LVwG-650337/2/Kof/MSt

Linz, 05.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn I. T., geb. 19.., vormals: D.straße, L., derzeit: J. L., P.straße, L. gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
19. Dezember 2014, GZ: FE-769/2014, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf 20 Monate,
vom 27. Jänner 2015 (= Zustellung des behördlichen Bescheides) bis einschließlich 27. September 2016 herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen wird der behördliche Bescheid bestätigt.

 

 

II.       

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.                                                                                                                          Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

·   die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B sowie eine allenfalls bestehende ausländische Lenkberechtigung auf die Dauer von 30 Monaten – gerechnet
ab Zustellung des behördlichen Bescheides (= 27. Jänner 2015) – entzogen und

·   verpflichtet, den Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde

gemäß § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 28. Jänner 2015 erhoben und die Herabsetzung der Entziehungsdauer beantragt.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Der Bf wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom
20. Oktober 2014, 40 Hv 39/14d wegen dem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5.Fall, Abs.4 Z3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt.

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bf im Zeitraum Mitte Jänner 2014
bis Mitte April 2014 in Linz vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache
der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge einem anderen durch gewinnbringenden Verkauf von insgesamt 11,64 kg Cannabiskraut an den abgesondert verfolgten Herrn AT zum Grammpreis von 3,50 Euro überlassen hat.

 

Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Der LVwG OÖ. ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;  

VwGH vom 06.04.2006, 2005/11/0214; vom 06.07.2004, 2002/11/0163; vom 20.02.2001, 98/11/0317; v. 14.11.1995, 95/11/0215; v. 27.06.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.01.2008, 2007/03/0247; vom 27.01.2010, 2009/03/0082;         

vom 28.11.2013, 2013/03/0070 sowie OGH vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95 – VS

 

 

 

 

 

 

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen,

für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 FSG ist dem Besitzer einer – allfällig bestehenden (VwGH vom  17.03.2005, 2005/11/0057 und vom 20.03.2012, 2012/11/0014) – ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines
(§ 1 Abs.4 FSG) welcher einen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z.1 FSG) in Österreich hat,
die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 FSG zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von KFZ gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28a SMG begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.05.2001, 2001/11/0081; vom 23.04.2002, 2000/11/0182;

vom 11.04.2002, 99/11/0328; vom 28.09.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.02.2003, 2003/11/0017; vom 04.10.2000, 2000/11/0176.

 

 

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.04.2002, 2000/11/0184; vom 22.02.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur; vom 19.07.2002, 2000/11/0171; vom 06.04.2006, 2005/11/0214.

 

Die Begehung von Suchtgiftdelikten wird durch die Verwendung von KFZ typischerweise erleichtert. Bei der Wertung einer derartigen bestimmten Tatsache kommt es nicht darauf an, ob konkret KFZ verwendet worden sind oder nicht;

VwGH vom 11.04.2000, 2000/11/0051; vom 24.08.1999, 99/11/0166;

          vom 07.10.1997, 96/11/0357 mit Vorjudikatur.

 

Der VwGH hat wiederholt – im Ergebnis – ausgesprochen,

dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw.

ab Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120; vom 21.03.2006, 2005/11/0196; vom 22.02.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.03.2006, 2005/11/0153; vom 27.03.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat – betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung iZm Suchtgifthandel – folgende Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen:

·      vom 23.11.2011, 2009/11/0263:  4,5 kg Cannabis;

Freiheitsstrafe 24 Monate – davon acht Monate unbedingt, 16 Monate bedingt;

Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit: 18 Monate.

·      vom 06.07.2004, 2002/11/0171:  14,4 kg Marihuana;

Freiheitsstrafe 2 Jahre; Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 35 Monate.

·      vom 08.08.2002, 2002/11/0136:  ca. 6.000 Stück Ecstasy-Tabletten;

Freiheitsstrafe 3 Jahre; Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 48 Monate.

·      vom 23.03.2004, 2002/11/0121: ca. 1.400 Stück Ecstasy-Tabletten;

Freiheitsstrafe 18 Monate; Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 36 Monate.

·      vom 23.04.2002, 2001/11/0389: ca. 8.600 Stück Ecstasy-Tabletten;

Freiheitsstrafe 2 Jahre; Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 27 Monate.

·      vom 28.05.2002, 2001/11/0247: 2,4 kg Kokain;

Freiheitsstrafe 33 Monate; Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 41 Monate.

 

 

·      vom 04.10.2000, 2000/11/0129:

Cannabis in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Menge;

Freiheitsstrafe 18 Monate; Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 34 Monate.

·      vom 22.02.2000, 99/11/0356: diverse Suchtgifte;

Freiheitsstrafe 20 Monate; Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 36 Monate.

·      vom 20.03.2001, 99/11/0074: 17,5 kg Haschisch;

Freiheitsstrafe 30 Monate, Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ca. 42 Monate.

 

Im vorliegenden Fall hat der Bf – wie im oa Gerichtsurteil angeführt –

eine Suchtgiftmenge von 11,64 kg Cannabis in Verkehr gesetzt.  

Bei den Strafzumessungsgründen waren – siehe Gerichtsurteil, Seite 8, 2. Absatz –

·      erschwerend eine einschlägige Vorstrafe,  

·      mildernd ein teilweise reumütiges Geständnis

zu berücksichtigen.

 

Im Hinblick auf die vom Gericht verhängte lange Freiheitsstrafe – drei Jahre und acht Monate – ist von einer hohen Verwerflichkeit iSd § 7 Abs.4 FSG auszugehen.

 

Unter Berücksichtigung der zitierten Judikatur des VwGH beträgt

die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ..................................... 30 Monate –

gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens (= Mitte April 2014).

Es handelt sich dabei um die gerade noch vertretbare Untergrenze!

 

Der Zeitraum von der Beendigung des strafbaren Verhaltens (= Mitte April 2014) bis zum Beginn der Entziehungsdauer (= 27. Jänner 2015) beträgt ca. 9,5 Monate.

 

Die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung wird daher auf 20 Monate, vom 27. Jänner 2015 (= Zustellung des behördlichen Bescheides) bis einschließlich 27. September 2016 herab- bzw. festgesetzt.

 

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde wurden vom Bf nicht bekämpft.

 

Unabhängig davon ist festzustellen:

·      Die Ablieferungspflicht des Führerscheines ist in § 29 Abs.3 FSG begründet.

·      Die Behörde kann iSd § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

    siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                    

   (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

 

 

 

Es war daher der Beschwerde insofern stattzugeben, als die Entziehungsdauer auf 20 Monate – vom 27. Jänner 2015 (= Zustellung des behördlichen Bescheides) bis einschließlich 27. September 2016 – herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen war der behördliche Bescheid zu bestätigen.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des

Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim
Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Josef Kofler