LVwG-300617/14/KL/TK

Linz, 28.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn J D, vertreten durch P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 14. Jänner 2015, Ge96-40-2014, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9. April 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im Spruch im Einleitungssatz nach dem Ausdruck „verantwortliche Organe“ die Wortfolge „, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer,“ und nach „M“ die Wortfolge „mit dem Sitz in J“ einzufügen ist.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 800 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 14. Jänner 2015, Ge96-40-2014, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen von 1. 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) und 2. 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß 1. § 14 Abs. 1 iVm § 130 Abs. 1 Z 11 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und 2.
§ 43 Abs. 3 Arbeitsmittelverordnung iVm §§ 130 Abs. 1 Z 16 Arbeitnehmer­Innenschutzgesetz verhängt, weil er als das gemäß § 9 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ der M GmbH als Arbeitgeberin zu verantworten hat, dass die im Betrieb die Gesellschaft beschäftigte Arbeitnehmerin S H am 10. März 2014 um 22.00 Uhr in der Produktionshalle am Standort  W, damit beschäftigt war, mittels eines in das Bohrfutter einer Ständerbohrmaschine eingespannten Fräsers Plastikgrate von Apothekenauszugskörben abzufräsen, wobei

1.   die Arbeitnehmerin keine Unterweisung über die Arbeiten an der Standfräse erhalten hat, obwohl Arbeitgeber verpflichtet sind, für eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz zu sorgen;

2.   durch den in das Bohrfutter der Ständerbohrmaschine eingespannten Fräser bei mechanischem Kontakt eine Verletzungsgefahr bestand und somit eine Gefahrenstelle darstellte, die durch keine Schutzeinrichtungen gesichert war, obwohl Gefahrenstellen so zu sichern sind, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeit­nehmer erreicht wird.

 

 

II.          Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafver­fahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Behörde lediglich auf die Aussage der verunfallten Arbeitnehmerin gestützt hätte, Beweisanbote des Beschuldigten hingegen, dass entsprechend eingeschult worden sei, gänzlich unberücksichtigt gelassen wurden. Ein Verschulden und Strafbarkeit sei nur dann gegeben, wenn der gegenständliche Unfall in dieser Form vorhersehbar gewesen wäre. Die Geschädigte sei jedoch eingeschult worden und davor gewarnt worden, in die Bohrmaschine zu greifen, sodass der konkrete Schadenseintritt nicht vorhersehbar gewesen sei. In eventu werde vorgebracht, dass allenfalls von einem geringen Verschulden auszugehen wäre. Die Behörde habe es unterlassen, eine sorgfältige Abwägung der Erschwerungs- und Milderungsgründe vorzunehmen. Jedenfalls mildernd sei zu werten, dass seitens des Arbeitsinspektorates zu keinem Zeitpunkt die mangelnde Schutzeinrichtung bemängelt worden sei, sowie die Tatsache, dass unmittelbar nach dem Unfall eine entsprechende Schutzvorrichtung konstruiert und angebracht wurde. Darüber hinaus sei Unbescholtenheit des Beschuldigten zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe seien nicht ersichtlich. Es sei daher jedenfalls von einem Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen. Die Strafe wäre daher aufgrund des geringen Verschuldens entsprechend herabzusetzen.

 

 

III.        Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesver­waltungsgericht vorgelegt. Im Vorlageschreiben wurde im Wesentlichen auf das angefochtene Straferkenntnis hingewiesen und dargelegt, dass aufgrund der schlüssigen Aussage der verunfallten Arbeitnehmerin eine weitere Einvernahme zusätzlicher Zeugen nicht erforderlich gewesen sei. Bei der Strafbemessung seien verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie der Umstand, dass nach dem Unfall Schutzeinrichtungen angebracht wurden, als mildernd berücksichtigt worden. Es sei eine gegenüber dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates Wels geringere Geldstrafe ausgesprochen worden. Es wurde daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

 

IV.         Das Landesveraltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffent­lichen mündlichen Verhandlung am 9. April 2015, zu welcher die Parteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen AI Ing. R H, P K und K E geladen und einvernommen. Die weiters geladene S B H ist nicht erschienen und ist krankheitshalber entschuldigt.

