LVwG-050038/17/Bi

Linz, 12.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn G. S., G., vom 13. Oktober 2014 gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde G. vom 16. September 2014, Pol-111/1c-2014/ERoh, wegen Feststellung der Auffälligkeit des Hundes B., Appenzeller-Hovawart-Mischling, und Anordnung von Maßnahmen binnen 12 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides nach dem OÖ. Hundehaltegesetz 2002 aufgrund des Ergebnisses der am 5. März 2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid bestätigt.

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers (in Folge: Bf) gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 95 OÖ. GemO 1990 und § 7 Abs.2 OÖ. Hundehaltegesetz 2002 (in Folge: OÖ. HHG) als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid  des Bürgermeisters von G. vom 19. Mai 2014, Pol-111/1a-2014/ERoh, war gemäß §§ 7 Abs.1 iVm 1 Abs.2 Z1 lit.b OÖ. HHG die Auffälligkeit des vom Bf gehaltenen Hundes B., eines schwarz-braunen Appenzeller-Hovawart-Mischlingsrüden, Wurfdatum x, festgestellt und dem Hundehalter gemäß § 7 Abs.2 leg.cit. aufgetragen worden, binnen einer Frist von 12 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides den Sachkundenachweis gemäß §§ 4 und 5 OÖ. Hundehalte-Sachkundeverordnung nachzuweisen oder binnen gleicher Frist den Nachweis zu erbringen, dass eine Person, die zum Halten eines auffälligen Hundes befugt ist, neuer Halter/neue Halterin des Hundes ist oder binnen gleicher Frist den Nachweis zu erbringen, dass der auffällige Hund einem behördlich bewilligten Tierheim übergeben wurde.

Der in Beschwerde gezogene Bescheid wurde dem Bf laut Rückschein am 23. September 2014 zugestellt.

 

2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde eingebracht, die dem Landesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde ohne Beschwerde­vorentscheidung vorgelegt wurde und über die gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden ist. Am 5. März 2015 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf, der Gemeindevertreter E. R. und C. R. sowie der Zeugen F. S. (S), M. S. (MS) und G. L. (L) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, ihm sei, wie er schon wiederholt geltend gemacht habe, der Inhalt der E-Mail des Anzeigers FS vorenthalten worden, obwohl dieser besondere Relevanz zukomme, weil die Erstdarstellung eines Sachverhalts der materiellen Wahrheit am nächsten komme. Über seine Rechtsrüge im Nachtrag zur Berufung vom 15. Juni 2014 sei im Bescheid nicht abgesprochen worden. Da der Anzeiger S bei seiner Einvernahme am 9. Mai 2014 ausgeführt habe, die schriftliche Anzeige an die Gemeinde sei am 26. März 2014 per E-Mail erfolgt, stelle das Protokoll vom 9. Mai 2014 lediglich eine Ergänzung seiner Anzeige dar. Es sei mit den Verfahrensgrundsätzen unvereinbar, dass ihm die ursprüngliche Anzeige beharrlich nicht zur Kenntnis gebracht worden sei – was durchaus als subjektive Amtsführung gewertet werden könnte.

Er habe mehrfach vorgebracht, dass B. ein ausgesprochen gutmütiger Hund sei. Dass er den Wanderer verbellt habe, sei artgerecht. Zum Vorfall mit Frau L habe er bereits vorgebracht, dass ein Missverständnis vorgelegen habe. Sie habe seine Frau begrüßen wollen und daher die Geschwindigkeit des Fahrrades so sehr verringert, sodass sie beim Absteigen beinahe das Gleichgewicht verloren habe und in Richtung des angeleinten Hundes gestolpert sei. Der in nächster Nähe befindliche Hund habe das allenfalls als Angriff missverstanden und „zugebissen“, wobei man kaum von einem „Biss“ sprechen könne, weil das ärztliche Attest lediglich von einer oberflächlichen Haut­abschürfung spreche. B. sei ein Hovawart-Appenzeller-Mischling mit entsprechender Beißkraft; bei einem tatsächlichen Biss  in feindseliger Absicht wäre mit Sicherheit eine Fleischwunde die Folge gewesen.

Dass seinem Antrag auf Einholung eines tierärztlichen Befundes mit der Begründung nicht stattgegeben worden sei, sei mit den Verfahrens­grundsätzen unvereinbar. Es sei naheliegend, dass die Anzeige S eine subjektiv gefärbte Darstellung wiedergebe. Einem amtsärztlichen Befund komme jedenfalls die für die Wahrheitsfindung erforderliche Objektivität zu.

Zum Vorwurf der Körperverletzung der Frau L sei ein Polizeibeamter bei ihm im Haus erschienen, dem der Hund vorgeführt worden sei. Er habe den Hund dadurch provoziert, dass er sich nach dem Weggehen plötzlich umgedreht habe und die Hand ruckartig ausstreckend auf seine Frau zugegangen sei. B. habe kein aggressives Verhalten gezeigt, worauf der Polizeibeamte meinte, es handle sich um ein gutmütiges Tier. Auch das sei beweiswürdigend zu berücksichtigen. Er beantrage die Ausforschung und Einvernahme dieses Beamten der PI G. Der Eintrag von B. im Hunderegister sei angesichts des anhängigen Verfahrens gelöscht worden. Beantragt wird die Aufhebung des Bescheides nach mündlicher Verhandlung.

Der Bf hat eine tierärztliche Bestätigung der Tierklinik Steyr vom 18.2.2015 vorgelegt, wonach B. bei sämtlichen Untersuchungen in der Tierklinik Steyr zwischen Februar 2011 und Februar 2015 ein ruhiges, nicht aggressives Verhalten gezeigt habe. Er hat ausgeführt, der Hund sei inzwischen kastriert worden, weil er hypersexuell veranlagt gewesen sei, nicht um ihn „sanfter“ zu machen. Die angeordneten Maßnahmen sehe er schon deswegen als obsolet an.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB einvernommen wurden. Die Zeugin MS wurde außerdem zunächst auf ihr Entschlagungsrecht als Ehegattin des Bf hingewiesen, erklärte aber nach Belehrung ausdrücklich, sie wolle aussagen.

 

 

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Zeuge S am 26. März 2014 zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr auf der L.-straße auf Höhe des dem Bf gehörenden Bauernhauses Nr. x zu Fuß unterwegs war, wobei nach Passieren der Hauszufahrt ein ihm unbekannter Hund vom Haus her quer über die Wiese zulief und kläffte. Der Hund hatte nach der Schilderung des Zeugen den Kopf unten und befand sich in Angriffsstellung, wobei er sich dem Zeugen S auf ca 2,5 bis 2 m näherte und unentwegt bellte. Der Zeuge erklärte in der Verhandlung, er sei durch das Verhalten des Hundes in Angst und Schrecken versetzt gewesen und habe versucht, mit dem Hund zu reden, ihm schließlich „Sitz“ befohlen, was alles keinen Erfolg gehabt habe, zumal sich der Hund noch weiter genähert habe. Der Zeuge S ging nach seiner Schilderung in der Verhandlung, ohne den Blick vom Hund abzuwenden, um nicht in seinen Augen die Flucht zu ergreifen und einen Angriff des Hundes zu provozieren, rückwärts zum gegenüber­liegenden Straßenrand und bemerkte schließlich im Rücken eine Schneestange, hinter die er sich zunächst stellte. Der Hund machte Sprungbewegungen und hielt den Kopf noch weiter gesenkt, sodass der Zeuge einen unmittelbaren Angriff des Hundes befürchtete. Dann nahm er, da vom Haus niemand auf das Bellen reagierte und er einen Angriff des Hundes befürchtete, die Schneestange aus der Verankerung und hielt sie mit beiden Händen senkrecht vor sich, um dem Hund im Fall eines Angriffs „etwas zum Hineinbeissen“ hinhalten zu können. Das Ganze habe schätzungsweise 1 bis 2 Minuten gedauert in denen niemand vom Haus gekommen sei oder dem Hund befohlen habe, wegzugehen. Der Bf sei dann vom Haus über die Wiese gelaufen, habe dem Hund zugebrüllt, er solle weggehen, worauf der Hund weiter gebellt, aber den Abstand zu ihm vergrößert habe. Beim Bauernhaus sei offenbar im Zuge einer Bautätigkeit eine Maschine gelaufen, die Lärm gemacht habe, und der Bf habe einen Eisenbohrer in der Hand gehabt. Der Bf sei auf ihn, den Zeugen S, zugelaufen, habe ihn, während er sich in einem Abstand von ca 30 cm vor ihm aufgebaut habe, auf das Unflätigste beschimpft, weil er seinen Hund angreife, und ihm auf den Vorwurf des Zeugen, er müsse seinen Hund entsprechend verwahren, erklärt, der Hund könne auf seinem Grund tun und lassen, was er wolle. Der Zeuge erklärt in der Verhandlung, er habe die Schneestange mit Sicherheit nicht mit einer Spitze gegen den Hund gerichtet, sondern immer senkrecht gehalten und damit verhindern wollen, dass ihn der Hund im Fall eines Angriffs in die Beine beiße. Nachdem sich der Hund soweit beruhigt gehabt habe, habe er die Schneestange weggelegt, da er von dort nur weggewollt habe. Den Vorhalt des Bf, er habe die Schneestange in das bergab liegende Loch, aus der er sie genommen habe, wieder hineingesteckt, hat der Zeuge entschieden dementiert. Er ließ in der Verhandlung keinen Zweifel daran, dass nach seiner Meinung von diesem Hund eine Gefahr ausgehe, insbesondere für Kinder oder Radfahrer; es könne durchaus sein, dass er dem Bf eine Anzeige angedroht habe. Er habe auf dem Heimweg noch eine Nachbarin des Bf gefragt, ob es mit diesem Hund öfter Vorfälle gebe, und diese habe das bejaht, aber gleichzeitig betont, sie wolle sich nicht mit der Nachbarschaft anlegen. Er habe sich entschlossen, die Gemeinde per E-Mail von diesem Vorfall zu informieren, da er den Hund für hochaggressiv halte. Er meine aufgrund seiner Erfahrung mit Hunden im Familienumfeld und mit Jägern, sich mit ihnen weitgehend auszukennen.

Der Bf hat dazu geltend gemacht, der Hund habe sich deswegen aufgeregt, weil der Zeuge S mit der Schneestange auf ihn losgegangen sei. Das vermutete er deshalb, weil der Zeuge S nach seiner Schilderung die Schneestange ein Stück weiter unten wieder in das Loch, aus der er sie offenbar genommen habe, hineingesteckt habe; daher, meine er, könne der Zeuge S damit dem Hund nur entgegengegangen sein und damit sei von einem Angriff des Zeugen auf den Hund auszugehen. Der Hund sei immer in der Wiese gewesen, die zum Anwesen gehöre, sei zwar auf seinen Zuruf nicht zurückgekommen, habe sich aber in der Wiese niedergesetzt. Er habe nicht gesehen, dass der Zeuge S die Schneestange herausgezogen habe. Im Übrigen sei dieser Vorfall ein Einzelfall, es habe sonst nie Vorkommnisse mit dem Hund gegeben; eventuelle anonyme Anrufe bei der Gemeinde betreffend einen aggressiven Hund beträfen nicht seinen Hund; es gebe dort noch einen Hund, der aussehe wie ein Wolf, der laufe herum und sei aggressiv.   

 

Die Zeugin L schilderte den Vorfall vom 5. April 2014, etwa 10.00 Uhr, so, dass sie mit einem Elektrofahrrad von der S.-straße in die F.-straße abgebogen sei, die bergauf führe. Die Gattin des Bf, die Zeugin MS, sei ihr mit dem Hund an der langen Leine zu Fuß entgegengekommen und sie hätten sich gegrüßt. Sie habe bis dahin mit dem Hund keinen Kontakt gehabt und ihn auch nie gestreichelt. Sie habe nicht vorgehabt, bergauf stehenzubleiben und sei weitergeradelt. Der Hund sei schräg von vorne auf sie zugelaufen und habe sie einfach so in die Wade gezwickt. Die Zeugin L zeigte in der Verhandlung einen – nach fast einem Jahr – immer noch erkennbaren braunen Fleck seitlich unterhalb des Knies links außen und gab an, die Hose sei an der Naht zerrissen gewesen und sie habe eine Bissverletzung in Form der Abdrücke zweier Zähne und eine Abschürfung daneben festgestellt, die sie der Zeugin MS auch gezeigt habe. Sie habe zu dieser gesagt, der Hund habe sie gebissen, worauf die Zeugin SM im Zuge des Gespräches erklärt habe, Radfahrer und „Steckengeher“ möge der Hund nicht. Er sei umfangreich geimpft, auch gegen Tollwut. Die Zeugin L fuhr nach Hause, reinigte die Wunde mit Arnika und prüfte ihren Tetanus-Impfschutz. Sie fuhr zu Dr. K. K., Allgemeinmediziner in G., der die Wunde reinigte und verband. Auf seine Frage erklärte sie, es sei nicht so viel passiert und sie wolle keine Anzeige erstatten.  

Dr. K. erstattete Verletzungsanzeige an die PI G., in der er die Verletzung als leicht bezeichnete und als „Bisswunde/Abschürfung li US (Hundebiss)“ qualifizierte.

 

Feststeht, dass der Bf und seine Gattin am Nachmittag des 5. April 2014 bei der Zeugin MS erschienen und, ohne dass diese es verlangt hätte, ihr den Impfnachweis des Hundes vorlegten. Die Verletzung der Zeugin L war zu diesem Zeitpunkt bereits verbunden, sodass der Bf sie nicht zu Gesicht bekam. Auf seine Nachfrage habe Dr. K. erklärt, er habe kein Foto davon gemacht.

 

Die Zeugin MS hat in der Verhandlung den Vorfall so geschildert, dass die Zeugin L mit dem Fahrrad bergauf ihr entgegengekommen sei, erhebliche Gleich­gewichtsprobleme gehabt habe und schließlich mit einem Fuß auf der Straße gestanden sei. Sie sei zur Zeugin L hingegangen und sie hätten sich die Hand gegeben; der Hund habe die Zeugin L beschnüffelt. Diese habe gesagt, es brenne und sie wisse jetzt nicht, ob sie sich am Fahrrad irgendwo angehauen oder sich geschnitten habe – „oder dein Hund hat mich gebissen“. Sie habe ihr Hosenbein hinaufgezogen und ihr einen rosafarbenen Abdruck und einen Kratzer gezeigt; da sei aber kein Blut sondern nur eine Abschürfung gewesen. Die Zeugin L habe gemeint, das sei der Hund gewesen, aber nach Meinung der Zeugin SM hätte ein Biss des 40 kg schweren Hundes anders ausgesehen. Sie meine, dass sich die Zeugin L irgendwo bei den Pedalen des Fahrrades verletzt habe, obwohl die Verletzung dort gewesen sei, wo sie der Hund abgeschnüffelt habe. Sie hat auch behauptet, die Zeugin L habe gar nicht hinuntergeschaut auf ihr Bein, sondern auf sie und hätte daher gar nicht sagen können, dass sie der Hund überhaupt gebissen habe – die Zeugin L ist  dieser Behauptung mit Vehemenz entgegen­getreten.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangt das Landesverwaltungsgericht  zur Überzeugung, dass die Angaben der Zeugen S und L glaubwürdig und schlüssig sind. Beide hatten den Hund vorher nicht gekannt und waren völlig unvorbereitet als Benutzer der jeweiligen Gemeindestraße mit dem Verhalten des Tieres konfrontiert. Im Fall der Zeugin L hatte die Zeugin SM den Hund sogar an der Leine und war offenbar trotzdem nicht in der Lage, ihn davon abzuhalten der Radfahrerin zu nahe zu kommen. Die Zeugin SM behauptete zwar in der Verhandlung das Gegenteil, jedoch hat die Zeugin L glaubhaft dargelegt, dass die Zeugin SM zu ihr gesagt habe, der Hund möge keine Radfahrer und „Steckengeher“. Gerade wenn der Zeugin SM das offenbar bekannt war, hätte sie rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen treffen müssen.

 

Zum Vorfall mit dem Bf ist zu sagen, dass dieser nichts unternommen hat, um seinen davonlaufenden längere Zeit bellenden Hund daran zu hindern, einen völlig unbeteiligten Wanderer auf der sogar in einiger Entfernung an seinem Haus vorbeiführenden Gemeinde­straße davor zu bewahren, vom Hund regelrecht gestellt und verbellt zu werden. Er hat sogar zusätzlich noch den Zeugen S beschimpft, obwohl er lediglich die senkrecht gehaltene Schneestange in dessen Händen sah und sofort – unsubstantiierte – Vermutungen anstellte, der Hund sei vom Zeugen S provoziert oder gar angegriffen worden.

Zur Verantwortung des Bf ist zu sagen, dass seine offensichtlich stark übertriebenen Beschönigungsversuche nicht geeignet waren, am Wahrheitsgehalt der Aussagen der Zeugen S und L Zweifel zu erwecken und daher letztlich nicht zu überzeugen vermochten. Die Zeugin SM hat als seine Gattin zum Vorfall mit der Zeugin L angesichts der Position der Verletzung geradezu lebensfremde Behauptungen aufgestellt – insbesondere, die Zeugin könne gar nicht beurteilen, ob sie der Hund gebissen habe, weil sie in dem Moment nicht auf ihr Bein gesehen habe. Da beide Ehegatten am Nachmittag des Vorfallstages von sich aus mit den Impfunterlagen bei der Zeugin L erschienen sind, war ihnen offensichtlich bewusst, dass die Verletzung vom Hund herrührt. Die Zeugin L weigerte sich berechtigterweise, den Wundverband aufzumachen. Das Ansinnen des Bf, der Gemeindearzt hätte die Wunde fotografieren müssen, vermag nicht die Richtigkeit der Verletzungsanzeige Dris K. mit der medizinischen Qualifikation als Hundebisswunde zu widerlegen. Abgesehen davon ist nach der Lage der verletzten Stelle außen an der linken Wade unterhalb des Knies eine Verletzung durch die Pedale des Fahrrades auszuschließen und stimmt mit der geschilderten Bewegungsrichtung des Hundes überein.

     

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Festzuhalten ist, dass der Bf seit 13. September 2010 als Hundehalter im Hunderegister eingetragen ist, weshalb er auch Adressat der Bestimmungen des § 7 . HHG ist.

Gemäß § 7 Abs.1 . HHG hat der Bürgermeister oder der Bürgermeisterin (der Magistrat), wenn ihm/ihr Umstände bekannt werden, die auf die Auffälligkeit eines Hundes schließen lassen, mit Bescheid festzustellen, dass ein Hund auffällig ist.

Gemäß Abs.2 hat, wenn kein Grund für die Untersagung der Hundehaltung vorliegt, der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin (der Magistrat) in dem Bescheid, mit dem die Auffälligkeit eines Hundes festgestellt wird, den Hundehalter oder die Hundehalterin zu verpflichten, binnen einer angemessenen, längstens jedoch einjährigen Frist in geeigneter Form nachzuweisen, dass

1.  er oder sie die nötige Sachkunde für das Halten des auffälligen Hundes besitzt oder

2. eine Person, die zum Halten eines auffälligen Hundes befugt ist, neuer Halter oder neue Halterin des Hundes ist, oder

3. der Hund einem behördlich bewilligten Tierheim übergeben wurde.

 

Gemäß der Definition des § 1 Abs.2 . HHG ist ein auffälliger Hund ein solcher, bei dem auf Grund bestimmter Tatsachen von einem erhöhten Gefährdungs­potential für Menschen und Tiere ausgegangen werden kann. Als auffällig gilt jedenfalls ein Hund, der

a) einen Menschen oder ein Tier durch Biss schwer verletzt hat, ohne selbst angegriffen worden zu sein, oder

b) wiederholt Menschen gefährdet hat, ohne selbst angegriffen worden zu sein.

 

Im ggst Fall lag keine schwere Verletzung der Zeugin L vor, sodass der Tatbestand des § 1 Abs.2 lit.a . HHG ausscheidet.

Von einer Gefährdung der Zeugen L und S im Sinne des § 1 Abs.2 lit.b . HHG ist aber insofern auszugehen, als die Zeugin L, die der Hund nicht gekannt hat, ohne jede Vorwarnung zwar leicht aber doch mit nachhaltiger Wirkung einer am Zahnabdruck erkennbaren Bissverletzung gebissen wurde, obwohl sie mit ihrem Fahrrad beschäftigt war und die Zeugin SM nur aus der Entfernung gegrüßt hat. Auch hier ist der Zeugenaussage L nicht zu entnehmen, dass die beiden sich tatsächlich die Hand gegeben haben, wie die Zeugin SM behauptet, sondern dass der Gruß nur verbal erfolgte, zumal für die Zeugin L kein Anlass für ein Stehenbleiben mit dem Fahrrad bergauf bestanden hat. Die Gefährdung der Zeugin L war aufgrund des sofortigen Bisses des Hundes ohne jeden Angriff vonseiten der Zeugin L gegeben

Die vom Zeugen S glaubhaft eindrucksvoll als Bedrohung bzw Versetzen in Angst und Schrecken geschilderte durch den durchgehend bellend mit gesenktem Kopf über die Wiese auf ihn Richtung Straße zulaufenden Hund ist zweifelsohne als relevante Gefährdung zu sehen, die den Zeugen S, als der Hund nicht von ihm abließ, dazu veranlasste, die Schneestange als Abwehrmöglichkeit eines nach seinem Eindruck zu erwartenden Angriffs senkrecht vor sich zu halten, um dem Hund „etwas zum Hineinbeissen zu geben“.  Ein Angriff durch den Zeugen S ist nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens mit Sicherheit auszuschließen.

 

Auf dieser Grundlage war von der Auffälligkeit des Hundes B. im Sinne der    §§ 7 Abs.1 iVm 1 Abs.2 lit.b OÖ HHG auszugehen. Die festgesetzte Frist von 12 Monaten ist die längstmögliche in § 7 Abs.2 . HHG vorgesehene Frist für die Absolvierung der erweiterten Sachkunde.

Gemäß § 4 Abs.2 HHG ist die Sachkunde für das Halten von auffälligen Hunden als gegeben anzunehmen, wenn der Hundehalter oder die Hundehalterin mit dem Hund eine Ausbildung erfolgreich absolviert hat, bei der auf Grund der Erfahrungen der Wissenschaft davon ausgegangen werden kann, dass sie ausreicht, um diesen Hund tierschutzgerecht und weitgehend gefahrlos halten zu können (erweiterte Sachkunde).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 4. August 2015, Zl. Ro 2015/02/0021-3