LVwG-600871/7/KLE

Linz, 02.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde von A L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 1.4.2015, VerkR96-8294-2014,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 90 Euro zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist hinsichtlich des Spruchpunktes 1) des Straferkenntnisses gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig. Gegen dieses Erkenntnis ist hinsichtlich des Spruchpunktes 2) des Straferkenntnisses gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die
belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 1.4.2015, VerkR96-8294-2014, folgenden Spruch erlassen:

„1) Sie sind am 27.05.2014 um 12:30 Uhr, in der Gemeinde Peterskirchen, Peterskirchen x, als Lenker des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen x mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da Sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht haben, Ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt festzustellen.

2) Sie sind am 27.05.2014 um 12:30 Uhr, in der Gemeinde Peterskirchen, Peterskirchen x, als Lenker des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen x mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl Sie und die Person(en), in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 4 Abs. 1 lit. c Straßenverkehrsordnung (StVO), BGBl. Nr. 159/1960 idgF.

2. § 4 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung (StVO), BGBl. Nr. 159/1960 idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird von der Behörde folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich    Freiheitsstrafe   gemäß

Euro ist, Ersatzfreiheitsstrafe

von

1. 250,00 Euro 1. 72 Stunden — 1. § 99 Abs. 2 lit. a StVO

2. 200,00 Euro 2. 56 Stunden 2. § 99 Abs. 3 lit. b StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

45,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (10% der Strafe, mindestens aber 10,00 Euro).

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 495,00 Euro.“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde.

 

Begründend wird ausgeführt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

 ad 1) Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Sachlage, wie unter Punkt 1) ausgeführt, nicht korrekt ist, da mir eine direkte Sachverhaltsdarstellung, wie bereits in meinem Schreiben vom 19.08.2014 erwähnt, nicht möglich war, weil ich erst durch den Anruf der Polizei von dem Schaden erfahren habe.

In diesem Telefonat wurde ich weiteres auch nicht darauf hingewiesen, dass ich zu meinem eigenen Schutz und Vorteil persönlich auf der Dienstelle erscheinen kann oder soll, damit dort auf schnellstem Wege meine geistige und körperliche Verfassung kurz nach dem Unfallzeitpunkt festgestellt werden kann.

 

ad 2) ln dem Telefongespräch mit der Polizeidienststelle habe ich meinen, zu diesem Zeitpunkt, genauen Standort bekanntgegeben, wodurch ich dem Ordnungsorgan eine sofortige Begutachtung meines körperlichen Zustandes ermöglicht habe.

 

ad Begründung) Seite 2 Ihres Schreibens vom 01.04.2015 halte ich Folgendes fest: Frau S gibt hier an, den Schaden zwar vermutet, aber nicht sofort festgestellt zu haben. Ich habe keinen Sachschaden bemerkt und bin somit weiter zur nächsten Lieferadresse gefahren.

Trotz der Vermutung der Zeugin, dass ein Sachschaden vorliegt, ist Fr. S It. Ihrer eigenen Aussage, nicht sofort nachschauen gegangen, sondern ließ mich unbehelligt wegfahren.

Leider hat mich auch Fr. E, ohne mich auf den entstandenen Schaden aufmerksam zu machen, wegfahren lassen.

Wie bereits mehrmals erwähnt, habe ich den Schaden nicht bemerkt, ich bin vor Ort zwar aus dem LKW ausgestiegen, aber nur, wie ich bereits persönlich auf der BH Ried im Innkreis am 29.09.2014 angegeben habe, um meine Werkzeugkiste zu kontrollieren.

Ich gebe hiermit zu bedenken, dass ich mir durch Verlassen der Unfallstelle keinerlei Vorteile verschafft habe. Der entstandene Schaden ist normalerweise sowieso durch die entsprechende Versicherung der Firma RZ P gedeckt.

 

Ad § 4 Abs. 1 lit. StVO weise ich nochmals darauf hin, dass ich keinen Schaden bemerkt habe, daher auch keine Veranlassung für mich bestand, eine Polizeidienststelle zu verständigen oder aufzusuchen.

Außerdem habe ich bei der Lieferung am 27.05.2014 mit Hinterlassen des Lieferscheines meine bzw. die Daten der Firma, inklusive Telefonnummer bekanntgegeben. Mein Name und meine Anschrift sind der Firma aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses bekannt. Familie S hatte zudem noch meine Handynummer, da ich vor der Lieferung den Kunden über mein Eintreffen informiert hatte.

 

Es ist sicher erwiesen, dass mir der Schaden eventuell auffallen hätte können, dennoch habe ich ihn nicht bemerkt. Ich habe auch mehrmals erwähnt, dass es an besagtem Tag sehr stark geregnet hat. Die beiden Zeuginnen, Fr. S und Fr. E haben mich auch nicht darauf hingewiesen, dass ein Sachschaden entstanden ist, obwohl sie ihn stark vermutet oder auch bemerkt haben, wie sie angeben.

Ich möchte bitten, diese Straferkenntnis aufgrund der vorgebrachten Einwände nochmals zu prüfen.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme“.

 

Über Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht ergänzte der Beschwerdeführer seine Angaben wie nachstehend angeführt:

„Ich möchte nun nochmals ausdrücklich mein Begehren zum Ausdruck bringen. Meine Beschwerde gegen das Straferkenntnis stützt sich vor allem auf folgenden Punkt:

- Ich bin seit annähernd 30 Jahre Berufskraftfahrer, unbescholten, unfallfrei, mit einem einwandfreien Leumund.

Ich bitte Sie daher,

- das Ausmaß des Straferkenntnisses zu überprüfen

- die Höhe der Geldstrafe anzupassen oder

- aufgrund der oben genannten Fakten gänzlich auf eine Geldstrafe zu verzichten, dafür aber eine Abmahnung oder Verwarnung auszusprechen.

Ich habe derzeit

- ein Gehalt- Fixum von Brutto EUR 1941,-/Monat excl. Überstunden

im Gegensatz dazu finanzielle Belastungen von

- einem Kredit in der Höhe von EUR 20 000,-,

- zwei Söhnen, wobei einer derzeit arbeitslos ist

- und eine monatliche Finanzierung von EUR 233,- für die Anschaffung von Einrichtung.

Für die Zukunft kann ich Ihnen versichern, dass ich mich in ähnlichen Situationen, in Engstellen stets vergewissern werde, dass ich keinen Schaden verursacht habe.“

 

Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels eines Antrages und dem Umstand, dass in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, abgesehen werden (§ 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG).

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer lenkte am 27.5.2014 um 12:30 Uhr den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen x in der Gemeinde Peterskirchen, Peterskirchen x. Es regnete stark. Der Beschwerdeführer lenkte den LKW rückwärts, seinen Angaben zufolge „sehr knapp“ am Dach vorbei. Er habe von einem Anprall oder Schaden nichts bemerkt, sondern nur nach seiner Werkzeugkiste geschaut hat, welche sich an dem LKW befand, da sich diese immer wieder von selbst öffnete.

 

Die Zeugin A E sagte im Zuge des verwaltungsbehördlichen Verfahrens Folgendes aus:

„Ich bin im Hause P wohnhaft und habe zum Unfallszeitpunkt von meinem Haus direkt auf den Vorfallsort gesehen. Zum Vorfallszeitpunkt befand ich mich in meinem Wohnzimmer und sah aus dem Fenster. Dabei fiel mir ein LKW auf, welcher gerade retour vom Anwesen T, in Richtung Anwesen P beim Dach anfuhr bzw. dass es zur Berührung kam. Ich konnte auch weiters erkennen, dass daraufhin etwas vom Dach fiel, was es genau war, kann ich aufgrund der Entfernung nicht sagen. Der Lenker des ggst. LKW fuhr ein Stück nach vorne und stieg in weiterer Folge aus und ging hinter seinen LKW. In weiterer Folge stieg der LKW-Fahrer wieder in seinen LKW ein und fuhr weg. In weiterer Folge rief ich bei Frau S an und erzählt ihr von dem Vorfall.“

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 17.2.2015 Folgendes aus:

„Ergebnis in Kurzfassung

Aufgrund der im Akt vorhandenen Fotounterlagen kann aus technischem Aspekt keine Aussage über die Korrespondenz gemacht werden, da die Schadenshöhe in Bezug auf die Fahrbahn nicht bekannt ist und auch keine Schadensbilder vom LKW vorhanden sind.

Geht die Behörde aber aus anderen Gründen (z.B. Zeugenaussage, Aussagen des Beschuldigten) davon aus, dass der Schaden am Hausdach, durch das Fahrzeug LKW, Scania R420, welches Herr A L lenkte, verursacht wurde, kann aus technischem Aspekt festgestellt werden, dass der Beschuldigte im gegenständlichen Fall bei gehöriger Aufmerksamkeit, den Verkehrsunfall hätte wahrnehmen müssen.

 

Auftrag:

Gemäß dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 11. Dezember 2014 wird unter Zugrundelegung der vorhandenen Akten, bzw. Fotounterlagen aus technischem Aspekt ein Gutachten, zu der Frage

- ob die festgestellten Anstoß- und Schadensstellen miteinander korrespondieren,

- und ob Herr A L den gegenständlichen Schadenseintritt bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte wahrnehmen müssen, erstellt.

 

Gutachten

Unfallort und Sachverhalt

Aus den gegenständlichen Aktenunterlagen geht hervor, dass Herr A L mit dem Fahrzeug (LKW, Scania R420, weiß, Kz. x), am 27.05.2014 gegen 12:30 Uhr in 4743 Peterskirchen Nr. x, aus einer Ausfahrt rückwärts gefahren ist.

Dabei soll der Beschuldigte das Dach und die Dachrinne beim Gebäude Peterskirchen x, beschädigt haben.

 

Herr A L gab an, dass er knapp an einem Haus vorbeigefahren ist, aber keine Kontaktierung bemerkt hat. Weiters gab er an, den Schaden erst bemerkt zu haben, als die Polizei angerufen hat.

 

Die Zeugin A E gab an, die Kontaktierung direkt gesehen zu haben. Weiters konnte sie erkennen, dass etwas vom Dach gefallen ist, aber was es genau war, konnte Sie auf Grund der Entfernung nicht feststellen.

 

Die Zeugin A S gab an, sie habe den geringen Abstand zwischen Gebäudeeck und dem zurückfahrenden LKW beobachtet, eine direkte Kontaktierung zwischen Gebäude und LKW konnte sie nicht erkennen. Nach dieser Beobachtung ging Frau A S mit Ihrer Tochter zum möglichen Unfallort um nachzusehen, ob ein Schaden entstanden ist. Es wurde der unten beschriebene Schaden festgestellt.

 

Schadensstellen

Wie aus den gegenständlichen Akten, bzw. Fotounterlagen hervorgeht, befinden sich die Schadensstellen an folgenden Stellen:

 

Fahrzeuglenker: Herr A L und Zulassungsbesitzer: Fa RZ P GmbH.

LKW, Scania R420, weiß, Kz. x:

 

In der Fotounterlage sind keine Schadensbilder vorhanden. In der Sachverhaltsdarstellung ist ein Schaden rechts hinten oben angegeben. Keine Angabe wie dieser Schaden aussieht und auch keine Angabe der Schadenshöhe in Bezug auf die Fahrbahn. Auch bei der Niederschrift am 29.09.2014 gab der Beschuldigte an, dass er erst nach dem Polizeianruf einen Schaden bemerkt hat.

 

Objektbesitzer: Frau B S

Werkstatt Gebäude P:

 

In der Fotounterlage sind folgende Schäden am Dacheck zu erkennen:

* Abgebrochener Dachziegel herunterhängende Dachrinne

* Blecheinfassung ist nach außen gebogen

Der Schaden befindet sich laut Angabe, in einer Höhe von ca. 297 Zentimeter in Bezug auf die Fahrbahn.

 

Sachverständige Ausführung und Zusammenfassung

Aufgrund der im Akt vorhandenen Fotounterlagen kann aus technischem Aspekt keine Aussage über die Korrespondenz gemacht werden, da die Schadenshöhe in Bezug auf die Fahrbahn nicht bekannt ist und auch keine Schadensbilder vom LKW vorhanden sind.

 

Rein aus technischem Aspekt (Höhe) wäre es aber möglich, dass mit dem LKW Scania (mit einer Höhe von 3,91 m) der Schaden am Dacheck, welcher sich in einer Höhe von ca. 297 Zentimeter in Bezug auf die Fahrbahn befindet, verursacht wurde.

 

Geht die Behörde aus anderen Gründen (z.B. Zeugenaussage, Aussagen des Beschuldigten) davon aus, dass der Schaden am Hausdach, durch das Fahrzeug LKW, Scania R420, welches Herr A L lenkte, verursacht wurde, kann aus technischem Aspekt Folgendes über die Wahrnehmbarkeit festgehalten werden.

 

Die Wahrnehmbarkeit von Verkehrsunfällen mit Sachschaden ist grundsätzlich in drei Bereiche einzuteilen, welche getrennt voneinander beurteilt werden.

- Kinetisch als Stoßreaktion ("Ruck")

- Akustische Wahrnehmung

- Optisch (visuelle) Wahrnehmung

 

Kinetische Wahrnehmung

Zur Wahrnehmung des Verkehrsunfalls aufgrund der Stoßreaktion ("Ruck") wird festgehalten, dass dies möglich ist, wenn das anstoßende Fahrzeug erschüttert wird, und somit die Fühlschwelle des beschuldigten Lenkers überschritten wurde.

Im gegenständigen Fall kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Herr A L den Anstoß wahrgenommen hat, da nicht sichergestellt werden kann, dass der bei der Kontaktierung zwischen den beiden Fahrzeugen entstandene "Ruck" die Wahrnehmungsschwelle überstiegen hat.

 

Akustische Wahrnehmung

Bei der laut Verfahrensakt angegebenen Kontaktierung wurden bedingt durch den daraus entstandenen Sachschaden Anstoßgeräusche verursacht, die durch den üblichen Straßen bzw. Umgebungslärm, sowie durch das übliche Betriebsgeräusch des LKWs überlagert werden können.

Aufgrund der vorhandenen Aktenunterlagen, kann aus technischem Aspekt keine Aussage darüber getroffen werden, ob die gegenständliche Kontaktierung für Herrn A L akustisch wahrnehmbar war.

 

Optische Wahrnehmung

Zur optischen Wahrnehmung des gegenständlichen Verkehrsunfalls, ist aus technischer Sicht festzustellen, dass Herr A L zwar keine direkte Einsicht auf die Kontaktierungsstelle zwischen LKW und Hausdach hatte, er hätte aber zumindest einen ungewöhnlich geringen Abstand zum Haus erkennen müssen.

Der Beschuldigte gab auch an, dass er sehr knapp an einem Dach in Peterskirchen herangefahren sei.

Daher ist zur optischen Wahrnehmung zu sagen, dass sich der Beschuldigte im gegenständlichen Fall, aufgrund des außergewöhnlich geringen Abstandes zwischen LKW und Hausdach, vergewissern hätte müssen, keinen Verkehrsunfall verursacht zu haben.

Aufgrund der im Akt vorhandenen Fotounterlagen kann aus technischem Aspekt keine Aussage über die Korrespondenz gemacht werden, da die Schadenshöhe in Bezug auf die Fahrbahn nicht bekannt ist und auch keine Schadensbilder vom LKW vorhanden sind.

Geht die Behörde aber aus anderen Gründen (z.B. Zeugenaussage, Aussagen des Beschuldigten) davon aus, dass der Schaden am Hausdach, durch das Fahrzeug LKW, Scania R420, welches Herr A L lenkte, verursacht wurde, kann aus technischem Aspekt festgestellt werden, dass der Beschuldigte im gegenständlichen Fall bei gehöriger Aufmerksamkeit, den Verkehrsunfall hätte wahrnehmen müssen.“

 

Der vorliegende Sachverhalt wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten und ergibt sich aus der glaubhaften Zeugenaussage von A E und den Ausführungen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen und des Beschwerdeführers.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Zu 1)

Gemäß § 4 Abs. 1 lit c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, haben an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Nach § 99 Abs. 2 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt.

 

Die Mitwirkungspflicht an der Feststellung des Sachverhaltes bedarf keiner besonderen Aufforderung (VwGH 13. 12. 1976, 395/76).

 

Die in lit c ausgesprochene Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, dient offenkundig dem Zweck, den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatbestandes zu erleichtern und zu gewährleisten, dass die Behörde ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild des Unfallherganges, seiner Ursachen und Folgen gewinnt (VwGH 20. 4. 2001, 99/02/0176).

 

Den Zeuginnen kann nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie trotz Bemerkens des Unfalls den Beschwerdeführer am Wegfahren nicht gehindert haben. Nur der Beschwerdeführer selbst ist gesetzlich verpflichtet, mit der nötigen Aufmerksamkeit einen LKW zu lenken und nach einem Unfall die gebotenen gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten.

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage hat der Beschwerdeführer die im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vorgeworfene Verwaltungsübertretung (Spruchpunkt 1) begangen.

 

 

Zu 2)

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Nach § 99 Abs. 3 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs. 2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalles nicht Hilfe leistet.

 

Das Tatbild der aus § 4 Abs. 5 StVO abzuleitenden Verwaltungsübertretung besteht in der Unterlassung der Meldung eines Verkehrsunfalls mit ausschließlichem Sachschaden und darin, dass die Meldung nicht ohne unnötigen Aufschub erstattet wird (VwGH 11.5.2004, 2004/02/0003).

 

Eine Meldepflicht besteht nur dann, wenn eine Sachbeschädigung tatsächlich eingetreten ist. – Der Tatbestand nach § 4 Abs. 5 StVO ist auch dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 22.3.2000, 99/03/0469).

 

Ein „Sachschaden“ liegt nur dann vor, wenn eine oder mehrere Personen einer oder mehreren anderen Personen oder wenn zwei oder mehrere Personen einander Vermögensschäden zugefügt haben (VwGH 18.12.1979, 1880/79, ÖJZ 1980, 556).

 

Aufgrund der Ausmaße des LKWs, des Rückwärtsfahrens und der örtlichen Gegebenheiten (Dachvorsprung) ist von einer erhöhten Pflicht zur Aufmerksamkeit auszugehen. Es entstand durch den Aufprall ein Sachschaden am Dach. Die nächste Polizeidienststelle wurde vom Beschwerdeführer nicht verständigt.

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage hat der Beschwerdeführer die im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vorgeworfene Verwaltungsübertretung (Spruchpunkt 2) begangen.

 

Das Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche den Beschwerdeführer entlasten und somit sein Verschulden hinsichtlich beider Tatvorwürfe ausschließen hätten können, sodass gemäß § 5 Abs. 1 VStG in beiden Fällen zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Übertretung als erfüllt zu bewerten.

 

Zur Strafbemessung:

Nach § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse gibt der Beschwerdeführer an:

monatliches Bruttogehalt von 1941 Euro (excl. Überstunden), Sorgepflichten für 2 Söhne, Schulden in der Höhe von 20.000 Euro und monatliche Raten von 233 Euro.

Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist der Ansicht, dass die von der Behörde verhängten Strafen tat- und schuldangemessen und in der Höhe erforderlich sind, um den Beschwerdeführer wirksam von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten. Die Geldstrafen entsprechen dem Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung, liegen im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe konnte deshalb nicht in Erwägung gezogen werden. Die ohnehin niedrig verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Beschwerdeführer in Zukunft zur genauesten Beachtung seiner gesetzlichen Verpflichtungen bewegen.

 

 

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

III. 1. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision hinsichtlich Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheids:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

III. 2. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision hinsichtlich des Spruchpunktes 2) des angefochtenen Bescheids:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer