LVwG-950031/2/SE

Linz, 07.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Sigrid Ellmer über die Beschwerde des Mag. G. R., xgasse x, x B. I., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. W., xstraße x, x S. J. i. P., vom 15. Jänner 2015 gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl vom
16. Dezember 2014, GZ: ADir-425/196-2014, betreffend Durchführung einer Volksbefragung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Herr Magister G. R., xgasse x, x B. I. (kurz: Beschwerdeführer) stellte am 25. September 2014 den Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung zur Frage:
 „Soll die Stadtgemeinde Bad Ischl im Bereich der xstraße/xgasse auf den im Eigentum der Stadt Bad Ischl stehenden Grundflächen sowie den Grundflächen des ehemaligen L. die Errichtung eines etwa 130 m langen und etwa 17 m hohen Hotelkomplexes nach den Plänen der K4 Hotel E.- und B. GmbH zulassen?“

 

I. 2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Bad Ischl vom
10. Oktober 2014, GZ: ADir-425/194-2014 wurde der Antrag auf Durchführung der Volksbefragung als unzulässig zurückgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass unter anderem behördliche Entscheidungen und Verfügungen nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein könnten. Zudem ging es bei der Volksbefragung um zukünftige Vorhaben und nicht um
Gegenstände, welche bereits beschlossen bzw. Inhalt einseitig nicht mehr
abänderbarer Verträge seien. Weiters sei der Wortlaut des Antrags nicht eindeutig, wenn gefragt werde, ob die Gemeinde die Errichtung eines Hotelkomplexes
„zulassen“ solle.

 

I. 3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Bad Ischl Berufung und wendete insbesondere ein, dass mit der Formulierung „zulassen“ keine Einschränkung des Gegenstandes vorliege, weil es sich um eine grundlegende politische Entscheidung handle. Die
Flächenwidmungsplanteiländerung und Bebauungsplanerstellung sei nicht
endgültig beschlossen. Der Abschluss eines Baurechtsvertrages sei jedenfalls
eine Angelegenheit, die einer Volksbefragung unterzogen werden könne. Der Baurechtsvertrag beinhalte aufschiebende Bedingungen, wonach die
Rechtswirksamkeit erst mit Vorliegen der behördlichen Genehmigungen gegeben sei.

 

I. 4. Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl (kurz:
belangte Behörde) vom 16. Dezember 2014, GZ: ADir-425/196-2014, wurde die Berufung abgewiesen.

 

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Wortlaut des Antrags nicht eindeutig sei. Es sei nicht erkennbar, ob eine behördliche
Entscheidung gemeint ist. Das für das gesamte Hotelprojekt in Aussicht
genommene Areal weise eine mit dem Vorhaben konforme rechtskräftige
Widmung auf. Es seien bestimmte Gegenstände keiner Volksabstimmung zu
unterziehen, selbst wenn sie nicht unter die explizit aufgezählten Ausnahmen des § 38 Abs. 2 Oö. Gemeindeordnung 1990 fallen. Es könnten nur zukünftige
Vorhaben gemeint sein. Bereits beschlossene bzw. einseitig nicht mehr
abänderbare Verträge seien nicht gemeint. Die beiden im Baurechtsvertrag
genannten aufschiebenden Bedingungen würden noch nicht zur Gänze vorliegen, jedoch entfalte der Vertrag bereits jetzt eine rechtliche Bindungswirkung, welche es der Stadtgemeinde verbiete, die Angelegenheit noch grundsätzlich zur
Disposition zu stellen.

 

I. 5. Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung mit Schriftsatz vom 14. Jänner 2015 Beschwerde und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und des Bescheides des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Bad Ischl vom 10. Oktober 2014, wodurch die entsprechende Kundmachung durch den Bürgermeister der Stadtgemeinde Bad Ischl zu erfolgen habe.

 

Dazu wird ausgeführt, dass sich aus der Beschlussfassung des Gemeinderates in der 19. Sitzung vom 27. März 2014 (Tagesordnungspunkt 12) ergebe, dass der Baurechtsvertrag nicht rechtswirksam zu Stande gekommen sei. Die Erfüllung der aufschiebenden Bedingungen, unter welchen die Genehmigung erfolge, sei nicht nachgewiesen und festgestellt. Dieser Baurechtsvertrag sei trotz notarieller Beglaubigung nicht rechtswirksam zu Stande gekommen und somit nichtig, weil dieser offensichtlich ohne Aufnahme der entsprechenden aufschiebenden
Bedingungen entgegen der Beschlussfassung durch den Gemeinderat vom
Bürgermeister bzw. Vizebürgermeister unterfertigt worden sei.

Es sei davon auszugehen, dass Gegenstand einer von einem Gemeindemitglied zu beantragenden Volksbefragung jede in den Zuständigkeitsbereich der
Gemeinde fallende Frage sein könnte lediglich mit der Einschränkung gemäß
§ 38 Abs. 2 Oö. Gemeindeordnung 1990. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien von der im gegenständlichen Antrag enthaltenen Fragestellung erfüllt, weshalb ein Anspruch auf Einleitung des Verfahrens zur Durchführung der Volksbefragung bestehe.

Der Begriff „zulassen“ beinhalte jedenfalls keine behördlichen Genehmigungen und Erledigungen, sondern ausschließlich vor allem politische, aber auch
privatrechtliche Entscheidungen und Rechtshandlungen, die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Hotelprojekt im Bereich der Stadtgemeinde Bad Ischl zu treffen sind. Grundprinzip sämtlicher Mittel der direkten Demokratie sei
naturgemäß nicht in erster Linie die Herbeiführung bestimmter behördlicher
Entscheidungen, sondern vor allem die Herbeiführung der Behandlung einer im Rahmen der Gemeindepolitik zu lösenden Frage. Das ergebe sich auch aus
§ 38 Abs. 11 Oö. Gemeindeordnung 1990.

 

I. 6. Mit Schreiben vom 22. Jänner 2015, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt am 23. Jänner 2015, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt von der belangten Behörde zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Im Vorlageschreiben wird festgehalten, dass es aus Sicht der Stadtgemeinde systemwidrig sei, eine Sache, deren Zustandekommen nicht mehr im Ermessen der zuständigen Gremien der Stadtgemeinde unterliegt, im Nachhinein einer Volksbefragung zu unterziehen, auch wenn der Eintritt der Rechtswirkung von der Erfüllung aufschiebender Bedingungen abhänge. Die belangte Behörde
beantragt die Abweisung der Beschwerde und verzichtet auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

II.            1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt.

 

II. 2. Der unter I. angeführte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verfahrensakt. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und auch kein ent­sprechender
Antrag gestellt wurde, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:

III. 1. Maßgebliche Rechtslage:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Gemeindeordnung 1990 (GemO 1990), LGBl. Nr. i.d.F. LGBl. Nr. lauten:

 

„§ 38
Volksbefragung

 

(1) Der Gemeinderat kann beschließen, die Behandlung einer bestimmten in seinen Aufgabenbereich (§ 43) fallenden Angelegenheit vom Vorliegen des Ergebnisses einer Volksbefragung in der Gemeinde abhängig zu machen. Eine Volksbefragung in diesen Angelegenheiten ist anzuberaumen, wenn dies von mehr als einem Viertel der wahlberechtigten Gemeindemitglieder hinsichtlich einer bestimmten Frage verlangt wird.

 

(2) Die Bestellung von Gemeindeorganen, die Angelegenheiten der Gemeindebediensteten sowie behördliche Entscheidungen und Verfügungen dürfen nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein.

 

(3) Jedes wahlberechtigte Gemeindemitglied kann bei der Gemeinde einen Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung über eine bestimmte Frage niederschriftlich einbringen. Am Tag nach der Einbringung dieses Antrages ist der Wortlaut der Frage sowie die erforderliche Mindestzahl von Anträgen wahlberechtigter Gemeindemitglieder, die sich diesem Begehren anschließen müssen, und der hiebei einzuhaltende Vorgang vom Bürgermeister kundzumachen. [...]

 

 (6) Der Gegenstand der Volksbefragung muss vom Gemeinderat oder vom Antragsteller bei der Errichtung der ersten Niederschrift in Form einer Frage so formuliert werden, daß die Beantwortung nur mit „Ja“ oder „Nein“ möglich ist. [...]

 

§ 43

Aufgaben

 

(1) Dem Gemeinderat obliegen alle in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten, soweit sie nicht ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind. [...]“

 

III. 2. Der Beschwerdeführer stellte am 25. September 2014 den Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung zur Frage:

 

 „Soll die Stadtgemeinde Bad Ischl im Bereich der xstraße/xgasse auf den im Eigentum der Stadt Bad Ischl stehenden Grundflächen sowie den Grundflächen des ehemaligen L. die Errichtung eines etwa 130 m langen und etwa 17 m hohen Hotelkomplexes nach den Plänen der K4 Hotel E.- und B. GmbH zulassen?“

 

Nach § 38 Abs. 1 bis 3 Oö. i. V. m. § 43 Abs. 1 GemO 1990 hat die einer Volksbefragung zu unterziehende Frage folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

 

1.   Angelegenheit des Aufgabenbereichs des Gemeinderates im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

2.   Keine Angelegenheiten betreffend Bestellung von Gemeindeorganen, Gemeindebedienstete sowie behördliche Entscheidungen und Verfügungen.

3.   Antwortmöglichkeit  ausschließlich mit „JA“ oder „NEIN“

 

Aus der gegenständlichen Frage „Soll die Stadtgemeinde Bad Ischl ... die
Errichtung eines ... Hotelkomplexes ... zulassen?“ geht nicht eindeutig hervor, ob die Volksbefragung auf eine zulässige Angelegenheit gerichtet ist.  

Es bleibt offen, ob die Errichtung des Hotelkomplexes durch einen privaten
Betreiber oder die Stadtgemeinde selbst im Rahmen der
Privatwirtschaftsverwaltung erfolgen soll oder aber, ob die Stadtgemeinde
lediglich – allenfalls auch durch Erlass individueller Verwaltungsakte – die
Errichtung des Hotelkomplexes ermöglichen soll.

Die Anführung der „Stadtgemeinde Bad Ischl“ deutet eher darauf hin, dass es sich um eine Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung handeln könnte.


Jedoch steht damit die Verwendung des Begriffs „zulassen“  nicht im Einklang. Der Beschwerdeführer führt aus, dass der Begriff „zulassen“ jedenfalls keine
behördlichen Genehmigungen und Entscheidungen beinhaltet. Dieser Ansicht kann keineswegs gefolgt werden, da gerade der Begriff „zulassen“ von seiner Bedeutung her auch als „erlauben“, „bewilligen“, „einräumen“ oder „gestatten“ verstanden werden kann. Es bleibt somit völlig offen, ob es sich um eine
Angelegenheit des Gemeinderates im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde handelt oder nicht.

 

Überdies lässt sich aus dem Wortlaut der Fragestellung auch nicht ableiten, dass nur die Frage der Flächenwidmung als Angelegenheit des Gemeinderates im
eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde Gegenstand der Volksbefragung sein soll. Selbst der Beschwerdeführer geht nicht davon aus, da er in seiner
Beschwerde ausführt, dass § 38 Abs. 2 Oö. GemO 1990 nicht verletzt sei, weil ausschließlich vor allem politische aber auch privatrechtliche Entscheidungen und Rechtshandlungen, die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen
Hotelprojekt im Bereich der Stadtgemeinde Bad Ischl zu treffen sind, der Begriff „zulassen“ beinhaltet.

 

Die Fragestellung ist so unklar, dass sie weder erkennen lässt, ob der
Gegenstand der Volksbefragung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt, noch, um welche Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches es sich handelt (vgl. dazu VfGH vom 20.6.2012, Zl. V23/12; VfGH vom 13.9.2013,
Zl. V50/2013).

 

Nachdem es bereits an der Klarheit der konkreten Fragestellung mangelt, war auf die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers nicht mehr einzugehen und die Beschwerde abzuweisen.

 

 

IV.          Gemäß § 14 Tarifpost 6 Gebührengesetz 1957 haben die Beschwerdeführer die Eingabegebühr von 14,30 Euro zu tragen.  

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.





R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim
Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die
Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu
entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof
einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Sigrid Ellmer