LVwG-550442/10/KLe

Linz, 13.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Karin Lederer über die Beschwerde des R L, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 30. Dezember 2014, GZ: ForstR10-107/6-2011/Ka,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom
30. Dezember 2014, GZ: ForstR10-107/6-2011/Ka, im Spruchpunkt II. „forstrechtlicher Entfernungsauftrag“
ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Bescheid vom
30. Dezember 2014, GZ: ForstR10-107/6-2011/Ka, folgenden Spruchpunkt II. erlassen:

 

II.      forstrechtlicher Entfernungsauftrag

Herrn R L, x, x, wird zur Wieder­herstellung des gesetz­mäßigen Zustandes aufgetragen, auf seine Kosten die auf dem Waldgrundstück Nr. x, KG E, x, errichteten Gebäude

      Hüttengebäude mit einem Dachausmaß von ca. 5 x 8 m, zur Gänze in Holz­ konstruktion hergestellt und mit einem Satteldach abgedeckt;

      Hüttengebäude mit einem Dachausmaß von ca. 5 x 5 m, unterkellert, in Holzkonstruktion hergestellt, mit einem Satteldach abgedeckt;

      Toilettenhäuschen;

zu entfernen und den ursprünglichen Zustand (Wald) im Sinne der natur­schutz­rechtlichen Vor­schreibung gemäß Spruchabschnitt I. des vorliegenden Bescheides wieder herzustellen.

Als Frist wird der 30. Juni 2015 festgesetzt und ist die ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahmen der Forstbehörde der Bezirkshauptmannschaft Schärding unaufgefordert schriftlich anzuzeigen.

Der Fertigstellungsanzeige ist eine aussagekräftige Fotodokumentation anzu­schließen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 172 Abs. 6 iVm. § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 idgF. (ForstG 1975)“

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, den Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Begründend wird stark zusammengefasst angeführt, dass der Beschwerdeführer die vom Bescheid umfassten Objekte zur Lagerung von Geräten benötige, um die Waldgrundstücke bewirtschaften zu können.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme und Einholung eines forstfachlichen Gutachtens. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

 

Der forstfachliche Amtssachverständige kam in seinem Gutachten vom
28. April 2015 zur Frage, ob die Bauwerke ausschließlich der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung des Waldes dienen und diese zur forstbetrieblichen Bewirt­schaftung des Waldes unbedingt erforderlich sind, zum Ergebnis, dass aus fachlicher Sicht bei einem Zeitaufwand von rund 55 Stunden/Jahr und unter Berücksichtigung der Entfernung vom Wohnort des Beschwerdeführers zur Hütte (nur 600 m Luftlinie/800 lfm Wege) die Notwendigkeit einer Hütte für die Waldbewirtschaftung nicht gegeben sei.

 

Daraufhin führt der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2015 unter anderem aus, dass das Wirtschaftsgebäude längst vor dem Jahr 2004 errichtet worden sei.

 

Der Beschwerdeführer legte dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fünf Lichtbilder vor. Der belangten Behörde wurden im Rahmen des Parteiengehörs das Gutachten, die Stellungnahme des Beschwerdeführers und die Lichtbilder zur Kenntnis gebracht. Es wurde keine Stellungnahme dazu abgegeben.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Lichtbilder zeigen den Baubeginn der beiden Hütten in der ersten Jahres­hälfte 2003. Das Toilettenhäuschen ist zu diesem Zeitpunkt bereits errichtet und auf einem Lichtbild erkennbar. Die Lichtbilder selber weisen ein Entwicklungs­datum von Juni 2003 und Dezember 2003 auf.

Aufgrund des auf den Lichtbildern erkennbaren Vegetationszustandes und der Bekleidung der Personen (kurze Hose) ist das Aufnahmedatum jedenfalls vor bzw. im Juni 2003 für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nachvoll­ziehbar. 

 

Die beschwerdegegenständlichen Bauwerke

- Hüttengebäude mit einem Dachausmaß von ca. 5 x 8 m, zur Gänze in Holz- konstruktion hergestellt und mit einem Satteldach abgedeckt;

- Hüttengebäude mit einem Dachausmaß von ca. 5 x 5 m, unterkellert, in Holzkonstruktion hergestellt, mit einem Satteldach abgedeckt;

- Toilettenhäuschen

wurden zumindest vor bzw. im Juni 2003 errichtet.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom
18. November 2013 erstmals vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt sowie den vorliegenden Lichtbildern.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgen­des erwogen:

 

Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

§ 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975 lautet:

 

Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behand­lung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)   die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)   die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c)   die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,

d)   die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Brin­gung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

e)   die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen,

dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmit­telbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

 

§ 5 Forstgesetz 1975 lautet:

 

(1) Bestehen Zweifel, ob

a)   eine Grundfläche Wald ist oder

b)   ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutz­anlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt,

so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen. § 19 Abs. 4 ist sinn­gemäß anzuwenden.

(2) Stellt die Behörde fest, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antrag-stellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass

1.   die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder

2.   eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt oder eine angemeldete dauernde Rodung gemäß § 17a durchgeführt wurde,

und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.

(2a) Bei Grundflächen, für die eine befristete Rodung im Sinne des § 18 Abs. 4 bewilligt wurde, ist die Dauer der befristeten Rodung in den Zeitraum von zehn Jahren (Abs. 2 Z 1) nicht einzurechnen. Dies gilt auch, wenn die Dauer der befristeten Rodung zehn Jahre übersteigt.

(3) Sind solche Grundflächen mit Weiderechten belastet, so ist vor der Entscheidung die Agrarbehörde zu hören.

Die Forstbehörde hat die Waldeigenschaft einer Grundfläche festzustellen, wenn die Fläche zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des zehnjährigen Beobachtungs­zeitraumes Wald gewesen ist. Für die Feststellung, ob es sich bei einem bestimmten Grundstück um Wald im Sinne des Forstgesetzes handelt, kommt es nicht auf die im Grundbuch für dieses Grundstück ausgewiesene Benützungsart an, weil diese Eintragung bloß eine Ersichtlichmachung darstellt, die nicht geeignet ist, bestimmte Rechtswirkungen zu begründen.

 

Die Frage der Waldeigenschaft der Grundfläche ist für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich in der Hauptfrage präjudiziell, d.h. für die Lösung der Hauptfrage eine notwendige Rechtsfrage, insoweit eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, da bei der belangten Behörde kein Waldfeststellungsverfahren anhängig ist, als Vorfrage selbst zu beurteilen und diese Beurteilung der Entscheidung in der Hauptfrage zugrunde zu legen.

 

Entscheidend ist daher für die Beurteilung der Waldeigenschaft das Ergebnis der Untersuchung der Frage, ob die verfahrensgegenständliche Grundfläche gemäß  § 5 Abs. 2 „innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war“ (vgl. VwGH 25.5.1987, 87/10/0046). Bei der Frage der Waldeigenschaft einer Grundfläche handelt es sich um eine Rechtsfrage (VwGH 14.6.1993, 90/10/0100).

 

In Verfahren gemäß § 5 Abs. 2 Forstgesetz 1975 ist festzustellen, ob eine bestimmte Fläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinn dieses Bundesgesetzes war. Auch bei einem von Amts wegen eingeleiteten Feststellungsverfahren ist für die Berechnung der „vorangegangenen zehn Jahre“ der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens maßgeblich (VwGH 11.12.2009, 2008/10/0111; hier: die Verfahrens­einleitung erfolgte mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben der Behörde erster Instanz).

 

Die Teile des Grundstückes Nr. x, KG E, x, auf dem die verfahrensgegenständlichen Bauwerke (zwei Hütten, ein Toilettenhäuschen) situiert sind, sind seit mehr als zehn Jahren nicht mehr Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975, da die Bauwerke zumindest seit Juni 2003 bestehen bzw. dieser Bereich der forstlichen Nutzung entzogen wurde.

 

Das Forstgesetz ist auf diese (Nichtwald-)Flächen nicht anwendbar, der forstpolizeiliche Auftrag somit unzulässig und daher ersatzlos zu beheben.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Maga. Karin Lederer