LVwG-550479/2/SE/BBa

Linz, 23.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Frau I N, x,
x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 29. Dezember 2014, GZ: N10-125/5-2011/Ka, betreffend die naturschutz-behördliche Anordnung zur vollständigen Entfernung eines zweigeschossigen Gebäudes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I.        Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG  
          wird der Beschwerde Folge gegeben und der Bescheid der belangten

        Behörde ersatzlos behoben.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungs-
        gerichtshofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den  
        Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes- 
        Verfassungsgesetz - B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom 29. Dezember 2014, GZ: N10-125/5-2011/Ka, wurde Frau I N, x, x, aufgetragen, auf dem Grundstück Nr. x, KG X, Gemeinde x, das ohne naturschutzbehördliche Anzeige (Bewilligung) und somit widerrechtlich errichtete Bauwerk (zweigeschossiges Gebäude, in Massivbauweise errichtet, vollständig unterkellert; Größe rund 15 x 15 m, Rohbau ohne Dachkonstruktion) unter Einhaltung näher festgelegter Maßnahmen vollständig zu entfernen.

 

Die Entscheidung wird im Wesentlichen damit begründet, dass die bereits seit Anfang 2011 laufenden Ermittlungen ergeben hätten, dass die Errichtung des Gebäudes im Grünland außerhalb einer geschlossenen Ortschaft den Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes widerspreche und das Vorhaben ohne die erforderliche Anzeige errichtet worden sei. Aus diesem Grund lägen die Voraussetzungen zur Erlassung der vorliegenden administrativen Verfügung vor.

 

I.     2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Schriftsatz vom
27. Jänner 2015 eingebrachte Beschwerde von Frau I N, x, x (in der Folge kurz: Beschwerdeführerin). Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verfahrensmängeln ersatzlos aufzuheben.

 

Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde bei Verfahrenseinleitung keinerlei Kontakt mit der Beschwerdeführerin hergestellt habe. Weiters sei der Bescheid inhaltlich rechtswidrig, da für das gegenständliche  Bauwerk eine naturschutzrechtliche Bewilligung bestünde. Dies werde durch ein zu dieser Frage bereits ergangenes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes letztinstanzlich bestätigt. Weiters dürfe die aktuelle Fassung des Oö. NSchG 2001 nicht für die Beurteilung der Anzeige- bzw. Bewilligungspflicht herangezogen werden. Mit der Durchführung des Bescheides wäre zudem ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden für die Beschwerdeführerin verbunden.

 

I.     3. Mit Schreiben vom 26. März 2015, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt am 1. April 2015, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt von der belangten Behörde zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

Im Vorlageschreiben betont die belangte Behörde, dass sie sich mit dem in der Beschwerde vorgebrachten Neuvorbringen, wonach eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliege, auseinandergesetzt habe, dieses jedoch nicht zu einer Bescheidaufhebung führe. Die belangte Behörde führt aus, dass hinsichtlich des gegenständlichen Bauwerks zu keinem Zeitpunkt eine Bewilligung nach dem
Oö. NSchG erteilt worden sei. Insbesondere sei im naturschutzrechtlichen Bescheid der Oö. Landesregierung vom 16. Februar 1995, welcher nach dem VwGH-Erkenntnis vom 27. Juli 1994, GZ: 93/10/0170, erging, keine naturschutz-rechtliche Bewilligung erteilt worden. Darüber hinaus habe sich hinsichtlich des naturschutzrechtlichen Bescheides der Oö. Landesregierung vom
16. Februar 1995 die Sach- und Rechtslage insofern geändert, als ein Eigen-tümerwechsel und eine Änderung der Flächenwidmung eingetreten sei. Derzeit bestünde für das ggst. Grundstück laut Flächenwidmungsplan die Flächenwidmung „Grünland, Abgrabungsgebiet, Signatur Steinbruch“ und sei somit von einem Gebäude im Grünland auszugehen. Eine Einsicht in den Gewerbeakt zeige überdies, dass das gegenständliche Gebäude auch durch keine Bewilligung nach der Gewerbeordnung oder MinRoG gedeckt sei. Zudem gehe aus dem Bauakt der Gemeinde x hervor, dass zu keinem Zeitpunkt eine Baubewilligung erteilt wurde, was auch der VwGH mit Erkenntnis vom
25. Juni 1996, GZ: 93/05/0243, bestätige. Eine baurechtliche Bewilligung sei nach wie vor ausständig. Aus diesen Gründen sieht die belangte Behörde von einer Beschwerdevorentscheidung ab und beantragt die Abweisung der Beschwerde.

 

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1
B-VG iVm § 3 VwGVG). Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.    1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in die vorgelegten Verfahrensakten und Abfragen aus dem digitalen oberösterreichischen Raum-Informations-System (DORIS).

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und auch kein entsprechender Antrag gestellt wurde, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

II. 2. 1. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt gilt als erwiesen:

 

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. x, KG x, Gemeinde x. Dieses ist laut rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Nr. x der Gemeinde x als Grünland (Gründland-sonderausweisung – Steinbruch) ausgewiesen und befindet sich außerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Darauf befindet sich ein zweigeschossiger, in Massivbauweise errichteter, vollständig unterkellerter Rohbau mit einer Größe von rund 15 x 15 m und ohne Dachkonstruktion. Dieser Rohbau wurde vor über 20 Jahren errichtet und befindet sich in einer Entfernung von etwa 40 m zu einem künstlichen (durch Grund- und Oberflächenwasser gespeister) Steinbruch-See.

Für das Vorhaben wurde zu keiner Zeit eine rechtskräftige, baurechtliche Bewilligung noch eine entsprechende naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt. Im auf Gemeindeebene durchgeführten baubehördlichen Bewilligungsverfahren, beginnend im Jahr 1991, AZ Bau-401-26/1990, hat die Naturschutzbehörde
I. Instanz weder zu den im Zuge des damaligen Verfahrens geänderten Projektunterlagen, noch zum ursprünglichen Ansuchen, eine negative Stellungnahme abgegeben. Das Grundstück war gemäß dem im Zeitpunkt der Errichtung geltenden Flächenwidmungsplan Nr. x der Gemeinde x als „Steinbruch-Betriebsbaugebiet“ ausgewiesen.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 17. März 1992,
GZ: N-451065-1991/Wi, wurde der Firma N H- und T Ges.m.b.H. bereits im Hinblick auf den auf Gst. Nr. x, KG x, errichteten Rohbau ein naturschutzrechtlicher Wiederherstellungsauftrag erteilt. Der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 11. Jänner 1993, GZ:N-102018/7-Ko-1993, keine Folge gegeben. Gegen den Berufungsbescheid wurde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 27. Juli 1994, 93/10/0170, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Der Verwaltungsgerichtshof traf dabei im Hinblick auf die Frage der naturschutz-rechtlichen Bewilligungspflicht des gegenständlichen Bauwerks auszugsweise folgende maßgebliche Aussagen:

 

§ 4 Abs. 1 Z. 1 Oö. NSchG 1982 unterwirft "Bauvorhaben im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a bis d der Oö. Bauordnung" der naturschutzbehördlichen Bewilligungspflicht. § 31 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet die Baubewilligungsbehörde, der Naturschutzbehörde das Bewilligungsansuchen und die dazugehörigen Unterlagen zu übersenden. Die Frist für die Stellungnahme der Naturschutzbehörde beginnt mit dem Einlangen des Bewilligungsansuchens mit den dazugehörigen Unterlagen (§ 4 Abs. 2 Oö. NSchG 1982). Aus den dargestellten Bestimmungen folgt, dass das Oö. NSchG 1982 naturschutz-rechtliche und baubehördliche Bewilligungspflicht in der Weise verknüpft, dass der Gegenstand der naturschutzbehördlichen Bewilligungspflicht identisch ist mit dem Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens und dass beide durch den Antrag auf baubehördliche Bewilligung und die ihm zugrundeliegenden Unterlagen bestimmt werden.

 

Der Naturschutzbehörde steht gemäß § 4 Abs. 2 Oö. NSchG 1982 eine Frist von vier Wochen ab Einlangen des (Bau)Bewilligungsansuchens (samt zugehörigen Unterlagen) für die Abgabe einer ablehnenden Stellungnahme zur Verfügung. Im Falle einer nach Ablauf dieser Frist abgehaltenen mündlichen Bauverhandlung verlängert sich diese Frist bis zum Ende der mündlichen Bauverhandlung. Da der Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens und jener der naturschutzbehördlichen Bewilligungspflicht identisch sind, ist im Falle einer Änderung des Baubewilligungsansuchens ab dem Zeitpunkt dieser Änderung auch für die Naturschutzbehörde nicht mehr der ursprüngliche Antrag maßgeblich, sondern der geänderte. Für die Naturschutzbehörde beginnt eine neue Stellungnahmefrist zu laufen. Ob die Änderungen des Baubewilligungs-ansuchens "außenwirksam" sind, ist ohne Belang.

 

Wurde allerdings von der Naturschutzbehörde innerhalb der ihr zur Abgabe einer negativen Stellungnahme zur Verfügung stehenden Frist zum ursprünglichen Ansuchen keine solche negative Stellungnahme abgegeben, dann hat dies zur Folge, dass für die Verwirklichung des ursprünglichen Projektes in naturschutzrechtlicher Hinsicht keine Bewilligung mehr erforderlich ist. Das
Oö. NSchG 1982 enthält keine Bestimmung des Inhalts, dass eine einmal eingetretene Bewilligungsfreiheit durch die Änderung des Baubewilligungs-ansuchens wieder zunichte gemacht würde.

 

Im Beschwerdefall wurde der Naturschutzbehörde das ursprüngliche Ansuchen der beschwerdeführenden Partei samt Unterlagen von der Gemeinde übermittelt. Innerhalb der im § 4 Abs. 2 Oö. NSchG 1982 vorgesehene Frist erfolgte keine Stellungnahme. § 4 Abs. 2 leg. cit. sieht allerdings eine Verlängerung der Stellungnahmefrist vor, wenn nach Ablauf der vierwöchigen Frist eine mündliche Verhandlung stattfindet. [...]

 

Feststellungen darüber, ob im Beschwerdefall die Naturschutzbehörde von der Baubehörde von der mündlichen Verhandlung am 23. August 1991 verständigt wurde, hat die belangte Behörde nicht getroffen. Erstmals in der Gegenschrift behauptet sie, eine solche Verständigung sei unterblieben. Ob dies zutrifft, ist dem Akt nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen. [...] Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Naturschutzbehörde von der mündlichen Verhandlung verständigt wurde. War dies der Fall, dann ist für das ursprünglich eingereichte Projekt in naturschutzrechtlicher Hinsicht Bewilligungs-freiheit eingetreten, da keine negative Stellungnahme der Naturschutzbehörde erfolgte. In diesem Fall hätte die belangte Behörde Feststellungen darüber treffen müssen, ob die beschwerdeführende Partei das zum Gegenstand eines Wiederherstellungsauftrages nach § 39 Abs. 1 Oö. NSchG 1982 gemachte Bauwerk entsprechend dem ursprünglichen Projekt oder nach den geänderten Planunterlagen verwirklicht hat. War ersteres der Fall, dann durfte ein Wiederherstellungsauftrag nicht mehr erlassen werden. [...]

 

Sollte die beschwerdeführende Partei aber entgegen ihren Behauptungen das Bauwerk entsprechend den geänderten Plänen verwirklicht haben, dann erwiese sich der angefochtene Bescheid deswegen als rechtswidrig, weil die belangte Behörde keinerlei Feststellungen darüber getroffen hat, ob die zu den geänderten Plänen abgegebene negative Stellungnahme der Naturschutzbehörde innerhalb der für eine solche Stellungnahme zur Verfügung stehenden Frist abgegeben wurde. Dem Akt ist das Einlangen der geänderten Planunterlagen bei der Naturschutzbehörde nicht zu entnehmen. Auch das Datum der Zustellung der negativen Stellungnahme an die Gemeinde bedarf einer Klärung.

 

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß
§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.“

 

Im Bescheid der Oö. Landesregierung als Organ der Landesverwaltung in
II. Instanz wurde der Berufung mit Bescheid vom 16. Februar 1995,
GZ: N-102018/24-1995-Ma, Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17. März 1992, GZ: N-451065-1991/Wi, ersatzlos behoben. Begründend wurde von der Berufungsbehörde darin auszugsweise Nachfolgendes ausgeführt:

 

Unter Berücksichtigung das im angeführten Erkenntnis dargelegten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde im fortgesetzten Verfahren ergänzende Erhebungen im Sinne der ergangenen Aufträge durchgeführt. [...]

Es sei hier angeführt, wenn auch für die Berufungsentscheidung aufgrund der nachfolgenden Rechtsausführungen nicht mehr beachtlich, dass nach den ergänzenden Ermittlungen vor der Berufungsbehörde und der Stellungnahme des Rechtsvertreters der Berufungswerberin für das hier maßgebliche abgeänderte Projekt Bewilligungsfreiheit gemäß § 4 Abs. 2 Oö. NSchG. 1982 eingetreten war, zumal die Naturschutzbehörde I. Instanz eine negative Stellungnahme innerhalb der festgesetzten Frist von vier Wochen nicht abgegeben hat. Eine Nachfrage beim Bezirksbauamt x ergab nämlich, dass auf dem Original des Schreibens des Gemeindeamtes x vom 28. November 1991, mit dem die geänderten Projektunterlagen zur Abgabe einer Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgelegt wurden, das Einlaufdatum 5. Dezember 1991 trägt. Damit war jedenfalls die am 3. Jänner 1992 gegenüber dem Regierungskommissär der MarktGemeinde x abgegebene Stellungnahme verspätet.

Nichtsdestoweniger gründet sich die Berufungsentscheidung auf folgende Rechtslage: Am 1. Februar 1995 ist die Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994, LGBl. Nr. 2, in Kraft getreten. Mit dieser Novelle zum Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 wurde § 4 Abs. 1 Z 1 insofern abgeändert, als Bauvorhaben im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 1 – 4 der Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, nur dann der naturschutzbehördlichen Bewilligungspflicht unterliegen, wenn sie a) im Grünland (§ 30 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993) oder b) in einem Genehmigungsgebiet gemäß § 7 Abs. 1 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994, LGBl. Nr. 88/1994, außerhalb von geschlossenen Ortschaften ausgeführt werden sollen.

Nach der neuen Rechtslage sind daher Bauvorhaben im Sinne der oben zitierten Bestimmung, sofern sie auf rechtskräftig gewidmetem Bauland ausgeführt werden, nicht mehr bewilligungspflichtig.

Das gegenständliche Bauvorhaben wurde allerdings auf einer Fläche ausgeführt, welche im Flächenwidmungsplan der Gemeinde x als Steinbruch-Betriebsbaugebiet ausgewiesen ist. Die gegenständliche Bauführung bedarf daher seit dem Inkrafttreten der Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994 (1.2.1995) nicht mehr der naturschutzbehördlichen Bewilligung. Art. II Abs. 2 (Übergangsbestimmung) sieht ausdrücklich vor, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige Verwaltungsverfahren nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes weiterzuführen sind. Damit ist aber auch die Anwendbarkeit des § 39 Abs. 1 leg.cit. nicht mehr gegeben, weil das Gesetz zur Ausführung des gegenständlichen Bauvorhabens einer Bewilligung nicht mehr fordert.“ Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

 

II. 2. 2. Zum Vorliegen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

Hinsichtlich des Vorliegens einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für das ggst. Bauwerk wurden im Ermittlungsverfahren sich einander widersprechende Aussagen von Seiten der Beschwerdeführerin bzw. der belangten Behörde getätigt. Während die belangte Behörde auf dem Standpunkt steht, dass hinsichtlich des gegenständlichen Bauwerks zu keinem Zeitpunkt eine Bewilligung nach dem Oö. NSchG erteilt wurde, vermeint die Beschwerdeführerin, dass das naturschutzrechtliche Verfahren 1994 mit Erkenntnis des Verwaltungs-gerichtshofs rechtskräftig entschieden wurde und für das betroffene Bauwerk somit eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliege.

 

Aus den vorgelegten Akten geht unzweifelhaft hervor, dass weder durch das von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungs-gerichtshofs, noch den in weiterer Folge im fortgesetzten Berufungsverfahren ergangenen Bescheid der Berufungsbehörde vom 16. Februar 1995,
GZ: N-102018/24-1995-Ma, eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt wurde: Beide Entscheidungen behandeln die Rechtmäßigkeit des von der Naturschutz-behörde I. Instanz mit Bescheid vom 17. März 1992, GZ: N-451065–1991/Wi, gemäß § 39 Oö. NSchG 1982 erteilten Entfernungsauftrags. Dieser erst-instanzliche Bescheid wurde letztlich durch den Bescheid der Berufungs-behörde vom 16. Februar 1995, GZ: N-102018/24-1995-Ma, ersatzlos behoben, weil die Voraussetzung für einen Wiederherstellungsauftrag (Ausführung bewilligungs-pflichtiger Vorhaben ohne Bewilligung oder Nichteinhaltung in Bewilligungen verfügter Bedingungen, Befristungen oder Auflagen) nicht vorgelegen haben. Mit Bescheid der Berufungsbehörde wurde aber nicht gleichermaßen eine naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt. Sache im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof war ebenfalls ausschließlich die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für den naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag und folglich letztlich zu klären war, ob das ggst. Vorhaben überhaupt naturschutzbehördlich bewilligungspflichtig war oder nicht.

 

Auch sonst ergaben sich im Ermittlungsverfahren vor dem Landesverwaltungs-gericht keinerlei Anhaltspunkte, wonach in einem anderen Verfahren die Errichtung des ggst. Bauwerks naturschutzbehördlich genehmigt wurde. Daher ist – entgegen der Aussagen der Beschwerdeführerin – davon auszugehen, dass für das ggst. Gebäude keine naturschutzrechtliche Bewilligung bzw. Feststellung vorliegt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:

 

III.   1. Maßgebliche Rechtslage:

 

Art II Abs. 2 zur Oö. NSchG 2001-Novelle LGBl. Nr. 92/2014 normiert, dass „die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 2014, LGBl. Nr. 35/2014, anhängigen individuellen Verfahren [...] nach den bis dahin geltenden Bestimmungen weiter zu führen [sind]“. Auch in Art II Abs. 2 zur Novelle LGBl. 35/2014 findet sich eine dementsprechende Bestimmung.

 

Besagte Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 2014, LGBl. Nr. 35/2014, ist mit 1. Juni 2014 in Kraft getreten. Beim gegenständlichen Verfahren handelt es sich um ein von Amts wegen eingeleitetes Verwaltungsverfahren. Es ist für die Anhängigkeit eines amtswegigen Verfahrens erforderlich, dass die Behörde aufgrund der ihr zugekommenen Kenntnis Verfahrensschritte setzt, aus denen zweifelsfrei erkennbar ist, dass ein bestimmtes Verwaltungsverfahren eingeleitet worden ist (vgl. VwGH 31.08.1999, 95/05/0339). „Anhängig“ ist das gegenständliche, amtswegig einzuleitende Verfahren somit in dem Zeitpunkt, in dem die Behörde – mit Blick auf eine mögliche Verfügung gemäß § 58 NSchG 2001 – konkrete Ermittlungen zu der den Anlass der Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes bildenden Vorhabensverwirklichung eingeleitet hat.

 

Wie aus den übermittelten Akten zweifelsfrei hervorgeht, führte die belangte Behörde bereits lange vor dem 1. Juni 2014 einschlägige Ermittlungstätigkeiten durch (vgl. z.B. Verständigung der Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit Schriftsatz vom 19. November 2013, GZ: N10-125/4-2011/Ka; naturschutzbehördliche Prüfung durch den Regionsbeauftragen vom 15. März 2012, GZ BBA-RI-388-VIII-2012-Bm/Mai). Da das gegenständliche Verfahren somit bereits lange vor dem 1. Juni 2014 anhängig war, findet die
Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 2014 im gegenständlichen Fall noch keine Beachtung. Die anzuwendende Fassung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, LGBl. Nr. 129/2001 in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, wird in der Folge als Oö. NSchG 2001 bezeichnet.

 

Die im konkreten Fall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. NSchG 2001 lauten:

 

 

㤠3

Begriffsbestimmungen

 

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet: [...]

 

2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert; [...]

 

5. geschlossene Ortschaft: ein Gebiet, das durch eine größere Ansammlung von Bauten geprägt ist, so dass sich eine zusammenhängende Verbauung von der Umgebung deutlich sichtbar abhebt; nicht zur geschlossenen Ortschaft zählen Einzelansiedlungen wie Gehöfte und Weiler sowie Ortsränder, vor allem entlang von Seeufern;

 

6. Grünland: Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Bauland (§ 21 Oö.Raumordnungsgesetz 1994) oder als Verkehrsflächen (§ 29 Oö.Raumordnungsgesetz 1994) gewidmet sind; [...]

 

8. Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft; [...]

 

10. Naturhaushalt: Beziehungs- und Wirkungsgefüge der biotischen und abiotischen Faktoren der Natur; das sind Geologie, Klima, Boden, Oberflächen- und Bodenwasser, Sickerwasser, Grundwasser, Vegetation und dgl.; [...]

 

§ 6

Anzeigepflichtige Vorhaben und Verfahren

 

(1) Der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden sowie die Errichtung von Stützmauern und freistehenden Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,5 m

1. im Grünland (§ 3 Z 6) außerhalb von geschlossenen Ortschaften oder

2. auf Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde mit einer Sternsignatur gekennzeichnet sind,

sind - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - vor ihrer Ausführung der Behörde anzuzeigen.

[...]

(3) Die Behörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Anzeige die Ausführung des Vorhabens zu untersagen, wenn das angezeigte Vorhaben den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft (§ 14 Abs. 1 Z 1). [...] Das Vorhaben ist nicht zu untersagen, wenn der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

[...]

 

(5) Wird innerhalb der im Abs. 3 genannten Frist die Ausführung des Vorhabens nicht untersagt, darf mit der Ausführung des Vorhabens begonnen werden. Gleiches gilt, wenn die Behörde dem Anzeigenden vor Ablauf der genannten Frist schriftlich mitteilt, dass eine Untersagung der Ausführung nicht erfolgen werde. Wird ein Feststellungsbescheid gemäß Abs. 4 erlassen, darf mit der Ausführung des Vorhabens erst nach Rechtskraft dieses Bescheids begonnen werden.

[...]

 

§ 14

Bewilligungen

 

(1) Eine Bewilligung gemäß den §§ 5, 11 oder 12 oder die in einer auf Grund einer dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, ist zu erteilen,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Weise schädigt noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft oder [...]

 

 

§ 9

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich von Seen

 

(1) Jeder Eingriff

1. in das Landschaftsbild und

2. im Grünland (§ 3 Z 6) in den Naturhaushalt

an allen Seen samt Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts ist verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

 

§ 58

Besondere administrative Verfügungen

 

(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

 

(2) Von Verfügungen gemäß Abs. 1 ist Abstand zu nehmen, wenn das Vorhaben nur unwesentlich von der Bewilligung oder der Anzeige oder einem gemäß § 6 Abs. 4 erlassenen Bescheid abweicht. [...]

 

(5) Die Abs. 1 bis 4 sind sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt gemäß §§ 9 oder 10 und bei verbotenen Werbeeinrichtungen gemäß § 13 anzuwenden.“

 

III. 2. Voraussetzung für naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag

Die Erlassung eines Entfernungsauftrages nach § 58 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 setzt ein ohne die erforderliche Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführtes bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Vorhaben voraus. Zu einer Abwägung der Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes mit den privaten Interessen des Verpflichteten ist die Behörde dabei nach § 58 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 nicht gehalten (vgl. VwGH 28.05.2013, 2010/10/0192 mwN).

 

III. 2. 1. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Bewilligungstatbestände nach
§ 5 Abs. 1 bzw. die Anzeigepflicht nach § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 unter der Voraussetzung stehen, dass „nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden“ sind. Ein Vorhaben, das den Tatbestand des § 9 erfüllt, ist daher nicht bewilligungs- bzw. anzeigepflichtig, sondern unterliegt jedenfalls ausschließlich der Regelung des § 9 leg. cit, wenn es zur Gänze im Schutzbereich des § 9 Oö. NSchG 2001 verwirklicht wird.

 

Der gegenständliche Rohbau wurde in einer Entfernung von circa 40 Meter zu einem durch Grundwasser und Oberflächenwasser gespeisten Steinbruchsees errichtet. Ein derartiges künstlich entstandenes Gewässer fällt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht unter dem Seen-Begriff des
§ 9 Oö. NSchG 2001 (vgl. z.B. hinsichtlich eines Stausees VwGH 21.03.1988, 86/10/0120, 87/10/0013; 10.09.1981, 81/10/0055 mwN.). Das Vorhaben liegt daher trotz seiner Nähe zu einem stehenden Gewässer nicht in der 500-m Uferschutzzone und bedurfte somit keinesfalls einer naturschutzbehördlichen Feststellung nach der Bestimmung des § 9 Oö. NSchG 2001.

 

Zu prüfen ist daher, ob für die Errichtung des Gebäudes aufgrund anderer Tatbestände eine Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht besteht:

 

III. 2. 2. Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 unterliegen grundsätzlich der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden sowie die Errichtung von Stützmauern und freistehenden Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,5 m im Grünland außerhalb von geschlossenen Ortschaften der Anzeigepflicht. Wenn das Vorhaben den öffentlichen Interessen am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft (§ 14
Abs. 1 Z 1 leg. cit.), so hat die Behörde innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Anzeige die Ausführung des Vorhabens zu untersagen, wenn nicht der Anzeigende öffentliche oder private Interessen glaubhaft macht, die das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

 

Der gegenständliche Rohbau, welcher zweifellos ein „Gebäude“ iSd zur Auslegung heranzuziehenden Oö. baurechtlichen Vorschriften darstellt, befindet sich außerhalb einer geschlossenen Ortschaft und im Grünland. Die Errichtung eines derartigen Bauwerks unterliegt somit nach dem bisher Festgehaltenen gemäß
§ 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 – weil als im Grünland und außerhalb einer geschlossenen Ortschaft errichtetes Gebäude – einer Anzeigepflicht. Für das gegenständliche Vorhaben wurde jedoch zu keiner Zeit eine naturschutz-behördliche Bewilligung erwirkt bzw. erfolgte keine Anzeige an die Behörde vor dessen Errichtung. Folglich wurde das Vorhaben – obwohl nach geltender Rechtslage grundsätzlich anzeigepflichtig – ohne entsprechende Anzeige ausgeführt.

 

III. 2. 3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine unter Verletzung der Anzeigepflicht erfolgte Ausführung eines anzeigepflichtigen Vorhabens nur dann als rechtswidrig i.S.d. § 58 Oö. NSchG 2001 angesehen werden, wenn auch die Voraussetzungen für eine Untersagung erfüllt sind. Nur in diesem Fall stünde das Vorhaben im Widerspruch zu den (materiellen) Bestimmungen des Oö. NSchG 2001 (vgl. VwGH 29.01.2009, 2007/10/0196). Eine diesbezügliche durchzuführende Prüfung der Rechtswidrigkeit wurde von der belangten Behörde unterlassen. Diese kann jedoch auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht unterbleiben, wenn sich herausstellt, dass es sich bei dem gegenständlichen Bauwerk um einen sogenannten „Altbestand“ handelt. Dies ist daher an dieser Stelle zu prüfen:

 

III. 3. Altbestand

Im Hinblick auf den gegenständlichen Rohbau erscheint es angebracht zu prüfen, ob es sich hierbei nicht um einen rechtmäßigen Altbestand handelt. Diesbezüglich sei zunächst auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach unter einem „Altbestand“ eine Maßnahme zu verstehen ist, die vor Inkrafttreten eines entgegen stehenden gesetzlichen Verbotes gesetzt wurde und seither unverändert besteht (vgl. z.B. VwGH 24.07.2013, 2012/10/0065; VwGH 18.02.2015, 2012/10/0194-7). Ein Altbestand liegt im gegenständlichen Fall somit nur dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Errichtung der Bau keiner mit § 6 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 vergleichbaren Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht unterlag.

 

III. 3. 3. 1. § 4 Abs. 1 Z 1 Oö. NSchG 1982, LGBl. Nr. 80/1982, normierte außerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich eine naturschutzbehördliche Bewilligungspflicht für Bauvorhaben im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a bis d der
Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976. Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a leg cit. bedurften jedoch derartige Bauvorhaben dann keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung, wenn die Naturschutzbehörde auf Grund der von der zuständigen Bewilligungsbehörde gemäß § 31 Abs. 2 durchzuführenden Beteiligung innerhalb von vier Wochen ab Einlangen des Bewilligungsansuchens mit den dazugehörenden Unterlagen – in den Fällen, in denen nach Ablauf dieser Frist eine mündliche Verhandlung stattfindet, spätestens bei dieser – keine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat. Mit der Oö. Natur- und Landschafts-schutzgesetz Novelle 1994, LGBl. Nr. 2/1995, in Kraft getreten mit
1. Februar 1995, erfuhr § 4 Oö. NSchG 1982 eine Änderung. Nunmehr bedurften Bauvorhaben im Sinn des § 24 Abs. 1 Z 1 bis 4 der Oö. Bauordnung 1994,
LGBl. Nr. 66, zu ihrer Ausführung nur dann einer Bewilligung der Behörde, wenn sie entweder im Grünland (§ 30 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993) oder in einem Genehmigungsgebiet gemäß § 7 Abs. 1
Oö. Grundverkehrsgesetz 1994, LGBl. Nr. 88/1994, außerhalb von geschlossenen Ortschaften ausgeführt werden sollen. Bewilligungsfreiheit bestand darüber hinaus weiterhin bei Abgabe einer entsprechenden Stellungnahme der Naturschutzbehörde auf Grund der von der zuständigen Bewilligungsbehörde gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. durchzuführende Beteiligung.

 

III. 3. 3. 1. 1. Wie schon die im früheren Wiederherstellungsverfahren zuständige Berufungsbehörde in ihrem Bescheid vom 16. Februar 1995, GZ: N-102018/24-1995-Ma, festgehalten hat, hatte die Naturschutzbehörde I. Instanz im durchgeführten baubehördlichen Bewilligungsverfahren keine negative Stellungnahme innerhalb der festgesetzten Frist von vier Wochen abgegeben. Folglich war für das gegenständliche Bauvorhaben Bewilligungsfreiheit gemäß § 4 Abs. 2 Oö. NSchG. 1982 idF LGBl Nr. 80/1982 eingetreten.

Dass eine gemäß dieser Bestimmung einmal eingetretene naturschutzbehördliche Bewilligungsfreiheit durch einen negativen baurechtlichen Bewilligungsbescheid bzw. durch ein möglicherweise gar nicht zu Ende geführtes baurechtliches Verfahren wieder zunichte gemacht würde, kann aus keiner Bestimmung des
Oö. NSchG 1982 abgeleitet werden.

Auch die Tatsache, dass das Vorhaben offenbar niemals vollendet wurde, vermag daran nichts zu ändern. Mangels Notwendigkeit bzw. Vorliegen einer naturschutzbehördlichen Bewilligung sind jedenfalls die im Oö. NSchG in der jeweils anzuwendenden Fassung vorgesehenen Fristen zum Erlöschen von Bewilligungen irrelevant, weil ja Bewilligungsfreiheit bestand. Die Erlöschens Tatbestände greifen nur, wenn tatsächlich eine naturschutzbehördliche Bewilligung vorliegt. Keinesfalls kann aus diesen Vorschriften daher abgeleitet werden, dass eine einmal eingetretene naturschutzbehördliche Bewilligungs-freiheit durch nicht zeitgerechte Fertigstellung wieder aufgehoben werden würde.

 

III. 3. 3. 1. 2. Zum selben Endergebnis würde man auch kommen, wenn man – wie die Berufungsbehörde in ihrer Entscheidung vom 16. Februar 1995 – zum Schluss gelangen würde, dass die am 1. Februar 1995 in Kraft getretene
Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 1994, LGBl. Nr. 2/1994, der Beurteilung zu Grunde zu legen sei (vgl. die entsprechende Übergangs-bestimmung des Art. II Abs. 2 leg. cit., welche vorsieht, dass die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige Verwaltungsverfahren nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes weiterzuführen sind). Bei Berücksichtigung dieser geänderten Rechtslage, nach der Bauvorhaben sofern sie auf rechtskräftig gewidmetem Bauland ausgeführt werden, nicht mehr bewilligungspflichtig waren, wäre eine Bewilligungsfreiheit schon alleine deswegen zu bejahen gewesen, da das gegenständliche Bauvorhaben auf einer im Flächenwidmungsplan der Gemeinde x als Steinbruch-Betriebsbaugebiet ausgewiesen Fläche ausgeführt wurde.

 

III. 3. 3. 2. Da das gegenständliche Bauwerk somit im Zeitpunkt der Errichtung keiner Bewilligungspflicht unterlag, ist von einem rechtskräftigen Altbestand auszugehen, zumal das Bauwerk seitdem offenbar unverändert geblieben ist. Der Hinweis der belangten Behörde, wonach aktuell für das gegenständliche Grundstück laut Flächenwidmungsplan Nr. x die Flächenwidmung „Grünland, Abgrabungsgebiet, Signatur Steinbruch“ bestehen würde und somit von einem Gebäude im Grünland auszugehen sei, ist zwar korrekt, aber für die Frage der Rechtmäßigkeit des Wiederherstellungsauftrages im Hinblick auf die Tatsache des Vorliegens eines Altbestandes nicht von rechtlicher Relevanz.

 

III. 3. 4. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass bei dem gegen-ständlichen Bauwerk von einem sogenannten „Altbestand“ gesprochen werden kann. Dieser unterliegt nicht der Wiederherstellungspflicht des § 58 Oö. NSchG 2001. Die diesbezügliche administrative Verfügung der belangten Behörde als Naturschutzbehörde ist somit unzulässig. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Ob ein entsprechender Entfernungsauftrag möglicherweise nach anderen Materiellen gesetzlichen Bestimmungen (insb. jenen der Oö. BauO 1994) zulässig wäre, war nicht zu prüfen.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Sigrid Ellmer