LVwG-700065/4/ER

Linz, 26.01.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des V. S., geb x, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. S. S., x-Straße x, W., gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 15. September 2014,
GZ: VStV/914300069046/2014, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 4 VStG eine Ermahnung erteilt wird.

 

II.       Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG entfällt für den Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
15. September 2014, GZ: VStV/914300069046/2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 120 Abs 1a FPG, BGBl I Nr. 100/2005 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr 87/2012, eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 19 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde führte dabei folgenden Tatvorwurf aus:

Sie haben sich als Fremder (2 Abs 4 Z 1 FPG) wie am 21.3.2014 um 01:15 Uhr in
O., Bx, Strkm. x festgestellt wurde, zumindest vom 2.7.2012 bis 21.3.2014 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da für den rechtmäßigen Aufenthalt eine rechtmäßig Einreise Voraussetzung ist. Im angeführten Tatzeitraum waren Sie weder auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch auf Grund asylrechtlicher Bestimmungen, zwischenstaatlicher Vereinbarung, bundesgesetzlicher Vorschriften oder Verordnung zur Niederlassung oder zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Des weiteren waren Sie auch nicht Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels, einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Monaten einer Entsendebewilligung, einer EU-Entsendebestätigung einer Anzeigebestätigung nach § 3 Abs 5 AuslBG oder einer Anzeigebestätigung nach § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten. Sie hatten kein Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz
.“

 

Begründend führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Mit Strafverfügung der LPD vom 23. Mai 2014, wurde über Sie gemäß § 120 Abs. 1a FPG, BGBl. 100/2005 idgF eine Geldstrafe in der Höhe von 500,- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und 19 Stunden verhängt.

Sie hielten sich zumindest vom 02.07.2012 bis 21.03.2014 als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, da gegen Sie seit 02.07.2012 eine durchsetzbare und rechtskräftige Ausweisung des Asylgerichtshofes besteht.

Im angeführten Tatzeitraum waren Sie weder auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder Dokumentation des Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch auf Grund asylrechtlicher Bestimmungen, zwischenstaatlicher Vereinbarung, bundesgesetzlicher Vorschriften oder Verordnung zur Niederlassung oder zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Des weiteren waren Sie auch nicht Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels, einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Monaten, einer Entsendebewilligung, einer EU-Entsendebestätigung, einer Anzeigebestätigung nach § 3 Abs. 5 AuslBG oder einer Anzeigebestätigung nach § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten. Sie hatten kein Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz

Im Bescheid des Asylgerichtshofes ist Ihnen eine Information über die Verpflichtung zur Ausreise nachweislich zugestellt worden. Dieser Ausreiseverpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Für die Behörde besteht kein Zweifel, dass Sie Sich vom 02. Juli 2012 bis zumindest bis 21. März 2014 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten haben. Es ist unbestritten, dass Sie nicht im Besitz einer Berechtigung iSd. § 31 FPG gewesen sind. Der illegale Aufenthalt stelle eine Verwaltungsübertretung iSd. § 120
Abs. 1a iVm. § 31 Abs. 1 FPG dar, für die Sie Sich zu verantworten haben. Aufgrund der Aktenlage gehe die Behörde davon aus, dass Sie die ihnen angelastete Verwaltungsübertretung in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen haben.

Gegen die Strafverfügung der LPD ÖO vom 23.5.2014 brachten Sie rechtzeitig Einspruch ein.

Sie beantragen das eingeleitete Strafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe angemessen herabzusetzen.

(...)

Im vorliegenden Fall ist zunächst völlig unbestritten, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet im vorgeworfenen Tatzeitraum von 02. Juli 2012 (rechtskräftig negativer Abschluss des Asylverfahrens) bis 21. März 2014 ohne gültigen Aufenthaltstitel bzw. sonstigen Rechtstitel - somit illegal im Bundesgebiet erfolgte. Es liegt unbestrittener Maßen keine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 FPG vor.

Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

Sie wenden nun ein, dass ihnen das objektiv strafbare Verhalten nicht subjektiv vorgeworfen werden könne, und verweisen diesbezüglich auf die Antragstellung gemäß § 41a Abs. 9 NAG aus dem Jahr 2012.

Zunächst ist wiederum festzustellen, dass das Asylverfahren am 02. Juli 2012 nach Prüfung durch den Asylgerichtshof, der die Fluchtgründe materiell erörterte, rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde, woraus für Sie eine Ausreiseverpflichtung entstand, worauf Sie auch im Bescheid des AGH explizit hingewiesen wurden. Des darauffolgenden illegalen Aufenthalts mussten Sie Sich also klar bewusst gewesen sein.

Das Erkenntnis des Bundesasylamtes - nunmehr über 25 Monate hinweg ignorierend -, das ja die Ausreiseverpflichtung explizit anführte, verharrten Sie somit im Bundesgebiet und haben alleine dadurch schon fahrlässig gehandelt, zumal eine mit der Rechts- und Werteordnung vertraute Person hier schon ohne weiteres die tatsächliche rechtliche Lage erfasst und sich dementsprechend verhalten haben würde.

Im Grunde haben Sie ausschließlich die Entscheidung des Asylgerichtshofes in Frage gestellt.

Ergänzend ist auszuführen, dass gemäß § 44b Abs. 3 NAG Anträgen gemäß § 41a Abs. 9 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz begründen. Ebenso stehen sie der Erlassung oder Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen und können daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten. Sie haben offenbar lediglich darauf vertraut nicht abgeschoben werden zu können, ohne die rechtlichen Gegebenheiten anzuerkennen. Es ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form fahrlässigen Verhaltens auszugehen.

Sie wenden nun ein, dass Ihnen mangels entsprechender Reisedokumente bzw. mangels Heimreisezertifikates die Rückkehr nach K. rechtlich verwehrt sei. Dabei übersehen Sie aber, dass es (im hier relevanten Tatzeitraum) durchaus ihre Pflicht gewesen wäre, aktiv die Beischaffung des Reisepasses zu betreiben, denn es kann ihnen sehr wohl zugemutet werden, sich um die Beendigung eines rechtswidrigen Zustandes zu bemühen.“

Die belangte Behörde schloss mit Erwägungen zur Strafbemessung.

 

I.2. Gegen dieses am 19. September 2014 zugestellte Straferkenntnis erhob der Bf rechtsfreundlich vertreten rechtzeitig Beschwerde, der er zahlreiche Unterlagen betreffend seine Integration beilegte.

Darin stellt er den Antrag, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und mit einer Abmahnung vorzugehen, in eventu die Strafe angemessen herabzusetzen.

 

Begründend führt der Bf im Wesentlichen aus, dass er nach seinen Kräften an der Beschaffung eines Heimreisezertifikates in Bezug auf den Herkunftsstaat K. mitgewirkt habe und er sich im fremdenpolizeilichen Verfahren immer kooperativ gezeigt habe. Es sei daher nicht dem Bf anzulasten, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat praktisch nicht möglich gewesen ist.

Die subjektive Tatseite sei in erster Linie dadurch nicht erfüllt, dass die Beschaffung eines Heimreisezertifikates und die Abschiebung in den Herkunftsstaat de facto nicht möglich war, obwohl der Bf diesbezüglich alle ihm möglichen Schritte in Zusammenarbeit mit der Behörde gesetzt habe.

Letztendlich habe der Bf Anfang Juli 2014 einen Aufenthaltstitel erhalten. Zur Integration führt der Bf aus, dass er sich sehr gute Deutschkenntnisse angeeignet, nämlich im Bereich „Sprechen" das Niveau B1 erreicht und gesamt die A2 Prüfung positiv absolviert habe. Er habe sich in Österreich selbstständig gemacht und sei bereits vor der Erteilung des Aufenthaltstitels nicht mehr auf die Grundversorgung angewiesen gewesen. Er habe sich in vielerlei Hinsicht engagiert, etwa einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht und viele persönliche Kontakte in seinem näheren sozialen Umfeld aufgebaut und diese intensiv gepflegt. Seine Tochter besuche den Kindergarten in L. und sei von vornherein mit der deutschen Sprache aufgewachsen. Der Bf habe sich im Zuge seiner selbstständigen Tätigkeit von vornherein steuerrechtlich beraten lassen und sei seinen Abgabenverpflichtungen regelmäßig nachgekommen. Er habe sich und seine Familie bei der SVA selbst krankenversichert. Im Rahmen seines Arbeitsumfelds habe er viele Freunde und Bekannte gefunden. Die Familie sei im gesamten Ort sehr beliebt, und beide Ehegatten würden sehr oft freiwillige Arbeiten, etwa bei Nachbarn, verrichten.

Abschließend ersucht der Bf, aus diesen Gründen mit einer Abmahnung vorzugehen.

 

I.3. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem
Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und die Beschwerde. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da im angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Durchführung einer Verhandlung von keiner Partei beantragt wurde (§ 44 Abs 3 Z 3 VwGVG).

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem  S a c h v e r h a l t aus:

 

Der Bf ist am 27. Dezember 2007 illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Sein Asylantrag wurde am 2. Juli 2012 rechtskräftig abgewiesen und mit einer – ebenfalls seit 2. Juli 2012 rechtskräftigen – Ausweisung verbunden.

Der Bf hat seither das Bundesgebiet nicht verlassen. Ein Heimreisezertifikat konnte nicht ausgestellt werden, die Außerlandesbringung des Bf wurde nicht veranlasst.

Am 25. Oktober 2012 stellte der Bf einen Antrag auf Erteilung einer
Rot-Weiß-Rot – Karte plus gemäß § 41a Abs 9 NAG. Diesem Antrag wurde am 30. Juni 2014 entsprochen. Die Rot-Weiß-Rot – Karte plus ist bis 29. Juni 2015 gültig.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich völlig widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den Ausführungen in der Beschwerde.

 

 

III. Gemäß § 120 Abs 1a des Fremdenpolizeigesetzes BGBl I Nr 100/2005, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr 87/2012 – FPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. (...) Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs 1 FPG Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;

5. (...)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter dem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Der Bf hat in seiner Beschwerde ausdrücklich die Erteilung einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt. Dadurch hat der Bf seine Beschwerde auf die Höhe der Strafe eingeschränkt.

In seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 1993, 91/17/0208, führte der Verwaltungsgerichtshof dazu Folgendes aus: „Bereits in seinem Erkenntnis vom 11. Februar 1981, Slg. N.F. Nr. 10364/A, hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsauffassung vertreten, der in einer Eingabe gegen eine Strafverfügung gestellte Antrag, gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen (und den Beschuldigten zu ermahnen) bedeute, daß die Eingabe als Berufung anzusehen ist. (...) Die belangte Behörde hatte somit, da auf Grund der vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung Teilrechtskraft hinsichtlich des Schuldspruches eingetreten ist, nur mehr über die Strafe abzusprechen.“

Im Sinne dieser Rechtsprechung ist aufgrund des gestellten Beschwerdeantrags Teilrechtskraft hinsichtlich des Schuldspruchs eingetreten und in weiterer Folge nur mehr über die Strafe abzusprechen.

 

IV.2. Voraussetzung für die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG ist das kumulative Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien.

 

Zweck des § 120 Abs 1a FPG ist es, den rechtswidrigen Aufenthalt sowie die rechtswidrige Einreise nach Österreich hintanzuhalten. Hinsichtlich der Bedeutung dieses Rechtsguts ist im abstrakten Vergleich zu den persönlichen Werten wie etwa dem Recht auf Leben oder dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, Gesundheit, Freiheit, etc. grundsätzlich von einer deutlich geringeren Bedeutung des hier in Rede stehenden Rechtsguts auszugehen
(zum Rangverhältnis der kollidierenden Rechtsgüter vgl Kienapfel/Höpfel, Strafrecht Allgemeinter Teil 13 Z 12 RN 21). Die gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG erforderliche Voraussetzung der geringen Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und der geringen Intensität der Beeinträchtigung kann, unter Ansehung des insgesamt überwiegend rechtmäßigen Aufenthalts des Bf in Österreich, daher als erfüllt angesehen werden.

 

Darüber hinaus setzt § 45 Abs 1 Z 4 VStG für die Erteilung einer Ermahnung voraus, dass das Verschulden gering ist. Von geringfügiger Schuld kann nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl noch zu § 21 Abs 1 VStG aF VwGH vom 6.11.2012, 2012/09/0066). Solches kann auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters der Fall sein, allerdings nur dann, wenn besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zB eine dringende Notlage diesen Schluss rechtfertigen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1369 mwN).

 

Im bekämpften Straferkenntnis bleibt unbestritten, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikats nicht möglich war und seitens der belangten Behörde keine Anstrengungen unternommen wurden, den Bf außer Landes zu bringen. Es wurde ihm im Ergebnis fahrlässiges Verhalten vorgeworfen.

Ferner bringt der Bf in seiner Beschwerde vor, dass ihm am 30. Juni 2014 aufgrund seines Antrags vom 25. Oktober 2012 gemäß § 41a Abs 9 NAG in der damals geltenden Fassung ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt wurde.

Zur Frage, ob das Verschulden des Bf gering war, ist primär zu berücksichtigen, dass – nachdem sein Aslyverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen und eine Ausweisung verfügt wurde – die Außerlandesbringung des Bf faktisch unmöglich war, da für ihn kein Heimreisezertifikat ausgestellt wurde. Schließlich führte sein – bereits in engem zeitlichen Zusammenhang mit der rechtskräftig negativen Asylentscheidung gestellter – Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels
„Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ nach beinahe zweijähriger Verfahrensdauer am
30. Juni 2014 zum Erfolg. Zwar berechtigt die Antragstellung gemäß § 41a Abs 9 NAG nicht zum Aufenthalt, doch ist auch zu berücksichtigen, dass der Bf am
21. März 2014 unrechtmäßig aufhältig betreten wurde und ihm nur drei Monate später schlussendlich der beantragte Aufenthaltstitel ausgestellt wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf bereits zum Zeitpunkt der Betretung die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels erfüllt hat.

In Gesamtbetrachtung dieser besonderen Umstände war das Verschulden des Bf als gering zu beurteilen.

 

IV.3. Aufgrund der besonderen Umstände im vorliegenden Fall gelangt das
Oö. Landesverwaltungsgericht daher zum Ergebnis, dass hier ausnahmsweise mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden kann. Dies auch deshalb, weil der Bf nunmehr im Besitz eines Aufenthaltstitels ist und eine Wiederholungsgefahr daher – solange der Titel besteht – nicht besteht. Für den Fall des Wegfalls des Titels scheint es jedoch notwendig, dem Bf klar zu machen, dass er bei nicht rechtzeitiger Ausreise aus Österreich einen Straftatbestand verwirklicht.

 

 

V. Im Ergebnis war dem Antrag des Bf auf Erteilung einer Ermahnung stattzugeben. Hinsichtlich Spruchpunkt II ist festzuhalten, dass gem § 52 Abs 8 VwGVG die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf nicht aufzuerlegen sind, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Reitter