LVwG-350140/3/PY/PP

Linz, 11.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn M.Z., x, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. März 2015, GZ: 3.01 – ASJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

1.         Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. März 2015, GZ: 3.01 – ASJF, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) vom 12. November 2014 auf Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs gemäß §§ 4, 11, 17 und 31 BMSG keine Folge gegeben. In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die Ausnahme­bestimmung des § 11 Abs. 3 BMSG beim Antragsteller nicht anzuwenden ist. Der Behörde liegen auch keine Gründe vor, wonach es dem Antragsteller nicht zumutbar wäre, seine Arbeitskraft in einem solchen Beschäftigungsausmaß einzusetzen, dass er selbst in der Lage ist seine soziale Notlage zu überwinden. Aufgrund der Angaben des Antragstellers, wonach er zur zielstrebigen Verfolgung seines Studiums seine Arbeit beenden musste und nicht jede Arbeit annehmen könne, da er genug Zeit brauche seine Diplomarbeit, auf der seine Priorität derzeit liege, zu schreiben seien die Voraussetzungen für den Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht gegeben. Zudem war der Antragsteller auch beim AMS nicht in einem vollen Beschäftigungsausmaß als arbeitsuchend gemeldet ist liegen seit Jänner 2015 dem AMS lediglich sieben Bewerbungen des Antragstellers vor.

 

2.         Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom
25. März 2015. In dieser bringt der Bf zunächst zusammengefasst vor, dass er den Wohnkostenanteil nicht beansprucht sondern lediglich den gesetzlichen Grundbetrag im Ausmaß der Differenz zu dem ihm vom AMS gewährten Betrag von etwa 350 Euro monatlich (11,91 Euro täglich). Er verstehe auch nicht, weshalb ihm eine Stilllegung seines Bausparvertrages, der derzeit einen Wert von etwa 1.000 Euro betrage und gemeinsam mit seinem PKW mit einem Wert in Höhe von zirka 1.000 Euro sein einziges Vermögen darstelle, aufgetragen wurde. Laut einem Schreiben des Landes Oberösterreich betreffend Mindestsicherung müsse das eigene Vermögen nur bis zu einer Höhe von 4.069,95 Euro (Stand 2014) aufgelöst werden.

 

Zur Begründung der belangten Behörde führt der Bf an, dass es richtig ist, dass er beim AMS angegeben habe, dass er eine Arbeit im Ausmaß von 25 bis
30 Stunden wöchentlich suche. Dieses Ausmaß wäre geeignet, um seine Diplomarbeit vorzubereiten und fertigstellen zu können. Seitens des AMS sei nie ein Angebot an ihn gekommen. Alle Bewerbungen, die von ihm geschrieben wurden, waren Ergebnis seiner Bemühungen. Es mag richtig sein, dass es nicht viele sind, aber er suche einen Job in seiner Branche und da er von Beruf P. ist, sei es nicht leicht, eine Arbeit zu finden. Er habe aber auch versucht Arbeitsstellen in anderen Branchen zu finden. Die Forderungen des AMS, drei Bewerbungen pro Woche anzustellen, sind in seinem Beruf nicht realistisch. In der Zeit vom 6. Oktober 2014 bis 6. Februar 2015 habe der Bf Berufsschutz genossen und in dieser Periode Arbeit fast ausschließlich in seiner oder benachbarten Branchen gesucht. In dieser Zeit könne ihm daher nicht vorgeworfen werden, dass er sich nicht bemüht habe, Arbeit zu suchen. Als er entschieden habe, seine Arbeit bei der Firma E. zu verlassen, war dies im Interesse seiner Studien und da er eine Arbeit in seiner Branche finden wollte. Er habe sein Master-Semester mit Note 1 abgeschlossen und sei somit seine Entscheidung richtig gewesen, da ein solcher Erfolg mit seiner damaligen Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Das nach dem BMSG kein Berufsschutz vorliege, sei ihm nicht mitgeteilt worden und habe er von 6. Oktober bis
6. Februar eine Arbeit ausschließlich in seiner Branche gesucht. Ab 30. März 2015 werde er bei der Firma R. A. GmbH tätig sein und beantrage er daher die Auszahlung des ihm in der Zeit vom 6. Oktober 2014 bis 29. März 2015 zustehenden Betrages in Höhe von zirka 263,47 monatlich. Die Tatsache, er Bf von 360 Euro monatlich leben musste, führte dazu, dass er Schulden machen musste und zu deren Begleichung auch sein Auto verkaufen musste. Die Auszahlung des angeforderten Betrages würde helfen, die Schulden komplett abzuzahlen.

 

3.         Mit Schreiben vom 9. April 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungs­gericht vor, das zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch
Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ABl. Nr. C83 vom
30. März 2010 S. 389 entgegenstehen, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden. Im Übrigen wird der entscheidungswesentliche Sachverhalt vom Bf nicht bestritten.

 

4.1.      Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgen­dem Sachverhalt aus:

 

Der Bf, geb. x, ist österreichischer Staatsangehöriger und in L., x, in der Wohnung von Verwandten wohnhaft.

 

In der Zeit vom 4. Juli 2011 bis 5. Oktober 2014 war der Bf als Taxifahrer bei der Firma E. GmbH, x, x, beschäftigt. Diese Tätigkeit beendete er, um als ordentlicher Studierender im Wintersemester 2014/2015 an der Universität Salzburg seine Diplomarbeit für das Masterstudium der Politik­wissenschaften fertigstellen zu können. Beim AMS meldete er sich für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis als arbeits­suchend. Für die Zeit vom 6. Oktober 2014 bis 3. Mai 2015 wurde ihm Arbeits­losengeld in Höhe von 11,91 Euro täglich vom AMS zuerkannt.

 

4.2.      Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Beschwerdevorbringen des Bf und ist in dieser Form unbestritten.

 

5.         In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 5 Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011 idgF, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1.    von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2.    bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs. 1 OÖ BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Über­windung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 OÖ BMSG gelten als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere

1.      der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;

2.      der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3.      die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4.      die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragenen Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 OÖ BMSG haben Hilfebedürftige ihre Arbeitskraft in zumut­barer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 OÖ BMSG ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu nehmen.

 

 

Gemäß § 11 Abs. 3 Z5 OÖ BMSG darf der Einsatz der Arbeitskraft insbesondere nicht verlangt werden von Schülerinnen und Schüler, die in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen und zielstrebig verfolgten Erwerbs- oder Schulausbildung stehen.

 

5.2.      Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung ist die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürften (vgl. § 1 Abs. 1 OÖ BMSG). Sachliche Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist, dass eine von einer sozialen Notlage betroffene Person bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen. Bedarfsorientierte Mindest­sicherung stellt somit kein arbeitsloses Grundeinkommen dar.

 

In den Erläuterung zur Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15 AB-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindest­sicherung, BGBl. I Nr. 96/2010 (677 BlgNr. XXIV. GP), die dem BMSG zugrunde liegt, wird dazu ausdrücklich festgehalten:

 

Bei den Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung handelt es sich um kein arbeitsloses Grundeinkommen. Vielmehr steht es den Ländern frei, die Leistungen wie bisher in der Sozialhilfe vom Einsatz der Arbeitskraft abhängig zu machen.

 

...

 

Der subsidiäre Charakter der bedarfsorientierten Mindestsicherung gebietet gerade beim Einsatz der Arbeitskraft, das unzureichende Mitwirkung der die jeweiligen Leistung geltend machenden Person sanktioniert werden muss.“

 

Der Bf bringt vor, er habe im Oktober 2014 seine Arbeit beendet, um zügig sein Masterstudium der Politikwissenschaften an der Universität Salzburg beenden zu können und beantrage nunmehr die Gewährung von Mindestsicherung in Höhe des Differenzbetrages zum ausgezahlten Arbeitslosengeld auf den nach dem
BMSG ihm zustehenden Mindeststandard unter Abzug der nicht beantragten Wohnungskosten. Mit diesem Vorbringen verkennt der Bf jedoch die Rechtslage, da ein Studium jedenfalls nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 11 Abs. 3 hinsichtlich des Einsatzes der Arbeitskraft fällt (vgl. dazu auch die Gesetzes­materien zu § 11 BMSG, AB 434/2011).

 

Als „Schulausbildung“ iSd BMSG kommt grundsätzlich die Ausbildung an einer Schule im Sinne der Art. 14 und 14a B-VG und gemäß § 3 Schulorgani­sationsgesetz (SchOG) in Frage. Auch die Materialien (sh. 677 BlgNR 24 GP 18) zur bereits zitierten 15a B-VG-Vereinbarung (deren Art. 14 Abs.3 Z5 die genannte Bestimmung des § 11 Abs. 3 Z 5 OÖ BMSG entspricht) zeigen, dass unter „Schulausbildung“ im Sinne der Ausnahme von der Verpflichtung des Einsatzes der Arbeitskraft das Studium an einer Hochschule oder an einer ähnlichen Einrichtung grundsätzlich nicht vorgesehen ist (vgl. auch VwGH v.
22. April 2015, Zl. 2012/10/0122-5)

 

Die vom Bf gewählte Vorgangsweise, ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis zu beenden bzw. gegebenenfalls auch nur herabzu­setzen, um sich ausschließlich dem Studium zu widmen, begründet daher im gegen­ständlichen Fall nicht das Aufleben eines Anspruches auf Mindestsicherung, um die dadurch hervorge­rufenen Einkommenseinbußen zu kompensieren.

 

Da somit beim Bf die Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Zuer­kennung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht vorliegen, kann die Ent­scheidung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny