LVwG-300534/2/KL/PP

Linz, 02.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn H B, vertreten durch H Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. Oktober 2014, GZ: Ge96-63-2014/HW, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15. Jänner 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruch im Tatvorwurf im vorletzten Absatz der letzte Satz zu entfallen hat.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von
400 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
28. Oktober 2014, Ge96-63-2014/HW, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatz­freiheitsstrafe von 4 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG iVm § 17 Abs. 1 Arbeits­mittelverordnung ‒ AM-VO, verhängt, weil er als bestellter verantwortlicher Beauftragter (sachlicher Zuständigkeitsbereich: Einhaltung aller arbeitsrecht­lichen und sicherheitsrelevanten Vorschriften; räumlicher Zuständigkeitsbereich: Produktions- und Verwaltungsgebäude) der Arbeitgeberin K GmbH,  FN x, mit Dienstort in K, folgende Übertretung der Arbeitsmittel-Verordnung zu verantworten hat:

Die Arbeitsinspektorin E W vom Arbeitsinspektorat Linz hat bei einer Unfallerhebung am 19.5.2014 festgestellt, dass am 19.5.2014 in der Arbeitsstätte der K GmbH im Produktionsbereich mit der Adresse K, an der Funierklebe­maschine „RÜCKLE“, Maschinen Nr. x, Type: FZ 90.28, Baujahr 1990, der Arbeitnehmer J K (geb. x) mit Einstell- bzw. Störungs­beseitigungsarbeiten an einer in Betrieb befindlichen Maschine (Arbeitsmittel) beschäftigt wurde. Es wurden keine geeigneten Maßnahmen gegen ein unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten der Arbeitsmittel getroffen, vielmehr wurde der Arbeitnehmer bewusst im Gefahrenbereich an der sich in Betrieb befindlichen Maschine beschäftigt.

Dadurch wurde § 17 Abs. 1 AM-VO übertreten, wonach Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen an nicht in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchgeführt werden dürfen. Durch geeignete Maßnahmen ist ein unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten der Arbeitsmittel zu verhindern.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bean­tragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Maschine „Rückle“ aufgrund einer internen Anweisung nur von Frau F bedient werden dürfe. Aufgrund einer Störung habe Frau F die Maschine ausgeschaltet und die Firmenschlosser F D und J S sowie den Lehrling J K zur Behebung der Störung gerufen. Zur Behebung der Störung hätten die Schlosser in den durch ein Gitter gesicherten Bereich bei der Maschine gelangen müssen. Die Reparaturarbeiten seien ausschließlich von den beiden Schlossern verrichtet worden. Der Lehrling habe die Schlosser aus Ausbildungsgründen beobachtet. Die Maschine sei während dieser Zeit außer Betrieb gewesen und sei Frau F am Bedienpult der Maschine gesessen und sei sichergestellt gewesen, dass kein Dritter die Maschine irrtümlich einschalten konnte. Nach Beendigung der Arbeiten sei sie von beiden Schlossern angewiesen worden die Maschine einzuschalten. Die drei anwesenden Arbeitnehmer seien jedoch weisungswidrig im gesicherten Bereich verblieben. Im Bewusstsein der Gefahren bei Aufenthalt in diesem Bereich hätten sie die Hände von der Maschine genommen und sei der Lehrling ebenfalls ausdrücklich ange­wiesen worden die Hände von der Maschine zu nehmen. Sodann sei der Probe­lauf gestartet worden, um festzustellen, ob die Reparaturen ordnungsgemäß gelungen seien. Der Probelauf sei über Anordnung der Schlosser wiederholt worden und habe der Lehrling unerwartet das Gleichgewicht verloren und sich auf der Maschine abgestützt. Im selben Moment sei die Furnierplatte aus der Maschine gekommen, wodurch zwei Finger des Lehrlings gequetscht worden seien. Es sei sofort erste Hilfe geleistet worden und anschließend der Lehrling ins UKH Linz gebracht worden. Die Verletzung habe keine Dauerfolgen gezeitigt. In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass weder aus der Aufforderung zur Rechtfertigung noch aus dem bekämpften Bescheid ersichtlich sei, welche der beiden Verpflichtungen nach § 17 Abs. 1 AM-VO dem Beschwerdeführer konkret vorgeworfen werde. Die durchgeführte Beseitigung der Störung an der Maschine sei bereits abgeschlossen gewesen. Es sei unrichtig, dass die durchgeführten Probeläufe noch Bestandteil der Störungsbeseitigungsarbeiten gewesen seien. Während der Durchführung der Arbeiten sei jedenfalls die Maschine nicht in Betrieb gewesen und sei durch Frau F auch sichergestellt gewesen, dass die Maschine nicht in Betrieb genommen werden könne. Im Übrigen könne eine Übertretung nach § 17 Abs. 1 AM-VO nicht unter den angeführten Straftat­bestand des § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG subsumiert werden, weil diese Bestimmung nicht eine Verletzung der Verpflichtung bei der Behebung von Störungen strafbar mache. Die Vornahme von Arbeiten zur Störungsbeseitigung seien vom Verwaltungsstraftatbestand nicht erfasst. Auch liege kein Verschulden vor. Für die Ausbildung des Lehrlings sei ausschließlich Herr D verantwortlich und sei dieser angewiesen, bei der Ausbildung sämtliche Vorgaben des Arbeit­nehmerschutzes uneingeschränkt auch bei der Beiziehung des Lehrlings zu beachten und besondere Vorsicht walten zu lassen, solange der Lehrling den Sicherheitskurs an der Berufsschule nicht absolviert gehabt hätte. Er habe dem Beschwerdeführer regelmäßig über die Ausbildung zu berichten und kontrolliere der Beschwerdeführer mehrmals täglich auch selbst diese Vorgaben, wobei bislang keine Pflichtverletzungen festgestellt worden seien. Der Beschwerde­führer kontrolliere mehrmals täglich den laufenden Betrieb und werden bei Übertretungen die Arbeitnehmer umgehend zur Einhaltung der Vorschriften verpflichtet, bei Bedarf entsprechende Disziplinarmaßnahmen gesetzt. Auch werden die Arbeitnehmer regelmäßig über die Einhaltung von Arbeitnehmer­schutzvorschriften geschult und habe der Arbeitnehmerschutz im Betrieb höchste Priorität. Im konkreten Fall sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen den Arbeitsunfall zu verhindern, selbst wenn er neben dem Lehrling gestanden wäre. Der Arbeitsunfall sei aus einem plötzlichen und unerwarteten Gleich­gewichtsverlust des Lehrlings, durch den er zu Sturz gekommen sei, hervorge­rufen worden. Zudem könne dem Beschwerdeführer das weisungswidrige Verhalten des Lehrlings und seines Ausbilders nicht zugerechnet werden. Schließlich seien zumindest die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG vorliegend, es sei die Geringfügigkeit des Verschuldens des Beschwerdeführers sorgfältig zu prüfen. Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Unfalls nicht vor Ort anwesend gewesen sei, sei ihm nicht möglich gewesen, das weisungs­widrige Verhalten seines Mitarbeiters zu unterbinden. Auch liege das Verhalten deutlich hinter dem Tatbild. Auch habe der Arbeitsunfall keine dauerhaften Folgen nach sich gezogen. Schließlich sei der Milderungsgrund der Unbescholten­heit zu berücksichtigen und seien die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung der Strafe gegeben.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem OÖ. Landes­verwaltungsgericht vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde und Bestäti­gung des Strafausmaßes beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Jänner 2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen J K, E F, F D und J S geladen und einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Mit Urkunde vom 11. Mai 2012, beim Arbeitsinspektorat eingelangt am 19. März 2013, wurde der Beschwerdeführer zum verantwortlichen Beauftragten der K GmbH mit Sitz in K, für den sachlichen Zuständigkeitsbereich Einhaltung aller arbeitsrechtlichen und sicherheitsrelevanten Vorschriften und den räumlichen Zuständigkeitsbereich Produktions- und Verwaltungsgebäude bestellt.

Am 19. Mai 2014 wurde in der Arbeitsstätte der K GmbH im Produktionsbereich der Lehrling J K im Bereich der näher bezeichneten Furnierklebemaschine beschäftigt. Bei dieser Maschine wurden Beobachtungen zur Fehlererkennung und Einstellarbeiten zur Beseitigung einer Störung vorgenommen, wobei sich die Maschine in Betrieb befand. Die Maschine hat einen gesicherten Bereich mit Schutzzaun und muss eine Schutztür geöffnet werden, um den gesicherten Bereich der Maschine zu betreten. Beim Öffnen der Tür wird der Stillstand der Maschine ausgelöst. Die wegen einer Störung der Maschine herbeigerufenen zwei Schlosser betraten den gesicherten Bereich, weil der Fehler außerhalb des Schutzzaunes nicht erkannt werden kann. Weil der Lehrling auch was lernen sollte, ging er mit den Schlossern in den Sicherheitsbereich. Um die Maschine wieder in Betrieb zu setzen, musste die Sicherheitstür geschlossen und der Schaltknopf gedrückt werden. Die Aus- und Einschaltung befindet sich außerhalb des Sicherheitsgitters am Schaltpult. Es ist daher eine zweite Person erforderlich, die am Bedienpult die Maschine schaltet.

Es wurde dann der Arbeit­nehmerin F, die ansonsten die Maschine bediente, das Kommando gegeben, die Maschine in Betrieb zu setzen. Während der Schlosser zur Beobachtung der Störung und zum Erkennen des Fehlers auf der Brücke stand, stand der Lehrling neben der Maschine auf einem Rollband, zirka ein bis zwei Meter vom Schlosser entfernt. Der Lehrling kam auf seinem Standplatz ins Wanken und wollte sich bei der Maschine festhalten. In diesem Moment ist aber die Maschine zurückgefahren und wurde der Lehrling mit den Fingern einge­klemmt.

Im Betrieb gab es die Anweisung, dass aufgepasst werden muss und natürlich nicht in laufende Maschinen hineingegriffen werden darf. Der Lehrling war auch schon bei anderen Reparaturarbeiten dabei, nicht jedoch bei dieser Maschine. Ihm war die Funktion der Maschine zwar verständlich, er hat sie aber noch nicht selber benutzt. Eine Einweisung oder Unterweisung, wie man sich zu verhalten hat, wenn um eine Maschine ein Schutzzaun aufgestellt ist, gab es für den Lehrling vor dem Unfall nicht. Über die Situation, dass ein solcher Schutzbereich betreten wird, wurde mit ihm vor dem Unfall nie gesprochen. Sicherheits­schulungen in der Berufsschule absolvierte der Lehrling, allerdings nicht zur Gänze, sodass diese ihm nicht angerechnet wurden. Diese Schulung betraf aber andere Maschinen, nicht Maschinen mit Schutzzaun.

Ansprechperson des Lehrlings war der Schlosser D, welcher aber zum Unfallzeitpunkt noch nicht Ausbildner war. Ihm war daher noch nicht so die Tragweite bewusst. Es wurde auch noch kein Werkzeug mitgeführt, es sollte lediglich festgestellt werden wo der Fehler bzw. die Störung der Maschine lag. Insofern lag auch kein Probebetrieb nach fertiger Reparatur vor.

Es gibt keine konkrete Anweisung, wie bei Reparaturen bzw. Störungen schritt­weise vorzugehen ist. Es gab nur eine Anweisung, dass aufzupassen ist und in den gesicherten Bereich nicht hineingegangen werden darf.

Frau F, die am Bedienpult der Maschine war, war im vorderen Teil der Maschine. Von hier aus konnte zum hinteren Teil der Maschine, an dem der Störbereich gelegen war, nicht eingesehen werden.

Es gibt eine jährliche Standardunterweisung der Mitarbeiter, dass sich beim Betrieb der Maschine niemand innerhalb der Gitter der Maschine aufhalten darf. Diese Unterweisung inkludiert auch die Instandhaltung. Die Instandhalter bekommen auch eine gesonderte Unterweisung. Allerdings eine spezielle Unter­weisung für die betreffende Furnierklebemaschine für Instandhalter gibt es nicht.

 

Mit Schreiben vom 22. Juli 2014 zu 55 BAZ 712/14 h -1 wurde das Ermittlungs­verfahren gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 88 StGB gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere aufgrund der Aussagen der einvernommenen Zeugen erwiesen. Die einvernommenen Zeugen erschienen glaubwürdig und widersprachen sich in wesentlichen Punkten nicht. Auch wurden die Angaben durch die Ausführungen des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO sind Arbeitsmittel im Sinne dieser Verordnung alle Maschinen, Apparate, Werkzeuge, Geräte und Anlagen, die zur Benutzung durch ArbeitnehmerInnen vorgesehen sind.

Gemäß § 2 Abs. 2 AM-VO umfasst Benutzung im Sinne dieser Verordnung alle ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeiten wie In- und Außerbetriebnahme, Gebrauch, Transport, Instandsetzung, Umbau, Instandhaltung, Wartung und Reinigung.

Gemäß § 17 Abs. 1 AM-VO dürfen Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchgeführt werden.

Gemäß § 17 Abs. 2 AM-VO dürfen abweichend von Abs. 1 solche Arbeiten, wenn dies aus technischen Gründen notwendig ist, an in Betrieb befindlichen Arbeits­mitteln durchgeführt werden. Soweit sich aus § 35 Abs. 1 Z 2 ASchG in Verbindung mit der Bedienungsanleitung und aus dem 2. Abschnitt dieser Verordnung nicht etwas anderes ergibt, gilt in diesen Fällen Folgendes:

1.   Es sind geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen und durchzuführen.

2.   Die Durchführung dieser Schutzmaßnahmen ist zu überwachen.

3.   Für die Arbeiten dürfen nur geeignete fachkundige ArbeitnehmerInnen heran­gezogen werden.

4.   Diese ArbeitnehmerInnen sind für diese Arbeiten besonders zu unterweisen.

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder­holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verord­nungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes wurden am 19. Mai 2014 an der näher bezeichneten Furnierklebemaschine in der Arbeitsstätte der K GmbH Einstellarbeiten bzw. Arbeiten zur Störungsbeseitigung an der in Betrieb befindlichen Maschine durchgeführt, wobei der Arbeitnehmer J K, Lehrling, sich wie die beiden Schlosser in dem durch Sicherheitszaun gesicherten Bereich der Maschine, nämlich unmittelbar neben der Maschine, befand, um zuzusehen und zu lernen, und wobei sich die Maschine in Betrieb befand. Es wurde daher die Bestimmung des § 17 Abs. 1 1. Satz verletzt, wonach Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchgeführt werden dürfen. Es wurde daher der objektive Tat­bestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 17 Abs. 1 AM-VO erfüllt.

Als rechtswirksam bestellter verantwortlicher Beauftragter hat der Beschuldigte die Verwaltungsübertretung auch gemäß § 9 Abs. 2 VStG verwaltungsstraf­rechtlich zu verantworten.

 

Wenn hingegen vom Beschwerdeführer ausgeführt wird, dass sein Verhalten nicht unter § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG zu subsumieren sei, so ist ihm entgegen­zuhalten, dass nach dieser Gesetzesbestimmung auch Verpflichtungen betreffend die „Benutzung“ von Arbeitsmitteln betrifft. Gemäß der Legaldefinition von § 2 Abs. 2 AM-VO betrifft die Benutzung „alle ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeiten“. Beispielsweise wird auch die „In- und Außerbetriebnahme“ sowie der „Gebrauch“ angeführt. Es ist daher die Beseitigung von Störungen und diesbezügliche Inbetriebnahme ebenfalls unter die Benutzung des Arbeitsmittels einzuordnen. Es sind daher die entsprechenden Verpflichtungen, insbesondere auch nach § 17 AM-VO einzuhalten und die Nichteinhaltung gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG unter Strafe gesetzt.

Im Übrigen hat aber das Beweisverfahren ergeben und wurde als erwiesen festgestellt, dass Anweisungen und Schutzmaßnahmen für den Fall von Arbeiten zur Beseitigung von Störungen durch den Arbeitgeber nicht stattgefunden haben und insbesondere auch für den Fall, dass bei der gegenständlichen Maschine zur Beseitigung von Störungen in den Sicherheitsbereich der Maschine gelangt werden muss und die Maschine in Betrieb gesetzt werden muss, um zum Beispiel den Fehler bzw. die Störung zu erkennen, keine besonderen und geeigneten Schutzmaßnahmen festgelegt wurden. Es wurde daher auch nicht gemäß dem Ausnahmetatbestand des § 17 Abs. 2 AM-VO vorgegangen. Es wurden daher eindeutig Pflichten betreffend die Benutzung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

5.3. Der Beschwerdeführer bestreitet auch ein Verschulden und wendet Schulungen und Unterweisungen und Anweisungen an die Ansprechperson des Lehrlings, besondere Vorsicht walten zu lassen, solange der Lehrling den Sicher­heitskurs an der Berufsschule nicht absolviert hat, ein.

Dieses Vorbringen kann den Beschwerdeführer jedoch nicht entlasten.

Auch die ggst. Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ausreicht und Fahrlässigkeit ohne weiteres vermutet wird, sofern der Beschwerdeführer keinen Entlastungsnachweis erbringt. Dies hat er durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln und die Stellung konkreter Beweis­anträge zu machen.

Beweismittel wurden nicht vorgelegt und konkrete Beweisanträge nicht gestellt. Hinsichtlich des Vorbringens des Bf ist der Bf auf die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes hinzuweisen. Insbesondere reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem (VwGH v. 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungs­gerichtshof, dass der Bf nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb auf Grund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war.“

Im Sinn dieser Judikatur reichen daher die vom Bf angeführten Schulungen und  Unterweisungen nicht aus, sondern es ist auch eine lückenlose Kontrolle dahingehend durchzuführen, dass diese Schulungen und Unterweisungen auch tatsächlich eingehalten werden. Es hätten daher Maßnahmen aufgezeigt und nachgewiesen werden müssen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. So verlangt der Verwaltungsgerichtshof, dass für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems es erforderlich ist, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicher­zustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH v. 30.9.2014, Ra 2014/02/ 0045).

Wie aber der Beschwerdeführer selbst in seiner Beschwerde auf Seite 3 darlegt, verblieben die drei anwesenden Arbeitnehmer weisungswidrig im gesicherten Bereich. Dadurch ist genau jene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt, dass „jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt zeigt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg.  Judikatur vorhanden war“. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.5.2013, Zl. 2012/02/0032, ausgesprochen, dass es „kein Vertrauen darauf geben kann, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungs­gemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften ein­halten“. Im Beweisverfahren ist vielmehr hervorgekommen, dass die Arbeit­nehmer, so auch der verunfallte Lehrling, zwar angewiesen wurden, nicht in die Maschine hineinzugreifen, eine konkrete Anweisung, wie bei Beseitigung von Störungen vorzugehen ist, insbesondere wenn in den Schutzbereich gegangen wird und die Maschine eingeschaltet wird, gab es jedoch nicht. Dies wurde auch vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zugegeben und hat sich auch nach den Aussagen der Arbeitnehmer bestätigt. Es wurden daher gerade nicht vom Beschwerdeführer konkrete Maßnahmen für die konkreten Arbeiten an der konkreten Maschine getroffen und wurden die Arbeitnehmer bei dieser konkreten Tätigkeit auch nicht kontrolliert. Es war daher kein ausreichendes lückenloses Kontrollnetz gegeben.

Dagegen ist das Vorbringen des Beschwerdeführer, dass ihm nicht möglich gewesen sei, den Arbeitsunfall des Lehrlings zu verhindern, weil dieser plötzlich und uner­wartet einen Gleichgewichtsverlust gehabt habe, nicht von Relevanz. Vielmehr wurden Pflichten bei der Beseitigung von Störungen betreffend das Arbeitsmittel verletzt. Dies ist unter Strafe gestellt. Nicht hingegen ist der Arbeitsunfall selbst laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Gegenstand des Verwaltungsstraf­verfahrens.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat ihrer Strafbemessung den Besitz einer Immobilie und eines Vermögens von zirka 50.000 Euro sowie ein monatliches Nettoeinkommen von zirka 3.000 Euro und Sorgepflichten für zwei Kinder zugrunde gelegt. Weiters hat sie die schweren nachteiligen Folgen für den verunfallten Arbeit­nehmer bei der Strafbemessung dahingehend berücksichtigt, dass das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung der geschützten Interessen, nämlich Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer, erheblich war. Strafmildernd wurde gewertet, dass der Beschuldigte unbescholten ist und keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen vorliegen. Die belangte Behörde hat daher den Strafsatz bei erstmaliger Tatbegehung, nämlich Strafrahmen von 166 Euro bis 8.324 Euro zugrunde gelegt.

Vom Beschwerdeführer wurden im Wesentlichen keine anderen zu wertenden Umstände vorgebracht. Hingegen wurde die Unbescholtenheit bereits berück­sichtigt und ist darin auch enthalten, dass sich der Beschwerdeführer  ordnungs­gemäß  verhalten hat („ordentlicher Lebenswandel“).

Hingegen musste berücksichtigt werden, dass ein Jugendlicher zu Schaden kam und aber hinsichtlich Lehrlingen ein besonderes Schutzverhältnis besteht. Auch musste berücksichtigt werden, dass auch konkrete nachteilige Folgen, nämlich ein Unfall, eingetreten sind. Die verhängte Geldstrafe liegt hingegen im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens und beträgt nicht einmal ein Drittel des Strafrahmens. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Es war daher die verhängte Geld­strafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

Da aber außer der Unbescholtenheit keine weiteren Milderungsgründe hervor­getreten sind und zu berücksichtigen waren, war ein Überwiegen der Milderungs­gründe nicht festzustellen und daher die wesentliche Voraussetzung für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht gegeben.

Auch waren die Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht gegeben. Von einem geringfügigen Verschulden war nicht auszugehen, weil das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass bei Nichtvorliegen eines wirksamen Kontrollsystems nicht Geringfügigkeit des Verschuldens vorliegt.

 

5.5. Die Spruchberichtigung ist zur Klarstellung erforderlich und in der gesetz­lichen Bestimmung begründet.

 

6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdever­fahrens in Höhe von 400 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 2. September 2015, Zl.: Ra 2015/02/0143-3