LVwG-850267/11/BMa/AK

Linz, 29.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der J. M., geb. x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1. September 2014, GZ: 0028593/2014, wegen Untersagung der Aus­übung des Personenbetreuungsgewerbes

 

zu Recht erkannt :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerde­führerin (im Folgenden: Bf) die Ausübung des Gewerbes „Personenbetreuung“ untersagt, weil festgestellt wurde, die Bf habe eine im Zuge des Anmeldever­fahrens fehlende Unterlage, und zwar eine Bestätigung über die Insolvenzfreiheit aus dem Herkunftsland in beglaubigter deutscher Übersetzung von der zuständigen Behörde, nicht vorgelegt. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, in der S. sei zur Ausstellung einer solchen Bestätigung das Kreisgericht, entsprechend des Wohnsitzes der Antragstellerin, die zuständige Behörde. Weil die Bf lediglich eine Insolvenzfreiheitsbestätigung des s. Bezirks­gerichtes vorgelegt habe, habe sie kein Dokument der zuständigen Behörde übermittelt.

 

1.2. Mit Schreiben vom 29. September 2014, das als „Rechtsmittel Gewerbean­meldung“ tituliert wurde, hat die Bf um Mitteilung ersucht, welche Unterlagen von ihr noch vorzulegen seien. Sie habe alle Unterlagen geschickt, sie habe von diesen noch Kopien zu Hause und könne diese vorlegen. Als Beilage zum Schreiben hat sie nochmals eine beglaubigte Übersetzung der Bescheinigung des Bezirksgerichtes S. N. V. vorgelegt, aus der ersichtlich ist, dass kein Antrag auf Zwangs­vollstreckung eingereicht wurde und keine Betreibung und kein Exekutionsver­fahren gegen die Bf bei diesem Gericht anhängig sei.

 

Damit hat sie konkludent zum Ausdruck gebracht, dass sie die Aufhebung des Untersagungsbescheides beantragt.

 

1.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde und eine Auskunft betreffend die Insolvenzfreiheit der Bf über das Amt der Oö. Landes­regierung, Abteilung Wirtschaft, bei der „European Commission“ über deren „Internal Market Information System“ eingeholt (Anfrage Nummer: x). Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid auf­zuheben ist. Im Übrigen wurde auch keine mündliche Verhandlung beantragt.

 

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

2.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

Mit Antrag vom 17. Juli 2013 hat die Bf eine Gewerbeanmeldung erstattet. Mit Schreiben des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Juli 2014 wurde M. aufgefordert, die Insolvenzfreiheitsbestätigung von der zustän­digen Behörde, das sei in der S. das Kreisgericht (entsprechend des Wohnsitzes der Antragstellerin), nachzureichen, denn die Bf habe nur eine beglaubigte Übersetzung des Bezirksgerichtes zu ihrer Insolvenzfreiheitsbestä­tigung vorgelegt.

 

Die geforderte Unterlage wurde von der Bf nicht fristgerecht vorgelegt, daraufhin ist der nunmehr bekämpfte Bescheid ergangen.

 

Zur Frage der Zuständigkeit zur Ausstellung einer Insolvenzfreiheitsbestätigung in der S., nämlich Zuständigkeit des Bezirksgerichtes oder des Kreisge­richtes, wurden Erhebungen durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bei verschiedenen Stellen getätigt. Die zuständige Stelle zur Ausstellung dieser Bestätigung in der S konnte jedoch nicht eruiert werden.

 

Eine über das Amt der Oö. Landesregierung an die „European Commission Internal Market Information System“ geführte Anfrage „Ist der Dienstleister in einem Schuldnerverhältnis registriert, wurde er in Ihrem Mitglieds­staat für zahlungsunfähig/insolvent erklärt oder wurde über das Vermögen des Dienst­leisters das Insolvenzverfahren eröffnet (nur wenn aktuell, d.h., wenn die Insolvenz droht oder eingetreten ist)?“ hat die Antwort ergeben „Wir haben die uns möglichen Überprüfungen vorgenommen und konnten keine Hin­weise auf eine Insolvenz des Dienstleisters finden.“

 

2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und den Erhebun­gen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich widerspruchsfrei ergibt.

 

2.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

2.3.1. Rechtsgrundlagen:

 

Gemäß § 339 Abs. 1 GewO 1994 hat, wer ein Gewerbe ausüben will, die Gewerbe­anmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.

Nach Abs. 2 hat die Anmeldung die genaue Bezeichnung des Gewerbes und des für die Ausübung in Aussicht genommenen Standortes zu enthalten. …

Nach Abs. 3 sind der Anmeldung folgende Belege anzuschließen:

1.   Urkunden, die dem Nachweis über Vor- und Familiennamen der Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit dienen,

2.   falls ein Befähigungsnachweis für das betreffende Gewerbe vorgeschrieben ist, die entsprechenden Belege, im Fall des § 16 Abs. 1 zweiter Satz die Anzeige der erfolgten Bestellung eines Geschäftsführers und

3.   ein Auszug aus dem Firmenbuch, der nicht älter als sechs Monate sein darf, falls eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft die Anmeldung erstattet und der Anmelder den Firmenbuchauszug nicht bei der Behörde gemäß § 365g einholt.

 

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbe­treibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn

1.   das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und

2.   der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Das gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.

 

Nach § 14 Abs. 1 leg. cit. dürfen ausländische Personen, sofern dieses Bundes­gesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. ...

 

Gemäß § 340 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde aufgrund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegen­stand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das Gewerberegister einzutragen und durch Übermittlung eines Auszuges aus dem Gewerberegister von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Aner­kennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleich­haltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

 

Abs. 3 besagt: Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

 

2.3.2. Bei dem in der Gewerbeanmeldung vom 13. Juni 2014 unter Zuhilfenahme eines Formulars mit dem Datum „K, am 17. Juli 2013“ bezeichneten Gewerbe „Personen­betreuung gemäß § 159 GewO“ handelt es sich um ein freies Gewerbe.

 

M. hat unter Anschluss von Unterlagen die Gewerbeanmeldung erstat­tet.

Weil nicht geklärt werden konnte, ob die zur Ausstellung einer Insolvenz­freiheitsbestätigung zuständige Stelle in der S. das Bezirksgericht oder das Kreisgericht, entsprechend des Wohnsitzes der Antrag­stellerin, ist, wurde eine Anfrage zur Insolvenzfreiheit in der S. über das „Internal Market Infor­mation System“ der Europäischen Kommission eingeholt, die ergeben hatte, dass von einer Insolvenzfreiheit der Bf auszugehen ist.

Damit aber ist auch davon auszugehen, dass für die Bf kein Ausschluss­grund gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 vorliegt oder ein mit diesem vergleichbarer Tatbestand in ihrem Herkunftsstaat verwirklicht wurde.

 

2.3.3. Im Ergebnis war daher der Beschwerde stattzugeben und der ange­foch­tene Bescheid aufzuheben.

Die in § 340 Abs. 1 GewO 1994 dargelegte weitere Vorgangsweise bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausübung des beantragten Gewerbes, nämlich die Eintragung in das Gewerberegister und Verständigung der Antragstellerin durch Übermittlung eines Auszuges aus dem Gewerberegister von der Eintragung, ist von der Behörde wahrzunehmen.

 

 

Zu II.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Ertei­lung einer Gewerbeberechtigung bei Vorliegen von Insolvenzfreiheit nicht ab.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gerda Bergmayr-Mann