LVwG-850332/2/Bm/JW

Linz, 28.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn G. W. W., x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5.3.2013, GZ: 0035982/2004, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung den

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

 

I.         Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrens­gesetz (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen wird.

 

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I:           

 

1. Mit Schreiben vom 28.12.2005 hat die Wirtschaftskammer Oberösterreich, Landesgremium des Fahrzeughandels, Sparte Handel, dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz mitgeteilt, dass Herr G. W. W. die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gewerbes Handel mit 12.12.2002 ruhend gemeldet hat. Darüber hinaus schulde Herr W. dem Landesgremium die Grundumlagen für die Jahre 2001 bis 2002 in der Höhe von 238,18 Euro.

Mit Schreiben vom 21.2.2006, GZ: 100-1-23235, wurde dem Bf mitgeteilt, dass die Wirtschaftskammer Oberösterreich einen Antrag auf Entziehung der Gewerbeberechtigung „Handelsgewerbe“ im Standort x, x, gestellt habe, da das Gewerbe während der letzten drei Jahre nicht ausgeübt worden sei und der Bf mit der Entrichtung der Grundumlage an die Wirtschaftskammer seit mehr als drei Jahren im Rückstand sei. Der Bf hat hierzu Stellung genommen und mitgeteilt, dass er beabsichtige, das Gewerbe weiterhin auszuüben und er sich gegen eine Entziehung der Gewerbeberechtigung ausspreche. Mit weiterem Schreiben des Magistrates Linz vom 22.1.2013 zu GZ: 0035982/2004 wurde dem Bf nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entziehung der Gewerbeberechtigung eingeräumt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5.3.2013,
GZ: 0035982/2004, wurde dem Bf die Berechtigung für die Ausübung des Gewerbes Handel gemäß §§ 88 Abs. 2 und 361 GewO 1994 entzogen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, er habe immer pünktlich sämtliche Rechnungen bezahlt und dies über 30 Jahre als selbstständiger Kaufmann. Die offenen Ausstände würden so rasch wie möglich entrichtet werden, dies sei jedoch nur möglich, wenn der Bf die Gewerbescheine behalten könne.

 

3. Mit Schreiben vom 5.3.2015 hat die belangte Behörde diese Beschwerde gemeinsam mit dem zugrundeliegenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich (LVwG) zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu GZ: 0035982/2004.

Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung vor dem LVwG gemäß
§ 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.


 

 

5. Das LVwG hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 88 Abs. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn das Gewerbe während der letzten drei Jahre nicht ausgeübt worden ist und der Gewerbeinhaber mit der Entrichtung der Umlage an die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft mehr als drei Jahre im Rückstand ist. Vor der Erlassung des Entziehungsbescheides ist der Gewerbeinhaber auf die Rechtsfolge der Entziehung nachweislich aufmerksam zu machen. Von der Entziehung ist abzusehen, wenn spätestens zugleich mit der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem die Entziehung verfügt worden ist, die Bezahlung des gesamten Umlagenrückstandes nachgewiesen wird.

 

Nach § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungs­gericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Nach § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen.

 

5.2. Die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 88 Abs. 2 GewO 1994 ist nur bei Erfüllung der beiden folgenden Tatbestandselemente zulässig:

Einerseits verlangt diese Bestimmung, dass das Gewerbe während der letzten drei Jahre „nicht ausgeübt worden ist“ und andererseits muss der Gewerbe­inhaber mit der Entrichtung der Umlage an die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft mehr als drei Jahre im Rückstand sein. Fehlt es an einer dieser beiden Voraussetzungen, so darf die Gewerbeberechtigung nicht entzogen werden (vgl. VwGH 17.9.2010, 2006/04/0149 u.a.). Die drei Jahre sind vom Zeitpunkt der Erlassung des Entziehungsbescheides an zurückzurechnen.

 

Vorliegend gründet sich die Entziehung der Gewerbeberechtigung auf das Schreiben der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 28.12.2005, wonach der Bf die Gewerbeberechtigung seit 12.12.2002 ruhend gemeldet habe und die Grundumlagen für die Jahre 2001 bis 2002 schuldig geblieben sei.

Mit der Anzeige des Ruhens des Gewerbes gemäß § 93 GewO 1994 wird der Wirtschaftskammer lediglich die Absicht bekanntgegeben, das Gewerbe eine längere Zeit nicht ausüben zu wollen. Dieser Anzeige kommt lediglich deklarativer Charakter zu. Die Anzeige des Ruhens der Gewerbeberechtigung kann damit lediglich ein Indiz dafür sein, dass das Gewerbe im Sinne des § 88 Abs. 2 leg. cit. nicht ausgeübt wurde.

Vorliegend geht die belangte Behörde aufgrund der Anzeige der Wirtschafts­kammer aus dem Jahr 2005 davon aus, dass das betreffende Gewerbe vom Bf nicht ausgeübt wurde. Ermittlungen zur Frage der tatsächlichen Nichtausübung des Gewerbes sind von der belangten Behörde nicht erfolgt. Dies wäre im gegenständlichen Fall aber insofern erforderlich gewesen, als der in Beschwerde gezogene Bescheid erst im Jahr 2013, sohin beinahe acht Jahre nach Anzeige der Wirtschaftskammer, erfolgt ist.

 

Gleiches gilt hinsichtlich der Entrichtung der Grundumlage an die Wirtschafts­kammer. Nach der Anzeige der Wirtschaftskammer vom 28.12.2005 schuldet der Bf der Wirtschaftskammer die  Grundumlage für die Jahre 2001 und 2002, sohin für zwei Jahre. Vom Gesetz sind jedoch mindestens drei Jahre Rückstand erforderlich. Ob der Bf mit der Entrichtung der Grundumlage an die Wirtschafts­kammer auch die letzten drei Jahre, gerechnet ab Erlassung des Entziehungs­bescheides, im Rückstand ist, geht ebenfalls nicht aus dem Verfahrensakt hervor.

 

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht, um beurteilen zu können, ob der Entziehungstatbestand des § 88 Abs. 2
GewO 1994 vorliegt. Seitens der belangten Behörde sind noch wesentliche Ermittlungen durchzuführen, um eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zu erhalten. Damit liegen die Voraussetzungen für die Behebung des Bescheides und Zurückverweisung an die Behörde vor.

Es ist auch davon auszugehen, dass die Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung unter dem Blickwinkel der Verfahrensdauer und Kostenersparnis zulässig ist.

 

Aus den angeführten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Michaela Bismaier