 

IV.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt am 10. März 2014 handels­rechtlicher Geschäftsführer der M GmbH. Unterweisungen und Einweisungen macht der Bereichs­verantwortliche für den Bereich Spritzguss, Herr K E. In der Spritzgusshalle arbeiten 12 bis 16 Mitarbeiter im Dreischichtbetrieb. Die Arbeitnehmerin S B H war schon einige Jahre mit kleinen Unterbrechungen als Leasingarbeiterin im Spritzgussbereich beschäftigt und hat diese Tätigkeit an der Ständerbohrmaschine schon längere Zeit ausgeführt. Hier wird ein Werkstück auf einen Tisch gelegt, fixiert und dann durch einen Hebel die Bohrmaschine betätigt, sodann das Werkstück entnommen, Späne mit Druckluft mittels der Druckluft­pistole weggeblasen und anschließend das Werkstück beiseitegelegt. An dieser Ständerbohrmaschine ist ein Arbeitsplatz vorgesehen. Die Kontrolle obliegt dem Bereichsleiter E. Der Beschwerdeführer hat die Arbeitnehmerin zwar an der Bohrmaschine gesehen, allerdings nicht kontrolliert bei ihrer Tätigkeit. Die Ständerbohrmaschine stammt aus dem Jahr 1991 und hat keine CE Kenn­zeichnung.

Am 10. März 2014 um 22.00 Uhr, also unmittelbar zu Schichtende war die Arbeitnehmerin H damit beschäftigt, mittels der Ständerbohrmaschine Plastikgrate von Apothekerauszugskörben abzufräsen. Durch den in das Bohr­futter der Ständerbohrmaschine eingespannten Fräser bestand bei mechani­schem Kontakt eine Verletzungsgefahr. Es handelt sich um einen rotierenden Teil. An dieser Stelle war keine Schutzeinrichtung wie z.B. Verkleidung vorhanden. Die Arbeitnehmerin griff in den rotierenden Teil des Fräsers, um einen Span wegzuwischen und wurde dabei schwer verletzt. Eine Verkleidung beim Fräserkopf wurde nachträglich an der Maschine angebracht. Die Ständer­bohrmaschine stammt aus dem Jahr 1991. Bei dieser Tätigkeit trug die Arbeitnehmerin Handschuhe. Sie trug in der Halle bei der Beschäftigung immer Handschuhe.

Es gab keine Anweisung, keine Handschuhe bei der Fräse bzw. Ständer­bohrmaschine zu tragen. Das Tragen von Handschuhen im Bereich Spritzguss ist auch nicht erforderlich, außer bei Spritzgussmaschinen mit heißen Teilen. Unterlagen über eine Unterweisung der Arbeitnehmerin wurden über Auf­forderung dem Arbeitsinspektorat hinsichtlich der Ständerbohrmaschine nicht vorgelegt, wohl aber Unterweisungen hinsichtlich Sicherheitsvorschriften an der Spritzgussmaschine. Zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses wird der jeweilige Arbeitnehmer allgemein unterwiesen, wobei die Unterlagen in einer Mappe gesammelt werden. Die konkrete Einweisung hinsichtlich der konkreten Arbeit bzw. des konkreten Arbeitsplatzes muss der jeweilige Bereichsleiter mit den einzelnen Mitarbeitern konkret durchbesprechen. Die allgemeine Sicher­heitsunterweisung erfolgt schriftlich und hat der Arbeitnehmer ausreichend Zeit, diese durchzulesen. Auch wird die Unterweisung durch Unterschrift durch den Arbeitnehmer bestätigt. Diese Unterweisung hat Herr E hinsichtlich der Arbeitnehmerin H vorgenommen. Die konkrete Einweisung hinsichtlich des Arbeitsvorganges und Arbeitsablaufes hat der Bereichsleiter vorgenommen. Dabei wurde der Arbeitsvorgang schrittweise erklärt. Das Tragen von Handschuhen war bei dieser Einweisung kein Thema. Es wurde auch so erklärt, dass Späne durch die Druckluftpistole zu entfernen sind. Auch ist bei richtiger Bedienung die Maschine so ausgeführt, dass in einer Hand das Werkstück gehalten wird und mit der anderen Hand der Hebel zum Absenken des Bohrers betätigt wird, sodass ein Hineingreifen nicht möglich ist. Das Tragen von Handschuhen bei dieser Beschäftigung war vor dem Unfallzeitpunkt nie mit Arbeitnehmern thematisiert worden. Die schriftliche Sicherheitsunterweisung hinsichtlich Bohrmaschinen, datiert mit 27. Dezember 2013, war auch dem Bereichsleiter bis zum Unfallzeitpunkt nicht bekannt. Er gibt an, dass die Verunfallte nur eine allgemeine Sicherheitsunterweisung unterschrieben hat, nicht jedoch eine Unterweisung hinsichtlich einzelner Maschinen. Diese Unterweisung an der Ständerbohrmaschine erfolgte durch den Bereichsleiter mündlich. Es steht daher fest, dass zwar eine konkrete mündliche Unterweisung hinsichtlich des schrittweisen Arbeitsvorganges erfolgt ist, nicht jedoch eine Unterweisung hinsichtlich der Gefährdungsmomente bei der Maschine, also der konkreten Gefahren bei den Teilen der Maschine. Ebenso gab es keine Einweisung und Anweisung hinsichtlich des Tragens von Handschuhen. Es wurde nach dem Unfall dann noch eine konkretere Sicherheitsunterweisung hinsichtlich der Bohrmaschine durchgeführt und eine schriftliche diesbezügliche Unter­weisung auch vorgelegt.

Weiters wurde nach dem Unfall noch einmal eine konkrete Unterweisung aller Mitarbeiter durchgeführt und auch eine Bestätigung mit Unterschrift der Arbeitnehmerin durchgeführt. Eine solche Mappe mit den konkreten Unterweisungen gibt es nun für jeden Bereich. Auch wird kontrolliert, ob die Unterschriften der Arbeitnehmer vorhanden sind, ansonsten dürfen diese nicht mehr weiter arbeiten.

 

IV.2. Dieser Sachverhalt ist durch die vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Fotos und die vorgelegten Niederschriften und Unterweisungen erwiesen. Weiters wurde der Sachverhalt auch durch die einvernommenen Zeugen glaubwürdig bestätigt. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestanden für das Landesver­waltungsgericht Oberösterreich keine Zweifel. Insbesondere wurde auch vom Beschuldigten bestätigt, dass es eine konkrete schriftliche Unterweisung der Arbeitnehmerin auch hinsichtlich der Gefahren der Maschine und ihrer Teile bis zum Unfallzeitpunkt nicht gegeben hat. Auch bestätigte der Beschuldigte, dass eine Verkleidung der Bohrmaschine erst nach dem Unfall von ihm veranlasst und durchgeführt wurde.

 

 

V.           Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

V.1. Gemäß § 14 Abs. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG sind Arbeit­geber verpflichtet, für eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz zu sorgen. Die Unterweisung muss während der Arbeitszeit erfolgen. Die Unterweisung muss nachweislich erfolgen. Für die Unterweisung sind erforderlichenfalls geeignete Fachleute heranzuziehen.

Die Unterweisung muss auf den Arbeitsplatz und den Aufgabenbereich des Arbeitnehmers ausgerichtet sein. Sie muss an die Entwicklung der Gefahren­momente und an der Entstehung neuer Gefahren angepasst sein (Abs. 3).

 

Gemäß § 1 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO gilt diese Verordnung für Arbeits­stätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen, die unter das Arbeitnehmer­Innenschutzgesetz fallen. Der 4. Abschnitt ist nicht anzuwenden auf Arbeits­mittel, die nach dem im Anhang A angeführten Vorschriften in Verkehr gebracht wurden oder nach den in Anhang B angeführten Vorschriften aufgestellt wurden oder betrieben werden.

Gemäß § 43 Abs. 1 AM-VO sind Gefahrenstellen im Sinn dieser Bestimmung alle Stellen an bewegten Teilen von Arbeitsmitteln, bei denen bei mechanischem Kontakt eine Verletzungsgefahr besteht. Gefahrenstellen im Sinn dieser Bestimmung sind insbesondere rotierende Teile von Arbeitsmitteln (Z 4).

Gemäß § 43 Abs. 3 AM-VO sind Gefahrenstellen durch Schutzeinrichtungen so zu sichern, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen erreicht wird. Primär sind Gefahrenstellen durch Verklei­dungen, Verdeckungen oder Umwehrungen zu sichern, die das Berühren der Gefahrenstelle verhindern:

1.   Verkleidungen müssen das Erreichen der Gefahrenstelle von allen Seiten verhindern und die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicher­heitsabstands gewährleisten.

2.   Verdeckungen müssen das Berühren der Gefahrenstelle von jenen Seiten verhindern, die im Normalbetrieb von den vorgesehenen Standplätzen aus, von anderen Arbeitsplätzen aus oder von Verkehrswegen aus zugänglich sind. Verdeckungen müssen die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicherheitsabstands gewährleisten.

3.   Umwehrungen müssen ein unbeabsichtigtes Annähern an die Gefahrenstelle verhindern und die Einhaltung des nach Anhang C erforderlichen Sicher­heitsabstands gewährleisten.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen

Z 11 die Informations-, Beteiligungs- oder Anhörungspflichten gegenüber den Arbeitnehmern oder die Unterweisungspflicht verletzt,

Z 16 die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

V.2. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ist erwiesen, dass die Arbeitnehmerin bis zum Unfallzeitpunkt am 10. März 2014 nicht konkret hinsichtlich der Gefahren der Ständerbohrmaschinen und der Teile dieser Maschine unterwiesen war. Sie hatte lediglich eine allgemeine Unterweisung, nicht bezogen auf die Ständerbohrmaschine, sowie eine Einweisung hinsichtlich der Handhabung und des Arbeitsvorganges an der Maschine. Auf Gefahren wurde sie nicht hingewiesen. Auch wurde nicht die Gefahr des Tragens von Hand­schuhen unterwiesen und das Tragen der Handschuhe untersagt. Weiters ist auch erwiesen, dass es sich bei dem rotierenden Teil der Ständerbohrmaschine um eine Gefahrenstelle handelt und dass diese Gefahrenstelle weder durch eine Verkleidung noch eine Verdeckung noch um eine Umwehrung gesichert war. Eine solche Schutzeinrichtung wurde erst nach dem Unfall für die Maschine vom Unternehmen konstruiert und angebracht.

Es ist daher die Erfüllung des objektiven Tatbestandes zu beiden Verwaltungs­übertretungen gegeben.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat der Beschwerdeführer die Verwal­tungsübertretungen auch verwaltungsstrafrechtlich gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten.

Hingegen kann das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass eine entsprechende Sicherheitseinrichtung auf dem Markt gar nicht erhältlich war und erst vom Unternehmen konstruiert werden musste, die Vorgehensweise des Beschwer­deführers nicht rechtfertigen. Da die Bohrmaschine aus dem Jahr 1991 stammt und daher die Maschinensicherheitsverordnung noch nicht in Geltung stand, war die Arbeitsmittelverordnung anzuwenden und hat daher der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass nur solche Maschinen in Betrieb genommen und verwendet werden, die den Sicherheitsbestimmungen der Arbeitsmittelverordnung entsprechen. Es hätte daher nur eine Maschine, die konkret dem § 43 Arbeitsmittelverordnung entspricht, zur Verfügung gestellt und verwendet werden dürfen.

Auch reichen allgemeine Unterweisungen nicht aus, sondern ist ausdrückliche Anordnung gemäß § 14 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, dass die Arbeitnehmer ausreichend über Sicherheit und Gesundheitsschutz unterwiesen werden müssen und diese Unterweisung auch nachweislich zu erfolgen hat. Diese Unterweisung muss sich auf den konkreten Arbeitsplatz und den konkreten Aufgabenbereich beziehen und auch die Gefahren bei der konkreten Arbeit mitumfassen.

 

V.3. Der Beschwerdeführer bestreitet ein Verschulden und bringt dazu allgemeine Unterweisungen, die nachweislich erfolgten sowie konkrete Einweisungen zur Betätigung der Maschine vor. Dieses Vorbringen kann ihn jedoch nicht entlasten.

Gemäß  § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Wie bereits die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses angeführt hat, hat im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Überträgt er einzelne Angelegenheiten anderen Personen selbstver­antwortlich, so hat die eigene Tätigkeit in diesen Belangen sich auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Beschwerdeführer nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177 u.a.). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen eines wirksamen Kontrollsystems genügt (vgl. auch das Erkenntnis des VwGH vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war.“

Im Sinne dieser Judikatur reicht das Vorbringen und das durchgeführte Beweisverfahren nicht aus, den Beschuldigten von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere wurde erwiesen, dass eine Gefahrenunterweisung nicht stattgefunden hat. Auch wurde nicht auf die Gefahr des Tragens von Hand­schuhen hingewiesen. Eine Kontrolle zum Tatzeitpunkt wurde vom Beschwerde­führer nicht vorgebracht. Auch wurden nicht solche Maßnahmen vorgebracht und nachgewiesen, die mit gutem Grund erwarten lassen, dass die entsprechenden Vorschriften des Arbeitnehmerschutz eingehalten werden. Insbesondere hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h., sicher­zustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass zum einen Unterweisungen hinsichtlich der Gefahrenmomente nicht stattgefunden haben, zum anderen aber auch nicht der Arbeitsvorgang der Arbeitnehmerin kontrolliert wurde und auf die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften überprüft wurde. Dies hat auch der Umstand gezeigt, dass die Arbeitnehmerin schon für längere Zeit an der Maschine gearbeitet hat und immer Handschuhe getragen hat. Dies wurde nie bemängelt. Darüber hinaus wurde sie auch nicht dahingehend kontrolliert, dass Späne nur mit der Luftdruckpistole entfernt werden.

Dass hingegen an anderen Arbeitsstätten gleichartige Ständerbohrmaschinen ohne Sicherheitseinrichtung verwendet werden, entschuldigt den Beschwerde­führer nicht. Vielmehr wäre noch diese Maschine mit entsprechenden Sicher­heitseinrichtungen auszustatten. Ein allenfalls strafbares Verhalten anderer Arbeitgeber rechtfertigt nicht ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers. Auch kann der Beschwerdeführer nicht Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift geltend machen, weil er sich als Unternehmer und Gewerbetreibender über die entsprechenden Vorschriften Kenntnis zu verschaffen hat bzw. eine ent­sprechende Kenntnis der erforderlichen Sicherheitsanforderungen an Maschinen zugemutet werden kann.

 

V.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei ihrer Strafbemessung ein monatliches Netto­einkommen von 4.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Auch hat sie die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als Milderungs­grund gewertet. Weiters hat sie mildernd berücksichtigt, dass nach dem Unfall eine Schutzeinrichtung besorgt und angebracht wurde. Dadurch, dass mangels der Schutzeinrichtungen ein Arbeitsunfall passierte und die Arbeitnehmerin schwere Verletzungen erlitt, hat die belangte Behörde eine erhebliche Beein­trächtigung der Schutzinteressen des ASchG erblickt. Ein Überwiegen von Milderungsgründen konnte von ihr nicht festgestellt werden. Weitere Milde­rungsgründe kamen auch im Beschwerdeverfahren nicht hervor. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Vielmehr betragen die je Delikt verhängten Geldstrafen einen Betrag, der im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bis 8.324 Euro gelegen ist. In Anbetracht der erheblichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes der Norm und der nachteiligen Folgen, die eingetreten sind und des Umstandes, dass die Maschine schon so eine lange Zeit in Verwendung stand, kann daher nicht mit einer Herabsetzung der Geldstrafe vorgegangen werden. Die jeweils verhängte Geldstrafe ist auch den überdurchschnittlichen persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers angepasst. Auch stellt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein gesetzeskonformes Verhalten nach dem Tatzeit­punkt bzw. die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Tatzeitpunkt keinen Milderungsgrund dar. Die Tatsache, dass die gegenständliche Maschine durch das Arbeitsinspektorat nie bemängelt wurde, stellt ebenfalls keinen Milderungsgrund dar. Vielmehr hat der Arbeitgeber selbst seiner Pflicht nachzu­kommen und die verwendeten Maschinen auf ihre Gesetzeskonformität zu über­prüfen. Es ist daher die jeweils verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe tat- und schuldangemessen. Außer der Unbescholtenheit liegen keine Milderungsgründe vor und ist daher ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht festzustellen. Mit einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG war daher nicht vorzugehen. Auch ist nicht Geringfügigkeit des Verschuldens gegeben. Geringfügigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn das Verhalten des Täters weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Dies ist gegenständlich nicht der Fall. Es war daher nicht gemäß
§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG vorzugehen.

 

V.5. Im Grunde der gesetzlichen Bestimmungen war eine Spruchberichtigung vorzunehmen.

 

VI.         Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerde­verfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 800 Euro zu leisten.

 

 

VII.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt