LVwG-650408/3/MS

Linz, 30.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Frau M D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30. April 2015 GZ. 15/015119,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) vom 30. April 2015, GZ: 15/015119, wurde der Antrag von Frau M D, (im Folgenden: Beschwerdeführerin) auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, B und F mangels gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

Die belangte Behörde führt begründend aus, es stehe aufgrund des Gutachtens des Amtsarztes vom 5. März 2015 fest, dass die Beschwerdeführerin derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Klassen AM, B und F gesundheitlich nicht geeignet sei. Bei der aktuellen Untersuchung am 5. März 2015 sei ein reduzierter Naturalvisus (der nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche), Bluthochdruck, arrhythmische Herztätigkeit, hochgradige Beinödeme, Z.n. Amputation 2. und 3. Zehe links mit leichter Gehbehinderung festgestellt worden.

Aus der geforderten internistischen Stellungnahme vom 17. Februar 2015 habe sich ergeben, dass aus interner Sicht eine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht gegeben sei, da eine erhebliche Polymorbidität wegen einer chronischen Herzinsuffizienz und eine nicht abgeklärte Tumorkrankheit der Leber festgestellt worden seien.

 

Die geforderte augenfachärztliche Stellungnahme sei nicht beigebracht worden.

 

Die Beschwerdeführerin sei aufgrund des fehlenden Sehvermögens, der vielfachen Erkrankungen (Niere, Herz, Lebertumor) sowie der kognitiven Beeinträchtigungen nicht geeignet Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

Gegen diesen Bescheid, der der Beschwerdeführerin am 5. Mai 2015 zugestellt wurde, hat diese mit Eingabe vom 22. Mai 2015 (eingelangt bei der belangten Behörde am 26. Mai 2015) und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben.

 

Begründend führt die Beschwerdeführerin aus, sie akzeptiere die im Bescheid angeführte Begründung nicht, welche auf dem Gutachten des Amtsarztes basiere. Sie sei gesundheitlich in der Lage, ein Fahrzeug zu lenken, sie sei 58 Jahre Besitzerin des Führerscheins B gewesen ohne jemals einen Unfall verursacht zu haben. Der Führerschein B sei nach wie vor wünschenswert. Sie benötige unbedingt ein eigenes Fahrzeug, um die wichtigsten Bedürfnisse (Einkauf von Lebensmittel, Arztbesuche, Bankgeschäfte etc.) selbständig besorgen zu können.

 

Sollte es keine Möglichkeit geben, den Führerschein B auszustellen, werde ersucht, den Mopedführerschein zu bewilligen.

 

Mit Schreiben vom 28. Mai 2015 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde samt Anschluss des bezughabenden Verfahrensaktes dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde übermittelten Verfahrensakt. Aus diesem hat sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig ergeben.

Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG abgesehen werden, da diese nicht beantragt wurde und eine mündliche Verhandlung für die Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts nicht erforderlich war.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Die Beschwerdeführerin beantragte am 16. Jänner 2015 die Wiedererteilung der Lenkberechtigung nach Fristablauf für die Klassen AM, B und F. Durch die Amtsärztin der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin einem Facharzt für Innere Medizin und einem Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie zugewiesen.

Der Facharzt für Innere Medizin, Dr. med. W B, stellte in seinem Befundbericht mit dem Datum vom 17. Februar 2015, eingelangt bei der belangten Behörde am 3. März 2015 fest, dass die Beschwerdeführerin keine Angaben über Vorerkrankungen und auch nicht über die aktuellen Medikamente machen konnte, sie sich völlig beschwerdefrei und ohne relevante Erkrankungen gab. Der Facharzt ging davon aus, dass die Beschwerdeführerin entweder keine Angaben machen wollte oder dass ein höhergradig kognitiv eingeschränkter Zustand vorliegt.

Weiters stellte der Facharzt eine insgesamt erhebliche Polymorbidität fest. Es liege eine chronische Herzinsuffizienz, eine fortgeschrittene renale Insuffizienz und möglicherweise auch eine Tumorkrankheit vor. Die Beschwerdeführerin sei zudem motorisch beeinträchtigt, es liege ein Zustand nach Oberarmamputation rechts und nach einer Vorfußgangrän links vor.  Der Facharzt kam zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Anzahl der Erkrankungen sowie der motorischen und kognitiven Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage sei, adäquat im Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug teilzunehmen.

