliegt.

 

Die Reinigung von Sanitäranlagen (bzw. die Sanitärreinigung) stellt somit keine Tätigkeit im Rahmen des freien Gewerbes "Hausbetreuung" dar, sondern eindeutig eine solche im Rahmen des Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger­handwerkes.

 

Der Hinweis auf die bundesdeutsche Falldiskussion geht schon deshalb ins Leere, da im gegenständlichen Verfahren zwingend österreichisches Recht sowie österreichische Kollektivvertragsbestimmungen zur Anwendung gelan­gen und nicht deutsche.

 

In diesem Zusammenhang wird auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 7b Abs. 1 Z 1 AVRAG hingewiesen, wonach ein Arbeitnehmer, der von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer fortge­setzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt hat, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeit­nehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt. Dieser Anspruch ergibt auch ausschließlich aufgrund österreichischer Rechtsvorschriften.

 

Die Bestimmungen der §§ 7 bis 7b AVRAG stellen die direkte Umsetzung der Vorgaben des Art 3 (Überschrift "Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen'") der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen -EntsendeRL in nationales Recht dar. Die Qualifikation der Umsetzungsnormen der EntsendeRL als zwingende Normen ist sowohl in der Literatur als auch der Judikatur unstrittig.

 

Der Vollständigkeit halber wird noch nachstehend der maßgebliche Inhalt des Art. 3 EntsendeRL:

 

"Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Unternehmen den in ihr Hoheitsgebiet entsandten Arbeitsnehmern bezüglich der nachstehenden Aspekte die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen garan­tieren, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung er­bracht wird,

 

-         durch Rechts-oder Verwaltungsvorschriften und/oder

-    durch für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge oder Schiedssprüche im Sinne des Absatzes 8...

 

festgelegt sind:

 

c) Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze; ...

...

Zum Zwecke dieser Richtlinie wird der in Unterabsatz 1 Buchstabe c) genannte Begriff der Mindestlohnsätze durch die Rechtsvorschriften und/oder Praktiken des Mitgliedstaates bestimmt, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt wird.“

 

Auch aufgrund des unmissverständlichen Wortlautes der Richtlinie ergibt sich, dass jegliche rechtliche Bewertung nach deutschen Kriterien unzulässig ist.

 

Die Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für Denkmal-, Fassaden- und Gebäu­dereiniger ist somit zweifelsfrei nachgewiesen.

 

Obendrein wird auf den im Akt einliegenden genannten Dienstleistungsvertrag mit der R.F. GmbH und der Firma C.F. verwiesen, welcher in den § 1 und 2 zahlreiche durchzuführende Tätigkeiten aufzählt, die keinen Zweifel an der Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger zulassen. Im letzten Punkt der Aufzählungen im § 2 wird darüber hinaus klar ausgeführt, dass die Arbeiten „durch einen Gebäude­reinigungsmeisterbetrieb“ durchzuführen sind.

 

3. Zum Einwand der mangelnden Konkretisierung des Vorwurfs (Punkt 2. der Beschwerde) und der unrichtigen Berechnung der Unterentlohnung (Punkt 4. der Beschwerde).

 

Seitens des Rechtsvertreters des Bf wird vorgebracht, dass seinem Mandanten vorgeworfen werden würde, den geschuldeten Grundlohn in der Zeit vom
21. Februar 2012 bis 15. März 2012 nicht vollständig entrichtet zu haben.

 

Der korrekte Tatvorwurf im bekämpften Straferkenntnis lautet jedoch dahin­gehend, dass der Arbeitgeber bzw. der Bf die beiden verfahrensgegenständlichen Arbeitnehmer in der Zeit vom 21. Februar 2012 bis zur Kontrolle am 15. März 2012 beschäftigt hat, ohne ihnen für den Zeitraum der Entsendung nach Österreich zumindest den nach Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Aus dieser präzisen von der erkennenden Behörde gewählten Formulierung lässt sich das relevante Dauerdelikt sehr gut ableiten. Es besteht nämlich darin, in der Zeit vom 21. Februar 2012 bis 15. März 2012 den zustehenden Grundlohn nicht vollständig entrichtet zu haben, sondern eben darin, bis dato (daher nicht beendetes Dauerdelikt, dass bis in die Gegenwart reicht – siehe Verjährung) für (im Gegensatz zu „in der Zeit“) den Zeitraum 21. Februar bis 15. März 2012 den Grundlohn nicht geleistet zu haben.

 

Dieser Zeitraum der Unterentlohnung ergibt sich aus den Angaben der Arbeit­nehmer über den Beginn der Tätigkeit, welchen sie gegenüber den Organen der Abgabenbehörde mit 21. Februar 2012 angaben und dem Tag der Kontrolle, da nicht mit Sicherheit anzunehmen ist, dass über diesen Tag hinaus die Tätigkeit fortgeführt wurde, auch wenn keine Gründe vorliegen, welche eine Beendigung der Tätigkeit vermuten lassen.

 

Die Berechnung der Unterentlohnung der belangten Behörde ist folgendermaßen zu korrigieren:

 

Wie bereits in der Beweiswürdigung dargestellt, ist bei beiden Arbeitnehmern jeweils von einer täglichen Arbeitszeit von 7,5 Arbeitsstunden auszugehen. Außerdem umfasst der verfahrensgegenständlich relevante Zeitraum lediglich
24 Arbeitstage. Die belangte Behörde hat hingegen die Unterentlohnung in Bezug auf 30 Tage zugrunde gelegt.

Die für L.S. und K.A. korrekt berechnete Unterentlohnung lautet daher jeweils:

 

zustehender Grundlohn: 7,5 Stunden x 7,79 Euro x 24 Tage = 1.402,20 Euro

bezahlter Grundlohn: 450 Euro / 30 x 24 = 360,00 Euro

Unterentlohnung 1.042,20 Euro

Unterentlohnung in Prozent: 74,33 %

 

Ausführungen zur Arbeitszeit:

 

Eingewendet wird, dass die Mitarbeiter tatsächlich ihre Arbeitszeit frei gestalten können, da sie vor Ort lediglich gehalten sind eine dauerhafte Sauberkeit der Anlage sicher zu stellen. Wie sie jedoch ihre Arbeitszeit konkret verteilen, wird in der Praxis durch die Firma C.F. GmbH nicht kontrolliert.

 

In dem § 1 und 2 des genannten Dienstleistungsvertrages mit der R.F. GmbH, werden zahlreiche durchzuführende Tätigkeiten und Pflichten ange­führt, die weder mit den vom Rechtsvertreter argumentierten Arbeitszeiten von 3,5 Stunden pro Tag vereinbar sind, noch mit der behaupteten freien Zeitein­teilung.

 

Könnten sich die Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit tatsächlich frei und ohne Vor­gaben selbst einteilen, wäre auch eine mehrstündige Abwesenheit möglich, was jedoch der Gewährleistung der Erfüllung der vertraglich festgelegten Dienst­leistungen im Wege stünde, da auf plötzlich eintretende Umstände nicht zeitnah reagiert werden könnte. Auch ließe der Umfang der vereinbarten Arbeiten dies nicht zu.

 

Wenn seitens des Rechtsvertreters argumentiert wird, die Arbeitnehmer hätten ein Eigeninteresse daran, am Arbeitsort anwesend zu sein, um das Trinkgeld­aufkommen zu erhöhen, ist diesem Vorbringen die Bestimmung im § 6 des Arbeitsvertrages (Zusatzvergütung Tagschicht) entgegenzuhalten, laut der sämtliche Trinkgelder in der Zeit von 7 bis 17 Uhr dem Unternehmen in voller Höhe zustehen. Vor 17 Uhr kann daher die Anwesenheit eines Arbeitnehmers aus Eigeninteresse nicht glaubhaft argumentiert werden.

 

Bezüglich der Trinkgelder wird darauf hingewiesen, dass Trinkgelder Entgelte Dritter sind und auf den vom Arbeitgeber zu leistenden Kollektivvertragslohn nicht anzurechnen sind. Ob und in welcher Höhe die Arbeitnehmer tatsächlich Trink­gelder erhalten bzw. erhalten haben, ist für die Frage der Unterentlohnung somit ohne rechtliche Bedeutung.

 

Bewertung des Arbeitsvertrages aus arbeitsrechtlicher Sicht:

Auch die Vertragsgestaltung hinsichtlich der Arbeitszeiten selbst ist aus arbeitsrechtlicher Sicht kritisch zu hinterfragen. So sieht der vorgelegte Arbeitsvertrag für die Tagschicht innerhalb des Zeitraumes von 7 bis 20 Uhr (also 13 Stunden) lediglich eine tatsächliche Gesamtarbeitszeit von nur 3,5 Stunden vor. Als Tätigkeiten sind „Grundreinigung“, mehrmals „Desinfektionsarbeiten“ und schließlich „Abschlussreinigung“ definiert. Sonstige (ebenfalls notwendige) Tätigkeiten, wie das Auffüllen von Verbrauchsmaterial und Ähnliches, kommen als auszuführende Tätigkeiten in diesem Zeitmodell gar nicht vor. Die einzelnen Tätigkeiten sind starr mit nur 30 Minuten (Grundreinigung und Abschluss­reinigung) bzw. 15 Minuten (Desinfektionsarbeiten) vorgegeben. Die vom Arbeit­geber festgelegten Pausen betragen jedoch 45,75 oder 90 Minuten.

 

Wie bereits in der Anzeige vom 12. August 2013 dargelegt, ist es dem Arbeitnehmer aufgrund der Abgeschiedenheit des Einsatzortes und der Lage der vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitspausen zu keiner Zeit möglich, seinen Aufenthaltsort frei zu wählen und sich anderweitig wirtschaftlich zu betätigen bzw. über die Verwendung seiner Zeit weitgehend selbst zu bestimmen. Die Lage der Arbeits- und Pausenzeiten schränken den Arbeitnehmer in einem solchen Ausmaß ein, dass aus arbeitsrechtlicher Sicht keinesfalls von Freizeit, sondern vielmehr von Arbeitszeit, welche entsprechend zu vergüten ist, auszugehen ist.

 

Jede andere rechtliche Auslegung würde es einem Arbeitgeber ermöglichen, durch exzessive Vertragsgestaltung den Arbeitnehmer über einen langen Zeit­raum an einen Ort zu binden, ohne ihm dafür eine entsprechende finanzielle Gegenleistung zukommen zu lassen. So wäre letztlich auch eine Vertrags­gestaltung denkbar, die den Arbeitnehmer verpflichtet, jeweils nur 1 Minute pro Stunde eine bestimmte „Tätigkeit“ auszuführen. Die restlichen 59 Minuten würden folglich als Arbeitspause bezeichnet werden. Selbst bei einer 24-stün­digen Anwesenheit, würde nicht einmal eine halbe Stunde finanziell abgegolten werden.

 

Aufgrund der Vertragsgestaltung sind – entgegen der Auffassung des Bf – dem Arbeitnehmer so enge Grenzen gesetzt, dass dieser nicht frei entscheiden kann, wann er die erforderlichen Arbeiten ausführt.

 

Das Wesen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses ist, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft „besonders auch in zeitlicher Hinsicht“ zur Verfügung stellt. Wenn innerhalb der vereinbarten Arbeitszeit auch Zeiten liegen, in denen der Arbeitnehmer – betriebsbedingt oder durch Vorgaben des Arbeitgebers keine Leistung erbringen kann oder muss, stellt er doch auch in dieser Zeit seine Arbeitskraft zur Verfügung. Insbesondere ist er in dieser Zeit daran gehindert, sich anderweitig wirtschaftlich zu betätigen und somit von jeglicher zusätzlichen Erwerbsmöglichkeit abgeschnitten. Diese Zeiten können daher keinesfalls als „Freizeit“ oder sonstige in der Sphäre des Arbeitnehmers liegende Pausen gewertet werden.

 

In zahlreichen Wirtschaftsbereichen kommt es zu Zeiten, in denen Arbeitnehmer betriebsbedingt keine Arbeitsleistung erbringen können. Sie können beispiels­weise auch bei einem Kellner in einem Gastgewerbebetrieb, der mangels Kund­schaft zum „Nichtstun“ gezwungen ist, diese Zeiten unter keinen Umständen als Freizeit oder als unbezahlte Pause gewertet werden.

 

Derartige „Stehzeiten“ gehören zum Risiko des Unternehmers, welches dieser jedenfalls nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen kann. Eine Vereinbarung, die viele kurzfristige Tätigkeiten des Arbeitnehmers vorsieht, welche durch längere vom Arbeitgeber festgelegte und vom Arbeitnehmer nicht beeinflussbare Pausen unterbrochen werden, übersteigt eindeutig die arbeitsvertragsrechtliche Dispo­sitionsfreiheit, wenn diese zu Lasten des Arbeitnehmers geht.

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass den Dienstnehmern K. und L. für 7,5 Arbeitsstunden pro Tag jeweils ein monatlicher Bruttolohn von 450,- Euro bezahlt wurde.

Aus den dargelegten Gründen ist somit erwiesen, dass die Firma C.F. GmbH als Arbeitgeber den Arbeitnehmern K. und L. nicht den ihnen gemäß Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn geleistet hat. Der objektive Tat­bestand ist damit erfüllt.

 

Subjektive Tatseite:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsvorschrift stellt ein Ungehorsams­delikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahr­lässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsbeweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder der Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Ein solcher Entlastungsbeweis ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen; es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, dass der Beschwerde­führer subjektiv nicht in der Lage gewesen wäre, die der Bestrafung zu Grunde liegende Norm zu befolgen. Das Vorbringen, die Rechtsvorschrift nicht gekannt zu haben, vermag den Verstoß dagegen weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG (nunmehr § 45 Abs. 1 S 2 VStG) konnte die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Hand­lungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen. Von geringfügigem Verschulden iSd § 21 Abs. 1 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH 15.10.2009, 2008/09/0015; 21.12.2009, 2008/09/0055; 16.09.2010, 2010/09/0141; 6.11.2012, 2012/09/0066).

 

Ziel der §§ 7d ff AVRAG ist es, Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen, gleiche Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen für sämtliche Arbeitnehmer zu schaffen, einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmern zu gewährleisten und die Abfuhr der gesetzlich vorgegebenen Abgaben und Sozialbeiträge sicherzustellen (Binder, AVRAG2, §§ 7d-7n Rz 1 mwN). § 7i Abs. 3 AVRAG stellt unter Strafe, wer als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten. Schutzzweck des § 7i Abs. 3 AVRAG ist die Sicherung des Wettbewerbs innerhalb der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraumes sowie der Schutz grundlegender Rechte von Arbeitnehmern in diesem Gebiet durch die Statuierung einer Rechtspflicht ausländischer Arbeitgeber, Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung ua zumindest jenes gesetzlich festgelegte Entgelt zu erhalten haben wie vergleichbare Arbeitnehmer von vergleichbaren Arbeitgebern (vgl. dazu OGH 28.3.2001, 8 ObA 50/02i).

 

Gegenständlich liegt eine Unterentlohnung von über 74,33 % vor, von der zwei Arbeitnehmer betroffen sind; eine Nachzahlung ist nicht erfolgt. Die Tat bleibt damit nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 45 Abs. 1 S 2 VStG gerechtfertigt sein könnte.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafverfahrens sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach dem vom Gesetzgeber in
§ 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

Gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG ist der Strafrahmen für den Wiederholungsfall heranzuziehen, der einen Strafrahmen von 4.000 Euro bis zu 50.000 (!) Euro vorsieht. Der Bf wurde nämlich bereits zwei Mal rechtskräftig bestraft. Als strafer­schwerend wurden von der Behörde das Ausmaß und die Dauer des betriebenen Lohndumpings gewertet. Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich das Vorenthalten des gebührenden Lohnes in der Höhe von 74,33 %, ist erheblich und bei der Festsetzung der Strafe erschwe­rend zu beurteilen.

Als mildernd wertet die erkennende Richterin die lange Verfahrensdauer. Bei Abwägung der Strafzumessungskriterien ist in spezialpräventiver und generalpräventiver Hinsicht die Geldstrafe mit jeweils 6.000 Euro, insgesamt daher 12.000 Euro bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe mit jeweils 220 Stunden, insgesamt daher 440 Stunden festzusetzen.

 

Zur Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe:

 

§ 16 Abs.1 VStG legt fest:

„Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.“

Abs. 2 leg. cit bestimmt:

„Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig....“

 

Dem Verwaltungsstrafgesetz lässt sich nicht entnehmen, dass –innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze- ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen bestehen müsse und die für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitstrafe nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen ist (VwGH 19.6.1991, 90/03/0262). Die Ersatzfreiheitsstrafe ist gesondert für jedes Delikt zu bemessen (VwGH 20.6.1991, 91/19/0063).

Die von der belangten Behörde festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen wurden von der erkennenden Richterin im Rahmen der genannten gesetzlichen Bestimmungen aufgrund der nunmehr reduzierten Geldstrafen entsprechend herabgesetzt.

 

Die Rechtswohltat des § 7i Abs. 4 AVRAG, das Absehen von einer Strafe bei Beleichung der Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem dem Arbeitnehmer nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts binnen einer von der Behörde festzusetzenden Frist, kann hier schon deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil eine Unterschreitung des Grund­lohnes im Bereich von 74,33 % nicht als gering anzusehen ist. Außerdem wurde den betroffenen Arbeitnehmern der Differenzbetrag bislang gar nicht nach­bezahlt. Ferner ist bei Bemessung der Geldstrafe auch zu berücksichtigten, in welcher Höhe aufgrund der Unterentlohnung eine „Lohnersparnis“ für den Bf eingetreten ist. Um den Zweck des § 7i Abs. 3 AVRAG zu erfüllen, muss die verhängte Geldstrafe deutlich über den ersparten Lohnkosten liegen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde gemäß § 64 VStG entsprechend zu reduzieren. 10 % der verhängten Geldstrafe betragen jeweils 600 Euro, sodass der Kostenbeitrag mit 1.200 Euro festzusetzen war.

 

Gemäß § 52 VwGVG hat der Bf keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­ge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gabriele Saxinger