LVwG-350110/5/GS/PP

Linz, 23.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gabriele Saxinger
über die Beschwerde der Frau P.D., ver­treten durch ihre Sachwalterin und Mutter Frau C.D., x, x, gegen den Bescheid des Bezirks­hauptmannes von Linz-Land vom 27.10.2014, GZ: BHLL-2014-102239/8-Sen, wegen bedarfs­orientierter Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. Jänner 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27.10.2014, GZ: BHLL-2014-102239/8-Sen wurde Frau P.D. Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs wie folgt zuerkannt:

 

„ 1. Es wird Ihnen ab 10.04.2012 bis 16.08.2012 und ab 01.09.2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

 

a)   D.P., geb. am x

Mindeststandard für volljährige Personen gemäß § 13 Abs. 3a Oö. BMSG, die in Haushaltsgemeinschaft mit zumindest einem Elternteil leben (§ 1 Abs. 12. 4 lit. b Oö. BMSV)

 

Diese Leistung ist befristet bis 31.01.2015.

 

Als eigene Mittel sind einzusetzen

 

a) D.P., geb. am x

    - Kindesunterhalt (D. J. & C.)

 

Rechtsgrundlagen

§§ 4 ff iVm. 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm Artikel IV Abs. 2 der Novelle des Oö. ChG und des Oö. BMSG, LGBI. Nr. 18/2013, iVm. § 1 Oö. BMSV“.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Frau P.D., vertreten durch Frau C.D., mit 10.04.2012 einen Antrag auf subsidiäres Mindesteinkommen gemäß § 16 Oö. ChG gestellt habe. Durch die Überleitung in die bedarfsorientierte Mindestsicherung werde Frau P.D. eine Leistung gemäß beiliegendem Berechnungsblatt zuerkannt. Da die Eltern gemäß § 231 ABGB für sie unterhaltspflichtig wären, werde zur Berechnung der Leistung das Haushaltseinkommen herangezogen. Der PKW sei für die Mobilität unverzichtbar und daher nicht unmittelbar verwertbar. Das Pflegegeld könne nicht als Einkommen angerechnet werden, da dieses zur Gänze für ihre Pflege verwendet werde. Die Befristung wäre erforderlich gewesen, um die aktuelle Lebenssituation mittels BMS-Antrag zu überprüfen.

 

I.2. In der verfahrensgegenständlichen Beschwerde werden als Beschwerde­punkte Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften und unrichtige rechtliche Beurteilung vorgebracht. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass erneut nicht auf die tat­sächlich vorliegende Lebenssituation von Frau P.D. eingegangen werde. Diese Nicht – Würdigung betreffe folgende Bereiche:

- P.D. werde nach wie vor als „Mitbewohnerin“ der angebliche vorliegenden Haushaltsgemeinschaft angeführt und der für sie zugemessene Richtsatz dementsprechend berechnet.

Diese Beurteilung dürfte offensichtlich Bezug nehmen auf das Gutachten gemäß § 22 Abs. 3 OÖ. ChG aus sozialarbeiterischer Sicht vom 12.09.2013. Die wohl entscheidungsrelevanten inhaltlichen Punkte der Zusammenfassung dieses Gut­achtens würden folgende Schlüsse vorsehen: „Unter Heranziehung der vorge­legten ärztlichen Befunde werde aus fachlicher Sicht festgestellt, dass Frau P.D. nicht in der Lage sei und auch nicht in der Lage sein werde, sich bei Wegfall von Betreuungspersonen, alleine und selbständig zu versorgen.“

„Festzustellen sei, dass der von der Klientin genutzte Wohnbereich im elterlichen Haushalt integriert sei und nicht als eigener Haushalt gewertet werden könne“. Es wären hier offensichtlich zwei Annahmen getroffen worden, die für sämtliche in dieser Causa ergangen behördlichen Entscheidungen relevant gewesen sein dürften:

1. Frau P.D. sei deshalb nicht als alleinstehende Person zu werten bzw. die Richtsätze der BMS betreffend nicht zu berechnen, weil sie nicht in der Lage sei, sich alleine und selbständig zu versorgen.

2. Der von der Klientin genutzte Wohnbereich sei im elterlichen Haushalt integriert und könne nicht als eigener Haushalt gewertet werden. Dazu sei Folgendes auszuführen:

ad. 1. Diese Argumentation führe sich selbst ad absurdum, wenn man sie auf eine von dieser Situation losgelöste andere alleinstehende Person übertrage. Einer Person, die etwa in einer Wohnung allein lebe, bedarfsorientierte Mindest­sicherung (auch auf Richtsatz für Alleinstehende) bezöge und aufgrund einer wie immer gearteten körperlichen und geistigen Beeinträchtigung zu einem Pflegefall mit Besachwalterung werden würde, würde man wohl kaum den Status als „alleinstehende Person“ im Sinne der Bemessung der bedarfsorientierten Mindestsicherung aberkennen, nur weil diese Person nicht in der Lage wäre, sich alleine und selbständig zu versorgen.

ad. 2. Quer durch die in der Causa D. durchgeführten Verfahren habe sich diese nicht zutreffende Argumentation in Bezug auf das angebliche Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft gezogen. Dazu sei Folgendes auszu­führen: Bei der dem allerersten Bescheid vom 22.05.2013 vorangehenden persönlichen Haus­begehung wäre von Herrn Mag. P. von der BH Land-Land ausdrücklich festgestellt worden, dass die Voraussetzungen zur Qualifizierung von P.D. als alleinstehende Person gegeben wären. Diese Äußerung hätte jedoch in keiner weiteren folgenden schriftlichen Entscheidung der Behörde Niederschlag gefunden. In der von P.D. bewohnten, separaten und getrennt begehbaren Wohnung habe früher die Mutter von J.D. gewohnt. Nach einem diesbezüglich erfolgten Hausumbau, der die Trennung der Wohneinheiten zur Folge gehabt hätte, wäre auch im zentralen Melderegister registriert worden, dass das Grundstück x separate Wohn­einheiten umfasse. Die vom UVS ins Spiel gebrachten Erkenntnisse des VwGH (23.10.2012, 2012/10/0020; 22.12.2003 Zl. 2003/10/ 0216; 12.08.2010, 2008/10/0159), in denen der VwGH sich zum Thema „Vorliegen einer Haus­haltsgemeinschaft“ äußere und die laut UVS auch auf diesen Fall übertragbar wären, seien jedoch tatsächlich auf diesen Fall nicht anwendbar bzw. nicht richtig: Die Kostenersparnis, die bei angeblicher gemein­samer Wirtschafts­führung und somit bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft erzielbar seien, wären in jedem Fall dadurch begründet, dass sich die Eltern um ihre Tochter kümmern. Diese Ersparnis wäre somit auch gegeben, wenn die Tochter P.D. in einer geografisch vom elterlichen Wohnsitz kom­plett entfernten Wohnung wohnen würde. In solch einem Fall würde wiederum niemand das Vorliegen von zwei getrennten Wohneinheiten in Zweifel ziehen. Es könne wohl nicht sein, dass die Frage, ob eine betreuungsbedürftige Person von den eigenen Eltern betreut werde oder etwa durch „Essen auf Rädern“ versorgt werde, darüber entscheide, ob eine eigene Wohneinheit vorliege. Die separate Wohneinheit von P.D. weise alle Elemente auf, die zur Qualifi­zierung einer eigenen Wohneinheit nötig wären (sanitäre Einrichtungen, Toilette, Badezimmer etc.). Inzwischen wäre auch wieder eine Kochgelegenheit installiert worden, um den Formalerfordernissen einer eigenen Wohneinheit zu ent­sprechen. Wie wohl diese auch in Zukunft nicht von P.D. genützt werden würde, so wie dies auch in einer räumlich komplett von der elterlichen Wohneinheit getrennten Wohnung der Fall wäre. Die Verbindungstür zwischen der Wohneinheit der Eltern und jener von P.D. diene lediglich der Erleichterung des Zuganges der Betreuungspersonen, sei jedoch keinesfalls geeignet, das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft zu begründen. Es werde daher der Antrag gestellt, das Verwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften und un­richtiger rechtlicher Beurteilung aufheben bzw. dahingehend abändern, dass Frau P.D. tatsächlich Mindestsicherung im gesetzlichen Ausmaß gewährt werde. Als Eventualbegehren werde der Antrag gestellt, eine neuerliche persönliche Hausbegehung durch eine andere Institution durchführen zu lassen, um sich von der Qualifikation der Antragstellerin als alleinstehende Person über­zeugen zu können.

 

I.3. Mit Schreiben vom 02.12.2014 legte die belangte Behörde dem OÖ. Landes­verwaltungsgericht (LVwG) die verfahrensgegenständliche Beschwerde zur Ent­scheidung vor.

 

I.4. Das OÖ. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.01.2015. An dieser Verhandlung nahmen die Mutter und Sachwalterin der Beschwerdeführerin Frau C.D., ihr Vater, Rechtsanwalt Mag. W.K. als recht­licher Vertreter der Beschwerdeführerin sowie zwei Vertreter der belangten Behörde teil.

 

 

II. Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Frau C.D., die Mutter und Sachwalterin der Beschwerdeführerin P.D., hat mit Schreiben an den Landeshauptmann von Ober­österreich vom 10.04.2012 einen Antrag auf Mindestsicherung in Vertretung ihrer Tochter P.D. gestellt.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22.05.2013, SH20-3235, wurde P.D., geboren x, gemäß § 16 OÖ. ChG aufgrund der Gesetzeslage, die rückwirkend mit 17.08.2012 in Kraft getreten ist, ab 17.08.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von monatlichen Geldleistungen, befristet bis 31.08.2013, zuerkannt. Als eigene Mittel sind der Kindesunterhalt und das Taschengeld (Institut H.) einzusetzen.

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12.11.2013, VwSen-560270/11/BMa/HK, wurde dieser Bescheid des Bezirks­hauptmannes von Linz-Land vom 22.05.2013, SH20-3235, aufgehoben.

 

Mit dem nunmehr angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 27.10.2014, GZ: BHLL-2014-102239/8-Sen, wurde der Beschwerdeführerin (Bf) P.D. ab 10.04.2012 bis 16.08.2012 und ab 01.09.2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in der Höhe des Mindest­standards für volljährige Personen gemäß § 13 Abs. 3a OÖ. BMSG, die in Haushaltsgemeinschaft mit zumindest einem Elternteil leben (§ 1 Abs. 1 Z 4 lit.b OÖ. BMSV), zuerkannt. Befristet wurde die Leistung mit 31.01.2015.

 

Die Bf bewohnt im elterlichen Wohnhaus eine Wohneinheit. Diese besteht aus einem zirka 30 m2 großem Zimmer, dem ein Sanitärbereich, der behinderten­gerecht adaptiert wurde, angeschlossen ist. Im Zimmer befindet sich eine mobile zweiplattige Kochgelegenheit. Die Wohneinheit der Bf wird vom Außenbereich über eine behindertengerechte Rampe, einen eigenen Eingang und einen eigenen Vorraum erreicht. Im Inneren des Wohnhauses ist die Wohneinheit der Bf mit einer Verbindungstüre (Schiebetüre) mit der Wohneinheit ihrer Eltern verbunden. Diese Verbindungstüre ist notwendig, damit die Mutter der Bf die nächtlichen Hilfeschreie ihrer behinderten Tochter akustisch wahrnehmen kann. Unmittelbar nach der Verbindungstür gelangt man in die Küche der Eltern der Bf.

 

P.D. besucht die Heimstätte H. von Montag bis Donnerstag von 8:00 bis 15:30 Uhr und Freitag von 8:00 bis 12:30 Uhr.

 

Das Essen der P.D. wird von ihrer Mutter C.D. zubereitet und ihr in ihre Wohneinheit gebracht und dort eingenommen.

 

Einkäufe werden gemeinsam von den Eltern für sich und P.D. getätigt, auch die Wäsche wird von der Mutter gewaschen und gebügelt. P.D. wird von ihrer Mutter betreut, weil sie schwer behindert und in der Pflegestufe 6 eingestuft ist. Sie ist geistig so weit eingeschränkt, dass sie keine eigenen Haushaltentscheidungen treffen kann.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellt Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus dem vorgelegten Verwal­tungsakt und dem Tonbandprotokoll der mündlichen Verhandlung vor dem OÖ. Landesverwaltungsgericht (LVwG) am 28.01.2015.

 

Von der erkennenden Richterin wird nicht in Zweifel gezogen, dass es sich bei der Wohneinheit der Bf rein räumlich gesehen um eine eigenständige Wohn­einheit handelt, d.h. dass die Grundbedürfnisse (essen, schlafen, kochen, waschen) innerhalb dieser Räumlichkeiten unabhängig vorgenommen werden können. Ob das Vorliegen dieses räumlichen Kriteriums zur Heranziehung des Mindeststandards für Alleinstehende ausreicht, ist eine Rechtsfrage und im Rahmen der rechtlichen Beurteilung abzuhandeln.

 

Die Mutter der Bf gab in der mündlichen Verhandlung an, dass die innenliegende Verbindungsschiebetüre notwendig ist, da sie andernfalls die Hilfeschreie ihrer Tochter akustisch nicht wahrnehmen kann. Die Mutter der Bf muss ihre behinderte Tochter mehrmals pro Nacht aufsuchen. Die Bf kann alleine nicht ihr Bett verlassen. Weiters führte die Mutter der Bf aus, dass die nunmehr in der Wohneinheit der Tochter installierte mobile Kochgelegenheit von der schwerbe­hinderten Bf nicht selbst benutzt werden kann. Das Essen wird nach wie vor in der Küche der Eltern gekocht und der Bf in ihre Wohneinheit hinübergebracht. Aufgrund der vorliegenden schweren Behinderung kann die Bf auch nicht den Lebensmitteleinkauf, sowie Wasch- und Bügelarbeiten verrichten. Die Mutter der Bf bestätigte, dass diese Tätigkeiten von ihr bzw. ihrem Mann durchgeführt werden.

 

 

IV. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG hat jede Beschwerde die Gründe zu enthalten, auf die sie sich stützt; das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist bei seiner Entscheidung an diese Gründe gebunden. Der Prüfungsumfang des LVwG ist somit durch die geltend gemachten Beschwerdegründe begrenzt.

Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die Annahme einer bestehen­den Haushaltsgemeinschaft mit zumindest einem Elternteil und die darauf gegründete Heranziehung des gegenüber dem Mindeststandard für Allein­stehende geringeren Mindeststandard für volljährige Personen, die in Haushalts-gemeinschaft mit zumindest einem Elternteil leben.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 OÖ. BMSG ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung, die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Gemäß § 4 OÖ. BMSG kann bedarfsorientierte Mindestsicherung, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Österreich haben und die Voraus­setzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2. a) entweder österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Dauer­aufenthalt – Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden, sind.

 

Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend vom Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1.   der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2.   dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 OÖ. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4 von einer sozialen Notlage
(§ 6) betroffen ist und bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung unter Berücksichtigung

1. des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfsbedürftigen Person sowie

2. tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

Gemäß § 13 Abs. 1 OÖ. BMSG erfolgt die Hilfe zur Sicherung des Lebens­unterhaltes und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

 

Gemäß § 13 Abs. 2 OÖ. BMSG hat die Landesregierung durch Verordnung

1. jährlich zum 1. Jänner die Höhe der Mindeststandards gemäß Abs.1 und

2. die näheren Kriterien zur Zuordnung zu einzelnen Mindeststandardkategorien gemäß Abs. 3 festzusetzen.

 

Gemäß § 13 Abs. 3a OÖ. BMSG sind gesonderte Mindeststandards für volljährige Personen festzusetzen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 fallen.

 

Gemäß Art. IV Abs. 2 des OÖ. Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 74/2011 idF LGBl. Nr. 18/2013, gelten noch nicht rechtskräftig entschiedene Anträge auf eine Leistung nach § 16 Abs. 1 OÖ. ChG als Anträge gemäß § 28 OÖ. BMSG auf eine Leistung nach § 13 OÖ. BMSG. Damit ist aber auch § 13 Abs. 3a BMSG erfasst, der gesonderte Mindeststandards für volljährige Personen festsetzt, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 fallen.

 

Obwohl gemäß Art. IV Abs. 1 des LGBl. Nr. 18/2013 rückwirkend mit 17. August 2012 in Kraft getreten ist damit § 13 Abs. 3a erst mit diesem Datum dem Rechtsbestand angehört, ist auch für die Antragstellung vor dem 17.08.2012 die Bestimmungen des OÖ. BMSG anzuwenden, ist doch Art. IV Abs. 2 die speziellere Regelung zu Art. IV Abs. 1. Überdies ist es ständige Judikatur des VwGH, dass auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts zu entscheiden ist.

 

Die konkrete Höhe des anzuwendenden Mindeststandards ergibt sich aus § 1 Abs. 1 der OÖ. Mindestsicherungsverordnung (OÖ. BMSV) in der jeweils gelten­den Fassung.

Die belangte Behörde wendete den Mindeststand für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11
Abs. 3 Z 5 OÖ. BMSG fallen, wenn sie mit zumindest einem Elternteil im gemein­samen Haushalt leben, an.

 

Aus dem Bericht des Sozialausschusses betreffend das Landesgesetz, mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich (OÖ. Mindestsicherungsgesetz – OÖ. BMSG) erlassen wird, Beilage 34/2011 der XXVII. Gesetzgebungsperiode, ist § 13 (Seite 13 des Ausschussberichtes) zu entnehmen, dass wie bisher der Mindeststandard der oder des Alleinstehenden als Ausgangswert mit 100 % herangezogen wird. Unter Alleinstehenden werden Personen verstanden, deren Haushalt keine anderen Personen angehören.

 

Für in Haushalts- oder Wohngemeinschaft lebende Personen sind in der OÖ. BMSV niedrigere Mindeststandards festgelegt.  

 

Das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft ist  nach Kriterien zu beurteilen, die bereits vom VwGH definiert wurden.

 

In seinem Erkenntnis zum niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetz vom 23.10.2012, 2012/10/0020, das auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann, führt der VwGH dazu aus, dass ein „gemeinsamer Haushalt“ vorliegt, wenn das Zusammenleben von Personen zu einer deutlichen Kostenersparnis gegenüber getrennten Haushalten führt. Es kommt darauf an, dass zumindest in Teilbereichen eine gemeinsame Wirtschaftsführung besteht (vgl. das zum burgenländischen Sozialhilfegesetz ergangene Erkenntnis des VwGH vom 22.12.2003, Zl. 2003/10/0216, wonach die in diesem Gesetz enthaltene Wendung „im gemeinsamen Haushalt lebt“ dahin zu verstehen ist, dass der Hilfesuchende mit anderen Personen gemeinsam lebt und wirtschaftet).

 

Nach der (übereinstimmenden) Rechtsprechung des VwGH und des OGH ist unter dem Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen, dass sich die Partner dieser Gemeinschaft einander Beistand und Dienste leisten und den anderen an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen. Der Begriff der Wirtschafts­gemeinschaft beschränkt sich nicht auf die rein materielle Seite; es handelt sich sowohl um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und dem Zusammen­gehörigkeitsgefühl heraus entstandene Bindung (z.B. Freud und Leid miteinander teilen) als auch eine wirtschaftliche Komponente (vgl. bspw. VwGH 2003/10/ 0216 vom 22.12.2003).

 

Laut den nachvollziehbaren und glaubwürdigen Angaben der Mutter der Bf müssen aufgrund der schweren Behinderung der Tochter alle Angelegenheiten des täglichen Lebens zusammen mit der Tochter bestritten werden. Dazu zählen insbesondere die gemeinsame Wirtschaftsführung, wie z.B. der gemeinsame Einkauf und die gemeinsame Haushaltsführung, die gemeinsame Verrichtung der Wäsche – und Bügelarbeiten durch die Mutter, die Hilfe und Unterstützung (pflegerisch und seelisch) der Tochter sowie Unterstützung und Zusammenhalt in praktisch allen Lebenslagen. Alle genannten Haushaltsverrichtungen sind der Bf aufgrund ihrer schweren Behinderung nicht möglich.

 

In seiner Entscheidung vom 12.08.2010, 2008/10/0159, die auch auf den gegenständlichen Fall übertragen werden kann, hält der VwGH zum Kärntner MSG 2007 fest, dass dieses Gesetz nicht darauf abstellt, aus welchen Gründen ein Hilfebedürftiger in Haushaltsgemeinschaft lebt. Der Umstand, dass der Hilfebedürftige mit seinem Vater in Haushaltsgemeinschaft lebt, weil das wegen seiner Behinderung notwendig ist, kann daher nichts an der Qualifikation des Hilfebedürftigen als in Haushaltsgemeinschaft lebende Person ändern.

 

Diese Überlegungen sind auch auf das OÖ. Mindestsicherungsgesetz anzu­wenden, wonach ebenfalls auf in Haushaltsgemeinschaft lebende Personen, ohne Differen­zierung aus welchen Gründen diese Haushaltsgemeinschaft zustande gekommen ist oder besteht, abgestellt wird.

 

Weil die Lebensmittel gemeinsam für die Bf und deren Eltern eingekauft werden, Essen in der Küche der Eltern auch für die Bf zubereitet wird und die Wäsche gemeinsam gewaschen wird, ist von einer gemeinsamen Haushaltsführung aus­zugehen, die unstrittig aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung einen wirtschaftlichen Vorteil für jede der in dieser Gemeinschaft lebende Person hervorbringt.

 

Darüber hinaus ist es der Bf unmöglich, aufgrund ihrer Behinderung eigenständig Entscheidungen zur Haushaltsführung zu treffen, sodass diese Entscheidungen auch von ihrer Mutter, die sie ständig betreut und zu deren Wohneinheit eine Verbindungstür besteht, getroffen werden.

 

Dem Vorbringen der Beschwerde, für P.D. sei der Mindeststandrad für alleinstehende Personen zugrunde zu legen, ist daher nicht zu folgen.

 

Anhand der Ausführungen ist ersichtlich, dass aufgrund der tatsächlich vor­liegenden Lebensverhältnisse der Bf die Anwendbarkeit des Mindeststandards für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 OÖ. BMSG fallen, wenn diese mit zumindest einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben, einer rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde und die belangte Behörde diesen zu Recht angewendet hat.

 

Zu den in der Beschwerde angeführten hypothetischen Fallkonstellationen wird angemerkt, dass jedes Ansuchen auf Mindestsicherung einzelfallbezogen zu beurteilen ist.

 

Zum Einwand, dass die separate Wohneinheit von P.D. alle Ele­mente aufweist, die zur Qualifizierung einer eigenen Wohneinheit nötig sind, ist darauf zu verweisen, dass es laut den Ausführungen (Erläuterungen, Judikatur VwGH) nicht nur auf die räumlichen, sondern auch und vor allem (!) auf die wirt­schaftlichen Gegebenheiten in der jeweiligen Wohnform ankommt. In der Judikatur wurden einige Kriterien für das Vorliegen einer Wirtschafts- oder Haushaltsgemeinschaft entwickelt, die einzelfallbezogen rechtlich zu beurteilen sind.

 

Dem Antrag einer neuerlichen persönlichen Hausbegehung ist keine Folge zu geben, da von der erkennenden Richterin die räumlichen Gegebenheiten nicht in Frage gestellt wurden.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Hingewiesen wird, dass mit dem verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde zeitraummäßig nicht über den gesamten Antrag der Bf vom 10.04.2012 abgesprochen wurde. Zu beachten ist, dass mit dem Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 12.11.2013, VwSen-560270/11/BMa/HK, der ursprüngliche Bescheid der belangten Behörde vom 22.05.2013, SH20-3235, aufgehoben wurde.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger