LVwG-550158/26/Kü

Linz, 28.05.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der M E GmbH, x, x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. x, Mag. x, x, x, vom 15. November 2013 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. November 2013,
GZ: UR01-12-15-2013/Je, betreffend abfallrechtlichen Behandlungsauftrag gemäß § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) nach Durchführung einer öffent­lichen mündlichen Verhandlung am 23. April 2014 und Aufhebung der Erstentscheidung durch den Verwaltungs­gerichtshof

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die aufgetragenen Maßnahmen bis 15. Juli 2015 umzusetzen sind und die Rechtsgrundlage § 73 Abs. 1 iVm § 15
Abs. 5b AWG 2002 zu lauten hat.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
12. November 2013, GZ: UR01-12-15-2013/Je, wurde der M E GmbH (im Folgenden: Bf) gemäß § 73 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) aufgetragen, die auf dem Grundstück Nr. x, KG x, x, abgelagerten Abbruchbaurestmassen bis spätestens 30. November 2013 einem zur Sammlung oder Behandlung derartiger Abfälle Befugten zu übergeben. Festgeschrieben wurde zudem, dass die entsprechenden Entsorgungsnachweise der Behörde unter Angabe der Aktenzahl bis spätestens 1. Dezember 2013 unaufgefordert zu übermitteln sind.

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen festgehalten, dass aufgrund des Gutachtens des Amtssachverständigen für Abfallchemie vom
25. September 2013, welches in sich schlüssig und nachvollziehbar sei, die im Spruchteil genannten Gegenstände als Abfall im Sinne der obigen Gesetzesstellen festzustellen gewesen seien und es nicht zulässig sei, die angegebenen Abbruchbaurestmassen auf dem Grund­stück des Herrn A S zu lagern, da hierfür keine Bewilligung zur Lagerung vorliege bzw. diese keine genehmigte Deponie darstelle. Auch stelle das bachnahe gelegene Grundstück des Herrn S keinen geeigneten Ort für die Sammlung, Lagerung oder Behandlung von Abfällen dar.

 

2.         Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bf eingebrachte Berufung vom 15. November 2013, in welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Begründend wurde festgehalten, dass die Bf mit dem Antransport der minera­lischen Abbruchbaurestmassen zur weiteren Verwertung im Zuge von bewilligten Baumaßnahmen von Herrn A S beauftragt worden sei. Da die Bf somit ausschließlich als Transporteur fungiert habe, müsste sich die Aufforderung der Behörde an den Veranlasser der Lagerung richten.

 

3.         Die belangte Behörde hat die Berufung mit Schreiben vom
12. Februar 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entschei­dungsfindung vorgelegt.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) gilt die rechtzeitige Berufung als Beschwerde iSd Art. 130 Abs. 1
Z 1 B-VG. Das Landesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 2 Verwaltungs­gerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs. 7 VwGbk-ÜG.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung am 23. April 2014, an welcher die Vertreter der Bf teilgenommen haben sowie Herr A S als Zeuge einvernommen wurde.

4.1.      Folgender Sachverhalt steht fest:

Herr A S, x, x, ist grundbücherlicher Eigentümer des Grundstückes Nr. x, KG x. Herr S plant, für seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf diesem Grundstück eine Kompostierungsanlage zu errichten. Er hat dazu bei der zuständigen Behörde ein Projekt eingereicht, welches bereits genehmigt worden ist.

 

Das genannte Grundstück weist eine leichte Hangneigung auf. Im Projekt ist des­halb vorgesehen, das Niveau des Grundstückes um 1,5 bis 2 m zu erhöhen. Außerdem ist beabsichtigt, eine Abgrenzung zum nahegelegenen G in Form eines Erdwalles herzustellen, um den Austritt von Oberflächenwässern von der Kompostierungsanlage in den G zu verhindern.

 

In den Projektsunterlagen für die Kompostierungsanlage bzw. in den Verhand­lungen mit der Behörde wurde nicht festgelegt, mit welchen Materialien die Anschüttung des Grundstückes Nr. x, KG x, vorgenommen werden soll. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens für die Kompostierungs­anlage hat Herr S der Behörde gegenüber nicht geäußert, dass als Material für die Anschüttung Baurestmassen herangezogen werden sollen.

 

Nachdem Herr S Preisangebote eingeholt hat, musste er feststellen, dass eine Anschüttung des Geländes mit Schottermaterialien sehr hohe Kosten verur­sachen würde. Aufgrund dieser hohen Kosten, beabsichtigt Herr S eine Anschüttung des Grundstückes mit Betonbruchmaterialien bzw. Baurestmassen durchzuführen. Aufgrund dieses Vorhabens hat Herr S mit dem Geschäftsführer der Bf Kontakt aufgenommen und sich erkundigt, ob es grund­sätzlich möglich sei, das Gelände mit Baurestmassen aufzufüllen und welche Kosten dieses Vorhaben verursachen würde.

 

Aufgrund der Anfrage von Herrn S hat die Bf am 2. Mai 2013 eine Kosten­schätzung für das Bauvorhaben „Kompostierungsanlage, teilweise abhumusieren, teilweise Aushubarbeiten und bauseitiges Schüttmaterial brechen“ erstellt. In dieser Kostenschätzung werden die Gerätepreise für das Abhumusieren und den Geländeaushub dargestellt bzw. werden die Kosten für das Brechen von ca. 3.000 m³ bauseitigem Schüttmaterial und der Einbau des Materials angeboten. Am Ende dieser Kostenschätzung ist Folgendes festgehalten:

„Der Antransport von Schutt wird von der Firma M finanziert. Die Genehmi­gungen und Schuttzertifizierung ist bauseits zu erledigen.“

 

Herr S wurde vom Geschäftsführer der Bf vor Beginn der Arbeiten davon informiert, dass nach dem Aufbereiten die Baurestmassen zu analysieren sind, um festzustellen, ob die Materialien auch zur Anschüttung des Geländes verwen­det werden können.

 

In der Folge hat Herr S der Bf den Auftrag zur Anlieferung von Bau­rest­­massen auf sein Grundstück erteilt. Die Bf transportierte sodann von diversen Baustellen Baurestmassen zum Grundstück des Herrn S, wobei dieser selbst den Lagerort auf seinem Grundstück festlegte. Die Materialanlieferungen erfolgten in der Zeit von Juli bis September 2013.

 

4.2.      Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den übereinstim­menden Aussagen des Geschäftsführers der Bf sowie des einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen hinsichtlich der von der Bf Herrn S gegenüber angebotenen Leistungen ergibt sich aus dem Angebot vom 2. Mai 2013. Insofern steht dieser Sachverhalt unbestritten fest.

 

5.         Mit Erkenntnis vom 15. Juli 2014, LVwG-550158/12, hat das Landesver­waltungsgericht Oberösterreich der Beschwerde stattgegeben und den angefoch­tenen Bescheid behoben.

 

Gegen diese Entscheidung hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG iVm § 87c Abs. 3 AWG 2002 und § 25a VwGG außerordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben.

 

Mit Erkenntnis vom 26. März 2015, Zl. Ra 2014/07/0067-6, hat der Verwaltungs­gerichtshof die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 15. Juli 2014 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Begründend hielt der Verwaltungsgerichtshof dazu Folgendes fest:

„.....

2.1. Der Liegenschaftseigentümer ist unstrittig kein berechtigter Abfallsammler oder -behandler. Die Mitbeteiligte ist ein Unternehmen, das Abbrucharbeiten, Erdarbeiten und Transporte durchführt. Außer Streit steht, dass die Mitbeteiligte seitens des Liegenschaftseigentümers in Bezug auf Betonabbruchmaterialien bzw. Baurestmassen zur Anschüttung seines Grundstückes (zur Errichtung einer Kompostieranlage) angefragt wurde. Die Mitbeteiligte erstellte daraufhin eine Kostenschätzung und legte ein Anbot, in dem davon die Rede ist, dass der Antransport durch die Mitbeteiligte erfolgen werde, die Genehmigung und ‚Schuttzertifizierung‘ hingegen vom Liegenschaftseigentümer bauseits zu erledi­gen sei. Der Liegenschaftseigentümer erteilte den Auftrag an die Mitbeteiligte, die dann von diversen Baustellen zwischen Juli und September 2013 Baurest­massen zum Grundstück transportierte. Den Lagerungsort am Grundstück selbst legte der Liegenschaftseigentümer fest. Die Mitbeteiligte besorgte - nach ihren Angaben bei der mündlichen Verhandlung - die einzelnen Abbrucharbeiten (auf den diversen Baustellen), die Trennung von Baurestmassen und anderen Materialien (wie Holz, Eisen, Kunststoff, Sperrmüll) und den Transport der Baurestmassen zum Liegenschaftseigentümer.

2.2. Bei der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 73 Abs. 1 AWG 2002, auf den sich das angefochtene Erkenntnis stützt, ist zu beachten, dass diese Norm nicht an jede Verletzung des AWG 2002 anknüpft, sondern taxativ dem Gesetz widersprechende Handlungen nennt. Nach Z 1 dieser Bestimmung zählen zu den die Verantwortlichkeit auslösenden Handlungen das Sammeln, Lagern, Befördern, Verbringen oder Behandeln.

Dazu kommt seit der Novelle zum AWG 2002, BGBl. I Nr. 9/2011, der ausdrückliche Verweis auf ein Vorgehen nach § 73 Abs. 1 in § 15 Abs. 5b leg. cit.; auch bei Zuwiderhandeln gegen die in § 15 Abs. 5a AWG 2002 genannten Verpflichtungen kann ein Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 erfolgen. Eine Stellung als ‚Verpflichteter‘ kann damit im Falle des § 15 Abs. 5b AWG 2002 mit der Verletzung der Übergabepflicht nach § 15 Abs. 5a leg. cit. begründet werden. Bis zur genannten Novelle, die am 16. Februar 2011 in Kraft trat, war die Übergabe von Abfall an einen unbefugten Sammler/Behandler von § 73 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 AWG 2002 hingegen nicht erfasst (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. März 2012, 2010/07/0007).

Aus den Gesetzesmaterialien zur genannten Novelle
(RV 1005 BlgNR 24. GP, 21) ergibt sich unter Bezugnahme auf den Erwägungs­grund 26 der Abfallrahmenrichtlinie, dass in diesen Bestimmungen das Verur­sacher­prinzip Niederschlag finden sollte. Abfallerzeuger und Abfallbesitzer hätten die Abfälle so zu bewirtschaften, dass ein hohes Maß an Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit garantiert sei. Bei den Behandlungsaufträgen komme das Verursacherprinzip zur Anwendung. Der Übergeber könne dann heran­gezogen werden, wenn er die Abfälle zur Entsorgung an einen Abfall­sammler oder -behandler übergebe und sich nicht vergewissert habe, dass dieses Unternehmen (Abfallbehandler) über eine entsprechende Berechtigung verfüge oder der Übergeber keinen Auftrag zur umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung der Abfälle erteilt habe. Diese Bestimmung normiere besondere Anforderungen an den Abfallbesitzer bei der Übergabe der Abfälle. Ein Abfallbesitzer müsse sich vergewissern, dass die Behandlung der Abfallart vom Umfang der Berechtigung umfasst sei. Es bestehe die Möglichkeit der Registerabfrage gemäß § 87a AWG 2002 betreffend den Umfang der Berech­tigung von Abfallsammlern oder -behandlern.

2.3. Das LVwG hatte bei der Beurteilung des angefochtenen Bescheides auch die Bestimmungen des § 15 Abs. 5a und 5b AWG 2002 zu beachten.

Das LVwG hat sich in seinem Erkenntnis lediglich auf § 73 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 3 AWG 2002 gestützt und ist zu dem Schluss gekommen, die Mitbeteiligte könne nicht als Verpflichtete im Sinne des § 73 Abs. 1 AWG 2002 herangezogen werden, weil sie nicht Auftraggeberin der Lagerung des Abfalls auf dem gegen­ständlichen Grundstück und damit auch für die dort entgegen § 15 Abs. 3 AWG 2002 erfolgte Lagerung nicht verantwortlich sei.

Nun kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den Prüfungsumfang des LVwG vor dem Hintergrund des § 27 VwGVG ausschließlich an das Vorbringen des Beschwerdeführers binden wollte (vgl. zum Prüfungsum­fang des LVwG die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, und vom heutigen Tag, Ra 2014/07/0077). Sache des Verfahrens vor der belangten Behörde war die Erteilung eines abfallwirtschaftsrechtlichen Auftrags an die Mitbeteiligte; im Rahmen dieser Sache war das LVwG nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, zu prüfen, ob die Mitbeteiligte als Adressatin eines solchen Auftrags herangezogen werde konnte oder nicht. Dabei wäre es auch notwendig gewesen, sich mit der Möglichkeit der Verpflichtung der Mitbeteiligten wegen Nichterfüllung der Vorgaben des § 15 Abs. 5a AWG 2002 näher ausein­ander­zusetzen.

Wie die Revision zutreffend aufzeigt, ist aus der rechtlichen Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht ersichtlich, dass sich das LVwG in seiner Entscheidung mit § 15 Abs. 5b iVm § 73 Abs. 1 AWG 2002 auseinandergesetzt und die darin festgelegte Verpflichtungsmöglichkeit nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 im Fall der Übergabe an einen Unbefugten in seiner rechtliche Beurteilung berücksichtigt hätte.

2.4. Darin läge aber nur dann eine Rechtswidrigkeit, wenn ein Wechsel des Grundes für die Verpflichtung (hier von einer Übertretung der Verpflichtungen nach § 15 Abs. 3 AWG 2002 auf eine solche nach § 15 Abs. 5a iVm Abs. 5b AWG 2002) auf der Beschwerdeebene im Verfahren vor dem LVwG noch zulässig wäre; die Sache des Verfahrens dürfte dadurch nicht überschritten werden.

Von einer Überschreitung der Sache des Verfahrens ist jedoch nicht auszugehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Mai 1978, 2825/78, zu wasserpolizeilichen Aufträgen - zur Vergleichbarkeit von wasserpolizeilichen Aufträgen mit Aufträgen nach § 73 AWG 2002 siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, 2011/07/0225 - die Ansicht vertreten, dass es ‚der Berufungsbehörde an sich nicht verwehrt ist, gemäß § 66 Abs. 4 AVG den unterinstanzlichen, nach § 138 WRG 1959 erlassenen wasser­polizeilichen Auftrag dahingehend abzuändern, dass das dem Beschwerdeführer als eigenmächtige Neuerung angelastete Vorgehen anders rechtlich qualifiziert wird - hier als konsenslos errichteter Schutz- oder Regulierungsbau nach § 41 Abs. 2 WRG 1959 - als durch die Unterbehörde, welche dem Auftragsadressaten eine verbotene Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse des Wassers nach § 39 Abs. 1 WRG 1959 zur Last gelegt hatte. Bedarf es hiezu ergänzender Feststellungen der Berufungsbehörde, ist der Sachverhalt mit den Parteien des Verfahrens entsprechend zu erörtern.‘

In diese Richtung weist auch die Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes, wonach keine Rechtsverletzung eines Verpflichteten vorliegt, wenn die Behörde einen wasserpolizeilichen Auftrag unzutreffend auf § 138 Abs. 1 lit a iVm § 32 WRG 1959 anstatt richtigerweise auf § 31 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 3 erster Satz erste Alternative WRG 1959 stützt, wenn der von der Behörde festgestellte Sachverhalt geeignet ist, die Verwirklichung verschiedener Verstöße gegen § 31 Abs. 1 leg. cit. aufzuzeigen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 24. Oktober 1995, 93/07/0145, und vom 28. Jänner 2010, 2006/07/0140).

Diese Überlegungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Es wäre dem LVwG ohne Überschreitung der Sache des behördlichen Verfahrens möglich gewesen, vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts das Verhalten der Mitbeteiligten rechtlich anders als die belangte Behörde (und zwar als Verstoß gegen die Verpflichtung gemäß § 15 Abs. 5a AWG 2002 und nicht als Verstoß gegen die Verpflichtung gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002) zu qualifizieren.

.......“

 

Aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich in Anlehnung an die vom Verwaltungs­gerichtshof vertretene Rechtsansicht neuerlich eine Entscheidung über das von der Bf eingebrachte Rechtsmittel zu treffen.

 

 

II.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1.         Die im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2013, lauten wie folgt:

 

" Begriffsbestimmungen

§ 2

[....]

(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1.    ist ‚Abfallbesitzer‘

a)    der Abfallerzeuger oder

b)    jede Person, welche die Abfälle innehat;

2.    ist ‚Abfallerzeuger‘

a)    jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger), oder

b)    jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder andere Arten der Behandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;

3.    ....

 

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer

 

§ 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

1.    die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und

2.    Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

....


 

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.    hierfür genehmigten Anlagen oder

2.    für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen.

....

(5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder im Stande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.

(5a) Der Abfallbesitzer ist dafür verantwortlich, dass

a)    die Abfälle an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder - behandler übergeben werden und

b)    die umweltgerechte Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle explizit beauftragt wird.

(5b) Wer Abfälle nicht gemäß Abs. 5a übergibt, kann bis zur vollständigen umwelt­gerechten Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle als Verpflichteter gemäß § 73 Abs. 1 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden.

 

Behandlungsauftrag

 

§ 73. (1) Wenn

1.    Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2.    die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzu­tragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen."

 

2.         Faktum ist, dass die Bf im Zeitraum Juni bis September 2013 im Auftrag des Grundeigentümers Baurestmassen auf das Grundstück Nr. x,
KG x, transportiert hat. Diese Baurestmassen stammen von Abbruchvorhaben, welche von der Bf ausgeführt wurden. Bei diesen Abbruchvorhaben wurden vor Ort Holz, Eisen, Kunststoff oder sonstige Störstoffe von den Baurestmassen getrennt. Die aussortierten Baurestmassen wurden mittels LKW von der Bf von den einzelnen Baustellen zum gegenständlichen Grundstück transportiert und wurde dort vom Grundeigentümer der genaue Lagerort bestimmt. Eine chemische Untersuchung sowie eine Aufbereitung der Baurestmassen vor der Lagerung hat nicht stattgefunden.

 

Bereits der Verwaltungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis festgehalten, dass die Bf aufgrund der geschilderten Aktivität bei der Beschaffung der Abfälle nicht bloß als Transporteur, sondern als Abfallbesitzer („Person, welche die Abfälle innehatte „) im Sinne des § 2 Abs. 6 Z 1 lit. a AWG 2002 zu qualifizieren ist.

 

Im Sinne der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes normiert die Bestim­mung des § 15 Abs. 5a AWG 2002 Verpflichtungen, die (auch) denjenigen treffen, der Abfälle innehat; der Abfallbesitzer ist für die Übergabe an berechtigte Abfallsammler oder -behandler und die Beauftragung der umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle verantwortlich. Diese Verpflichtungen können nur so lange faktisch vom Abfallbesitzer erfüllt werden, als diesem die Sachgewahrsame über die Abfälle zukommt. Mit einem Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 kann eine Person (erst) dann in Anspruch genommen werden, wenn sie als Übergeberin den Verpflichtungen des § 15 Abs. 5a
AWG 2002 nicht entsprochen hat. Die Möglichkeit, durch einen Behandlungs­auftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 verpflichtet zu werden, hat daher hier mit der aktuellen Sachgewahrsame über den Abfall nichts zu tun; sie endet erst mit der vollständigen umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung der Abfälle. Ein auf § 73 Abs. 1 iVm § 15 Abs. 5b AWG 2002 gestützter Behandlungsauftrag kann daher gerade gegen Personen erlassen werden, die die Abfälle nicht mehr inne­haben, weil sie diese bereits entgegen den Vorgaben des § 15 Abs. 5a AWG 2002 weitergegeben haben.

 

Bereits aus dem Angebot der Bf an den Grundeigentümer ergibt sich, dass die Bf in Kenntnis davon gewesen ist, dass die Lagerung von Baurestmassen auf dem gegenständlichen Grundstück keine vollständige umweltgerechte Verwertung darstellt, da ansonsten nicht bereits im Angebot darauf hingewiesen worden wäre, dass vor Einbau des Materials eine Untersuchung und Zertifizierung der Baurestmassen für den Verwendungszweck vorzunehmen ist. Ebenso war die Bf in Kenntnis davon, dass der Grundeigentümer nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von Abfällen ist.

 

Solange allerdings die vollständige umweltgerechte Verwertung im Sinne des § 15 Abs. 5a AWG 2002 nicht umgesetzt ist, besteht im Sinne des § 15 Abs. 5b AWG 2002 die Möglichkeit, den Abfallbesitzer durch einen Behandlungsauftrag gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 zu einer ordnungsgemäßen Entsorgung der Abfälle zu verpflichten. Der Auftrag der belangten Behörde an die Bf, die am gegen­ständlichen Grundstück gelagerten Baurestmassen einem zur Sammlung oder Behandlung derartiger Abfälle Befugten zu übergeben, ist daher zu Recht ergangen und wird die Bf durch diesen nicht in subjektiven Rechten verletzt. Insofern war im Sinne der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes der Bescheid  der belangten Behörde unter Setzung einer neuen Frist für die Durch­führung der aufgetragenen Maßnahmen und Ergänzung der Rechtsgrundlage zu bestätigen.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

III.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeu­tung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Thomas Kühberger