LVwG-650099/32/Py/Bb

Linz, 12.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin           Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des M. S., geb. x, x, vom 4. April 2014, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr, vom 18. März 2014, GZ 13/418128, betreffend Abweisung des Antrages auf (Wieder-)Erteilung der Lenkberechtigung der Klassen AM, A, B, BE, C1, C, C1E, CE und F mangels gesundheitlicher Eignung, nach Durchführung ergänzender Erhebungen,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als der Ausspruch über die Abweisung des Antrages auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, A, B, BE und F behoben und die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers der Gruppe 1 unter folgenden Auflagen eingeschränkt wird:

 

-      Zeitliche Befristung auf ein Jahr bis 20. Februar 2016,

 

-      ärztliche Kontrolluntersuchungen der Laborparameter (CDT, MCV, Gamma-GT und Cholinesterasen) vier Mal innerhalb des Befristungszeitraumes über schriftliche Aufforderung der Führerscheinbehörde und Vorlage der entsprechenden Befunde binnen einer Woche nach Aufforderung an die Behörde,

 

-      amtsärztliche Nachuntersuchung bis spätestens 20. Februar 2016 unter Vorlage einer fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme sowie

 

-      Tragen einer Sehbrille beim Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1

 

II.         Hinsichtlich Gruppe 2 (Klassen C1, C, C1E und CE) wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene behördliche Bescheid diesbezüglich bestätigt.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1) Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr (im Folgenden: belangte Behörde) vom 18. März 2014, GZ 12/418128, wurde der Antrag des M. S. (des nunmehrigen Beschwerdeführers – im Folgenden kurz: Bf) vom 10. Oktober 2013 auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Klassen AM, A, B, BE, C1, C, C1E, CE und F mangels gesundheitlicher Eignung (§ 3 Abs. 1 Z 3 FSG) gemäß §§ 24 Abs. 1 Z 1 iVm 3 Abs. 1 Z3 und 8 FSG abgewiesen.

Einer allfälligen Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Dieser Bescheid stützt sich im Wesentlichen auf das negative polizeiärztliche Gutachten nach § 8 FSG vom 12. März 2014, den diesem zugrundeliegenden Laborbefund vom 25. Februar 2014, die fachärztlich-psychiatrische Stellungnahme vom 10. Jänner 2014 sowie die negative verkehrspsychologische Stellungnahme vom 20. Dezember 2013.

 

I.2) Gegen diesen Bescheid, mündlich verkündet am 18. März 2014, wurde durch den Bf frist­gerecht die Beschwerde vom 4. April 2014 erhoben, mit welcher sich der Bf im Wesentlichen gegen die verkehrspsychologische Stellungnahme und das polizeiärztliche Gutachten wendet.

 

Begründend führt er an, dass sich der Spruch des Gutachtens des Polizeiarztes auf ein falsches verkehrspsychologisches Gutachten beziehe. Dieses sei mehrmals via E-Mail beeinsprucht worden, jedoch habe es hierauf keinerlei Reaktion gegeben. Das psychiatrische Gutachten von Prim. Dr. E. L. als auch der Laborbefund würden eine Wiedererteilung befürworten, seien aber bei der Entscheidung vom Polizeiarzt unbehelligt geblieben.

Seines Erachtens habe die Behörde im Zuge der Beweisführung nach freier Überzeugung das Gutachten von Dr. L. nicht als (ausreichende) verkehrspsychologische Stellungnahme, welche von einer vom Verkehrsminister ermächtigten verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 19 Abs. 1 FSG-GV erstellt worden sei, anerkannt.

Nach § 18 Abs. 3 FSG-GV sei zur Überprüfung der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung neben einem verkehrsbezogenen Persönlichkeitstest auch ein ausführliches Explorationsgespräch durchzuführen. Dieses dürfe nur von einem für Verkehrspsychologie qualifizierten Psychologen geführt werden oder, unter seiner Verantwortung und in seinem Beisein, von einem in Ausbildung zum Verkehrspsychologen befindlichen Psychologen.  

 

I.3) Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 9. April 2014, GZ 13/418128, ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungs­findung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

I.4) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Weiters wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die beigebrachte verkehrspsychologische Stellungnahme vom 29. Juli 2014, die fachärztlich-psychiatrische Stellungnahme vom 19. Dezember 2014, die Laborbefunde vom 28. Jänner 2015 und 2. Februar 2015 und Einholung eines aktuellen amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppen 1 und 2 der amtsärztlichen Sachverständigen des Amtes der Oö. Landeregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Gesundheit, Hofrätin Dr. X. vom 20. Februar 2015, GZ Ges-311535/7-2015-Wim/Kir, und Einsichtnahme in dieses Gutachten sowie Wahrung des Parteiengehörs.

 

I.4a) Gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels gesonderten Antrages des Bf, der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund der nunmehr vorliegenden Gutachtenslage hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, unterbleiben. Dass dem Entfall der Verhandlung Art. 6 EMRK oder Art. 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt werden.

 

I.4b) Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ergibt sich folgender wesentlicher Sachverhalt:

 

Der am 31. Juli 1972 geborene Bf beantragte am 10. Oktober 2013 bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr, die Erteilung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 und 2 (Klassen AM, A, B, BE, C1, C, C1E, CE und F).

 

Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. März 2014, GZ 13/418128, abgewiesen. Die Entscheidung wurde mit dem Verweis auf das negative polizeiärztliche Gutachten vom 12. März  2014 begründet, welches sich im Ergebnis auf einen Laborbefund vom 25. Februar 2014, die fachärztlich-psychiatrische Stellungnahme vom 10. Jänner 2014, worin ein Missbrauch von Alkohol diagnostiziert wurde, sowie auf die negative verkehrspsychologische Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, wonach es dem Bf an der ausreichenden psychologischen Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehle, stützt. 

 

I.4c) Auf Grund des Vorbringens in seinem Rechtsmittel wurde dem Bf im Beschwerdeverfahren Gelegenheit geboten, dieser Gutachtenslage insofern entgegenzutreten, als er unter Fristsetzung zu einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung zugewiesen und zur Vorlage von Laborbefunden der alkoholspezifischen Laborparameter und einer fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme aufgefordert wurde.  

 

Die am 23. Juli 2014 bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle „I V“, x, durchgeführte verkehrspsychologische Untersuchung attestiert dem Bf nunmehr hinsichtlich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 eine bedingte Eignung. Zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ist der Bf auch nach dieser verkehrspsychologischen Untersuchung derzeit nicht geeignet. Begründend wurde in der Stellungnahme vom 29. Juli 2014 festgehalten, dass der Bf im Bereich der erhobenen kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen Sensomotorik und reaktive Belastbarkeit Schwächen aufweise, die übrigen Bereiche jedoch durchschnittlich bis überdurchschnittlich ausgeprägt seien, sodass er für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 insgesamt über eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfüge. Für das Lenken von Kraftfahrzeugen mit erhöhter Lenkerverantwortung (Gruppe 2) seien die festgestellten kraftfahrspezifischen Leistungsminderungen jedoch eignungsausschließend. Hinsichtlich der Befundlage zur Persönlichkeit stellte der Gutachter fest, dass sich der Bf bezüglich seiner bereits jahrelangen bestehenden Alkoholproblematik reflektiert und problembewusst gezeigt habe. In Anbetracht der von ihm zum Ausdruck gebrachten und unwiderlegbaren Alkoholabstinenz seit April letzten Jahres sei aktuell beim Bf die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung in ausreichendem Maß vorhanden. Vor Neuerteilung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 werde empfohlen, die geltend gemachte Alkoholkarenz mittels Vorlage aktueller Laborbefunde zu verifizieren. Da bei vorliegender Alkoholproblematik ein Rückfall noch nicht auszuschließen sei, wurde verkehrspsychologischerseits hinsichtlich Gruppe 1 eine Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr mit vierteljährlicher Kontrolle der alkoholsensitiven Leberfunktionsparameter angeraten. Eine neuerliche Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Bf im Hinblick der Gruppe 2 sei frühestens nach Ablauf eines Jahres ratsam, zumal ansonsten  mit keinen entscheidenden psychometrisch messbaren Verbesserungen zu rechnen sei. Bei weitergeführter Alkoholkarenz sei jedenfalls eine Regeneration der festgestellten Leistungsminderungen zu erwarten.

 

In der fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme vom 19. Dezember 2014, erstellt von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. E. H. L., x, wurde ein Alkoholmissbrauch des Bf diagnostiziert, wobei die Gefahr der Entwicklung eines Abhängigkeitssyndroms bestünde. Hiefür sprächen nach den Erläuterungen der Fachärztin die aktenkundige verminderte Kontrollfähigkeit und Toleranzentwicklung sowie die familiäre Belastung mit Suchterkrankungen. Der Bf sei angeblich seit April 2013 abstinent, der aktuelle neuropsychiatrische Befund sei unauffällig und auch Entzugssymptome seien nicht vorhanden. Die Prognose hinsichtlich weiterer Alkoholkarenz sei aufgrund des Verlaufes, der in der Exploration gezeigten Einsicht und des Problembewusstseins des Bf als günstig einzuschätzen. Beim Bf würden auch keine lenkerspezifischen Beeinträchtigungen bestehen, insbesondere seien Wachheit, Aufmerksamkeit, Konzentration, Auffassung, Realitätsbezug, Merkfähigkeit, Stimmung, Psychomotorik und Antrieb ungestört. Die psychiatrische Einschätzung der Persönlichkeitsmerkmale sei günstig, dies decke sich auch mit den Ausführungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme. Von psychiatrischer Seite sei daher die Fahrtauglichkeit des Bf gegeben. Zur Unterstützung einer hinsichtlich Alkoholkonsum verantwortlichen Lebensführung und, um die Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit vorzubeugen, wurden regelmäßige sechsmonatige ärztliche Kontrollen des CDT-Wertes oder ähnliche Verfahren zur Langzeitbeurteilung des Alkoholkonsums jeweils nach kurzfristiger Benachrichtigung sowie der Besuch einer Beratungsstelle für Alkoholkranke empfohlen.

 

In den beigebrachten Laborbefunden zeigten sich die entsprechenden alkoholspezifischen Laborparameter im Normbereich und auch eine Haaruntersuchung beim Bf brachte ein negatives Ergebnis auf Ethylglucuronid.

 

Das im Anschluss erstattete amtsärztliche Gutachten nach § 8 FSG der mit dem Vorgang befassten amtsärztlichen Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Gesundheit, Dr. x vom 20. Februar 2015, GZ Ges-311535/7-2015-Wim/Kir, kommt nunmehr zum Schluss, dass der Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 „befristet geeignet“ und hinsichtlich Gruppe 2 derzeit jedoch gesundheitlich „nicht geeignet“ ist. Unter Berücksichtigung sämtlicher zugrundeliegender Befunde, Stellungnahmen und Gutachten empfahl die Amtsärztin hinsichtlich Gruppe 1 eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung von einem Jahr und schlug als Auflagen ärztliche Kontrolluntersuchungen der alkoholrelevanten Laborparameter CDT, MCV, Gamma-GT und Cholinesterasen vier Mal jährlich auf Abruf und Vorlage der entsprechenden Befunde binnen einer Woche an die Behörde, eine amtsärztliche Nachuntersuchung unter Vorlage einer fachärztlich-psychiatrischen Stellungnahme in einem Jahr sowie den regelmäßigen Besuch einer Alkoholberatungsstelle und Vorlage der entsprechenden Bestätigungen an die Behörde und die Verwendung einer Brille beim Lenken von Kraftfahrzeugen vor. Das Ergebnis des Gutachtens begründete sie im Wesentlichen mit dem beim Bf fachärztlich diagnostizierten Alkoholmissbrauch, wobei aus den aktenkundigen Laborwerten seit nunmehr Juli 2014 eine Alkoholabstinenz des Bf abzuleiten sei.

 

Die Nichteignung des Bf für Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 begründete die Amtsärztin mit der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 29. Juli 2014, wonach der Bf Schwächen im Bereich der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen (Sensomotorik und reaktive Belastbarkeit) aufweise. Diese festgestellten Leistungsminderungen seien für Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 aufgrund der erhöhten Lenkerverantwortung als eignungsausschließend zu werten. Überdies sei auch der bisherige Abstinenzzeitraum des Bf noch zu kurz, um eine Eignung für Gruppe 2 annehmen zu können. Eine Neubeurteilung der Gruppe 2 – so die Amtsärztin – sei allenfalls nach Ablauf eines Jahres nach Vorlage weiterer alkoholspezifischer Laborparameter und einer aktuellen fachärztlich-psychiatrischen sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme möglich.

 

Dieses amtsärztliche Gutachten vom 20. Februar 2015 wurde den beiden Verfahrensparteien in Wahrung des Parteiengehörs nachweislich zur Kenntnis gebracht und wurden diese unter Einräumung einer Frist eingeladen, dazu Stellung zu nehmen.

 

Der Bf äußerte mit Schreiben vom 27. Februar 2015, dass er eine Abweisung der Beschwerde nicht gerechtfertigt fände, zumal nunmehr zahlreiche Befunde und Gutachten vorliegen würden, die ein „Alkoholproblem“ seinerseits dementieren würden. Abgesehen hievon könne er mindestens zehn Personen namhaft machen, die seine Abstinenz bestätigen könnten. Er bat auch, zu berücksichtigen, dass er auf seinen Führerschein angewiesen sei, um einer Beschäftigung nachgehen und seine Familie versorgen zu können. Ferner teilte er mit, am 9. März 2015 den ersten Termin bei einer Alkoholberatungsstelle des Landes Oberösterreich zu haben.

 

Die belangte Behörde erhob gegen das nunmehr vorliegende amtsärztliche Sachverständigengutachten keinen Einwand; behördlicherseits erfolgte bislang keinerlei Reaktion.

 

I.5) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

 

I.5a) Gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.   die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.   die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen. [...]

 

Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde gemäß § 8 Abs. 1 FSG ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs. 2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs. 3 Z 2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten „bedingt geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind. 

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs. 3 Z 4 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat das Gutachten „nicht geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten.

 

Gemäß § 8 Abs. 3a FSG ist die Dauer der Befristung vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen.

 

Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

Gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Werden in den Fällen der §§ 5 bis 16 ärztliche Kontrolluntersuchungen als Auflage vorgeschrieben, so dürfen diese gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Satz FSG-GV niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer amtsärztlichen Nachuntersuchung bei Ablauf dieser Befristung verfügt werden.

 

I.5b) Beim Bf besteht seit Jahren ein Missbrauch von Alkohol, wobei er offensichtlich zumindest seit Juli 2014 alkoholabstinent ist. Nach der nunmehr vorliegenden aktuellen amtsärztlichen Stellungnahme vom 20. Februar 2015, GZ Ges-311535/7-2015-Wim/Kir, ist seine Fahrtauglichkeit für die Führerscheingruppe 1 daher unter Einschränkungen und Auflagen gegeben, zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 ist der Bf hingegen derzeit gesundheitlich nicht geeignet.

 

Die amtsärztliche Sachverständige hat unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden fachärztlichen Stellungnahmen sowie Laborbefunden und einer Haaranalyse schlüssig dargelegt und begründet, dass aus amtsärztlicher Sicht aufgrund des jahrelangen Alkoholmissbrauchs des Bf trotz seiner derzeitigen Abstinenz eine Befristung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 auf ein Jahr und die Vorschreibung von Auflagen erforderlich sind.

 

Diese Feststellungen sind auch deshalb gut nachvollziehbar, da sich diese mit den Untersuchungsergebnissen des aktuellen psychiatrischen Facharztbefundes und der verkehrspsychologischen Stellungnahme decken und diese inhaltlich dem Grunde nach nicht voneinander abweichen. Wie allgemein bekannt ist, ist die Rückfallgefahr bei langjährigem Alkoholmissbrauch generell bekanntlich besonders hoch. Die amtsärztlich vorgeschlagenen Auflagen und Einschränkungen erscheinen daher auch aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Überwachung und Kontrolle der weiteren Alkoholabstinenz bzw. des künftigen Konsumverhaltens des Bf als auch im Interesse der Verkehrssicherheit notwendig, wobei sich die Auflage der ärztlichen Kontrolluntersuchungen der entsprechenden Laborparameter insbesondere auch aus § 14 Abs. 5 FSG-GV ergibt. Durch die unangekündigten behördlichen Aufforderungen zur Vorlage aktueller Laborbefunde vier Mal jährlich zu dem Bf unbekannten Zeitpunkten wird eine effizientere Überwachung der Alkoholabstinenz des Bf bewirkt. Von diesen Kontrolluntersuchungen und der Befundvorlage an die Behörde kann dann abgesehen werden, wenn eine ausreichend lange Abstinenz nachgewiesen wurde, sodass tatsächlich keine relevante Gefahr eines Rückfalles mehr besteht. Es bedarf jedenfalls derzeit zumindest des Zeitraumes eines weiteren Jahres einer entsprechenden Kontrolle des Bf.

 

Die zeitliche Befristung der Lenkberechtigung der Gruppe 1 sowie die Auflage der amtsärztlichen Nachuntersuchung ergeben sich aufgrund der Vorschreibung ärztlicher Kontrolluntersuchungen überdies zwingend aus der gesetzlichen Bestimmung des § 2 Abs. 1 zweiter Satz FSG-GV. Damit liegt die zeitliche Befristung als auch die amtsärztliche Nachbegutachtung vor Ablauf der Befristung nicht im Ermessen der Amtsärztin bzw. der Behörde, sondern sind diese gesetzlich vorgesehen.

 

Gemäß § 8 Abs. 3a FSG ist die von der Amtsärztin vorgeschlagene Befristung im Ausmaß der Dauer eines Jahres vom Zeitpunkt der Gutachtenserstellung, also vom 20. Februar 2015, zu berechnen.

 

Auch an der amtsärztlichen Beurteilung hinsichtlich der Fahreignung des Bf in Bezug auf Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 vermag das Landesverwaltungsgericht keine Unschlüssigkeit zu erkennen. Die Amtsärztin erläuterte in diesem Zusammenhang, dass aufgrund der Leistungsdefizite des Bf im Bereich Sensomotorik und reaktive Belastbarkeit sowie des bisherigen für Gruppe 2 noch zu kurzen Abstinenzzeitraumes die gesundheitliche Eignung des Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen dieser Gruppe derzeit (noch) nicht gegeben ist. Diese Einschätzung ist aufgrund der mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbundenen zusätzlichen Risiken und Gefahren sowohl zum Eigenschutz des Bf als auch aus Gründen der Verkehrssicherheit durchaus nachvollziehbar.  

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein taugliches bzw. schlüssiges, von einem befähigten Gutachter erstelltes Gutachten, ausschließlich durch ein auf gleicher fachlicher Ebene beigebrachtes Gutachten entkräftet werden. Die vom Bf erhobenen Einwände im Schriftsatz vom 27. Februar 2015, die einer sachverständigen Grundlage entbehren, sind damit nicht geeignet, das vorliegende schlüssige und nachvollziehbare amtsärztliche Gutachten vom 20. Februar 2015 zu entkräften oder einen Begründungsmangel aufzuzeigen. Das Gutachten ist daher als beweiskräftig anzusehen und kann der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

Für die empfohlene Auflage des regelmäßigen Besuches einer Alkoholberatungsstelle samt Vorlage der entsprechenden Nachweise –  so sinnvoll und sachgerecht diese Auflage vom Aspekt der gesundheitlichen Eignung des Bf sowie vom Aspekt der Verkehrssicherheit auch sein mag – bietet weder das FSG noch die FSG-GV eine Grundlage. Es ist daher rechtlich nicht möglich, dem Bf eine Alkoholberatung und die Erbringung eines Nachweises darüber als Auflage vorzuschreiben. Dem Bf wird jedoch angeraten, um künftighin - sofern er dies anstrebt - wieder in den Besitz einer unbefristeten Lenkberechtigung der Gruppe 1 und 2 zu gelangen, dieser amtsärztlichen Empfehlung aus Eigeninteresse jedenfalls nachzukommen.

 

Private und wirtschaftliche die Bf betreffende Belange, welche möglicherweise mit den Einschränkungen und Auflagen hinsichtlich Gruppe 1 und der Entziehung der Lenkberechtigung der Gruppe 2 verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Judikatur keine andere Beurteilung und können im Interesse der Sicherheit im Straßenverkehr und damit des Schutzes der Allgemeinheit nicht berücksichtigt werden (VwGH 24. August 1999, 99/11/0166).

 

 

II.) Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche, d.h. über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.in  Andrea  P a n n y