LVwG-850322/8/Wg

Linz, 26.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der J. M. & C. AG, x, x, gegen den Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Perg vom 22. Dezember 2014, GZ: Ge20-96-2014, betreffend Anzeigeverfahren, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 6. Mai 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abge­wiesen.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.








 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

1.1.      Die Beschwerdeführerin (Bf) betreibt auf dem Grundstück Nr. x und Bfl. x, KG x, eine Betriebsanlage zur Produktion diverser Süßwaren. Die Bezirkshauptmannschaft Perg (im Folgenden: belangte Behörde) stellte mit Bescheid vom 22. Dezember 2014, GZ: Ge20-96-2014, fest, dass die mit Eingabe der Bf vom 27. Oktober 2014 angezeigte Verlängerung der Betriebszeit nicht den Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Z 9 Gewerbeordnung (GewO) entspricht, da es sich um keine Änderung handelt, die das Emissionsverhalten der Betriebsanlage nicht nachteilig beeinflusst. Weiters wurde die angezeigte Betriebszeitenausweitung gemäß § 345 Abs. 5 und 6 GewO untersagt.

 

1.2.      Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 28. Jänner 2015. Darin beantragt die Bf, den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und der Berufung stattzugeben, in eventu die Anzeige gemäß § 81 Abs. 2 Z 9 und Abs. 3 iVm § 345 Abs. 6 GewO zur Kenntnis zu nehmen. Sie beantragt die Durchführung einer Verhandlung. Begründend führt die Bf aus, die Behörde hätte prüfen müssen, ob für die vorliegend anfallenden Lärmemissionen bereits ein Konsens bestehe. Der Umfang des Konsenses, dessen Basis die zugrundeliegende Betriebsanlagengenehmigung bilde, werde durch die freiwillige Zusage der Unterlassung jeglicher LKW-Bewegungen während der erweiterten angezeigten Betriebszeiten unterschritten, wodurch der bestehende Konsens im Zusammenhang mit Lärmemissionen eingehalten werde. 

 

1.3.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in der öffentlichen Verhandlung am 6. Mai 2015 Beweis erhoben. Die Bf entsendete keinen Vertreter. Es erschienen ein Behördenvertreter sowie der geladene Amtssach­verständige für Anlagentechnik. Im Rahmen der Beweisaufnahme tat der Verhandlungsleiter den Akteninhalt dar. Der erschienene Behördenvertreter verzichtete auf eine wörtliche Verlesung. Der Akteninhalt gilt einvernehmlich als verlesen. Der Amtssachverständige für Anlagentechnik wurde befragt. Nachdem in der Sache nichts weiter vorgebracht worden war, verfügte der Verhandlungs­leiter den Schluss der Beweisaufnahme.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Der genehmigte - verfahrensgegenständliche - Betriebsstandort der Bf beinhaltet unter anderem eine Filterabreinigungsanlage, Backofen, Lüftungs­anlagen, Kühlaggregate und sonstige Betriebsräumlichkeiten. Die genehmigten Betriebszeiten beschränken sich auf die Werktage, grundsätzlich rund um die Uhr. LKW-Anlieferungen und LKW-Entleerungen finden werktags aber nur im Zeitraum von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr statt. An Sonn- und Feiertagen findet kein Betrieb statt (Erörterung Tonbandprotokoll Seite 2, Bescheid der belangten Behörde vom 13. April 2004, AZ: Ge20-4-2004, Beilage 2 der Niederschrift).

 

2.2.      Die nächstgelegenen Anrainerliegenschaften (Einfamilienhäuser) befinden sich in einer Entfernung von rund 130-200 m nördlich der Anlagenteile bzw. nördlich und südlich der Landesstraße „x Straße“ (lärmtechnisches Projekt vom 25. August 2011, Beilage 2 der Niederschrift, Orthofoto Beilage 1 der Niederschrift, Erörterung Tonbandprotokoll Seite 2).

 

2.3.      Mit Eingabe vom 27. Oktober 2014 zeigte die Bf nachstehende Änderungen ihrer Betriebsanlage bei der belangten Behörde an: „Ausdehnung der Betriebs­zeiten um bis dato ausgeschlossene Sonn- und Feiertage von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr und 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr.“ In dieser Eingabe wird weiters ausgeführt: „Hinsichtlich Ausstattung und Prozessen bleibt der Betrieb gänzlich unverändert. Es wird in der genannten Zeit zu keinen zusätzlichen LKW-Bewegungen kommen, daher ist grundsätzlich keine weitere Verkehrsbelastung zu erwarten. Des Weiteren ist zu beachten, dass es sich um eine temporäre betriebliche Maßnahme handelt, bis der Betrieb des Werkes in W. H. wieder uneingeschränkt möglich ist. Da durch diese Änderungen das Emissionsverhalten der bestehenden Betriebsanlage im Sinne des § 81 Abs. 2
Z 9 GewO nicht nachteilig beeinflusst wird, ersucht die J. M. & C. AG um Kenntnisnahme dieser Änderungen.“

 

2.4.      Zu den Auswirkungen der angezeigten Betriebszeitenausdehnung auf die genehmigten Emissionen ist festzustellen: Für die genehmigte Filterabreinigungs­anlage liegt betreffend die genehmigten Betriebszeiten, und zwar nur für den Tageszeitraum von 06.00 Uhr bis 19.00 Uhr an Werktagen, ein lärmtechnisches Projekt vom 25. August 2011 vor. In diesem lärmtechnischen Projekt werden die Anrainerliegenschaften in rd. 130-200 m Entfernung angeführt.  Die Betriebs­zeiten­ausdehnung laut Anzeige vom 27. Oktober 2014 sieht pauschal eine Ausdehnung der Betriebszeiten (ausgenommen LKW-Fahrbewegungen) auch an Sonn- und Feiertagen rund um die Uhr vor, weshalb hier an und für sich ein Betrieb der Filterabreinigungsanlage auch miterfasst ist. Würde man diese Filterabreinigungsanlage an Sonn- und Feiertagen zur Tageszeit (von 06.00 Uhr bis 19.00 Uhr) betreiben, würde hier eine Auswirkung gegeben sein, für die aus anlagentechnischer Sicht eine lärmtechnische Untersuchung geboten wäre (Erörterung Amtssachverständiger für Anlagentechnik, Tonbandprotokoll Seiten 2 und 3).

 

2.5.      Zum behördlichen Verfahren ist festzustellen: Die belangte Behörde leitete auf Grund der Anzeige vom 27. Oktober 2014 ein Ermittlungsverfahren ein und teilte der Bf nach Rücksprache mit dem anlagentechnischen Amtssachver­ständigen im E-Mail vom 4. November 2014 mit, dass eine Ausdehnung der Betriebszeiten nicht als emissionsneutral angesehen werden könne. Die belangte Behörde forderte die Bf auf, ein förmliches Ansuchen über Ausdehnung der Betriebszeiten samt Lärmgutachten einzureichen. Da die Bf die geforderten Unterlagen nicht einreichte, erließ die belangte Behörde den bekämpften Bescheid, ohne ein Gutachten eines Amtssachverständigen einzuholen (vorge­legter Verfahrensakt der Behörde).

 

3.           Beweiswürdigung:

 

3.1.      Einleitend (1.) werden der Beschwerdegegenstand, das Beschwerde­vorbringen und der Ablauf des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zusammengefasst wiedergegeben. In der Sache selbst (2.) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer angegebenen Beweismittel. Der Genehmi­gungsumfang wurde in der mündlichen Verhandlung auf Grundlage der von der Behörde übermittelten Dokumente erörtert. Der Genehmigungsumfang (2.1.) war nicht weiter strittig.  Die festgestellten Betriebszeiten ergeben sich aus Punkt 34. des Bescheides der belangten Behörde vom 13. April 2004,
GZ: Ge20-4-2004. Das im Akt befindliche Lärmprojekt beschreibt die Anrainer­situation, die durch das Orthofoto, Beilage 1 der Niederschrift, veranschaulicht wird (2.2.).

 

3.2.      Versteht man die Anzeige (2.3.) so, dass an Sonn- und Feiertagen ein umfassender Betrieb - wenn auch ohne LKW-Fahrbewegungen - beabsichtigt ist, wäre aus anlagentechnischer Sicht keine emissionsneutrale Änderung gegeben (2.4.). Die belangte Behörde vertritt erkennbar diese Auffassung und teilte der Bf im Ermittlungsverfahren mit, dass ein Genehmigungsantrag zu stellen wäre (2.5.).

 

4.           Rechtliche Beurteilung:

4.1.      Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden Bestimmungen der Gewerbeordnung (GewO):

 

4.1.1. § 74 Abs. 1 und 2 GewO lauten:

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.   das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienan­gehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2
Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.   die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.   die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.   die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.   eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbei­zuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

4.1.2. § 81 Abs. 1, 2 und 3 GewO lauten:

(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Geneh­migung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

(2) Eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 ist jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:

1.       bescheidmäßig zugelassene Änderungen gemäß § 79c Abs. 2,

2.       Änderungen zur Einhaltung von anderen oder zusätzlichen Auflagen gemäß
§ 79 Abs. 1 oder § 79b,

3.       Änderungen zur Anpassung an Verordnungen auf Grund des § 82 Abs. 1,

4.       Bescheiden gemäß § 82 Abs. 3 oder 4 entsprechende Änderungen,

5.       Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen; Maschinen, Geräte oder Ausstat­tungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, dass der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs. 1 zu behandeln ist.

6.       Änderungen durch den Einsatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen, die unter Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 fallen oder in Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind, sofern § 76 Abs. 3 nicht entgegensteht,

7.       Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage zu den Nachbarn nicht nachteilig beeinflussen und die auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles erwarten lassen, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforder­lichenfalls vorzuschreibenden Auflagen, Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit von Personen vermieden und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 3 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden,

8.       Sanierung gemäß § 12 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen,
BGBl. Nr. 380/1988,

9.       Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen,

10.   Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes (§ 353 Z 1 lit. c),

11.   Änderungen von vorübergehender, vier Wochen nicht überschreitender Dauer, die keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen bewirken und aus Anlass von Ereignissen oder Veranstaltungen, die in kulturellem oder sportlichem Interesse überregional breiter Kreise der Bevölkerung stattfinden, vorgenommen werden.

(3) Der Ersatz solcher gleichartiger Maschinen, Geräte oder Ausstattungen gemäß Abs. 2 Z 5, wegen deren Verwendung die Anlage einer Genehmigung bedurfte, sowie Änderungen gemäß Abs. 2 Z 7, Z 9 und Z 11 sind der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Das ersetzte Gerät, die ersetzte Maschine, die ersetzte Ausstattung oder die dem Nachweis der Gleichartigkeit dienenden Belege sind bis zur Erlassung des Bescheides gemäß § 345 Abs. 6 aufzubewahren.

 

4.1.3. § 345 Abs. 5 und 6 GewO lauten:

(5) Wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist, unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff, dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

(6) Die Behörde hat die Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, wenn die geforderten Voraussetzungen gegeben sind. Der Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Sind die gesetzlichen Vorausset­zungen nicht erfüllt, hat die Behörde innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige einen Bescheid im Sinne des Abs. 5 zu erlassen. Für die den Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 anzuschließenden Belege gilt § 353. Im Fall einer Änderung gemäß § 81 Abs. 2 Z 7 darf mit dem Betrieb der geänderten Betriebsanlage erst nach Erlassung des Bescheides im Sinne des ersten Satzes begonnen werden.

 

4.2.      Bei der gemäß § 345 Abs. 6 der Behörde aufgetragenen Prüfung der Voraussetzungen im Sinne des § 81 Abs. 2 GewO ist wegen des konstitutiven Charakters der Anzeige - der sich gemäß § 345 Abs. 6 letzter Satz GewO in Fällen des § 81 Abs. 2 Z 7 GewO vorerst auf das Recht der Errichtung  beschränkt  - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihres Einlangens abzustellen (vgl. VwGH vom 17. Dezember 2002, GZ: 2002/04/0108). Da grundsätzlich nur die Anzeige konstitutiv wirkt, werden mit Ablauf der in § 345 Abs. 6 GewO vorgesehenen zweimonatigen Frist keine Rechte begründet. Es ist der Behörde daher nicht untersagt, nach Fristablauf einen Bescheid im Sinne des § 345 Abs. 6 GewO zu erlassen.

 

4.3.      Infolge ihres konstitutiven Charakters muss eine Anzeige so klar gefasst sein, dass sie dem Betreiber jederzeit die Grenzen seines Verhaltens zweifelsfrei erkennen lässt (vgl. VwGH vom 3. September 2008, GZ: 2008/04/0085).   Soweit die Voraussetzungen einer genehmigungsfreien Änderung im Sinne des
§ 81 Abs. 2 GewO erfüllt sind, wird mit der Anzeige ein Recht des Betreibers begründet (vgl. VwGH vom 28. November 2014, GZ: 2012/05/0088, VwGH vom 22. Jänner 2015, GZ: 2013/06/0065). Mit der Zurkenntnisnahme wird diese Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Ein förmliches Verbesserungs­verfah­ren im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG kann sich nur auf Unvollständigkeiten - wie gemäß § 345 Abs. 6 vorletzter Satz iVm § 353 GewO erforderliche Projektsunterlagen - nicht aber auf die Einschränkung den Rahmen des § 81
Abs. 2 GewO überschreitender Anzeigen beziehen.
Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers wird die Behörde nicht durch § 13 Abs. 3 AVG verpflichtet, die Partei zu einer solchen „Verbesserung“ (in Wahrheit: Änderung) des Anbringens aufzufordern, welche eine stattgebende Entscheidung ermöglicht. Würden die beizubringenden Unterlagen überhaupt erst den Gegenstand des Verfahrens festlegen, dann stellt ihr Fehlen keinen verbesserungsfähigen Mangel dar (vgl. VwGH vom 17. Februar 2006, GZ: 2002/10/0072, VwGH vom 22. Juni 2011,
GZ: 2007/04/0080, Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 13 Rz 26 und 27).

 

4.4.      Die vorliegende Anzeige stützt sich auf die Bestimmung des § 81 Abs. 2
Z 9 GewO. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 81 Abs. 2 Z 7 und 9, § 81 Abs. 3 und § 345 Abs. 6 GewO idF BGBl I Nr. 85/2013 wird ausgeführt: „Für Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen, ist schon derzeit gemäß § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994 eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht der Änderung vorgesehen. Unter ‚Emission‘ ist jede Auswirkung der Anlage zu verstehen, nicht nur jene Auswirkungen, die sich auf die Nachbarn beziehen. Auch Auswirkungen, die sich lediglich im Innenbereich der Betriebsanlage entfalten, sind daher beachtlich und führen zur Nichtanwendbarkeit des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994. Es wäre zwar oftmals möglich, solche Auswirkungen durch Auflagen zu vermeiden bzw. auf ein zumutbares Maß zu beschränken, allerdings besteht im Anzeigeverfahren gemäß § 345 Abs. 6 GewO 1994 in der derzeitigen Fassung keine Möglichkeit, Auflagen vorzuschreiben, da die Behörde lediglich feststellen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994 vorliegen oder nicht. Es soll daher ein gesonderter Tatbestand geschaffen werden, der zwar weiterhin die Emissionsneutralität gegenüber den Nachbarn voraussetzt, jedoch der Behörde bei Auswirkungen, die sich nicht auf die geschützten Nachbarinteressen beziehen, auch die Möglichkeit gibt, Beeinträchtigungen der ansonsten geschützten Interessen durch Erteilung von Auflagen zu vermeiden bzw. auf ein zumutbares Maß zu beschränken. Die Möglichkeit der Erteilung von Auflagen soll auf diesen Tatbestand beschränkt bleiben. Solche Auflagen können sich nur auf geschützte Interessen beziehen, die nicht der Sphäre des Nachbarschafts­schutzes zuzuordnen sind. Änderungen, die nachteilige Auswirkungen auf die Nachbarn haben, unterliegen weiterhin weder dem bestehenden Tatbestand gemäß § 81 Abs. 2 Z 9 noch dem vorgeschlagenen Tatbestand gemäß § 81
Abs. 2 Z 7 GewO 1994; in solchen Fällen kann wie bisher nicht mit der Vorschreibung von Auflagen vorgegangen werden, sondern bedürfen solche Änderungen weiterhin der Genehmigung einer Änderung der Betriebsanlage. Grundsätzlich dürfen genehmigungsfreie Änderungen gemäß § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994 sofort errichtet und betrieben werden, es sind jedoch gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 die dem Nachweis der Gleichartigkeit dienenden Belege bis zur Erlassung eines Bescheides gemäß § 345 Abs. 6 GewO1994 aufzubewahren. Im Falle des neu geschaffenen Tatbestandes gemäß § 81 Abs. 2 Z 7 GewO 1994 soll jedoch zum Ausgleich dafür, dass jene Interessen, die die Nachbarschaft nicht beeinflussen, einer behördlichen Auflagenerteilung zugänglich sein werden, vorgesehen werden, dass der Betrieb der Änderung nicht vor Erlassung des Kenntnisnahmebescheides aufgenommen werden darf. Die Errichtung einer solchen ‚nachbarneutralen‘ Änderung soll zwar sofort möglich sein, allerdings werden auch in diesen Fällen die dem Nachweis der Gleichartigkeit dienenden Belege bis Bescheiderlassung aufzubewahren sein. Die Parteistellung des Arbeits­inspektorates ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Arbeitsinspektionsgesetz und muss daher nicht gesondert vorgesehen werden. Sollte sich in den Fällen des neuen
§ 81 Abs. 2 Z 7 GewO 1994 vor Erlassung eines Bescheides gemäß § 345 Abs. 6 herausstellen, dass der Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer die Vorschreibung von Bedingungen oder Auflagen erfordert, so sind solche auf Grund des § 93 Abs. 2 und 5 ASchG vorzuschreiben. Insofern gilt hinsichtlich des Arbeitnehmerschutzes nichts anderes, als schon für den bisherigen Tatbestand des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994.“

 

4.5.      Die - jeweils Ausnahmen von der Genehmigungspflicht normierenden - Tatbestände des § 81 Abs. 2 Z 7 und 9 GewO stellen darauf ab, ob Änderungen (gegenüber dem bisherigen Konsens) das Emissionsverhalten der Anlage nachteilig beeinflussen (vgl. VwGH vom 14. September 2005,
GZ: 2001/04/0047, VwGH vom 27. Oktober 2014, GZ: 2013/04/0095). Dabei ist seit der Novelle BGBl I Nr. 85/2013 zwischen zeitlich befristeten und unbefristeten Änderungen zu unterscheiden bzw. wären nach dem Wortlaut des
§ 81 Abs. 2 Z 11 GewO während bestimmter Veranstaltungen sogar unzumut­bare Belästigungen genehmigungsfrei. Maßgebliches Kriterium - vor allem bei Beurteilung der „besonderen Situation des Einzelfalles“ im Sinne des § 81 Abs. 2 Z 7 GewO - ist wohl, dass subjektive öffentliche Rechte Dritter gewahrt werden (vgl. VfGH vom 1. März 2012, GZ: B 606/11).

 

4.6.      Aus der in der Anzeige verwendeten Formulierung „temporär“ ergibt sich im Sinne des dargestellten Bestimmtheitsgebotes keine kalendermäßige Einschränkung. Die Anzeige verfolgt nach dem zu 4.3. dargestellten Verständnis die Absicht, den genehmigten Betrieb auf Sonn- und Feiertage rund um die Uhr, wenn auch ohne LKW-Fahrbewegungen, auszuweiten. Ausgehend vom genehmigten Konsens erfasst die Anzeige damit unter anderem den Betrieb der Filterabreinigungsanlage. Die Filterabreinigungsanlage wurde für den Zeitraum 06.00 Uhr bis 19.00 Uhr an Werktagen schalltechnisch untersucht. Dem Wortlaut nach gilt der Betrieb dieser Filterabreinigungsanlage an Sonn- und Feiertagen im Zeitraum von 06.00 Uhr bis 19.00 Uhr als angezeigt. Eine solche Änderung ist nicht als emissionsneutral im Sinne des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO anzusehen bzw. wäre eine lärmtechnische Untersuchung für diesen Zeitraum erforderlich (2.4. und 3.2.). Die Behörde wies die Bf zutreffend darauf hin, dass ein Genehmi­gungs­antrag samt Lärmgutachten eingereicht werden müsse. Die Nachforderung des Lärmgutachtens im Wege eines Verbesserungsauftrages im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG kam nicht in Betracht. Die belangte Behörde stellte im bekämpften Bescheid zu Recht fest, dass die Verlängerung der Betriebszeit nicht den Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO entspricht und untersagte die angezeigte Änderung. 

 

5.           Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

5.1.      Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren  Rechtsfragen zu lösen waren, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

5.2.      Soweit die Voraussetzungen im Sinne des § 81 Abs. 2 GewO erfüllt sind, begründet bereits die Anzeige ein Recht des Betreibers. Der Behörde ist es gemäß § 13 AVG grundsätzlich nicht gestattet, einem unklaren oder weit gefassten Anbringen einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (vgl.  Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 13 Rz 39, VwGH vom 30. Mai 2007, GZ: 2005/06/0375). Die Behörde wäre folglich - wie die Bf vorbringt - verpflichtet, Ermittlungen anzustellen, inwieweit einzelne Emittenten vom Konsens gedeckt sind bzw. eine für Nachbarn nachteilige Änderung erfahren.

 

5.3.      Es liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, inwieweit

 

5.3.1. eine Anzeige im Sinne des § 345 Abs. 6 GewO nach dem Bestimmtheitsgebot (4.3.) auszulegen ist,

 

5.3.2. seit der Novelle BGBl I Nr. 85/2013 bei einer systematischen Auslegung zwischen befristeten und unbefristeten Anzeigen zu unterscheiden ist (4.5.)

 

5.3.3. und ob die Behörde verpflichtet ist, nicht ohne weiteres unter § 81 Abs. 2 GewO subsumierbare Anlagenteile oder Betriebsmodalitäten gesondert
- gegebenenfalls für gewisse Zeiträume (5.3.2.) - zu untersagen (4.6.).

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­bringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl