LVwG-850193/14/BMa/BZ

Linz, 16.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der L. GmbH, vertreten durch Mag. Dr. E.R., Rechtsanwalt in L., x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 24. Juni 2014, GZ: 0008427/2014, wegen Untersagung der Ausübung des Gastgewerbes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Eintragung in das Gewerbe-register und zur Verständigung über die Eintragung durch Übermittlung eines Auszuges aus dem Gewerberegister zurück-verwiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) die Ausübung des Gewerbes „Gastgewerbe“ untersagt, da festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen zur Gewerbeanmeldung, die mit 19. Februar 2014 erfolgte, nicht vorliegen. Als Rechtsgrundlagen wurden § 340 Abs. 3 iVm § 13 Abs. 3, § 14 Gewerbeordnung 1994 (GewO) angeführt.

 

1.2. Mit der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 7. Juli 2014, wurde die Aufhebung des Untersagungsbescheides beantragt.

 

1.3. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin.

 

Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im Übrigen wurde auch keine mündliche Verhandlung beantragt.

 

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

2.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

Die Bf hat mit 19. Februar 2014 auf elektronischem Weg das Gewerbe „Gastgewerbe (§ 111 Abs. 2 Z 3 GewO)“ am Standort L., x, angemeldet. Als Geschäftsführer wurde Herr M.D., geb. x, namhaft gemacht.

 

Mit E-Mail vom 25. April 2014 wurden folgende Unterlagen nachgereicht:

-      Strafregisterauszug aus dem Herkunftsland und beglaubigte deutsche Übersetzung

-      ausgefüllte und unterschriebene § 13 GewO-Erklärung

-      Bestätigung der Magistratsabteilung 25/Wien bezüglich Einreichung eines Antrages auf eine Anmeldebestätigung vom 24. April 2014

-      Reisepasskopie

 

Mit der Beschwerde vom 7. Juli 2014 wurde ein Nachweis, dass kein Gewerbeausschlussgrund hinsichtlich einer Konkursabweisung im Herkunftsland vorliegt, vorgelegt.

 

Mit E-Mail vom 9. Dezember 2014 hat die Magistratsabteilung 35, W., mitgeteilt, dass Herrn M.D., geb. 09.05.1971, mit 9. Dezember 2014 eine Anmeldebescheinigung für den Zweck „Selbstständiger“ erteilt wurde.

 

2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde ergibt und als unbestritten gilt.

 

2.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

2.3.1. Rechtsgrundlagen:

 

Gemäß § 339 Abs. 1 (GewO) hat, wer ein Gewerbe ausüben will, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.

Nach Abs. 2 hat die Anmeldung die genaue Bezeichnung des Gewerbes und des für die Ausübung in Aussicht genommenen Standortes zu enthalten. …

Nach Abs. 3 sind der Anmeldung folgende Belege anzuschließen:

1.   Urkunden, die dem Nachweis über Vor- und Familiennamen der Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit dienen,

2.   falls ein Befähigungsnachweis für das betreffende Gewerbe vorgeschrieben ist, die entsprechenden Belege, im Fall des § 16 Abs. 1 zweiter Satz die Anzeige der erfolgten Bestellung eines Geschäftsführers und

3.   ein Auszug aus dem Firmenbuch, der nicht älter als sechs Monate sein darf, falls eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft die Anmeldung erstattet und der Anmelder den Firmenbuchauszug nicht bei der Behörde gemäß § 365g einholt.

 

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn

1.   das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und

2.   der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Das gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.

 

Nach § 14 Abs. 1 leg. cit. dürfen ausländische Personen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. Angehörige von Staaten, mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen wurde, Personen, denen Asyl gewährt wird, oder Staatenlose dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den für sie in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits in Österreich aufhalten dürfen. Für Drittstaatsangehörige, die noch nicht rechtmäßig aufhältig sind (Erstantragsteller) und in Österreich ein Gewerbe ausüben wollen, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, zur rechtmäßigen Ausübung dieses Gewerbes erforderlich.

 

Nach § 111 Abs. 2 Z 3 GewO bedarf es für die Verabreichung von Speisen in einfacher Art und den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden, keines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe (§ 94 Z 26). 

 

Gemäß § 340 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde aufgrund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das Gewerberegister einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem Gewerberegister von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

 

Abs. 3 besagt: Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde – unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 – dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

 

2.3.2.1. Bei dem in der Gewerbeanmeldung bezeichneten Gewerbe (Gastgewerbe gemäß § 111 Abs. 2 Z 3 GewO) handelt es sich um ein freies Gewerbe.

 

2.3.2.2. Herr M.D. hat in der Gewerbeanmeldung das Gewerbe und den Standort genau bezeichnet. Ferner hat er eine Kopie seines Reisepasses (als Urkunde, die als Nachweis über Vor- und Familiennamen, Alter und Staatsangehörigkeit dient), einen Firmenbuchauszug, eine unterzeichnete Erklärung nach § 13 GewO, einen Befähigungsnachweis, einen Strafregisterauszug aus dem Herkunftsland sowie eine Bestätigung über Insolvenzfreiheit aus dem Herkunftsland, jeweils in beglaubigter deutscher Übersetzung, vorgelegt.

 

2.3.2.3. § 14 Abs. 1 regelt die Gewerberechtsfähigkeit von ausländischen natürlichen Personen.

Rechtliche Bedeutung kommt § 14 vor allem in Bezug auf Angehörige von Staaten zu, die nicht EU-Mitgliedsstaaten bzw. EWR-Vertragsstaaten sind. Für Angehörige der EU-Mitgliedsstaaten gelten die primärrechtliche Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und die (in Umsetzung der QualifikationsRL 2005/36/EG) erlassenen §§ 373c ff, bei denen es vor allem um die gegenseitige „Anerkennung von Ausbildungsnachweisen“ geht (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO-Kommentar3 § 14 Rz 1).

 

Auch bereits den Materialien zur GewO-Novelle 111/2002 ist Folgendes zu entnehmen: „Für Staatsangehörige der EWR-Vertragspartner, für die nach der derzeitigen Regelung des § 373b der Nachweis der Gegenseitigkeit entfällt, wird ausdrücklich normiert, dass sie Gewerbe wie Inländer ausüben dürfen, obgleich sich dies auch bereits aus der Regelung des § 14 Abs. 1 erster Satz ergibt. Der Entfall der Gegenseitigkeit stellt auch in der Praxis eine erhebliche Verwaltungsentlastung dar.“ (vgl. RV 1117 BlgNR 21. GP, 74f).

 

Nach § 14 Abs. 1 S 1 GewO dürfen ausländische natürliche Personen Gewerbe – sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt – wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. Solche Staatsverträge sind zB. der EWR-Vertrag, BGBl 1993/909 sowie der EU-Beitrittsvertrag, BGBl. 1995/45; mit letzterem Staatsvertrag wurde die Republik Österreich Mitglied des primärrechtlichen Regelwerks der EU, also insbesondere auch des AEUV (vormals: EGV) und damit der primärrechtlichen Gewährleistungen der Warenverkehrs-, Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Die Bestimmungen des § 14 sind daher grundsätzlich nur auf Drittstaatsangehörige, also auf Fremde, anwendbar, die nicht EWR-Bürger sind (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO-Kommentar3 § 14 Rz 6).

 

Herr M.D. ist als griechischer Staatsangehöriger EU-Bürger.

 

Aus den Materialien zur GewO-Novelle 2002 und der zitierten Literatur erhellt, dass die Vorlage einer Anmeldebescheinigung verfahrensgegenständlich nicht erforderlich ist, da sich Herr M.D. auf die unmittelbar anwendbare Niederlassungsfreiheit berufen kann.

 

Überdies wurde zwischenzeitlich die Anmeldebescheinigung durch die Magistratsabteilung 35, W., erteilt.

 

2.3.2.4. Im Ergebnis war daher der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Eintragung in das Gewerberegister und zur Verständigung über die Eintragung durch Übermittlung eines Auszuges aus dem Gewerberegister zurückzuverweisen.

 

 

3. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann