LVwG-300477/4/KÜ/TO

Linz, 19.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Perg vom 5. August 2014, GZ: SV96-24-2014, mit dem die Einstellung des gegen Herrn H.K., x, x, eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Allge­meinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) verfügt wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen und der Bescheid der belangten Behörde dem Grunde nach bestätigt.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 5. August 2014, SV96-24-2014, wurde dem Beschuldigten wegen Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG folgender Tatvorwurf zur Last gelegt:

Sie haben als Dienstgeber nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 06.02.2014 um 17:05 Uhr beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als voll versicherte Person angemeldet wurde. Sie wären als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meidung nicht erstattet.

 

Name: W.J.W., geb. x

Arbeitsantritt: 15.10.2013,

Beschäftigungsort: x

Tatort: Gemeinde B., x

Tatzeit: 06.02.2014, 17:05 Uhr“

 

Gleichzeitig wurde von der Fortführung des gegenständlichen Verwaltungsstraf­verfahrens abgesehen und gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) die Einstellung verfügt.

 

Begründend führt der angefochtene Bescheid unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtslage aus, dass sich nach dem im Strafantrag des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr zur Anzeige gebrachten Sachverhalt weder ein Tatort noch eine Tatzeit konkretisieren lasse. Die nach § 44a Z 1-5 VStG fest­gelegten Erfordernisse im Hinblick auf Tatort- und Tatzeitbeschreibung können somit nicht erfüllt werden. Ein konkreter Tatvorwurf im Sinne dieser Gesetzes­bestimmungen sei im gegenständlichen Fall nicht möglich.

 

2. In der von der Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Steyr Wels als am Verfahren beteiligte Organpartei dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wird die Aufhebung des bekämpften Bescheides und die Verhängung einer angemessenen Strafe beantragt und vorgebracht, dass laut Bescheid
der gegenständliche Dienstnehmer am 6. Februar 2014 um 17:05 Uhr ohne Anmeldung zur Sozialversicherung beschäftigt wurde. Tatsächlich habe eine Beschäftigung laut vorgelegtem Fahrtenbuch von 16. Oktober 2013 bis
31. Oktober 2013 stattgefunden. Kontrollzeit war der 23. Oktober 2013.

 

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat das eingebrachte Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 27. August 2014, einge­langt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 6. Oktober 2014, zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzu­heben ist.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Sache des Beschwerdeverfahrens ist nach ständiger Rechtsprechung des nur die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der belangten Behörde bildet.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt. Es bedarf daher im Bescheid­spruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung (vgl. VwGH vom
24. Mai 2013, Zl. 2012/02/0174). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes kommt es beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung iSd
§ 44a Z 1 VStG darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeit­umschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl.  VwGH vom 17. April 2012, Zl. 2010/04/0057).

 

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von der Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Aus­forschung, Strafverfügung und dgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Eine Verfolgungshandlung, die den Eintritt der Verfolgungsverjährung verhindert, hat sich auf einen konkreten Tatort und eine konkrete Tatzeit zu beziehen. Eine taugliche Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten hat das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der ver­letzten Verwaltungsvorschrift näher zu konkretisieren und individualisieren.

 

Die Berichtigung von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen durch die Berufungs­behörde setzt voraus, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merk­mals erfolgt ist (VwGH 24.03.1993, Zl. 92/03/0033).

 

Dem Beschuldigten wird im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde angelastet eine namentlich genannte Person am 6. Februar 2014 um 17:05 Uhr ohne Meldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsantritt beschäftigt zu haben. Auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. Mai 2014 scheint dieselbe Tatzeit auf. Diese Tatzeit ist jedoch nicht korrekt. Sie scheint zwar in der Anzeige des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 8. April 2014 auf – G.-Anzeige, GZ: 051/10331/9/4313, jedoch findet sich in den im Akt einliegenden Niederschriften etc. kein Beweis bezüglich einer Beschäftigung des namentlich genannten Dienstnehmers am 6. Februar 2014. Festzuhalten ist, dass zwischen­zeitig (Datum der polizeilichen Kontrolle: 23.10.2013) die gesetzliche Verfol­gungsverjährungsfrist von einem Jahr überschritten ist, weshalb dem Beschuldigten ein geänderter Tatvorwurf nicht angelastet werden kann. Es ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten und steht dieser Umstand einer Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne der Beschwerde­ausführungen entgegen. Insofern war der Bescheid der belangten Behörde dem Grunde nach zu bestätigen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger