LVwG-750245/13/SR/SPE

Linz, 23.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des P U, geboren am x, vertreten durch S, Anwaltssocietät, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Dezember 2014, GZ: LL/4713, mit dem ein Waffenverbot gemäß § 12 Waffengesetz ausgesprochen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 13. Februar 2015

 

zu Recht   e r k a n n t:

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013, wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als das in Rede stehende Waffenverbot aufgehoben wird.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.               

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Bescheid vom 15. Dezember 2014, GZ: LL/4713, über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ein Verbot über den Besitz von Waffen und Munition gemäß § 12 Abs.1 Waffengesetz 1996 (WaffG), BGBl. I Nr. 12/1997 idF BGBl. I Nr. 161/2013, in Verbindung mit § 58 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF ausgesprochen.

 

Begründend führt die belangte Behörde in ihrem Bescheid wie folgt zum Sachverhalt aus:

 

Lt. Berichterstattung der Polizeiinspektion Ansfelden vom 28.11.2014, GZ. A3/22202/2014, erstattete D. H. (Betreiber des O.) Am 28.11.2014, um ca. 01:03 Uhr Anzeige über eine gefährliche Drohung durch Sie. Er gab an, dass Sie eine Waffe bei sich getragen und das Lokal bereits verlassen hätten.

Bei der Befragung des Herrn D gab dieser an, dass er Ihnen keinen Alkohol mehr habe ausschenken wollen, da Sie bereits offensichtlich betrunken gewesen wären. Als D auf die Toilette gegangen sei, wären Sie ihm gefolgt. In der Toilette hätten Sie sodann Ihre Jacke nach hinten geschoben und D eine Faustfeuerwaffe gezeigt, welche Sie an einem Holster trugen. Dabei haben Sie D wörtlich gefragt: „Was willst Burschi?". Danach hätten Sie das Lokal verlassen.

 

Von den ermittelnden Beamten konnte in Ihrem Wohnhaus wahrgenommen werden, dass Sie Ihre

Pistole der Marke Glock in einem Kasten direkt bei der Haustüre versteckten.

Aufgrund des Vorfalls wurde gegen Sie ein vorläufiges Waffenverbot gem. § 13 Waffengesetz 1996 ausgesprochen.

Einen freiwilligen Alkoholtest verweigerten Sie. Für die Beamten waren allerdings deutliche Anzeichen einer Alkoholisierung erkennbar (lallende Aussprache, gerötete Bindehäute und deutlicher Alkoholgeruch).

 

Ihre Angaben zum Vorfall sind dahingehend, dass Sie tagsüber in einer Schießanlage gewesen wären. Am Nachhauseweg seien Sie noch in das Lokal „O" gegangen. Da Sie die Waffe nicht im Auto lassen wollten, hätten Sie sie an einem Holster im Lokal geführt. Die Faustfeuerwaffe hätten Sie dem Lokalbetreiber nicht absichtlich gezeigt. Es stimme auch, dass Sie betrunken gewesen wären, nichtsdestotrotz hätten Sie auf Ihre F aufgepasst und somit alles richtig gemacht.

 

Auf Grund des angeführten Sachverhaltes und der Tatsache, dass Sie in alkoholisiertem Zustand eine Waffe geführt haben, obwohl Ihnen dafür die erforderliche Befugnis fehlt, muss angenommen werden, dass Sie die angeführten Rechtsgüter durch die missbräuchliche Verwendung von Waffen gefährden könnten.

Es ist Ihnen daher der Besitz von Waffen und Munition zu verbieten.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende durch den rechtsfreundlich vertretenen Bf rechtzeitig am 14. Jänner 2015 eingebrachte Beschwerde.

 

 

Begründend führt der Bf wie folgt aus:

 

Der angefochtene Bescheid, mit welchem der Besitz von Waffen und Munition verboten wird, wird in vollem Umfang bekämpft, dies insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der Einschreiter in seinem Recht auf Unterbleiben des Ausspruchs eines Waffenverbots bei mangelndem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt wird.

 

I. Sachverhalt:

 

Korrespondierend mit der Aussage des Einschreiters bei der Polizeiinspektion Ansfelden am 04.12.2014 (GZ B6/22202/2014) wird der Sachverhalt wie folgt richtig dargestellt:

 

„Ich bin seit 25 Jahren im Besitz einer Waffenbesitzkarte Nr. x und einer Faustfeuerwaffe A.. Ich bin immer sorgfältig damit umgegangen und es hat diesbezüglich noch nie Probleme gegeben. Gleichzeitig habe ich einen Waffenführerschein; Um Besitz eines Waffenpasses bin ich allerdings nicht.

 

Am 26igsten November 2014 war ich am Schießstand beim Waffenhändler W in x in der x um meinen Waffenführerschein zu verlängern. Dies kann ich auch belegen.

 

Am 27igsten November 2014 habe ich in der Folge eine Faustfeuerwaffe Glock 19 Generation IV mit der Nr. x auch beim Waffenhändler x gekauft und abgeholt. Dies war am Vormittag. Die genaue Uhrzeit kann ich aber nicht mehr nennen.

 

Anschließend habe ich die angeführte Glock in meinem Büro in x (Fa A.) verschlossen verwahrt.

 

Bis um 24:00 Uhr habe ich dann auch in meiner Firma gearbeitet. Die Glock hatte ich die ganze Zeit in meinem Büro in einer versperrbaren Blechlade verwahrt.

 

Beim Transport der angekauften Waffe nach Hause bin ich nach 24:00 Uhr dann noch in das „O" gefahren, um etwas zu trinken. Dieses Lokal liegt am Weg zu mir nach Hause. Bis zum Betreten des Lokals habe ich an diesem Tag keinen Alkohol getrunken.

 

Da ich die Glock nicht im Auto liegen lassen wollte, habe ich sie mit in das Lokal genommen. Ich habe sie dabei an meinem Holster unter der Softshelljacke getragen. Die Waffe war ungeladen. Es war kein Magazin angesteckt.

 

Ich gehe geschätzte 10 Mal pro Jahr in dieser Lokal. Den Besitzer (H.) kenne ich schon lange. Wir sind uns persönlich bekannt, sind aber nicht befreundet. Das Lokal ist ein Raucherlokal.

 

Im Lokal habe ich ein kleines Bier konsumiert. Im Lokal befanden sich wenige Personen außer mir und dem Betreiber. Wie viele es waren kann ich nicht sagen, da ich sie nicht gezählt habe.

 

Ich habe Kontaktlinsen getragen.

Als ich mir ein zweites Bier bestellen wollte, hat dies der Betreiber D. H. verneint. Er wollte mir kein zweites Bier mehr ausschenken. Warum er mir kein zweites Bier ausschenken wollte hat er mir nicht gesagt.

 

Dann habe ich das eine konsumierte Bier bezahlt, habe ausgeraucht und bin auf die Toilette gegangen, um zu urinieren.

 

D befand sich bereits in der WC Anlage. Dies habe ich aber beim Betreten der Toilette nicht gewusst.

 

In der Toilette habe ich meine Jacke geöffnet da ich urinieren wollte. D. stand am zweiten WC neben mir. Ich stand somit links neben D. Unterhalten haben wir uns dabei nicht.

 

Mir ist dann aufgefallen, dass D. mich angeblickt hat. Ich fragte ihn : „Was ist?" Er war aber nicht erschrocken. Ich habe auch nach unten gesehen und mir ist gleich aufgefallen, dass D. meine Faustfeuerwaffe gesehen haben muss. Er konnte aber sicher nicht die ganze Waffe, sondern nur einen Teil der Glock sehen.

 

Da ich aber wusste was er gesehen hatte, wollte ich kein Aufsehen erregen, habe mich von ihm verabschiedet und habe das Lokal unverzüglich verlassen.

 

„Burschi" habe ich ihn nie genannt. Ich habe ihm auch mit Sicherheit die Waffe nicht absichtlich gezeigt.

 

Danach bin ich nach Hause gefahren.

 

Zu Hause habe ich vorerst gegessen. Zum Essen habe ich eine Flasche (halber Liter) Bier getrunken.

 

Danach habe ich ein Magazin der Glock geladen und habe das Magazin angesteckt. Ich habe einmal durchgezogen und somit befand sich auch eine Patrone im Laderaum.

 

Als ich die Glock gerade vom Wohnzimmer in das Schlafzimmer tragen wollte, hat es an der Türe geklopft. Im Schlafzimmer befindet sich der Tresor in welchem ich meine Waffen aufbewahre.

 

Ich hatte die Waffe noch in der Hand als mir eine Person draußen vor der Türe sagte, dass er von der Polizei sei. Darum habe ich die Waffe in eine Lade neben der Türe abgelegt, da ich sie beim Türöffnen nicht in der Hand halten wollte. Ich habe sie aber nicht versteckt. Danach habe ich die Türe geöffnet.

 

Mir wurden danach beide Faustfeuerwaffen, die dazugehörige Munition, meine Waffenbesitzkarte, der Waffenführerschein und Zubehör für die Glock abgenommen.

 

Mir wurde erklärt, dass gegen mich ein vorläufiges Waffenverbot ausgesprochen wurde. Den Waffenführerschein und das Zubehör für die Glock habe ich von einer Beamtin an 29igsten November wieder ausgefolgt bekommen.

Ich möchte noch sagen, dass ich in der Nacht des Vorfalls nicht betrunken war. Ich hatte ein kleines Bier konsumiert, war aber nicht betrunken. Die geröteten Bindehäute kamen davon, dass ich in einem Raucherlokal (O.) war und ich Kontaktlinsen tragen muss. Ich bekomme sogar rote Augen wenn ich zu lange am PC sitze.

 

Gelallt habe ich auch nicht. Ich war aber unruhig und müde als ich mit den Beamten sprach."

 

Mit Antrag vom 19.12.2014 wurde der belangten Behörde der korrekte Sachverhalt nochmals zur Kenntnis gebracht und beantragt, das vorläufig ausgesprochene Waffenverbot aufzuheben und dem Einschreiter seine Waffen zu retournieren.

 

Die belangte Behörde verhängte den genannten Bescheid vom 15.12.2014, mit welchem dem Einschreiter der Besitz von Waffen und Munition verboten wurde. Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde.

 

II. Gründe für die Rechtswidrigkeit:

 

1. Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

 

Die belangte Behörde setzt sich mit dem vorhandenen Sachverhalt in keiner Weise auseinander, sondern verlässt sich einzig und allein auf die Berichterstattung der Polizeiinspektion Ansfelden vom 28.11.2014. Dass der Einschreiter in der Folge den Sachverhalt aus seiner Sicht zu Protokoll gegeben hat, ist der belangten Behörde offensichtlich gar nicht bekannt. Hinzu kommt, dass eine Einvernahme des Einschreiters im vorliegenden Verfahren vollkommen unterfassen wurde.

 

Vor dem Hintergrund des Amtswegigkeitsprinzips hätte die belangte Behörde dem Einschreiter zumindest Gelegenheit geben müssen, sich zu äußern. Selbst dies wurde ihm nicht zugestanden. Wie der von der Erstbehörde festgestellte Sachverhalt erkennen lässt, hat die belangte Behörde offensichtlich auch in wesentliche Teile des Polizeiakts keine Einsicht genommen. Wäre dies durchgeführt worden, so hätte die belangte Behörde auf Basis der vorliegenden Lichtbilder erkannt, dass der Einschreiter die bezughabende Faustfeuerwaffe in keiner Weise „versteckt" hat.

 

Die Behörde hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt amtswegig zu ermitteln, wobei ihr auch die Verpflichtung obliegt, alle ihr sich bietenden Erkenntnisquellen sorgfältig auszuschöpfen und insbesondere alle Umstände zu erheben, die sich nach der Sachlage anbieten oder als sachdienlich erweisen könnten (VwGH 28. März 2006; 2005/03/0101).

 

Auch hätte die belangte Behörde in den gesamten Akt B 6/22202/2014 der Polizeiinspektion Ansfelden sowie den Akt 41 BAZ 1181/14a der Staatsanwaltschaft Linz Einsicht nehmen müssen, um die vorliegende Rechtssache abschließend beurteilen zu können. Gemäß dem bekämpften Bescheid wurde dies nicht durchgeführt.

 

Zumal all dies missachtet wurde, liegt eine wider die rechtsstaatlichen Prinzipien vorgenommene antizipierte Beweiswürdigung vor, sodass der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet ist.

2. unrichtige Feststellungen:

 

Insbesondere aufgrund der beschriebenen antizipierten Beweiswürdigung stellt die belangte Behörde den Sachverhalt unrichtig fest.

 

Es entspricht keineswegs den Tatsachen, dass der Einschreiter am 28.11.2014 dem Zeugen K auf der Toilette die Faustfeuerwaffe gezeigt habe, indem er seine Jacke nach hinten geschoben und zudem wörtlich gefragt habe „Was willst, Burschi?'.

 

Wie der Einvernahme des Einschreiters bei der Polizei am 04.12.2014 entnommen werden kann, hat dieser den K. de facto gefragt, „was denn sef. Es ist wohl mehr als verständlich, dass im Falle des - auch offensichtlich vom Zeugen D. unbestrittenen - Herüberblickens auf dem Pissoir eine Nachfrage betreffend der Gründe getätigt wird. Ein derartiges Herüberblicken kann durchaus als unüblich bezeichnet werden. Wie der Einschreiter auch unmissverständlich festgehalten hat, ist die Bezeichnung „Burschi" nicht Bestandteil der seinerseits verwendeten Diktion. Auch ein absichtliches Zeigen der Waffe hat nicht stattgefunden, was die Behörde bei ordnungsgemäßer Ermittlung des Sachverhalts entsprechend festzustellen gehabt hätte.

 

Hinzu kommt, dass eine Alkoholisierung des Einschreiters in keiner Weise vorlag. Wie dieser ausdrücklich geschildert hat, konsumierte er im Lokal lediglich ein kleines Bier und zu Hause zum Essen eine weitere Flasche.

 

Um die Gründe für das Führen der ungeladenen Waffe zu erläutern, ist auszuführen, dass der Einschreiter dies gerade zu dem Zweck durchgeführt hat, um eine Gefahrensituation zu vermeiden. Er wollte die - am selben Tag erstandene - Waffe schlichtweg nicht gemeinsam mit der Munition im versperrten Auto belassen, weshalb er sie im Waffenhalfter unter der Jacke mit sich ins Lokal getragen hat.

 

Dass der Einschreiter eine bedrohliche Situation in keiner Weise zu verantworten hat, zeigt auch der Umstand, dass der Zeuge D. die Waffe „zufällig" entdeckt hat, als er auf dem Urinal einen Blick zum Einschreiter wagte und so erkannte, dass die Waffe unter der Jacke hervorragte. Eine Bedrohung hat - wie der glaubwürdigen Aussage des Einschreiters bei der Polizei entnommen werden kann - zu keiner Zeit stattgefunden. Auch eine Gefahrensituation hat der Einschreiter, zumal er lediglich die ungeladene Waffe aus Sicherheitsgründen bei sich trug, nicht ausgelöst.

 

Hätte die belangte Behörde die Argumente des Einschreiters richtig gewürdigt, so wäre sie schlussendlich auch zu dem Ergebnis gekommen, dass er auch nach seiner Rückkehr in seine Wohnung tunlichst jegliche Gefahrensituation vermeiden wollte. Es wäre wohl mehr als leichtfertig, bei einer polizeilichen Kontrolle mitten in der Nacht die Tür mit einer Waffe in der Hand zu öffnen. Zu diesem Zweck hat der Einschreiter die Faustfeuerwaffe - und dies ist seiner Einvernahme sowie den im Polizeiakt vorliegenden Lichtbildern eindrücklich zu entnehmen - in einer Lade neben der Türe abgelegt.

 

Hätte die belangte Behörde den Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt, so wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass eine missbräuchliche Verwendung von Waffen durch den Einschreiter nicht stattgefunden hat und Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit und Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum nicht gefährdet worden sind.

 

Der fehlerhaft festgestellte Sachverhalt ist auf ein unzureichendes Ermittlungsverfahren zurückzuführen, was die Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides zusätzlich bekräftigt.

 

3. unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Unabhängig von den oben ausgeführten Mangelhaftigkeiten beurteilt die belangte Behörde auch die Voraussetzungen der Verhängung eines Waffenverbots in unrichtiger Art und Weise.

 

Gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetzt 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Wie sich aus dem behördlichen Akt ergibt, hat der Einschreiter seit dem Jahr 1989 eine Waffenbesitzkarte inne. Er ist unbescholten und gab es in den vergangenen 25 Jahren keinerlei Anlass, an seiner Verlässlichkeit zu zweifeln. Das anlassbezogene Strafverfahren wurde in der Zwischenzeit eingestellt. Gemäß einschlägiger Judikatur des VwGH (22. November 2001, 99/20/0125) ist bei der Gewichtung der Umstände, aus denen auf das Fehlen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit geschlossen werden soll, auch in diesen Fällen auf die vom Gesetzgeber für den Fall der Verurteilung gesetzten Maßstäbe Bedacht zu nehmen. Festzuhalten ist, dass das Verfahren bereits im Ermittlungsstatus eingestellt und von der Verfolgung zurückgetreten wurde. Dies wäre bei der Erlassung des bekämpften Bescheids jedenfalls zu berücksichtigen gewesen.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde daher zu dem Ergebnis kommen müssen, dass an der Verlässlichkeit des Einschreiters kein Zweifel zu hegen ist und bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen für die Verhängung des Waffenverbotes fehlen.

Darüber hinaus geht die belangte Behörde unrichtiger Weise davon aus, dass anzunehmen sei, der Einschreiter habe die angeführten Rechtsgüter (wobei die belangte Behörde diese nicht im Detail nennt) durch die missbräuchliche Verwendung von Waffen gefährden können. In einer Entscheidung, der ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde liegt, hat der VwGH ausgesprochen, dass das (bloße) Bei-Sich-Haben einer ungeladenen Faustfeuerwaffe, die bei einem schießsportlichen Wettbewerb auf einer behördlich genehmigten Schießstätte verwendet worden ist, im Rahmen einer mit dem Bewerb unmittelbar zusammenhängenden gesellschaftlichen Veranstaltung durch die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte gedeckt ist (VwGH 29. April 1985, 83/01/0238). Nichts anderes kann gelten, wenn eine ungeladene Waffe in einem Waffenhalfter unter einer Jacke im Zuge eines bloß kurze Zeit dauernden Aufenthalts während des Transports dieser Waffe in einem Lokal geführt wird. Schließlich ist eine Gefährdung der betreffenden Rechtsgüter durch das bloße Führen einer ungeladenen Waffe per se ausgeschlossen.

 

Da keinerlei Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen können, dass der Einschreiter Waffen missbräuchlich verwenden könnte, ist ein Waffenverbot gem. § 12 Waffengesetz nicht zulässig.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde daher zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Verhängung eines Waffenverbots zu unterbleiben hat.

Es werden sohin gestellt nachstehende

 

Abschließend wurde die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 19. Jänner 2015 zur Entscheidung vor.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat für den 13. Februar 2015 eine öffentliche Verhandlung anberaumt, hiezu die Verfahrensparteien und die Zeugen BezInsp K. C. (Zeuge 1), RvInsp M. E. und H. D. (Zeuge 2) geladen.

 

Die belangte Behörde hat sich telefonisch entschuldigt und ist der Verhandlung ferngeblieben. Auf die Einvernahme des Zeugen RvInsp M. E. wurde verzichtet.

 

5. Das Landesgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf hat am 27. November 2014 in den Vormittagsstunden die verfahrensgegenständliche Faustfeuerwaffe (Glock) samt Munition gekauft, sich anschließend zu seinem Firmensitz begeben und die Glock in einem versperrbaren Rollcontainer deponiert. Im Hinblick auf das Monatsende hat der Bf bis ca. Mitternacht gearbeitet.

 

Am Nachhauseweg stellte er fest, dass er nur noch über wenige Zigaretten verfügt und daher beim Lokal „O.“, das sich direkt am Nachhauseweg befindet, angehalten. Im, wenige Minuten von der Wohnung entfernten, Lokal wollte sich der Bf neben den Zigaretten auch ein Bier kaufen. Die im Originalkunststoffbehälter transportierte Glock wollte der Bf nicht neben der Munition im Fahrzeug belassen und hat daher die Glock mitgenommen. Ob das Magazin auch im Fahrzeug verblieben ist, konnte nicht festgestellt werden. Beim Betreten des Lokals führte der Bf die Glock in einem Gürtelholster an der rechten Körperseite. Bedingt durch eine geschlossene Softshelljacke konnte weder der Holster noch die Glock gesehen werden.

 

Im Lokal hat der Bf zumindest ein kleines Bier getrunken und geraucht. Ob der Bf auch noch eine Halbe getrunken hat und ihm vom Anzeiger (Zeuge 2) erst die weitere Halbe verweigert worden ist, kann ebenso wenig festgestellt werden wie eine allfällige Alkoholisierung. Jedenfalls wurde der Ausschank eines weiteren Biers verweigert, weil der Zeuge 2 das Verhalten des Bf als „ungut“ empfunden hat.

 

Nach dem Rauchen suchte der Bf die Toilette auf. Zuvor hatte sich bereits der Zeuge 2 auf die Toilette begeben. Beim Betreten stand der Zeuge 2 vor dem rechten der beiden Urinals. Der Bf trat an das linke Urinal, öffnete seine Jacke und drehte sich in Richtung Zeuge 2. Dieser konnte dadurch die am Gürtelholster getragene (als Glock erkannte) Faustfeuerwaffe sehen. Ob der Bf die Worte „was ist“ oder „was willst Burschi“ von sich gegeben hat, kann nicht festgestellt werden. Monate nach dem Vorfall vermeinte der Zeuge 2 in der öffentlichen Verhandlung, dass sich der Bf der Worte „Burli aufpassen, sonst puff i di um.“ bedient habe. Der einschreitende Polizeibeamte (Zeuge 1) hat in der Berichterstattung vom 28. November 2014 die Angaben des Zeugen 2 festgehalten und dabei ausgeführt, dass der Bf den Zeugen 2 „wörtlich gefragt“ habe: „Was willst Burschi“.

 

Im Anschluss an die Äußerung hat der Bf die Toilette und das Lokal verlassen. Der Zeuge 2 nahm diese Frage als gefährliche Drohung wahr und hat unmittelbar danach die Polizei verständigt.

 

Der Zeuge 1 hat die Angaben des aufgebrachten und nervösen Zeugen 2 aufgenommen. Da sich aus den Schilderungen des Zeugen 2 kein strafbarer Tatbestand ergeben hat, wurde vom Zeugen 1 keine Anzeige nach dem StGB erstattet.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.

 

II.             

 

Abgesehen von der auf der Toilette getätigten Äußerung des Bf ergaben sich in der öffentlichen Verhandlung keine nennenswerten Unterschiede der Darstellungen. Der einschreitende Polizeibeamte hat glaubwürdig die Amtshandlung geschildert. Auf Grund seiner Aussagen in der öffentlichen Verhandlung ist auch nachvollziehbar, warum er keine Anzeige nach dem StGB gegen den Bf erstattet hat. Wie der Sachverhaltsdarstellung in der Berichterstattung vom 28. November 2014 zu entnehmen ist, war es nach den Angaben des Anzeigers zu keiner gefährlichen Drohung gekommen. Dass der Zeuge 2 nervös und aufgebracht war, ist im Hinblick auf die Äußerung des Bf im Zusammenhang mit dem Führen einer Faustfeuerwaffe verständlich. Der nunmehr drastischer geschilderte Geschehensablauf war bezogen auf die beinahe übereinstimmenden Angaben des Zeugen 1 und des Bf als weniger glaubhaft einzustufen. Vermutlich beurteilt der Zeuge 2 im Rückblick den Vorfall nach mehrfachem Erzählen als dramatischer und misst dem Auftreten des Bf mehr Gefährdungspotential bei als unmittelbar nach seiner Äußerung und der Aufnahme durch die Polizei.

 

III.            

 

1. Gemäß § 12. Abs. 1 Waffengesetz 1996, BGBl I 12/1997 idF 161/2013 (in der Folge: WaffG) hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Nach § 12 Abs. 3 WaffG hat eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes gelten

            1.         die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen;

            2.         die im Abs. 2 Z 2 angeführten Urkunden als entzogen.

 

2.1. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß § 12 Abs. 1 WaffG für die Verhängung eines Waffenverbotes gegeben sind.

 

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs. 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte.

 

Zur Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbots nach § 12 Abs. 1 WaffG vorliegen, ist es auch nicht entscheidend, ob die Strafverfolgungsbehörde wegen des strittigen Vorfalls von einer Verfolgung, allenfalls nach diversionellem Vorgehen, Abstand genommen hat, weil diese Entscheidung für die Waffenbehörde keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. etwa VwGH vom 30. Jänner 2014, 2013/03/0154, und VwGH vom 19. März 2013, 2012/03/0180).

 

Bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist im Hinblick auf den dem WaffG (allgemein) innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist daher nicht restriktiv auszulegen (vgl. ua. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, Zl. 2014/03/0063). Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen. Die Erlassung eines Waffenverbotes liegt somit nicht im Ermessen der Behörde (vgl. auch VwGH vom 18. Mai 2011, 2008/03/0011, und VwGH vom 27. November 2012, 2012/03/0134).

 

Im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG muss der Bf Tatsachen also gesetzt haben, die die Annahme rechtfertigen, dass er durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine besonders qualifizierte missbräuchliche Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Entscheidend für die Verhängung eines Waffenverbotes ist es, ob der von der Behörde angenommene Sachverhalt "bestimmte Tatsachen" iSd § 12 Abs. 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Demgegenüber ist die Versagung bzw. der Entzug waffenrechtlicher Urkunden (vgl. § 21 Abs. 1 bzw. § 25 Abs. 3 WaffG) schon bei fehlender waffenrechtlicher Verlässlichkeit (vgl. § 8 WaffG) gerechtfertigt, die insofern an andere, weniger strenge Anforderungen geknüpft sind (vgl. etwa VwGH vom 28. November 2013, 2013/03/0084).

 

2.2. Unbestritten hat der Bf die verfahrensgegenständliche Faustfeuerwaffe (Glock) beim Betreten des Lokals unter der geschlossenen Softshelljacke am Gürtelholster getragen.

 

Alleine aus dem Umstand, dass beim Toilettenbesuch nach dem Öffnen der Softshelljacke die Faustfeuerwaffe zum Vorschein gekommen ist, kann nicht auf eine missbräuchliche Verwendung dieser geschlossen werden. Selbst wenn man der ursprünglichen Aussage des Privatanzeigers folgte, wonach der Bf ihm gegenüber gesagt habe „Was willst Burschi“, und diese in Zusammenhang mit der geöffneten Jacke und der hervorragenden Faustfeuerwaffe setzt, lässt sich bei einer Gesamtbetrachtung nicht die Annahme rechtfertigen, dass der Bf durch eine missbräuchliche Verwendung der Faustfeuerwaffe das Leben, die Gesundheit oder sonstiges in § 12 Abs. 1 WaffG genanntes Rechtsgut gefährden könnte.

Auch wenn das Verhalten des Bf in dieser besonderen Konstellation auf den Privatanzeiger vorerst bedrohlich gewirkt haben mag, kann die zeitnahe subjektive Wahrnehmung des Privatanzeigers für sich allein nicht zu einer derartigen Annahme führen.

 

Für das Nichtvorhandensein bestimmter Tatsachen im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG spricht auch die Dauer des Aufenthaltes des Bf in der Toilette. Den einzelnen Darstellungen folgend kann dieser nur im Minutenbereich gelegen sein. Der Bf hat sich, nachdem der Privatanzeiger die Faustfeuerwaffe bemerkt und mit der Äußerung „was ist“ bzw. „was willst Burschi“ konfrontiert worden war, umgedreht und unverzüglich die Toilette und das Lokal verlassen.

 

2.3. Abstellend auf den vorliegenden Sachverhalt und unter Berücksichtigung der oa Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG im vorliegenden Fall nicht erfüllt. 

 

3. Es war also im Ergebnis der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben, als das in Rede stehende Waffenverbot aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Stierschneider