LVwG-050007/42/WG

Linz, 06.07.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerden

1.   des Mag. pharm P F (Apotheke B), B, L

2.   der Mag M KG (E Apotheke), vertreten durch L L & E Rechtsanwälte GmbH, M, W

3.   der Mag. pharm M L (S.apotheke), F,  L, und

4.   der Apotheke am V B.apotheke Mag. pharm C P-S KG, V, L

gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5. August 2013, GZ: 0017800/2012, betr. Ansuchen auf Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm G S, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. E B-O, B, W) den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Den Beschwerden wird stattgegeben. Der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 5. August 2013, GZ: 0017800/2012, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.        Der Erstbeschwerdeführer Mag. pharm P F (Erstbf) betreibt die bestehende öffentliche Apotheke B, die Zweitbeschwerdeführerin Mag. M KG (Zweitbf) die bestehende öffentliche E Apotheke, die Drittbeschwerdeführerin Mag. pharm M L (Drittbf) die bestehende öffentliche S und die Viertbeschwerdeführerin A am V B Mag. pharm C P-S KG (Viertbf) die bestehende öffentliche B.  Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) gab dem Ansuchen der mitbeteiligten Partei (mP) vom 5. April 2012 mit Bescheid vom 5. August 2013, GZ 0017800/2012, Folge und erteilte die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in Linz mit der voraussichtlichen Betriebsstätte auf der Liegenschaft Gst Nr X (L),  L. Der Standort wurde wie folgt festgelegt: Die Grundstücke X, X, X, X und X, alle Katastralgemeinde L (Teil der L, östliche Seite). Den Einsprüchen des Erstbf, der Zweitbf, der Drittbf und der Viertbf wurde im bekämpften Bescheid keine Folge gegeben. Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung im Wesentlichen auf das Gutachten der Apothekerkammer vom 4. Juli 2013.

 

1.2.        Dagegen erhoben Erstbf, Zweitbf, Drittbf und Viertbf Berufung. Sie argumentieren, das Versorgungspotential ihrer Apotheken würde sich auf weniger als 5.500 Personen verringern.  Sie nehmen teilweise Bezug auf das beim VwGH zu GZ 2013/10/0077 protokollierte Beschwerdeverfahren der D K. D K sei für denselben Standort die Konzession von den Behörden versagt worden. Das Ansuchen der mP befinde sich an demselben Standort und verstoße damit gegen die Sperrfrist nach § 47 Abs 2 ApG. Die Bf wenden zudem die Verletzung des Parteiengehörs ein, da die belangte Behörde ihnen vor Bescheiderlassung das Gutachten vom 4. Juli 2013 nicht zur Kenntnis gebracht hat. 

 

1.3.        Die Berufungen gelten als Beschwerden iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, über die das LVWG zu entscheiden hat. Das LVWG setzte die Beschwerdeverfahren nach Vorliegen der Entscheidung des VwGH in der Sache GZ 2013/10/0077 fort. Es wurde Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, das zu GZ 2013/10/0077 ergangene Erkenntnis des VwGH und die ergänzende Stellungnahme der Apothekerkammer vom 4. April 2014. Das LvWG wahrte schriftlich das Parteiengehör.

 

 

 

 

2.            Auf Grund der in den Akten befindlichen Beweismittel steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.         Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 23. Jänner 2014 wurde das Ansuchen der D K auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Linz mit dem Standort „Gebiet der Landeshauptstadt Linz, die beiden Seiten der unteren H von der R bis zur L unter Einbeziehung der Flächen jeweils 100 m rechts und links ausgehend von der Straßenmitte“ und der voraussichtlichen Betriebsstätte in L, H, gemäß §§ 3, 9, 10, 48 Abs 2 und 51 ApG abgewiesen. Mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit vom 17. Jänner 2013 wurde eine dagegen erhobene Berufung der D. K. abgewiesen. Der VwGH hat die dagegen erhobene Beschwerde der D. K. im zu Zl 2013/10/0077 geführten Verfahren abgewiesen (Erkenntnis des VwGH vom 22. April 2015, ON 28).

 

2.2.        Die beantragten Standorte der D K und der mP berühren sich im Bereich der L. Im bekämpften Bescheid wurde der angesuchte Standort der mP auf die Grundstücke Nr X, X, X, X und X, alle KG L, beschränkt. Durch diese Einschränkung ergibt sich keine räumliche Überschneidung der beiden Standorte (Planliche Beilage zur Stellungnahme der Apothekerkammer vom 4. April 2014, ON 12).

 

2.3.        Die belangte Behörde stützte den bekämpften Bescheid auf das Gutachten der Apothekerkammer vom 4. Juli 2013, ohne das Gutachten zuvor den Verfahrensparteien zur Kenntnis zu bringen. Die Apothekerkammer geht in ihrem Gutachten vom 4. Juli 2013 davon aus, dass der bestehenden Apotheke des Erstbf bei Errichtung der Apotheke der mP ein Versorgungspotential von 5.660 Personen (bestehend aus 5.359 ständigen Einwohnern, 125 Personen mit Zweitwohnsitz und 176 Einwohnergleichwerte aus Bauvorhaben) verbleibt.  Ob dieses Versorgungspotential auch derzeit den Tatsachen entspricht, konnte auf Grund der in den Akten befindlichen Beweismittel nicht festgestellt werden. 

 

2.4.        Die Apothekerkammer geht in ihrem Gutachten vom 4. Juli 2013 davon aus, dass der bestehenden Apotheke der Zweitbf bei Errichtung der Apotheke der mP ein Versorgungspotential von 5.864 Personen (bestehend aus 4.704 ständigen Einwohnern, 176 Personen mit Zweitwohnsitz und 984 ambulanten Patienten des W J Krankenhauses) verbleibt. Die Zurechnung aller ambulanten Patienten des W J Krankenhauses stützt sich auf die  Studie „Apothekennutzung durch Patienten, die eine Ambulanz aufgesucht haben – erweitert Jänner 2013“.  Der VwGH hält lt Erkenntnis vom
22. April 2015, Zl Ro 2015/10/0004-6, diese Studie nicht für ausreichend.
Auf Grund der in den Akten befindlichen Beweismittel konnte nicht festgestellt werden, ob sich das Versorgungspotential der bestehenden öffentlichen E Apotheke der Zweitbf infolge der beantragten Apotheke der mP unter 5.500 Einwohner reduzieren wird.

 

2.5.        Die Apothekerkammer geht in ihrem Gutachten vom 4. Juli 2013 davon aus, dass der bestehenden Apotheke der Drittbf bei Errichtung der Apotheke der mP ein Versorgungspotential von 5.919 Personen (bestehend aus 5.825 ständigen Einwohnern und 94 Personen mit Zweitwohnsitz) verbleibt.  Ob dieses Versorgungspotential auch derzeit den Tatsachen entspricht, konnte auf Grund der in den Akten befindlichen Beweismittel nicht festgestellt werden. 

 

2.6.        Die Apothekerkammer hat in ihrem Gutachten vom 4. Juli 2013 das Versorgungspotential der Apotheke der Viertbf nicht erhoben. Dies begründete sie in ihrer Stellungnahme vom 4. April 2014 wie folgt: „Die B. Apotheke ist keine im Sinne des Apothekengesetzes betroffene Apotheke, das sich zwischen ihrem Versorgungsgebiet und dem gegenständlichen Ansuchen das Versorgungsgebiet der E.-Apotheke befindet (siehe Anlage 2 des Gutachtens der Apothekerkammer vom 4. Juli 2013). Aus dieser Anlage ist auch ersichtlich, dass die J im „blauen“ Versorgungspolygon der E-Apotheke situiert ist. Da die B-Apotheke keine im Sinne des Apothekengesetzes betroffene Apotheke ist, war auch die Anzahl der von ihr zu versorgenden Personen nicht zu erheben.“ Ob die Annahme, dass die beantragte Apotheke der mP keine relevanten Auswirkungen auf das Versorgungspotential der Apotheke der Viertbf haben kann, auch derzeit den Tatsachen entspricht, konnte auf Grund der in den Akten befindlichen Beweismittel nicht festgestellt werden. 

 

3.            Beweiswürdigung:

 

3.1.         Einleitend (1) waren Beschwerdegegenstand, Beschwerdevorbringen und Verfahren des LvWG zusammenfassend darzustellen. In der Sache selbst (2) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer angegebenen Beweismittel.

 

3.2.        zu 2.1. und 2.2.: Pkt 2.1. beschränkt sich auf die Wiedergabe des Verfahrensablaufes betr D K. Die Feststellungen zu 2.2. betreffen die Frage, ob bzw inwieweit sich die Standorte der D K und der mP berühren. In der Stellungnahme der Apothekerkammer vom 4. April 2014 wird dazu ausgeführt: „In der Anlage I befindet sich eine grafische Darstellung der von Mag S und von Mag. K beantragten Betriebsstätten und Standorten. Eine Überschneidung der beiden Standorte ergibt sich nur im Bereich der L, wo sich die beiden Standorte berühren. Im Bescheid des Magistrates wurde der angesuchte Standort von Mag. S auf die Grundstücke Nr X, X, X, X und X, alle KG L, eingeschränkt. Durch diese Einschänkung ergibt sich, dass es keine Berührung der Standorte von Mag. S und Mag. K gibt.“ Die Apothekerkammer verwendet hier die Begriffe „überschneiden“ und „berühren“ etwas unklar. Aus der grafischen Anlage ergibt sich aber eindeutig, dass infolge der im bekämpften Bescheid vorgenommenen Einschränkungen die beiden Standorte im Bereich L aneinandergrenzen, sich aber nicht überschneiden. Die Stellungnahme der Apothekerkammer vom 4. April 2014 – insb die planliche Darstellung - wurde insoweit von den Bf auch nicht bestritten und wird daher den Feststellungen zu Grunde gelegt.  

 

3.3.        zu 2.3. und 2.5.: Da die Berufungen des Erstbf und der Drittbf nahezu ident sind, wird ihr Vorbringen gemeinsam behandelt. Der Erstbf brachte in seinem Einspruch vom 12. Juni 2012 Folgendes vor: „Im konkreten Fall wird sich das Versorgungspotential der von mir betriebenen Apotheke B. auf weit weniger als 5.500 Personen verringern: a) Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Oktober 2000, GZ SanRB-20250/28-2000/A/Ro, bestätigt durch den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 10. Oktober 2011, GZ 262.756/0-VIII/A/4/00, wurde mir die Bewilligung zur Errichtung und den Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in L./B. erteilt. Zum Versorgungspotential der von mir betriebenen öffentlichen Apotheke gehören zT auch ständige Einwohner aus dem Versorgungsgebiet der beantragten öffentlichen Apotheke, sodass sich das Versorgungspotential meiner beantragten öffentlichen Apotheke auf weniger als 5.500 Personen verringern würde. b) Über ein weiteres Versorgungspotential (außer den ständigen Einwohnern) verfügt meine öffentliche Apotheke nicht, zumal sich im Umkreis zahlreiche weitere öffentliche Apotheken befinden. c) Auch über ein zusätzliches Versorgungspotential iSd § 10 Abs 5 ApG verfügt meine Apotheke in Linz nicht. d) Im Fall der Bewilligung der beantragten öffentlichen Apotheke würde sich daher das Versorgungspotential meiner öffentlichen Apotheke auf weit weniger als 5.500 Personen verringern, weshalb der Bedarf an der beantragten Apotheke nicht gegeben ist ...“    Die Drittbf erhob im behördlichen Verfahren gegen das Konzessionsansuchen der mP folgenden Einspruch: „Im konkreten Fall wird sich das Versorgungspotential der von mir betriebenen S-Apotheke auf weit weniger als 5.500 Personen verringern: a) Zum Versorgungspotential der von mir betriebenen öffentlichen Apotheke gehört derzeit ein nicht unerheblicher Teil jener ständigen Einwohner aus dem Gebiet des ehemaligen F, die es derzeit zu meiner Apotheke näher als zu anderen öffentlichen Apotheken haben. Es würde sich daher im Fall der Bewilligung der beantragten Apotheke das Versorgungspotential meiner Apotheke, das schon derzeit nur unwesentlich mehr als 5.500 Personen umfasst, auf weit weniger als 5.500 Personen verringern. b) Über ein weiteres Versorgungspotential (außer den ständigen Einwohnern) verfügt meine öffentliche Apotheke nicht, zumal sich im Umkreis zahlreiche weitere öffentliche Apotheken befinden. c) Auch über ein zusätzliches Versorgungspotential iSd § 10 Abs 5 ApG verfügt meine Apotheke in Linz nicht. d) Im Fall der Bewilligung der beantragten öffentlichen Apotheke würde sich daher das Versorgungspotential meiner öffentlichen Apotheke auf weit weniger als 5.500 Personen verringern, weshalb der Bedarf an der beantragten Apotheke nicht gegeben ist ...“ Die Apothekerkammer hat zum Versorgungspotential der Apotheke des Erstbf und der Drittbf das Gutachten vom 4. Juli 2013 erstellt. Dieses wird in der Begründung des  bekämpften Bescheides im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben. Erstbf und Drittbf wiederholten in der Berufung nach Wiedergabe des Gesetzeswortlauts und höchstgerichtlicher Rechtsprechung ihre Einsprüche und führten jeweils gleichlautend aus: „Die Behörde 1. Instanz geht zu Unrecht davon aus, dass sich das Versorgungspotential meiner Apotheke im Fall der Bewilligung der neu beantragten Apotheke nicht auf weniger als 5.500 Personen verringern würde. Wenn sie nämlich meint, dem mir nicht einmal vollständig wiedergegebenen Apothekerkammergutachten – es fehlen nämlich die für die Nachvollziehbarkeit wesentlichen Beilagen des Gutachtens, die grafische Darstellung der Versorgungspolygone betreffen – entnehmen zu müssen, dass meiner Apotheke ein Versorgungspotential von mehr als 5.500 Personen verbleibt, so übersieht sie insbesondere meine gegenteilige Argumentation im Einspruch, mit der sich übrigens weder das Apothekerkammergutachten noch der angefochtene Bescheid auseinandersetzen. Ich habe nämlich unter Bezugnahme auf Ergebnisse von im betreffenden Gebiet der Landeshauptstadt Linz bereits durchgeführten Konzessionsverfahren ausführlich dargelegt und begründet, dass sich das Versorgungspotential meiner Apotheke im Fall der Bewilligung der neu beantragten öffentlichen Apotheke auf weniger als 5.500 Personen verringert und damit die Bedarfsvoraussetzungen für die neu beantragte Apotheke nicht gegeben sind. Besonders erstaunlich ist aber die Vorgangsweise der Behörde 1. Instanz insoweit, als sie zwar gemäß § 10 Abs 7 ApG das Gutachten der Apothekerkammer eingeholt hat, dieses Gutachten mir aber entgegen den zwingenden Verwaltungsverfahrensvorschriften nicht zur Äußerung übermittelt hat. Hätte sie dies nämlich getan, hätte ich in meiner Stellungnahme ausführlich darlegen können, dass die Bedarfsvoraussetzungen für die neu beantragte öffentliche Apotheke nicht gegeben sind, was ich nicht einmal jetzt kann, weil das Apothekerkammergutachten im angefochtenen Bescheid nicht einmal vollständig wiedergegeben ist.“   Die Apothekerkammer hält dazu in ihrer Stellungnahme vom 4. April 2014 fest: „Den Beschwerden/Berufungen der Apotheke B und der S-Apotheke ist nicht zu entnehmen, in welchen Punkten das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer fehlerhaft sein soll. Es wird lediglich jeweils behauptet, dass das Versorgungspotential unter 5.500 zu versorgende Personen absinkt. Die Feststellungen im Gutachten konnten daher nicht entkräftet werden.“  Die belangte Behörde legte das Gutachten vom 4. Juli 2013 dem Bescheid zugrunde, ohne es vorher den Parteien zur Kenntnis zu bringen. Infolge der seit Gutachtenserstellung (4. Juli 2013) verstrichenen Zeit kann nach der Aktenlage keine Feststellung zum Versorgungspotential getroffen werden. 

 

3.4.        zu 2.4.: Im Verfahren über den Antrag der D K kam die Apothekerkammer in ihrem Gutachten vom 19. November 2012 zu dem Ergebnis, dass der bestehenden Apotheke der Zweitbf ein Versorgungspotential von 5.411 Personen (bestehend aus 5.226 ständigen Einwohnern innerhalb des 4 km- Polygons sowie 185 zusätzlich zu versorgenden Personen im Sinne des § 10 Abs 5 ApG) verbleibe. Da der Zweitbf weniger als  5.500 Einwohner verblieben, wurde der Konzessionsantrag der D K abgewiesen. Der beantragte Standort der mP ist vom Standort der Zweitbf weiter entfernt als der Standort der D K.  Die Apothekerkammer geht in ihrem Gutachten vom 4. Juli 2013 aber davon aus, dass der bestehenden Apotheke der Zweitbf bei Errichtung der Apotheke der mP ein Versorgungspotential von 5.864 Personen (bestehend aus 4.704 ständigen Einwohnern, 176 Personen mit Zweitwohnsitz und 984 ambulanten Patienten des W J Krankenhauses) verbleibt. Die Zweitbf stellt nun in der Beschwerde die Frage, wie es sein kann, dass ihr im Fall der Errichtung der – näher liegenden - Apotheke der D K mehr ständige Einwohner (5.226) verblieben wären, als bei Errichtung der weiter entfernten Apotheke der mP (4.704). Sie bezweifelt die im Gutachten erstellten Versorgungspolygone. Es sei zu keinen signifikanten Änderungen zwischen den beiden Gutachten gekommen. Die Apothekerkammer äußerte sich in der Stellungnahme vom 4. April 2014 wie folgt: „Bei der Erstellung der Versorgungspolygone der betroffenen Apotheken werden die Straßenverbindungen zwischen der Betriebsstätte der zu prüfenden Apotheke und den Betriebsstätten der umliegenden Apotheken sowie zur Betriebsstätte des Ansuchens halbiert. Da sich die Betriebsstätten von Mag D K und Mag S unterscheiden, sind auch die Versorgungspolygone der Einhorn A in diesen beiden Verfahren unterschiedlich. Auch wurden neue Informationen über Abbiege- bzw Umkehrmöglichkeiten sowie Einbahnregelungen im Gutachten von Mag. S berücksichtigt. Für die ambulanten Patienten des W J Spitals ist die E-Apotheke die nächstgelegene Apotheke. Daher waren diese Patienten dem Versorgungspotential dieser Apotheke zuzurechnen. Zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung für Mag. D K war keine Studie für die Umrechnung von „ambulanten Patienten“ in Einwohnergleichwerte vorhanden. Daher konnten – zum damaligen Zeitpunkt – dem Versorgungspotential der E-Apotheke entsprechende Einwohnergleichwerte nicht zugerechnet werden.“ Die Zweitbf hielt in ihrer Stellungnahme vom 7. Mai 2014 die in der Beschwerde geäußerten Bedenken aufrecht. Ausführungen dazu, welche konkreten verkehrstechnischen Änderungen sich in welchen Bereichen ergeben hätten oder ergeben würden, lasse die Stellungnahme der Apothekerkammer vermissen. Die Ambulanzpatienten seien nicht ihrer Apotheke, sondern der B-Apotheke zuzurechnen. Vom Haupteingang des W J Spitals aus gesehen, sei sowohl auf dem Fußweg als auch in der Luftlinie die B-Apotheke die nächstgelegene Apotheke. Die im Gutachten vom 4. Juli 2013 gebildeten Versorgungspolygone der Apotheke der Zweitbf würden von den Versorgungspolygonen und Versorgungsgebieten vorangegangener Gutachten abweichen (Gutachten betr K vom 19. November 2012 und vom 19. Oktober 2006, Gutachten betr Mag. S vom 26. Februar 2002, Bescheid vom 10. Oktober 2001 des BM für Soziale Sicherheit und Generationen betr. B.apotheke, Gutachten V GmbH vom 14. Mai 1999). Entscheidend ist vor allem, dass sich das Gutachten der Apothekerkammer vom 4. Juli 2013 bzgl der Ambulanzpatienten des W J Krankenhauses auf eine Studie der GfK Austria stützte. Nach Ansicht des VwGH ist diese Studie keine taugliche Grundlage. Nach dem derzeitigen Verfahrensergebnis ist die Zurechnung aller Amulanzpatienten (984 Einwohnergleichwerte) zur Apotheke der Zweitbf nicht mit ausreichenden Ermittlungsergebnissen gedeckt. Würde man die Zahl der Ambulanzpatienten (984 Einwohnergleichwerte) auch nur teilweise auf andere Apotheken aufteilen, könnte sich das Versorgungspotential der Zweitbf durchaus unter 5.500 Personen verringern.

 

3.5.        zu 2.6.: Lt Angaben der Apothekerkammer ist die B. Apotheke keine im Sinne des Apothekengesetzes betroffene Apotheke, da sich zwischen ihrem Versorgungsgebiet und dem gegenständlichen Ansuchen das Versorgungsgebiet der E-Apotheke befindet. Infolge der seither verstrichenen Zeit kann nicht festgestellt werden, ob nach wie vor keine relevanten Auswirkungen gegeben sind.

4.            Rechtliche Beurteilung:

4.1.      In der Sache ergeben sich die maßgeblichen Rechtsvorschriften aus folgenden Bestimmungen des Apothekengesetzes (ApG) und des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG):

 

4.1.1. § 24 Abs 4 VwGVG lautet:

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

 

4.1.2. § 28 Abs 1, 2 und 3 VwGVG lauten:

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

4.1.3. § 10 Abs 1 und 2 ApG lauten:

(1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn

1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder

2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.

 

4.1.4. § 47 ApG lautet:

(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Antrag ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn aus dem Konzessionsantrag und den

angeschlossenen Belegen hervorgeht, daß den im § 46 bezeichneten Erfordernissen nicht entsprochen wurde.

(2) Ein Konzessionsantrag eines Bewerbers ist von der Bezirksverwaltungsbehörde auch dann ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn ein früherer Antrag eines anderen Bewerbers um die Errichtung einer neuen Apotheke an demselben Standort wegen des Fehlens der im § 10 bezeichneten sachlichen Voraussetzungen abgewiesen worden ist, von dem Datum der Zustellung des letzten in der Angelegenheit ergangenen Bescheides an gerechnet nicht mehr als zwei Jahre vergangen sind und eine wesentliche Veränderung in den für die frühere Entscheidung maßgebenden lokalen Verhältnissen nicht

eingetreten ist. Ohne weiteres Verfahren abzuweisen ist ein Antrag für den Standort einer gemäß § 3 Abs. 7 geschlossenen Apotheke vor Ablauf von zwei Jahren nach Zurücklegung der Konzession. Ebenso ist zu verfahren, wenn in der Gemeinde des angesuchten Standortes die Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke vor weniger als fünf

Jahren erteilt wurde.

 

4.2.      zu § 47 Abs 2 ApG: Die Standorte der mP und der D. K. berühren sich im Bereich der L.straße, es kommt aber zu keinen Überschneidungen (s. 2.2.). Es liegen damit iSd § 47 Abs 2 ApG unterschiedliche Standorte vor und ist über das Ansuchen der mP eine inhaltliche Entscheidung zu treffen.

 

4.3.      zu § 10 ApG: Der VwGH hält lt Erkenntnis vom 22. April 2015, Zl Ro 2015/10/0004-6, die dem Gutachten der Apothekerkammer vom 4. Juli 2013 zugrundeliegende Studie „Apothekennutzung durch Patienten, die eine Ambulanz aufgesucht haben – erweitert Jänner 2013“ nicht für ausreichend. Diese Studie stützt sich auf 2.000 Interviews. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist eine bloße Befragung von Personen aber keine geeignete Methode, um den nach dem Gesagten zu ermittelnden durchschnittlichen Bedarf der Bevölkerung an Leistungen der öffentlichen Apotheken im Allgemeinen, an dem dann eine Inanspruchnahme im Sinne des § 10 Abs 5 ApG zu messen ist, zu erheben, sind dafür doch „alle verfügbaren Daten einzusetzen“.

 

4.3.1. Die Schlussfolgerung, alle Ambulanzpatienten des W J Krankenhauses wären dem Versorgungspotential der E zuzurechnen, stützt sich folglich auf einen unvollständigen Befund. Würde man die Ambulanzpatienten (s. 2.4.) auch nur teilweise anderen Apotheken zurechnen, könnte die Zahl der von der Apotheke der Zweitbf zu versorgenden Personen in Folge der Neuerrichtung weniger als 5 500 betragen und damit den Versagungsgrund nach § 10 Abs 2 Z 3 Apothekengesetz begründen.

 

4.3.2. Um feststellen zu können, ob den Apotheken der Bf ein ausreichendes Versorgungspotential verbleibt, wird ein ergänzendes Gutachten zu folgenden Beweisthemen einzuholen sein:

·                    Wie viele Einwohnergleichwerte ergeben sich aus den Ambulanzpatienten des W J Krankenhauses, wenn man „alle verfügbaren Daten“ iSd Erkenntnisses des VwGH vom 22. April 2015, GZ 2015/10/0004-6, einsetzt?

·                    Wie viele davon sind dem Versorgungspotential der Apotheke der
Mag. M KG zuzurechnen, wenn man „alle verfügbaren Daten“ iSd Erkenntnisses des VwGH vom 22. April 2015, GZ 2015/10/0004-6, einsetzt (vgl Bescheid vom 10.10.2001 betr. Konzessionserteilung Bplatzapotheke Beilage ./4 der Stellungnahme der Mag. M KG vom 7. Mai 2014, Wegstreckenberechnung Beilage ./5, Jahresbericht GESPAG Beilage ./6)?

·                    Liegen den in der Stellungnahme der Mag. M KG vom 7. Mai 2014 vorgelegten Gutachten vom 19. November 2012 (Beilagen ./1 und ./2), vom 19. Oktober 2006 (Beilage ./ 3), dem Bescheid vom 10. Oktober 2001 (Beilage ./4), dem Gutachten Vermessungsservice vom 14. Mai 1999 (Beilage ./7), dem  Gutachten vom 26. Februar 2002 betr. Mag. S (Beilage ./8), jeweils andere Versorgungspolygone für die Apotheke der Mag. M KG zugrunde als dem verfahrensgegenständlichen Gutachten vom 4. Juli 2013? Worin begründen sich allfällige Unterschiede?

·                    Welche Versorgungspolygone und welches Versorgungspotential ergeben sich nach derzeitiger Sachlage für die Apotheke der Mag. M KG?

·                    Entspricht das im Gutachten vom 4. Juli 2013 angenommene (verbleibende) Versorgungspotential der Apotheke B und der S.apotheke auch der derzeitigen Sachlage?

·                    Entspricht die Annahme der Apothekerkammer lt Stellungnahme vom
4. April 2014, die B-Apotheke sei keine im Sinne des Apothekengesetzes betroffene Apotheke, da sich zwischen ihrem Versorgungsgebiet und dem gegenständlichen Ansuchen des Mag. S das Versorgungsgebiet der E Apotheke befindet, auch der derzeitigen Sachlage?

 

4.4.      zu § 28 Abs 3 VwGVG: Es besteht damit eine Ermittlungslücke, die die Behebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs 3 VwGVG nach sich zieht (vgl VwGH vom 26. Juni 2014, GZ Ro 2014/03/0063). Das LVwG wahrte dazu mit Schreiben vom 27. Mai 2015 das Parteiengehör.

 

4.4.1. Die mP erklärte sich mit der angekündigten Entscheidung des LVwG einverstanden. Die Zweitbf beantragte in der Eingabe vom 17. Juni 2015 eine Fristerstreckung bis 30. August 2015 mit der Begründung, ihre Stellungnahme bedürfe einer Überprüfung der Entfernungen zwischen der W-J Klinik und den umliegenden Apotheken sowie der Entfernung zwischen der „S-Apotheke“ und der „E-Apotheke“. Sie habe bereits ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben. Erstbf, Drittbf, Viertbf äußerten keine Einwände. Die belangte Behörde führte in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2015 folgendes aus:

1. Ermittlungslücke:

Die nach vorläufiger Ansicht des LVwG bestehende Ermittlungslücke (andere Berücksichtigung der Ambulanzpatienten des W J Krankenhauses) entstand nach Bescheiderlassung am 5. August 2013 durch eine Entscheidung des VwGH am 22. April 2015. Diese, uns zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch unbekannten neuen Beurteilungskriterien sind in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen. Nach § 10 Abs. 7 Apothekengesetz ist zu den nun zu berücksichtigenden Ambulanzpatienten des W J Krankenhauses von der zuständigen Behörde ein ergänzendes Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Zuständige Behörde ist nach Berufungseinbringung der LVwG.

2. Gültigkeit der Gutachten aus dem Jahre 2013 und 2014:

Das Stadtgebiet ist kein starres Gebilde, insbesondere soweit seine Bewohner und Bauwerke betroffen sind. Veränderungen, die bei knappen Entscheidungen (Grenze 5500 zuordenbare Personen), wie in diesem Fall wohl gegeben, zu anderen Ergebnissen führen können, sind sehr wohl möglich. Auch hier erscheint die Einholung eines (nach § 10 Abs. 7 Apothekengesetz geforderten) zeitnahen Gutachtens der Apothekerkammer angebracht.

3. Verschiedene Versorgungspolygone in den Gutachten von 1999 bis 2014:

Die Berücksichtigung der zuordenbaren Bewohner erfolgte stets nach dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung. 1999 war dies eine Berechnung nach Zählsprengeln, später nach immer mehr ausgereiften Polygonen und unter Berücksichtigung verschiedener Verkehrswege und der Möglichkeiten des ZMR. Daraus ergeben sich naturgemäß auch immer genauere Ergebnisse. Wie wir bei den Erhebungen zur Bewilligung der Apotheke am H Linz (C Apotheke) feststellen mussten, kommt man teilweise zu anderen Ergebnissen, wenn man bei einzelnen Bauwerken die Lage des Eingangs (und nicht die gemittelten Gebäudekoordinaten) berücksichtigt. Oft sind auch bestehende Fußwege nicht bekannt. Ebenso kann auch eine neue Einbahn-regelung zu anderen Ergebnissen führen. Beispielsweise kann die B Apotheke vom W J Krankenhaus kommend mit dem Auto nicht über die Einbahnstraße B direkt angefahren werden. Die Ihrem Schreiben beiliegende Wegbeschreibung gilt daher nur für Fußgänger! Ein Gutachten der Apothekerkammer kann daher im Falle des Bedarfs sehr wohl durch zu beantragende Nachbesserungen sinnvoll ergänzt werden.

4. Berücksichtigung der ehemaligen B Apotheke (umbenannt in Apotheke am V):

Die Trasse der W bildet eine künstlich geschaffene Grenze, die nur bei den bestehenden Durchlässen gequert werden kann. Da nach dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer das Versorgungsgebiet der E Apotheke bis zu dieser Querung „W Straße“ reicht, kann unserer Ansicht nach keine Beeinflussung des Versorgungspotentials der Apotheke am V durch eine zu bewilligende Apotheke Mag. S vorliegen, da sich deren Versorgungsgebiete nicht berühren.

5. Standortverschiebung um 100 m:

In der Äußerung der E.apotheke vom 07.05.2014 wird angeführt, dass die angesuchten Standorte von Mag. K und Mag. S mit rund 100 m nur unwesentlich voneinander entfernt liegen. Diesem Standpunkt kann nicht zugestimmt werden. Er ist schlicht falsch. Eine Verschiebung um 100 m (bei Vergrößerung des Abstandes der Apotheken um diese 100 m, wie in diesem Fall gegeben) ergibt sehr wohl völlig andere Ergebnisse. Dies ist auf die zu berücksichtigenden Bewohner für die bestehende Apotheke in einem Korridor von mindestens 50 m (sich verbreiternd bis andere Faktoren dazukommen) zurückzuführen. Bei dichter Verbauung, wie in L gegeben, ergeben sich sofort ganz andere zu berücksichtigende Bewohnerzahlen. Aus diesem Grund wurde in unserem Bescheid mit Zustimmung des Antragstellers der Standort, in dem die Betriebsstätte recht leicht gewechselt werden kann, sehr klein festgesetzt. Eine sonst mögliche Verlegung der Betriebsstätte im Standort Richtung E.apotheke würde bei dieser knappen Entscheidung sehr wohl Einfluss auf das Versorgungspotential dieser Apotheke haben.“

 

4.4.2. Zur Stellungnahme der belangten Behörde vom 26. Juni 2015: Angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl VwGH vom 26. Juni 2014, GZ Ro 2014/03/0063). Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (§ 37 AVG).

 

4.4.3. Die belangte Behörde räumte den Parteien vor Bescheiderlassung keine Gelegenheit zur Stellungnahme ein und verletzte dadurch den in § 37 AVG verankerten Grundsatz des Parteiengehörs. Alle vier Bf machen diesen Umstand in ihren Berufungen (Beschwerden) geltend. Die Zweitbf hatte erst im Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit, sich zum Gutachten vom 4. Juli 2013 zu äußern und Beweismittel zur Untermauerung ihres Standpunktes vorzulegen.  Infolge der Verletzung des Parteiengehörs wurden dazu im behördlichen Verfahren keine Ermittlungsschritte gesetzt. Soweit ersichtlich, ist auch die belangte Behörde der Ansicht, dass die mit Eingabe vom 7. Mai 2014 vorgelegten Urkunden die Einholung eines neuen Gutachtens erforderlich machen (s. va Pkt 2 und 3 der Stellungnahme vom 26. Juni 2015).

 

4.4.4. Zudem verfügt die belangte Behörde – wie sie in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2015  zum Ausdruck bringt – über besonderes Fachwissen (betr Stadtentwicklung, Erhebungsergebnisse C Apotheke, Einbahnregelungen, Gehwege, Durchlässe der W etc). Informationen über unterschiedlichste Vorgänge und Lebensbereiche im Stadtgebiet Linz erschließen sich dem Geschäftsapparat der belangten Behörde offenkundig über die Doppelfunktion im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Das LvWG müsste derartige Beweismittel erst in einer gesonderten Beweisaufnahme beischaffen. Die Beweisaufnahme durch die belangte Behörde, der das Wissen der Magistratsabteilungen unmittelbar zur Verfügung steht, ist im Vergleich dazu rascher und kostengünstiger möglich.

 

4.4.5. Die Gutachtenserstellung ist im ggst. Beschwerdeverfahren in Hinblick auf den Umfang der zu behandelnden Beweisthemen weder rascher noch kostengünstiger möglich als im behördlichen Verfahren. Damit steht der maßgebliche Sachverhalt weder fest (§ 28 Abs 2 Z 1 VwGVG) noch ist die Einholung des Gutachtens durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden (§ 28 Abs 2 Z 2 VwGVG). Diese Annahme wird auch dadurch bestätigt, dass die Bf der Anwendung des § 28 Abs 3 VwGVG nicht widersprochen haben. Die mP erklärte sich sogar ausdrücklich mit der Behebung und Zurückverweisung einverstanden.

 

4.5.      zu § 24 Abs 4 VwGVG: Nach § 24 Abs. 4 VwGVG 2014 kommt ein Entfall der Verhandlung dann nicht in Betracht, wenn Art. 6 MRK und Art. 47 GRC die Durchführung einer solchen gebieten. Eine Verhandlung vor dem VwG ist daher durchzuführen, wenn es um 'civil rights' oder 'strafrechtliche Anklagen' iSd Art. 6 MRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (vgl VwGH vom 9. September 2014, Ro 2014/09/0049). Die rechtsanwaltlich vertretene Zweitbf hat keinen Verhandlungsantrag gestellt. Sie wird im fortgesetzten behördlichen Verfahren die Gelegenheit haben, das angekündigte Gutachten vorzulegen. Die belangte Behörde kann die in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2015 (4.4.1.) dargestellten Überlegungen bei Erstellung des Gutachtensauftrages berücksichtigen. Dieser wird jedenfalls die zu Pkt 4.3.2. dargestellten Beweisthemen umfassen müssen. Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG wird daher ungeachtet des Berufungsantrages des Erstbf, der Drittbf und der Viertbf keine Verhandlung durchgeführt. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

5.            Revision:

5.1.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

5.2.      Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des VwGH geklärt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl