LVwG-400064/9/MS

Linz, 31.03.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn R M S, vertreten durch Mag. G E, Rechtsanwalt in w, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, vom 22. Oktober 2014, GZ: 0044259/2014, wegen der Übertretung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

    I.        Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, dass die verhängte Strafe auf 150 Euro und die Ersatz­freiheitsstrafe auf 16 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 II.        Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Beschwer­deführer hat Kosten des behördlichen Strafverfahrens in der Höhe von 15 Euro (10 % der Strafe) zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 22. Oktober 2014, GZ: 0044259/2014, wurde über Herrn R M S (im Folgenden: Beschwerde­führer), X, wegen der Verwaltungs­übertretung gemäß §§ 1 Abs. 1, 6 und 20 Abs. 2 Bundesstraßen-Mautgesetz (BStMG) 2002 eine Geldstrafe von 300 Euro sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt und ein Kostenbeitrag im Ausmaß von 30 Euro vorgeschrieben, da der Beschwerdeführer als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X, dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt am 24. Juni 2014 um 8.50 Uhr die A7, Mautabschnitt Linz Wiener Straße – Linz VOEST, km 7,807 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt hat, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da die GO-Box nicht entsprechend den Bestimmungen von Punkt 8.1 der Mautordnung montiert war, was als Ursache für die nicht bestimmungsgemäße Entrichtung der Maut zur Tatzeit heranzuziehen ist. Nach den Bestimmungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes unterliegt die Benützung von Mautstrecken (Bundesautobahn und Bundesschnell­straßen) mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, gemäß § 6 BStMG 2002 einer fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Begründend führte die belangte Behörde auszugsweise Folgendes aus:

Die vorliegende Verwaltungsübertretung wurde von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und im System registriert. Auf dem dort gespeicherten und auch im Akt befindlichen Beweisfoto ist die GO-Box eindeutig ersichtlich. Dabei handelt es sich um die rechteckige Fläche, welche sich hinter dem Scheibenwischer befindet. Der Scheiben­wischer schneidet die Rückwand der GO-Box, welche mit dem Mautportal kommunizieren soll.

Punkt 8.1 der Mautordnung besagt, dass die GO-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar im Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren ist, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen. Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der ASFINAG Maut Service GmbH zulässig.

Eine, entgegen dieser Vorschrift, falsch montierte GO-Box, kann dazu führen, dass manchmal Abbuchungen der Maut stattfinden und manchmal nicht. Dies ist dadurch erklärbar, dass die Aufnahme oder Entfernung zwischen Fahrzeug und Mautportal je nach Mautportal und Fahrgeschwindigkeit verschieden groß ist, sodass sich dadurch verschiede Winkel ergeben. So kann die GO-Box durch die Ruhestellung des Scheibenwischers einmal so gut abgeschirmt sein, dass es zu keiner Kommunikation mit dem Mautportal kommt, ein anderes Mal, wenn der Winkel zum Mautportal steiler ist, kann eine Kommunikation mit dem Portal stattfinden. Aus technischer Sicht kann es daher temporär (möglicherweise auch nur an einem einzigen Tag) zu Abbuchungen der Maut bzw. zur Kommunikation zwischen GO-Box und Mautportal kommen. Dabei müssen auch nicht immer dieselben Portale betroffen sein.

Die angeführten – temporären – Abbuchungen schließen einen Defekt der GO-Box bzw. einen Systemfehler eindeutig aus.

Die GO-Box – wie auf dem vorliegenden Beweisbild klar ersichtlich ist – wurde entgegen den Bestimmungen von Punkt 8.1. der Mautordnung im Bereich der Ruhestellung des Scheibenwischers montiert. Diese Falschmontage war Ursache für lediglich temporäre Abbuchungen bzw. für die Nichtabbuchung der Maut zur Tatzeit. Damit ist die Behauptung widerlegt die GO-Box wäre ordnungsgemäß montiert gewesen. Dies stellt einen klassischen Fall für eine Irritation der Nahfeldkommunikation dar.

 

Zur Schuldfrage und Strafbemessung führt die belangte Behörde Folgendes aus:

Das BStMG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn:

•      einem Verbot zuwidergehandelt oder ein Gebot nicht befolgt wird und

•      zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört (sogenanntes Ungehorsamsdelikt) und

•      der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschuldigte hat im vorliegenden Fall ein Ungehorsamsdelikt begangen.

Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung konnte er mit seiner Rechtfertigung nicht erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Maut­ordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten. Gem. § 8 Abs. 2 BStMG i.V.m. Punkt 8.2.4.1 der Mautordnung hat sich der Lenker von der Funktionstüchtigkeit-sohin auch von richtigen Montage - der der GO-Box, vor, während und nach der Fahrt auf mautpflichtigen Strecken zu überzeugen.

 

Den Lenker treffen somit umfassende Mitwirkungs- und Kontrollpflichten.

Diesen Pflichten ist der Beschuldigte, nämlich In dem Sinne, dass er es verabsäumt hat die GO-Box ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe zu befestigen bzw. die ordnungs­gemäße Montage der bereits im LKW angebrachten GO-Box zu überprüfen, nicht nachgekommen.

Sein Verhalten ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm obliegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der zeitabhängigen Maut zu sorgen. Vor dem Hintergrund der oa. Mitwirkungs- und Kontrollpflicht gereicht die Rechtfertigung des Beschuldigten nicht mangelndes Verschulden darzutun.

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen.

Zur Strafhöhe ist festzustellen, dass gemäß § 19 Abs. 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist. Nach Abs. 2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Straf­drohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Eine Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensent­scheidung, die nach den in § 19 leg.cit. festgelegten Kriterien vorzunehmen ist.

Als strafmildernd wurde die Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet, strafer­schwerend war kein Umstand.

Zur Bemessung der Strafhöhe wird angemerkt, dass die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde; die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind demnach ohne Relevanz (VwGH 31.10.1990, 90/02/0103).

 

Beträchtlich überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind, vor dem Hintergrund der o.a. Kontrollpflichten, nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorge­bracht. Dem alleinigen Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholten­heit kann kein solches Gewicht beigemessen werden. Eine außerordentliche Straf­milderung scheidet daher aus (VwGH 19.07.2013, 2013/02/0101).

 

Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungsgründe erscheint daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen.

Das Ausmaß der gemäß § 16 VStG festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung.

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer am 31. Oktober 2014 zu Handen seines Vertreters zugestellt wurde, erhob dieser mit Eingabe vom
27. November 2014 (Poststempel 30. November 2014) rechtzeitig Beschwerde und führte begründend Folgendes aus:

 

Das oben näher bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfang nach angefochten.

Es wird sowohl ein mangelhaftes Verfahren, damit die formelle Rechtswidrigkeit und die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

 

Mit angefochtenem Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen X, dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, am 24.06.2014 um 08:50 Uhr die A7, Maut­abschnitt Linz Wiener Straße – Linz VOEST, km 7,807 (mautpflichtige Bundesstraße A, Bundesautobahn) benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß ent­richtet zu haben. Die GO-Box wäre nicht entsprechend den Bestimmungen von Pkt. 8.1. der Mautordnung montiert gewesen; diese Falschmontage sei Ursache für die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der Maut zur Tatzeit gewesen. Der Beschuldigte habe dadurch die Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1, 6 und 20 Abs. 2 BStMG verletzt, sodass eine Geldstrafe von EUR 300,00 verhängt wurde.

 

Der Beschuldigte hat gegen die Strafverfügung am 21.10.2014 Einspruch erhoben, die Einspruchsgründe dargelegt und entsprechende Beweise beantragt.

 

Die Behörde geht jedoch nicht auf die Rechtfertigung des Beschuldigten näher ein, sondern begründet ihr Straferkenntnis mit allgemeinen Sätzen und Begründungen.

 

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall dem Zulassungsbesitzer gemäß § 19 Abs. 4 BStMG schriftlich eine Ersatzmaut angeboten wurde, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen wurde. Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut würden jedoch nicht bestehen.

 

So regelt §19 Abs. 4 BStMG, dass der Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern ist, sofern der Verdacht auf automatische Überwachung beruht, was gegenständlich der Fall ist. So wird zwar in Abs. 6 angeführt, dass subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut nicht bestehen. Tatsache ist, dass gemäß Abs. 4 der Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufzufordern ist. Eine entsprechende Regelung gegenüber dem Lenker gibt es nicht, sodass dieser im Hinblick auf das Strafverfahren vom guten Willen oder der Zahlungsfähigkeit des Zulassungs­besitzers, in der Regel seines Arbeitgebers, abhängig, ist. Es kommt daher zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen Zulassungsbesitzer und Fahrzeuglenker, sodass §19 Abs. 4 BStMG gegen das verfassungsgesetzlich gewähr­leistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verstößt, wenn eine schriftliche Auf­forderung zur Leistung der Ersatzmaut ausschließlich an den Zulassungsbesitzer, nicht jedoch an den Fahrzeuglenker zu ergehen hat. Dies ist insofern relevant, als dadurch einer Strafbarkeit bei Einzahlung der Ersatzmaut durch den Zulassungsbesitzer entgangen werden kann, nicht jedoch der Fahrzeuglenker, der in der Regel gegenüber dem Zulassungsbesitzer bei gewerblichen Fahrten auch in einer schlechteren wirtschaftlichen Position ist. Es wird daher angeregt eine Gesetzesprüfung vordem VfGH zu beantragen.

 

Wenn die Behörde ausführt, dass aus dem Beweisbild klar ersichtlich sei, dass entgegen der Bestimmungen von Pkt. 8.1 der Mautordnung im Bereich der Rückwand des Scheibenwischers die GO-Box montiert worden sei, diese Falschmontage Ursache für die temporären Abbuchungen bzw. für die Nichtabbuchung der Maut zur Tatzeit gewesen sei, dies ein klassischer Fall für die Irritation der Nahfeldkommunikation darstelle, ist Folgendes zu entgegnen:

 

Die Behörde stützt sich ausschließlich auf Spekulationen ohne sich näher mit dieser Frage zu beschäftigen.

 

Der Beschuldigte hat zum genannten Tatzeitpunkt das Fahrzeug X an dem der Strafverfügung gegenständlichen Ort zur genannten Zeit gelenkt; es handelte sich um ein Kraftfahrzeug mit mehr als 3,51 höchstzulässigem Gesamtgewicht.

 

Der Beschuldigte war zu diesem Zeitpunkt Dienstnehmer der E GmbH & Co. KG, X und hat dabei im Rahmen seiner Tätig­keit als Kraftfahrer das genannte Fahrzeug im Auftrag des Dienstgebers gelenkt. Dieses KFZ wurde in der Regel von drei verschiedenen Lenkern am Tag über 24 h gefahren.

 

Das gegenständliche Fahrzeug war zum genannten Zeitpunkt mit einem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut (GO-Box) ausgestattet; das Fahrzeug wurde vom Dienstgeber des Beschuldigten und Zulassungsbesitzers entsprechend ausgestattet.

 

Der Beschuldigte hat sich vor Antritt der Fahrt, während und nach der Fahrt über die Funktionsfähigkeit der GO-Box vergewissert; Funktionsstörungen wurden nicht gemeldet.

 

Tatsache ist, dass der Beschuldigte am gegenständlichen Tag die Autobahn A7 als mautpflichtige Strecke und andere mautpflichtige Straßen nicht nur beim genannten Straßenkilometer, sondern über eine längere Strecke hin benützt hat. Es wurden im Rahmen der Benutzung der A7 und der anderen Straßen an diesem Tag über die im genannten Fahrzeug installierte GO-Box die Benützung registriert und wurden auch entsprechende Mautbeträge entrichtet. Warum zum gegenständlichen Zeitpunkt eine Registrierung der GO-Box und damit die Abbuchung der Maut nicht erfolgte, kann sich der Beschuldigte nicht erklären. Ihm ist nicht aufgefallen, dass bei einem Maut­registrierungspunkt kein bzw. ein negatives Signal ergangen wäre. Der Beschuldigte hat bei jedem Registrierungspunkt der elektronischen Maut das positive Signal für die Registrierung wahrgenommen.

 

Der Beschuldigte konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass die GO-Box ordnungs­gemäß funktioniert und dadurch die Abbuchung der Maut ordnungsgemäß erfolgen wird.

 

Der Beschuldigte hat daher sämtliche Maßnahmen getroffen, dass über die GO-Box die gefahrene Strecke registriert und in der Folge die Maut abgebucht werden kann. Es war das genannte Fahrzeug mit einem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut ausgestattet. Der Beschuldigte hat sich bei der Verwendung dieses Gerätes vor, während und nach der Fahrt über die Funktionsfähigkeit des Gerätes vergewissert und keine Funktionsstörungen bemerkt. Hätte es entsprechende Funktionsstörungen gegeben, insbesondere wäre das elektronische Gerät nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen, so wäre eine Registrierung der gefahrenen Strecke und Abbuchung der Maut auch bei anderen entsprechenden Registrierungspunkten nicht möglich gewesen.

 

Tatsache ist, dass das Nichtabbuchen an einzelnen Registrierungspunkten auch andere Ursachen, als die Ursachen, welche die Behörde erster Instanz zur näheren Begründung angeführt hat, haben kann. Es kann sowohl die GO-Box Fehler aufweisen, als auch der Registrierungsbalken. Festzu­halten ist, dass dieses System auf sensible elektronische Daten beruht. Tatsache ist auch, dass dem Beschuldigten ein Verschulden entsprechend nachzuweisen ist, was jedoch nicht möglich ist, wenn die Fehlerursachen auf anderen technischen Grundlagen als auf einer Falschmontage beruhen können.

 

Zum Beweis für dieses Vorbringen hat der Beschuldigte im Rahmen des Einspruches folgende Beweismittel beantragt:

a)     Einholung einer Auskunft der ASFINAG über die am 20.06.2014 mit dem Fahrzeug X erfolgten Mautregistrierungen und über die GO-Box vorgeschriebenen Maut­gebühren.

b)     Einvernahme der Zeugen

W M, p.A. ECL, X

       G H, p.A. p.A. ECL, X:

c)     Einvernahme eines informierten Vertreters der ASFINAG

d)     Einvernahme des Beschuldigten

 

Die Strafbehörde erster Instanz hat jedoch keines der gegenständlichen Beweismittel eingeholt und berücksichtigt, die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ist nicht einmal näher darauf einge­gangen, warum diese Beweise nicht aufgenommen werden sollen. Es ist daher das Verfahren auch mangelhaft geblieben.

 

Inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt vor, da andere mögliche Ursachen für ein Nichtab­buchen bestehen können, für die der Beschuldigte keine Verantwortung trägt

 

Zusammengefasst hat der Beschuldigte sämtliche ihn treffende Verpflichtungen erfüllt. Es ist nicht klar, welche Ursache die mangelnde Registrierung im gegenständlichen Fall hatte, wobei auch technische Defekte an der Registrierungsstelle und auch technische Defekte an der GO-Box, die eine Fehlermeldung nicht verursachen, möglich sind.

Der Beschuldigte beantragt zum Beweis für sein Vorbringen die Einholung folgender Beweismittel:

a)     Einholung einer Auskunft der ASFINAG über die am 20.06.2014 mit dem Fahrzeug X erfolgten Mautregistrierungen und über die GO-Box vorgeschriebenen Mautgebühren.

b)     Einvernahme der Zeugen

       W M, p.A. ECL, X

       G H, p.A. p.A. ECL, X:

c)     Einvernahme eines informierten Vertreters der ASFINAG

d)    Einvernahme des Beschuldigten

Darüber hinaus beantragt der Beschuldigte die Einholung eines elektrotechnischen Sach­verständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die vereinzelte elektronischer Maut bzw. Nichtregistrierung bei den Registrierungspunkten auch andere Ursachen als die dem Beschuldigten vorgeworfene falsche Anbringung der GO-Box haben kann.

 

Abschließend stellt der Beschuldigte den Antrag, das Verwaltungsgericht möge der Beschwerde des Beschuldigten Folge geben und das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt vom 22. Oktober 2014 zu GZ: 0044259/2014 ersatzlos aufheben.

 

 

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Ober­österreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt sowie durch die Verwertung des Aktes zum Verfahren
LVwG-400072, der der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25. März 2015 ausdrücklich zugestimmt hatte. Mit gleichem Schreiben wurde auf die Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung verzichtet. Daher und da auch keine andere Partei die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte und im angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, konnte gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG von einer Verhandlung abgesehen werden.

 

Es liegt folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt vor:

Der Beschwerdeführer benützte am 24. Juni 2014 um 08:50 Uhr die maut­pflichtige Bundesstraße A7, Mautabschnitt Linz Wiener Straße – Linz VOEST mit einem LKW M  A  mit dem Kennzeichen X. Bei Durchfahrt durch das Mautportal bei Straßenkilometer 7,807, erfolgte keine Abbuchung. Die Abbuchung erfolgte deshalb nicht, weil die GO-Box unmittelbar hinter dem linken, sich in Ruhestellung befindlichen, Scheibenwischer angebracht war. Durch diese Anbringung wurde die Mikrowellenkommunikation zwischen GO-Box und Mautportal gestört. Eine solche Störung kann, muss aber nicht auftreten. Das automatische Kontrollsystem des Mautsystems erkannte diesen Fehler. Die GO-Box war nicht vom Beschwerdeführer angebracht worden. Dieser hat sich nicht vergewissert, dass die GO-Box an einer durch die Mautordnung vorgegebenen Stelle angebracht ist. Er hat selbst noch nie eine GO-Box angebracht und erst nach dem Tattag erfahren, dass diese nicht hinter dem Scheibenwischer ange­bracht werden darf. Der Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges wurde mit Schreiben vom 4. Juli 2014 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Die Ersatzmaut wurde nicht bezahlt.

Der Beschwerdeführer ist arbeitslos und verfügt über ein Einkommen von
500 Euro pro Monat. Er hat keine Unterhaltspflichten.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, den Beweisfotos, dem Leistungsverzeichnis, der Aussagen im Verfahren und dem schlüssigen Gutachten des verkehrstechnischen Amtssach­verständigen in der Verhandlung vom 26. Februar 2015 zu LVwG-400072-2015.

 

Der Umstand, dass durch eine Anbringung der GO-Box hinter einem Scheiben­wischer, also einem metallischen Gegenstand, eine Störung der Mikrowellen­kommunikation zwischen GO-Box und Mautportal eintreten kann, ergibt sich aus der schlüssigen Aussage der Zeugin M C K, sowie aus dem schlüssigen Sachverständigengutachten des Dipl.-HTL-Ing. R H, welcher aufgrund ihm vorliegender Informationen auch darstellen konnte, dass der Störeffekt durch Scheibenwischer bereits vor Einführung des GO-Box-Systems in Österreich bekannt war und aufgrund dessen die Mautordnung explizit vorsieht, dass die GO-Box nicht hinter dem Scheibenwischer angebracht werden darf. Aufgrund dieser Beweismittel steht für das Gericht fest, dass die Nichtabbuchung am Mautportal Wiener Straße - VOEST auf die Anbringung der GO-Box hinter dem Scheibenwischer zurückzuführen ist.

 

III.        Gemäß § 4 BStMG in der Fassung vom 20. Juni 2014 sind Mautschuldner der Kraftfahrzeuglenker und der Zulassungsbesitzer. Mehrere Mautschuldner haften zur ungeteilten Hand.

 

Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß Abs. 2 haben sie sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unver­züglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und ‒ mit Ausnahme des Falles gemäß § 9 Abs. 3 letzter Satz ‒ des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nach­weise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Gemäß Abs. 3 sind die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeug­lenker in der Mautordnung zu treffen.

 

Gemäß Abs. 4 haben Arbeitgeber die von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen, sofern sie diese zu Fahrten auf Mautstrecken veranlassen, über den ordnungsgemäßen Einsatz des Gerätes zur elektronischen Entrichtung der Maut zu informieren. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.

Gemäß § 14 Abs. 1 BStMG hat die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzie­rungs-Aktiengesellschaft Bestimmungen über die Benützung der Mautstrecken festzulegen (Mautordnung).

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungs­gemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß Punkt 8.1. der Mautordnung in der Version 39 ist die GO-Box dauerhaft in folgendem Bereich zu montieren:

Grafik 21 (Ordnungsgemäße Anbringung der GO-Box)

 

Zudem schreibt die Mautordnung unter anderem Folgendes vor:

Die GO-Box ist an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte

und Lenkradmitte anzubringen.

[-.]

Die GO-Box ist mindestens 10 cm oberhalb des Scheibenwischers in Ruhestellung und mindestens 30 cm unterhalb der Windschutzscheibenoberkante zu montieren.

[-]

Ferner ist der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe von Gegenständen und Fahrzeugaufbauten (z.B. Sonnenblenden) im Umkreis von
10 cm freizuhalten.

 

 

IV.          Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Wie oben festgestellt, war die im gegenständlichen Fahrzeug vorhandene GO-Box am Tattag zur Tatzeit zwar an der Windschutzscheibe angebracht, dies jedoch in einem Bereich, welchen die Mautordnung für die Anbringung der GO-Box nicht vorsieht. Die GO-Box war, entgegen den Bestimmungen der Mautordnung, hinter dem in Ruhestellung befindlichen Scheibenwischer angebracht. Dies ist auf dem vom Gericht eingeholten Beweisfoto deutlich erkennbar. Die vom Bf angedachte Variante, die GO-Box sei möglicherweise auf dem Armaturenbrett gelegen, konnte aufgrund des vorliegenden Fotos zweifelsfrei widerlegt werden. Dies insbesondere dadurch, dass die Kanten der GO-Box im Foto im Vergleich zur Windschutzscheibe keine Verzerrungen aufweisen, sodass feststeht, dass diese in der gleichen Ebene wie die Windschutzscheibe, also an dieser angebracht war. Wie sich aus dem schlüssigen Sachverständigengutachten und auch der Zeugen­aussage der Zeugin M C K, welche als Mitarbeiterin der ASFINAG entsprechende Erfahrungswerte hat, ergeben hat, hat diese Art der Anbringung dazu geführt, dass die Maut am vorgeworfenen Tatort zur vorge­worfenen Tatzeit nicht abgebucht werden konnte. Dies als, wie sich auch aus dem schlüssigen Sachverständigengutachten ergibt, die Mikrowellenkommunika­tion zwischen GO-Box und Mautportalen durch den Scheibenwischer gestört werden kann und eine korrekte Abbuchung nur dann sichergestellt ist, wenn die GO-Box entsprechend den Vorgaben in der Mautordnung und im Übrigen auch in der Bedienungsanleitung zur GO-Box angebracht ist. Vorliegend wirkte sich die fehlerhafte Platzierung der GO-Box dahingehend aus, dass einmalig der Mautbetrag nicht abgebucht werden konnte. Der Umstand der fehlerhaften Anbringung führte dazu, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet werden konnte. Diese nicht ordnungsgemäße Entrichtung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ist erwiesen. Der Beschwerdeführer hat daher das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs. 1 Satz 2 VStG ordnet an, dass bei fahrlässigen Ungehorsamsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 RZ 5).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hätte der Beschwerdeführer, um die gesetzliche Vermutung zu entkräften, alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde den Umstand der nicht ordnungsge­mäßen Anbringung im Ergebnis nicht substanziell bestritten, sondern hat vielmehr lediglich die Kausalität der fehlerhaften Anbringung für die fehlerhafte Abbuchung angezweifelt und dargestellt, dass die GO-Box bereits im Fahrzeug angebracht gewesen sei und er keine Funktions­störungen feststellen konnte. Zudem hat der Beschwerdeführer Ausführungen zu anfälligen Fehlfunktionen getroffen, die jedoch mit dem Gutachten des Sachverständigen widerlegt werden konnten. Wie im Verfahren erwiesen wurde, war Ursache für die fehlerhafte Kommunikation die Anbringung hinter dem Scheibenwischer. Der dem Beschwerdeführer gemachte Vorwurf ist demgemäß letztlich darin begründet, dass der Beschwerdeführer nicht dem Gesetz gemäß die Position der GO-Box kontrolliert und diese von der Windschutzscheibe abge­nommen und an einer von der Mautordnung vorgesehenen Stelle angebracht hat. Aus diesem Grund hat er die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet.

 

Da es der Beschwerdeführer demgemäß verabsäumt hat, die GO-Box ent­sprechend Punkt 8.1. der Mautordnung anzubringen, ist von Fahrlässigkeit aus­zugehen. Als LKW-Fahrer, der nach seiner eigenen Aussage bereits bei mehreren Transportunter­nehmen tätig war, wäre es dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen, sich vor Antritt der Fahrt zu vergewissern, wo die GO-Box angebracht werden muss und wäre ihm auch zumutbar gewesen, diese von der Windschutzscheibe abzunehmen und ein paar Zentimeter höher neu anzu­bringen. Wie der Bf selbst ausgeführt hat, hat er im Rahmen seiner Kraft­fahrerausbildung gelernt, wie die GO-Box zu bedienen und anzubringen ist. Er hätte also entsprechende Kenntnisse haben müssen.

 

Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) kam nicht in Betracht, da diese Bestimmung voraussetzt, dass die Bedeutung des straf­rechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Das Verschulden des Beschwerdeführers war nicht als gering anzusehen, weil er als Kraftfahrer um die richtige Anbringung der GO-Box wissen musste und vor, während und nach jeder Fahrt ein entsprechende Kontrolle vornehmen hätte müssen.

 

Gemäß § 20 VStG kann jedoch die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich über­wiegen.

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des VwGH innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Es obliegt der Behörde, in der Begründung ihres Bescheids die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien und für die Machprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinne des Gesetzes erforderlich ist (vgl. u.a. VwSlg 8134 A/1971).

 

§ 19 Abs. 2 VStG normiert, dass im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegen­einander abzuwägen sind. Hier ist insbesondere auf das Ausmaß des Verschul­dens besonders Bedacht zu nehmen.

Die §§ 32-35 StGB sind sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermö­gensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten und es sind im Verfahren keine Erschwerungsgründe hervorge­kommen.

 

Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles lassen jedoch eine Anwendung des § 20 VStG und eine außerordentliche Milderung der Strafe auf die Hälfte der Mindeststrafe zu.

Vorliegend ist erwiesen, dass der Beschwerdeführer eine funktionierende GO-Box im Fahrzeug mitgeführt hat und diese auch an der Windschutzscheibe, lediglich an einer falschen Stelle, angebracht war. Dem Beschwerdeführer war in diesem Zusammenhang nicht bewusst, dass diese fehlerhafte Anbringung zu einer Nichtabbuchung führen kann. Er hat sich darauf verlassen, dass sein Arbeitgeber die GO-Box richtig angebracht hat. Sein Verschulden ist im Vergleich zu anderen möglichen Verschuldensgraden, bspw. der vorsätzlichen Abnahme der GO-Box, als geringfügiger anzusehen. Zudem ist mildernd zu werten, dass das durch die übertretene Norm geschützte Rechtsgut aufgrund der nur einmaligen Nicht­abbuchung und des entsprechend niedrigen Verkürzungsbetrages, nur gering­fügig beeinträchtigt war.

Zwar bestehen die gegenständlichen Pflichten hinsichtlich der Anbringung der GO-Box gegenüber dem Kraftfahrzeuglenker, jedoch sieht das Gesetz auch eine Verpflichtung von Dienstgebern dahingehend vor, dass diese ihre Mitarbeiter hinsichtlich der GO-Box einzuschulen haben. Eine solche Einschulung hat, der glaubwürdigen Aussage des Beschwerdeführer zufolge, niemals stattgefunden und wurde die GO-Box auch vom Dienstgeber des Beschwerdeführer angebracht, der das gegenständliche Fahrzeug nicht nur diesem, sondern auch zwei anderen Mitarbeitern als Arbeitsmittel zur Verfügung stellte. Damit war auch verbunden, dass der Beschwerdeführer keine Bedienungsanleitung für die GO-Box hatte. Auch diese Umstände sind mildernd zu werten. Zumal im Verfahren kein Erschwerungsgrund hervorgekommen ist, ist von einem beträchtlichen Über­wiegen der Milderungsgründe auszugehen, sodass eine außerordentliche Milderung der Strafe in Betracht kam. Diese wurde im Übrigen auch von der belangten Behörde angeregt.

Angesichts des sehr geringen Einkommens des Beschwerdeführers ist selbst bei vollem Ausschöpfen der Möglichkeiten des § 20 VStG von einem deutlichen spezialpräventiven Effekt auszugehen.

 

Im Übrigen war der bekämpfte Bescheid zu bestätigen, da der Beschwerdeführer die Tat in objektiver als auch subjektiver Hinsicht begangen hat. Aufgrund des vorliegenden Verfahrensergebnisses war dem Beschwerdeführer kein Kosten­beitrag für das Beschwerdeverfahren vorzuschreiben. Der Verfahrenskosten­beitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde war gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit 10 % der Geldstrafe, also 15 Euro festzusetzen.

 

Der Vollständigkeit halber wird im Hinblick auf das ursprünglich angeregte Gesetzesprüfungsverfahren auf den Beschluss des VfGH vom 26. September 2006, B 1140/ 06-6, verwiesen, in welchem dieser ausgesprochen hat, dass es im Fall des § 19 Abs. 4 BStMG im Hinblick darauf, dass es zu keiner Betretung einer Person kommt, sachlich gerechtfertigt ist, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahr­zeuges zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern (vgl. auch VfGH, 24.2.2009, B 1852/08-3, B1878/08-3, B1896/08-3, B1951/08-3).

 

 

V.           Daher war der Beschwerde insofern stattzugeben, als die Geldstrafe und damit auch die Ersatzfreiheitsstrafe spruchgemäß herabzusetzen war.

 

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß