LVwG-800147/2/Kl

Linz, 22.06.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des J L, x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B H, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. April 2015, GZ: VerkGe96-247-1-2014, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG den

 

 

B e s c h l u s s

 

gefasst:

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren eingestellt.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom
23. April 2015, GZ: VerkGe96-247-1-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.453 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 23 Abs. 1 Z 3, 7 Abs. 1 und 9 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in  x, x, x, am 21.8.2014 gegen 11.08 Uhr, auf der B x, Strkm 7.200, Gemeindegebiet x, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem x Kennzeichen x und dem Sattelanhänger mit dem x Kennzeichen x, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, eine gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern (Großbleche) von S mit einem Zielort in Österreich ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchgeführt hat.

 

2.   Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen dargelegt, dass der Beschuldigte in seinem Heimatstaat, der x R, das Gewerbe „Selbstständiger Fahrer“ ausübe und diese Gewerbeausübung nicht in Österreich sondern in der S erfolge. Kraft der Vereinbarung zwischen der Firma F T A (Aktiengesellschaft) und dem Beschuldigten ist dieser verpflichtet, für den Auftraggeber Firma F T Aktiengesellschaft als selbstständiger Fahrer tätig zu sein (Dienstleistungs­vertrag). Am 21. August 2014 lenkte der Beschuldigte im Gemeindegebiet x ein Sattelzugfahrzeug mit x Kennzeichen, zugelassen auf die Firma F T Aktiengesellschaft mit Sitz in x. Die Firma F T AG besitzt eine beglaubigte Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz und wurde diese bei der Fahrt mitgeführt und vorgewiesen. Der Gütertransport ist für die Firma F T AG mit Sitz in x durchgeführt worden, der Beschuldigte war als Fahrer für diese Unternehmung tätig. Der Beschuldigte übt das Gewerbe „Selbstständiger Fahrer“ in der S aus, ist aber zu keinem Zeitpunkt als Güterbeförderungsunternehmer nach dem GütbefG in Österreich tätig. Die belangte Behörde hat den Sachverhalt unrichtig gewürdigt. Der Beschuldigte hat sich verpflichtet für die x Gesellschaft eine Dienstleistung zu erbringen, die nicht in der selbstständigen Beförderung von Gütern besteht – in diesem Fall würde es sich um einen Frachtvertrag handeln –, wobei die Dienstleistung in der Tätigkeit als Fahrer besteht, wobei der Fahrer formell nicht als Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt ist. Die Dienstleistung besteht in der Durchführung von Fahrten. Nicht hingegen übt der Beschuldigte das Gewerbe der Güterbeförderung aus, zumal er keine Berechtigung zur Durchführung einer gewerblichen Güterbeförderung hat, über kein Fahrzeug verfügt, im Frachtbrief nicht als Frachtführer ausgewiesen ist, weder einen Transportauftrag nachweisen kann und auch keinen Frachtlohn erhält. Es wird auf die Bestimmung des § 24b GütbefG hinsichtlich der Legaldefinition des selbstständigen Kraftfahrers hingewiesen. Zu Unrecht unterstellt die belangte Behörde dem Beschuldigten ein Mietverhältnis, obwohl sie die Firma F als Zulassungsbesitzerin anerkennt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG.

 

Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer mit Wohnsitz in x, x, hat am 21. August 2014 ein näher bezeichnetes Sattelzugfahrzeug mit x Kennzeichen und einen Sattelanhänger mit x Kennzeichen, deren Summe der höchstzulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, im Gemeindegebiet von x gelenkt und eine grenzüberschreitende Güterbeförderung (Großbleche) von x mit einem Zielort in Österreich durchgeführt. Bei der Kontrolle konnte weder eine Abschrift einer Konzessionsurkunde noch ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister noch eine Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz noch eine Bewilligung für den Gütertransport lautend auf den Beschuldigten vorgewiesen werden. Hinsichtlich Urlaubsbestätigung für lenkfreie Tage wies sich der Lenker als Selbstständiger aus. Eine Nachfrage des Kontrollorgans bei der Firma F in x (T) ergab, dass der Lenker als selbstständiger Unternehmer bei F T in x (S) beschäftigt ist. Einen Mietvertrag konnte der Lenker nicht vorlegen. Es wurde eine EU-Gemeinschaftslizenz für die Firma F T A in x, x, gültig vom 1. Juli 2014 bis
30. Juni 2024 vorgelegt. Weiters wurde ein CMR-Frachtbrief vorgelegt, wonach als Absender eine x Firma und Empfänger die W GmbH mit Sitz in x angeführt ist. Als Frachtführer ist die F T GmbH in x angeführt und unterzeichnet. Weiters wurde eine Urlaubsbestätigung vom 31. Juli bis 11. August 2014 betreffend den Beschuldigten vorgelegt. Weiters wies der Beschuldigte eine x Gewerbe­berechtigung als selbstständiger Fahrer vor. Er wies einen Zulassungsschein für das x Zugfahrzeug vor, wonach Zulassungsbesitzer die F T A mit Sitz in x ist. Weiters wies der Beschuldigte eine Vereinbarung mit der F T A, x, vom
20. Februar 2014 vor.

Es wurde eine vorläufige Sicherheitsleistung in der Höhe von 1.450 Euro eingehoben.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) gilt dieses Bundesgesetz für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs oder solchen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg übersteigt, durch Güterbeförderungsunternehmen.

Gemäß § 1 Abs. 5 GütbefG gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen die Gewerbeordnung 1994 mit der Maßgabe, dass das Güterbeförderungsgewerbe als reglementiertes Gewerbe gilt, auf das § 95 Abs. 2 der GewO 1994 anzuwenden ist.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland, außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (Eg) Nr. 1072/09 sind.

Gemäß § 9 Abs. 1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 3 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

Gemäß § 24b Z. 1 GütbefG bezeichnet für die Zwecke dieses Bundesgesetzes der Ausdruck „Selbstständiger Kraftfahrer“: alle Personen, deren berufliche Tätigkeit hauptsächlich darin besteht, mit Gemeinschaftslizenz oder einer anderen berufsspezifischen Beförderungsermächtigung gewerbsmäßig Güter zu befördern, die:

a. befugt sind, auf eigene Rechnung zu arbeiten,

b. nicht durch einen Arbeitsvertrag oder ein anderes arbeitsrechtliches      Abhängigkeitsverhältnis an einen Arbeitgeber gebunden sind,

c. über den erforderlichen freien Gestaltungsspielraum für die Ausübung der     betreffenden Tätigkeit verfügen,

d. deren Einkünfte direkt von den erzielten Gewinnen abhängen und

e. die Freiheit haben, als einzelne oder durch eine Zusammenarbeit zwischen selbstständigen Kraftfahrern Geschäftsbeziehungen zu mehreren Kunden zu unterhalten.

Gemäß § 1 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Selbstständigkeit im Sinn dieses Bundesgesetzes liegt dann vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

 

5.2. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass Frachtführer und Unternehmen, auf dessen Rechnung und Gefahr der grenzüberschreitende Gütertransport durchgeführt wurde, die F T A ist. Dabei ist nicht von Relevanz, dass im CMR-Frachtbrief der Stempel der F T GmbH in x, Österreich, angeführt ist, wurde doch von dieser Firma bereits bei der Kontrolle angegeben, dass von der x F T AG der Gütertransport vorgenommen wurde. Wesentlich ist hingegen, dass zum Zeitpunkt der Kontrolle eine gültige EU-Gemeinschaftslizenz für die F T A vorgelegt wurde, diese auch Zulassungs­besitzerin des Zugfahrzeugs ist und der Beschuldigte einen Vertrag mit der F T AG über Transporte als selbstständiger Fahrer mitführte und vorlegte. Überdies legte der Beschuldigte auch eine diesbezügliche Gewerbeberechtigung als selbstständiger Fahrer vor. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gütertransport im Namen und auf Rechnung des x Gütertransportunternehmens durchgeführt wurde. Dies wird durch die vorgelegten Urkunden bestätigt.

Hingegen ist aufgrund der vorgelegten Urkunden nicht davon auszugehen, dass der Beschuldigte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung den Gütertransport als Gütertransportunternehmen durchführt. Zu Recht weist er in seiner Beschwerde darauf hin, dass er über keine Gewerbeberechtigung für das Gütertransportgewerbe verfügt, auch über kein eigenes Fahrzeug verfügt und auch konkret im Frachtbrief nicht als Frachtführer eingetragen ist. Er verweist zu Recht darauf, dass er nicht das Gewerbe der Güterbeförderung durchführt, sondern lediglich eine Gewerbeberechtigung zur Gewerbeausübung als selbstständiger Kraftfahrer besitzt.

Da das Güterbeförderungsgesetz von dem Regelfall ausgeht, dass der Lenker Beschäftigter des Güterbeförderungsunternehmens ist (siehe § 6 GütbefG) wurde nunmehr durch die Einfügung des Abschnittes IX, §§ 24b ff GütbefG, den nunmehr herrschenden Verhältnissen Rechnung getragen, indem besondere Bestimmungen hinsichtlich der selbstständigen Kraftfahrer, insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeit der selbständigen Kraftfahrer in das Güter­beförderungs­gesetz aufgenommen wurden.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde handelt es sich aber beim gegenständlichen Fahrzeug nicht um ein Mietfahrzeug, da Mietfahrzeuge gemäß § 3 Abs. 3 GütbefG Kraftfahrzeuge sind, die einem Konzessionsinhaber im Rahmen eines Vertrages gegen Entgelt für einen bestimmten Zeitraum ohne Beistellung eines Fahrers zur Verfügung gestellt werden. Gegenständlich aber ist davon auszugehen, dass Konzessionsinhaber das x Unternehmen ist, welches auch Eigentümer und Zulassungsbesitzer des verwendeten Kraftfahrzeuges ist. Nicht hingegen war der Beschwerdeführer Konzessionsinhaber und daher auch nicht vermutlicher Mieter des Fahrzeuges.

 

Da der Beschuldigte nicht als Güterbeförderungsunternehmer den grenzüberschreitenden Gütertransport vorgenommen hat, hat der Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat nicht begangen und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45
Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

6.   Weil die Beschwerde Erfolg hatte, war gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

II.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu be­urteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

H i n w e i s

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Klempt