Ein Facharztbefund aus dem Bereich Augenheilkunde und Optometrie legte die Beschwerdeführerin nicht vor.

Am 5. März 2015 wurde aufgrund des vorliegenden Antrages durch die Amtsärztin der belangten Behörde ein Gutachten nach § 8 FSG erstellt. Dabei kam die Amtsärztin zum Schluss, dass bei der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 aufgrund des festgestellten reduzierten Visus beiderseits keine gesundheitliche Eignung gegeben ist und daher die Beschwerdeführerin in Anbetracht des fehlenden Sehvermögens, der vielfachen Erkrankungen sowie der kognitiven Beeinträchtigung nicht geeignet ist.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt, insbesondere aus dem Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin und dem Gutachten der Amtsärztin der belangten Behörde.

 

 

III.           Gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 8 Abs. 1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen. Die militärärztliche Feststellung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einer oder mehrerer Gruppe(n) gilt für die Dauer von 18 Monaten ab ihrer Ausstellung auch als solches ärztliches Gutachten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 FSG hat der Antragsteller Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen, sofern diese zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, sind, und ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 6 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend frei von Behinderungen eine Person, bei der keine der folgenden Behinderungen vorliegt:

6. mangelhaftes Sehvermögen oder

 

Gemäß § 7 Abs. 1 FSG-GV müssen sich alle Bewerber um eine Lenkberechtigung einer Untersuchung unterziehen, um festzustellen, dass sie einen für das sichere Lenken von Kraftfahrzeugen ausreichenden Visus (Abs. 2 Z 1) haben. Diese Untersuchung hat auch eine grobe Überprüfung des Gesichtsfeldes (Abs. 2 Z 2) zu umfassen. In Zweifelsfällen ist der Bewerber von einem Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie zu untersuchen. Die in Abs. 2 Z 3 und 4 genannten Kriterien sowie andere Störungen der Sehfunktion, die ein sicheres Fahren in Frage stellen können sowie das Vorliegen fortschreitender Augenkrankheiten sind bei dieser Untersuchung nicht einzeln zu untersuchen. In Zweifelsfällen oder beim Verdacht auf Vorliegen fortschreitender Augenerkrankungen ist der Bewerber von einem Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie zu untersuchen.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Ziffer 1 lit. a FSG-GV(2) liegt das im § 6 Abs. 1 Z 6 angeführte mangelhafte Sehvermögen vor, wenn ein Visus mit oder ohne Korrektur für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 beim beidäugigen Sehen von mindestens 0,5 nicht erreicht wird.

 

Gemäß § 17 Abs. 2 FSG-GV ist die Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme im Hinblick auf das Lebensalter jedenfalls zu verlangen, wenn auf Grund der ärztlichen Untersuchung geistige Reifungsmängel oder ein Leistungsabbau im Vergleich zur Altersnorm zu vermuten sind; hierbei ist auch die Gruppe der Lenkberechtigung zu berücksichtigen.

 

 

IV.          Nach § 3 Abs. 2 FSG darf die Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die u.a. die erforderliche gesundheitliche Eignung aufweisen.

 

Bei der Beschwerdeführerin wurde im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung ein Visus beidäugig von 0,25 festgestellt und der Beschwerdeführerin vorgeschrieben eine fachärztliche Stellungnahme einzuholen, was diese unterlassen hat.

In diesem Zusammenhang ist noch auf den Konsiliarbefund Augenheilkunde vom 4. Juni 2014 zu verweisen, in dem in der Diagnose u.a. eine Pseudophakie o.s. mit Nachstar o.s. und als Therapievorschlag eine YAG-Membranotomie o.s. enthalten ist.

 

Der festgestellte Visus beidäugig von 0,25 erreicht daher den in § 6 Abs. 1 Ziffer 6 FSG-GV festgelegten Mindestwert von 0,5 nicht.

 

Aufgrund des schlüssigen amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 Führerscheingesetz, in dem einerseits aufgrund des Nichterreichens des geforderten Visus beidäugig von mindestens 0,5 und der Nichtvorlage einer fachärztlichen Stellungnahme aus der Augenheilkunde und Optometrie und andererseits aufgrund der vorliegenden Polymorbidität, wobei hier auf die Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin, erstellt von Dr. med. W B vom 17. Februar 2015, Bezug genommen wird, die gesundheitliche Nichteignung feststellt wird, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse AM (worunter auch die sogen. Mopedautos zu subsumieren sind), B und F nicht geeignet ist.

 

 

V.           Daher war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß