LVwG-500099/2/Kü/TO

Linz, 12.02.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des J M, vertreten durch K & N H, Rechtsanwälte in L, vom 21. November 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22. Oktober 2014,  GZ: UR01-11-2013, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22.  Oktober 2014, GZ: UR01-11-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 3 iVm § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 eine Geldstrafe in der Höhe von 225 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, verhängt.  

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Wie anlässlich von Überprüfung durch einen Amtssachverständigen der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik des Amtes der
OÖ. Landesregierung am 29. April 2013 und 31. Mai 2013 (Nachkontrolle) festgestellt wurde, lagerten Sie zu den Überprüfungszeitpunkten im Bereich des landwirtschaftlichen Anwesens in L, x, auf den unmittelbar nördlich, südlich und östlich an das Anwesen angrenzenden Wiesenflächen, eine größere Menge nicht gefährliche Abfälle (nicht mehr in Verwendung stehende landwirtschaftliche Geräte und Maschinen, Fässer, und sonstiger Unrat/Sperr­müll) obwohl im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes Abfälle außerhalb von hiefür genehmigter Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.

Hinweis:

Die oben angeführten Orte sind weder gewerbe- bzw. abfallrechtlich genehmigte Anlagen, noch für die Sammlung oder Behandlung vorgesehene geeignete Orte.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der festgehalten wird, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 iVm § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 nicht vorliegen würden, da es sich bei den auf dem Grundstück des Bf befindlichen und gelagerten Gegenstände nicht um Abfall im Sinne des Abfall­wirtschaftsgesetzes handeln würde. Die Utensilien würden noch dem Gebrauch der Familie des Bf dienen und würden von dieser weiterhin genutzt und einge­setzt. Daher liege keine abfallrechtliche Übertretung vor und es würde auch keinerlei Entledigungsabsicht bestehen, sodass der subjektive Abfallbegriff nicht zum Tragen kommen würde.

Auch sei eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes nicht nachvoll­ziehbar, als ein Großteil der gegenständlichen Utensilien vom öffentlichen Bereich aus nicht einsehbar sei, sondern erst durch eine konkrete Begehung des Objektes x, L, das wiederum im Alleineigentum der Familie des Bf stehe. Die Gegenstände seien im unmittelbaren Hausbereich angemessen geord­net verwahrt, sodass eine geordnete Erfassung und Behandlung im öffentlichen Interesse nicht geboten sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Beschwerde samt Verwal­tungs­straftakt mit Schreiben vom 27. November 2014 dem Landesverwal­tungs­gericht Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß
§ 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.    

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt. Es bedarf daher im Bescheid-spruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Indivi-dualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wesentlich für die Bezeichnung der Tat ist der Ausspruch über Zeit und Ort der Begehung (vgl. VwGH vom 24. Mai 2013, Zl. 2012/02/0174). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung im Sinne des § 44a Z 1 VStG darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutz­über­legungen zu messendes Erfordernis sein (vgl.  VwGH vom 17. April 2012,
Zl. 2010/04/0057).

 

Im Spruch sind auch die wesentlichen Tathandlungen konkret auszuführen und nicht mit den Worten des Tatbestandes (vgl. VwGH vom 26. Mai 1992,
Zl. 88/05/0263).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf des angefochtenen Strafer­kenntnisses nicht. Die Tatbeschreibung im gegenständlichen Straferkenntnis erschöpft sich darin, dass lediglich angeführt wird, dass auf den, an das landwirtschaftliche Anwesen des Bf angrenzenden Wiesenflächen eine größere Menge nicht gefährlicher Abfälle gelagert wird. Weder liegt eine detaillierte Auflistung der Gegenstände und deren Standort vor, noch wird ein Entsorgungsauftrag angeführt. Die sehr vage gehaltene Beschreibung von Gegenständen im Spruch ist nicht geeignet, den Bf rechtlich davor zu schützen, nicht neuerlich wegen der Lagerung dieser Abfälle und somit wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte sowie Unrat bzw. Sperrmüll sind weitläufige Begriffe, die nicht von vornherein erkennen lassen, welche Gegenstände darunter zu subsu­mieren sind. Für den Bf ist daher aufgrund dieses Spruches nicht zu erkennen, welche Gegenstände von der Behörde konkret als Abfälle eingestuft worden sind.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechts­mittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die belangte Behörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein VwGH vom 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0360; VwGH vom 28. Februar 1997, Zl. 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt.

 

Allein der Hinweis, dass der Sachverständige anlässlich einer Überprüfung die Lagerung von Abfällen, d.h. im gegenständlichen Fall nicht mehr in Verwendung stehende landwirtschaftliche Geräte und Maschinen, Fässer und sonstigen Unrat, festgestellt hat, genügt als Tatvorwurf nicht. Der Beschwerde war daher zu folgen.

 

Die unbestimmten Tatvorwürfe führen im Ergebnis dazu, dass dem Bf gemäß
Art. 6 Abs. 2 EMRK die angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht vorwerfbar sind, weshalb dem Beschwerdevorbringen zur Gänze zu folgen war, das Strafer­kenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

III. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzes­stelle begründet.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger