LVwG-570019/15/KLe - 570020/2

Linz, 01.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Karin Lederer über die Säumnisbeschwerde des S. V. OÖ. gegr. x, vertreten durch Obmann Mag. J. E., x, x, und des M. R., x, x, beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F. H., Dr. O. U., Mag. A. M., Mag. T. L., Mag. B. F., x, x, vom 19. November 2014 wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 8 VwGVG wird der Säumnisbeschwerde stattgegeben.

 

II.      Der Antrag des S. V. OÖ. gegr. x, vertreten durch Obmann Mag. J. E., x, x, und des M. R., x, x, beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F. H., Dr. O. U., Mag. A. M., Mag. T. L., Mag. B. F., x, x, „auf Feststellung der Art und Umfang der Duldungspflicht gemäß § 28 Abs. 4 Oö. Fischereigesetz der Antragsgegnerin, Frau J. G., als Eigentümerin der Grundstücke Nr. x, x sowie x, KG x, den Mitgliedern des S. V. jederzeit das Betreten der Grundstücke zum Zwecke der Ausübung der Anglerei und Fischerei und Anbringung von Fanggeräten zu gestatten“ wird abgewiesen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. und II.:

 

Der S. V. beantragte mit Eingabe vom 16. September 2013 und M. R. mit Eingabe vom 7. November 2013, „die Behörde wolle bescheidmäßig feststellen, dass die Antragsgegnerin, Frau J. G., als Eigentümerin der Grundstücke Nr. x, x sowie x, KG x, den Mitgliedern des S. V. jederzeit das Betreten der Grundstücke zum Zwecke der Ausübung der Anglerei und Fischerei und der Anbringung von Fanggeräten zu gestatten hat“.

 

Mit Schreiben vom 19. November 2014 wurde Säumnisbeschwerde eingebracht und beantragt „das Verwaltungsgericht möge über den Antrag der Beschwerde­führer auf Feststellung der Art und des Umfanges der Duldungspflicht gemäß
§ 28 Abs. 4 Oö. Fischereigesetz der Antragsgegnerin, Frau J. G., als Eigentümerin der Grundstücke Nr. x, x sowie x, KG x, den Mitgliedern des S. V. jederzeit das Betreten der Grundstücke zum Zwecke der Ausübung der Anglerei und Fischerei und der Anbringung von Fanggeräten zu gestatten, selbst in der Sache erkennen und diesbezüglich einen Bescheid erlassen und in eventu gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen“.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck führt in ihrem Vorlageschreiben zur Säumnis an, dass durch den Rechtsvertreter der Antragsgegnerin (Frau G.) mitgeteilt worden sei, dass beabsichtigt wäre, das in Frage stehende Grundstück im Sinne der Bestimmungen des § 28 Abs. 3 Oö. Fischereigesetz mit einem Wildzaun nach Maßgabe der Witterungsmöglichkeiten Anfang des Jahres 2015 einzufrieden. Daher sei das Verfahren seit der Entscheidung des  Landesverwal­tungsgerichtes Oberösterreich nicht entsprechend dieser Entscheidung weiter­geführt worden, zumal nach Einzäunung des Grundstückes die Bestimmung des
§ 28 Abs. 3 Oö. Fischereigesetz Anwendung finden würde.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­ein­sichtnahme.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und nur ein Eventualantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

 

 

 

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Anträge auf Feststellung der Duldungspflicht gemäß § 28 Abs. 4
Oö. Fischereigesetz wurden am 16. September 2013 bzw. 7. November 2013 gestellt.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wies die gestellten Anträge mit Bescheid vom 28. Jänner 2014 ab. Dagegen wurde Beschwerde eingebracht. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gab den Beschwerden insoweit statt, als mit Erkenntnis vom 28. April 2014 der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG zurückverwiesen wurde.

Am 19. November 2014 wurde Säumnisbeschwerde eingebracht. Diese wurde mit Vorlageschreiben vom 26. Jänner 2015 dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

Die Liegenschaft von Frau G. G., bestehend aus den Grundstücken Nr. x, x und x, KG x, ist mit einem grauen Wildzaun mit einem Meter Höhe zur Gänze eingefriedet.

Dieser Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den Akten und wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

Mit Schreiben vom 30. April 2015 führen die Beschwerdeführer selber an, dass „ein nunmehr errichteter Zaun auf den verfahrensgegenständlichen Grund­stücken den Voraussetzungen für die bescheidmäßige Festsetzung eines Uferbe­tretungsrechtes entgegensteht“. Die Beschwerdeführer geben weiters an, „dass eine geforderte naturschutzrechtliche Bewilligung dieser Einfriedung nach wie vor nicht nachgewiesen ist. Ob daher diese Einfriedung nach den Bestimmungen des Oö. Naturschutzrechtes errichtet wurde, kann nicht beurteilt werden und wird daher bestritten, dass dieser Zaun von der zuständigen Behörde genehmigt wurde oder dessen Errichtung genehmigungsfrei zulässig wäre. Es ist daher davon auszugehen, dass die Einfriedung auf den Ufergrundstücken nicht von Dauer ist. Es wird daher der Antrag nach wie vor aufrechterhalten.“

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

1. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entschei­dungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser, entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein über­wiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Zur Feststellung, ob ein überwiegendes behördliches Verschulden vorliegt, ist
- gegebenenfalls - das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (VwGH 31.1.2005, 2004/10/0218; 6.7.2006, 2004/07/0141; 24.4.2007, 2006/05/0262; 21.9.2007, 2006/05/0145). Maßgeblich ist dabei ausschließlich das Verschulden jener Partei, die die Säumnisbeschwerde gestellt hat (zum Devolutionsantrag Thienel4 339). Um den Parteien die Möglichkeit einer rechtlichen Abhilfe gegen Rechtsver­weigerung zu gewährleisten, nicht zu beeinträchtigen, kann im Mehrparteien­verfahren mit sich widersprechenden Parteiinteressen der Geltendmachung der Entscheidungspflicht durch Parteien der einen Interessengruppe (z.B. Antrag­steller) nicht ein Mitverschulden von Parteien der anderen Interessengruppe (z.B. mitbeteiligte Parteien) an der Verfahrensverzögerung entgegengehalten werden (VwSlg 8635 A/1974). Die Behörde hat sich vielmehr die Unterlassung geeig­neter Maßnahmen gegen Verzögerungen anderer Parteien zurechnen zu lassen (VwGH 20.6.1980, 1567/76).

 

Die Säumnisbeschwerde ist zulässig, da die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht innerhalb von sechs Monaten nach Zurückverweisung des Verfahrens über den Antrag der Beschwerdeführer entschieden hat. Im gegenständlichen Verfahren handelt es sich um ein Mehrparteienverfahren. Die Verfahrens­verzögerung liegt nicht in der Sphäre der Antragsteller. Die mitbeteiligte Partei hat aus eigenen Stücken einen Zaun errichtet, sie war an keine Frist gebunden. Durch das Zuwarten der Behörde wurde über den Antrag der Beschwerdeführer nicht binnen der gesetzlichen Frist entschieden.

 

2. Gemäß § 28 Abs. 2 Oö. Fischereigesetz haben die Eigentümer und sonst Berechtigten das Betreten von Ufergrundstücken, soweit diese nicht unter Abs. 3 fallen, und das Anbringen von Fanggeräten auf diesen durch Personen, die den Fischfang rechtmäßig ausüben, sowie das Betreten von solchen Ufergrund­stücken durch Fischereischutzorgane in Ausübung ihres Dienstes im unumgäng­lich notwendigen Umfang zu dulden, sofern damit keine unverhältnismäßige Behinderung des widmungsgemäßen Gebrauches der in Anspruch genommenen Grundstücke verbun­den ist.

 

Nach § 28 Abs. 3 Oö. Fischereigesetz haben die Eigentümer und sonst Berechtigten an eingefriedeten Ufergrundstücken deren Benützung für die in den Abs. 1 und 2 genannten Zwecke, bei Grundstücken, welche als Zugehör von Wohn-, Wirtschafts-, Fabriks- oder ähnlichen Gebäuden mit diesen eingefriedet sind, lediglich für die im Abs. 1 genannten Zwecke und unter den dort genannten Einschränkungen zu dulden, sofern ihnen die Absicht der Benützung angezeigt wurde und diese in zumutbarer Weise ermöglicht werden kann. Die Eigentümer und sonst Berechtigten haben auch das Betreten solcher Grundstücke durch Fischereischutzorgane in Ausübung ihres Dienstes zu dulden, wenn ihnen dies angezeigt wurde und in zumutbarer Weise ermöglicht werden kann.

 

Gemäß § 28 Abs. 4 Oö. Fischereigesetz hat die Behörde auf Antrag der Beteiligten Art und Umfang der Duldungspflicht festzustellen.

 

Eine Feststellung im Grunde des § 28 Abs. 4 Oö. Fischereigesetz verlangt, dass die belangte Behörde im Spruch des nach dieser Bestimmung zu erlassenden Feststellungsbescheides Klarheit über Art und Umfang der Duldungspflicht schafft. Der Zweck eines solchen Feststellungsbescheides liegt insbesondere darin, für den Fall unterschiedlicher Auffassungen über Art und Umfang der Duldungspflicht die Benutzung im Sinne der §§ 28 Abs. 1 bis 3
Oö. Fische­rei­gesetz exakt festzustellen. Von daher ist der Spruch eines solchen Feststellungsbescheides so bestimmt zu fassen, dass über die im konkreten Fall gegebenen strittigen Fragen im Einzelnen abgesprochen wird; dabei ist die strittige Benutzung auch in örtlicher und zeitlicher Hinsicht klar abzugrenzen (vgl. VwGH vom 18.11.1998, 95/03/0138).

 

Personen, die den Fischfang rechtmäßig ausüben, sind nach dem Oö. Fischerei­gesetz nur berechtigt, nicht eingefriedete Grundstücke zu betreten. Im gegen­ständlichen Fall wurde ein Zaun errichtet, der als Einfriedung im Sinne des § 28 Abs. 3 Oö. Fischereigesetz zu qualifizieren ist. Dies wird auch von den Beschwerde­führern nicht in Abrede gestellt.  

 

Die Notwendigkeit von eventuell anderen Bewilligungspflichten für den Zaun ist nicht Gegenstand des fischereirechtlichen Verfahrens bzw. beeinträchtigt keine subjektiven Rechte der Beschwerdeführer. Im Übrigen verweist auch die mitbeteiligte Partei auf die Kontaktaufnahme mit der zuständigen Naturschutz­behörde und auch aus dem Behördenakt ist ersichtlich, dass seitens der Fischereibehörde bei der Naturschutzbehörde angefragt wurde und mitgeteilt wurde, „dass aus Sicht des Naturschutzes die Errichtung eines Wildzaunes (grau) mit einer Höhe von einem Meter möglich ist“.

 

Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 29.1.2015, Ro 2014/07/0105).

 

Da das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über den gestellten Feststel­lungs­antrag zu entscheiden und die tatsächlichen Gegebenheiten (Zaun) zu berücksichtigen hat, war der Antrag daher abzuweisen. Sollte der Zaun wieder entfernt werden und neuerlich kein Einvernehmen hinsichtlich des Betretens des Grundstückes herrschen, wäre ein neuer Antrag zu stellen, über welchen die Behörde zu entscheiden hat.

 

 

 

Zu III.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer