LVwG-680003/31/Zo/BC/MSt

Linz, 24.06.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter           Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des H F, geb. 1969, vertreten durch Rechtsanwälte W O, wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 19.10.2014 durch den Bezirkshauptmann des Bezirkes Linz-Land zurechenbare Organe, nämlich die Abnahme der Kennzeichentafel für das Kleinkraftrad Gilera RCR 50, KZ: x nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.4. und 28.5.2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Linz-Land) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Der Beschwerdeführer erhob mit dem am 2.12.2014 beim LVwG eingelangten Schreiben eine Maßnahmenbeschwerde wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 19.10.2014, nämlich der Abnahme der Kennzeichentafel des Kleinkraftrades Gilera RCR 50 mit dem Kennzeichen x, zugelassen auf den Beschwerdeführer, durch Polizeibeamte der PI St. Florian. Die Beschwerde wurde zusammengefasst damit begründet, dass sein Sohn M F am 19.10.2014 gegen 16:55 Uhr das auf den Bf zugelassene Kleinkraftrad in Enns auf der Lagerhausstraße gelenkt habe. Beamte der Polizeiinspektion St. Florian hätten ihn zu einer Verkehrskontrolle angehalten und eine Messung auf dem Rollenprüfstand durchgeführt. Diese Messung habe eine Geschwindigkeit ergeben, welche nach Angaben der Polizeibeamten gemäß § 57 Abs. 8 KFG eine Abnahme der Kennzeichentafeln erforderlich gemacht hätte.

 

Es seien jedoch weder Gefahr im Verzug noch die gesetzlich erforderlichen Tatbestandsmerkmale konkret erfüllt gewesen, weil der Polizeibeamte seinem Sohn eine Sitzposition aufgezwungen habe, die zu einer Fehlmessung geführt hätte. Das Hinterrad sei entlastet gewesen. Der Lenker habe einen, teilweise sogar beide Füße auf dem Boden und nicht wie vorgeschrieben auf den Fußrasten gehabt und eine Absicherung gegen Sturz und Fall sei nicht wie gesetzlich geboten vorgenommen worden. Bei der Messung sei der rote Drehzahlbereich überschritten worden, was insbesondere aufgrund des Motorengeräusches nachvollziehbar gewesen sei. Dies sei nach den gesetzlichen Vorgaben unzulässig und könne sogar zu Schäden des Motors führen. Es sei ihm auch von einem anderen Fall bekannt, bei welchem derselbe Polizeibeamte bei einer solchen Messung auch den roten Drehzahlbereich überschritten hätte. Weiters sei seinem Sohn das Messprotokoll nicht ausgehändigt worden. Die zweite Polizeibeamtin habe den amtshandelnden Polizisten während der Überprüfung darauf aufmerksam gemacht, dass sein Sohn nicht richtig auf dem Fahrzeug sitze. Der Polizeibeamte habe aber nur mürrisch gemeint, dass ihn das nicht interessiere.

 

Es wurde die Beischaffung des Aktes, insbesondere der Aufzeichnungen des Meldungslegers und des Prüfungsergebnisses des Amtes der Oö. Landesregierung, zu Zahl Verk-LL-9MKH-2014, sowie die Einvernahme der beiden Polizeibeamten beantragt.

 

Der Beschwerdeführer beantragte,

-      den angefochtenen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben,

-      gemäß § 35 VwGVG zu erkennen, dass der zuständige Rechtsträger schuldig sei, die ihm entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß binnen zwei Wochen zu ersetzen,

-      eine mündliche Verhandlung durchzuführen und

-      gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

 

2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 17.12.2014 den Verwaltungsakt vorgelegt und bezüglich des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darauf hingewiesen, dass die Kennzeichentafel nach einer positiven Überprüfung des Kleinkraftrades wieder ausgefolgt wurde. Es wurde daher beantragt, den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abzuweisen.

 

Aufgrund dieser Mitteilung hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5.1.2015 den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgezogen.

 

Eine inhaltliche Stellungnahme sowie der vollständige Verfahrensakt wurden von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Schreiben vom 15.1.2015 vorgelegt. Darin führte sie zusammengefasst aus, dass M F am 19.10.2014 das auf den Beschwerdeführer zugelassene Kleinkraftrad Gilera RCR 50,
KZ: x, welches als Motorfahrrad zum Verkehr zugelassen ist, in Enns, L.straße gelenkt habe. Eine Messung der Bauartgeschwindigkeit mit dem geeichten Rollenprüfstand habe eine Geschwindigkeit von 90 km/h ergeben. Die Amtshandlung sei durch Abteilungsinspektor K sowie Gruppeninspektor L durchgeführt worden. Nach den Angaben der Polizeibeamten habe der Lenker am Beginn der Kontrolle teilweise ein Bein von den Fußrasten genommen, um sich am Boden abzustützen und sein Gewicht auf das Vorderrad verlagert, sowie Schaltvorgänge in derart kurzen Intervallen durchgeführt, dass ein Beschleunigungsvorgang am Motorfahrrad nicht möglich gewesen sei. Die dabei erzielten Messwerte seien jedoch nicht verwertet worden. Der Polizeibeamte habe den Rollenprüfstand ausgeschaltet und einen neuerlichen Messversuch mit richtiger Sitzposition des Lenkers vorgenommen. Diese Messung habe eine Geschwindigkeit von 90 km/h ergeben. Der Lenker M F habe im Zuge der Kontrolle selbst angegeben, die Auspuffdrossel des Motorfahrrades entfernt zu haben.

 

Aufgrund der festgestellten Geschwindigkeit, welche die zulässige Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h deutlich überschritten habe, sei gemäß § 57 Abs. 8 KFG wegen Gefahr in Verzug die Kennzeichentafel unverzüglich abgenommen worden. Es sei aufgrund der festgestellten Geschwindigkeit davon auszugehen gewesen, dass der Lenker durch das weitere Lenken mit einem nicht auf derartige Geschwindigkeiten ausgelegten Kraftfahrzeug die Verkehrssicherheit gefährdet hätte.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beantragte daher, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und die entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 887,20 Euro zu ersetzen.

 

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.4. sowie 28.5.2015. An dieser haben der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilgenommen, die Verwaltungsbehörde war entschuldigt. Es wurden die Zeugen M F, T M, GI L sowie AbtInsp K zum Sachverhalt befragt und vom Sachverständigen Ing. K wurde ein Gutachten zur Messung des gegenständlichen Kleinkraftrades mit dem Rollenprüfstand erstattet.

 

3.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des Kleinkraftrades der Marke Gilera RCR 50 mit dem Kennzeichen x. Dieses wurde am 19.10.2014 von seinem Sohn M F gelenkt, wobei es in Enns, L.straße, zu einer Verkehrskontrolle gekommen ist. Im Zuge dieser Verkehrskontrolle wurde die Bauartgeschwindigkeit des Kleinkraftrades mit einem Rollenprüfstand der Marke M., MMM-MT2001, überprüft. Das Gerät war gültig geeicht, bei der Prüfung wurde eine Geschwindigkeit von 90 km/h gemessen.

 

Bezüglich des Ablaufes der Messung weichen die Schilderungen der Beteiligten stark voneinander ab:

 

Der Lenker des Fahrzeuges, M F, gab dazu zusammengefasst an, dass bei ihm eine Geschwindigkeit von 90 km/h gemessen worden sei, welche er auch auf dem Rollenprüfstand gelesen habe. Während der Messung habe der Polizeibeamte K mit seiner Hand ständig Vollgas gegeben. Er habe ihm die Schaltvorgänge vorgegeben und auch während dieser Schaltvorgänge habe der Polizeibeamte das Gas nicht zurückgenommen. Während der Messung habe er mehrmals das Gleichgewicht verloren und sich mit dem linken Fuß abstützen müssen. Es habe insgesamt nur eine Messung gegeben, das heißt er habe alle sechs Gänge einmal durchgeschaltet, wobei der Polizeibeamte ständig „Vollgas“ gegeben habe. Er habe während der Messung eine normale Sitzposition eingenommen, habe sich jedoch ein paar Mal mit dem linken Fuß abstützen müssen. Während des Messvorganges habe sein Freund M einmal darauf hingewiesen, dass der Hinterreifen nicht zwischen den beiden Rollen auf dem Rollenprüfstand liege, worauf der Polizeibeamte das Moped mit dem Fuß wieder „gerichtet habe“. Dieser Vorgang habe sich während der Messung ereignet, der Messvorgang sei nicht neu gestartet worden, er habe nicht wieder vom ersten Gang aus begonnen, die Gänge durchzuschalten. Er sei vom Polizisten angewiesen worden, während der Messung die Vorderradbremse zu betätigen und habe dies während des gesamten Messvorganges gemacht.

 

Der Polizist habe ihn gefragt, ob er am Motorfahrrad etwas manipuliert habe, er habe aber gesagt, dass das nicht der Fall sei. Auf Vorhalt der Angaben in dem von ihm unterfertigten Formular, wonach die Auspuffdrossel entfernt worden sei, gab er an, dass das so im Formular stehe, er habe dieses trotzdem unterschrieben, weil er vor der Polizei Respekt habe bzw. weil ihm der Polizist gesagt habe, dass er damit nur die Kontrolle bestätige. Der Zeuge F gab auch an, dass die Messung auch deshalb nicht stimmen könne, weil im realen Straßenbetrieb sein Motorfahrrad langsamer gewesen sei, als das seines Freundes M, bei welchem am Rollenprüfstand nur eine Geschwindigkeit von 74 km/h festgestellt worden sei.

 

Der Zeuge M führte dazu an, dass sein Freund und er von der Polizei kontrolliert worden seien und auch bei seinem Motorfahrrad eine Messung mit dem Rolltester durchgeführt worden sei. Bei seiner Messung habe er festgestellt, dass der Polizeibeamte K das Gas nicht losgelassen habe, wodurch beim Auskuppeln die Drehzahl nach oben gegangen sei und der Motor hochtourig gelaufen sei. Das habe er hören können. Auch beim Hinaufschalten in die anderen Gänge sei dies der Fall gewesen. Bei ihm sei eine Geschwindigkeit von 74 km/h festgestellt worden.

 

Die Messung bei seinem Freund M F habe er beobachtet, am Beginn der Messung habe dieser den linken Fuß am Boden gehabt und die Polizistin habe gesagt, dass er „nicht richtig auf dem Rolltester stehe“, darauf habe der Polizeibeamte K aber nicht reagiert. Er habe auch gesehen, dass das Motorfahrrad während der Messung leicht nach vorne gerutscht ist und mit dem Hinterreifen nur noch auf der vorderen der beiden Walzen gestanden sei. Der Polizeibeamte K habe das Motorfahrrad zurückgeschoben. Ob sein Freund F dabei den Gang herausgenommen hat, konnte er nicht mehr angeben. Beim Schalten der Gänge habe er gehört, dass ebenfalls die Drehzahl jeweils „hochgegangen“ sei, wenn F die Kupplung betätigt habe. Er habe daher vermutet, dass der Polizeibeamte K auch bei F den Gasgriff festgehalten habe. Das habe ihm sein Freund nachher auch bestätigt.

 

Auf Befragen, ob der Polizeibeamte bei den Problemen (linker Fuß am Boden bzw. Motorfahrrad nicht richtig auf der Walze) den Messvorgang abgebrochen und nochmals begonnen hat, gab der Zeuge M an, dass er das nicht wisse. Er führte auch aus, dass sein Freund während der gesamten Messung den linken Fuß am Boden hatte, relativierte diese Aussage aber nach dem Hinweis, dass sein Freund ja mit dem linken Fuß geschaltet hatte. Er gab aber an, sicher zu wissen, dass sein Freund jedenfalls nach dem Schalten in den höchsten Gang den linken Fuß wieder auf den Boden gestellt hatte und die Messung dann noch einige Sekunden mit Vollgas weiter gelaufen ist.

 

Der Polizeibeamte habe seinen Freund F gefragt, was er am Motorfahrrad verändert habe und sein Freund habe dazu gesagt, dass das Motorfahrrad „nur entdrosselt“ worden sei. Der Zeuge relativierte diese Aussage dahingehend, dass sein Freund F gesagt habe, dass dieser davon ausgehe, dass das Motorfahrrad „entdrosselt“ worden sei. Auf die Frage, wer dies gemacht habe, habe sein Freund geantwortet, dass es bereits der Vorbesitzer gemacht habe.

 

Auf Befragen, welches Motorfahrrad im realen Straßenverkehr schneller fahren konnte, gab dieser Zeuge an, dass die Fahrzeuge auf der Straße gleich schnell gefahren sind.

 

Die Zeugin GI L gab zur Überprüfung mit dem Rollenprüfstand an, dass es sich bei der gegenständlichen Kontrolle um ihre einzige derartige Amtshandlung gehandelt habe. Sie sei während der Überprüfung auf der linken Seite gestanden und habe Herrn F gehalten. Am Beginn der Messung habe dieser den linken Fuß herunter gegeben und sie habe das ihrem Kollegen K gesagt. Ob dieser die Messung neu begonnen habe, wisse sie nicht. Sie glaube, dass er den Fuß nur am Anfang der Messung einmal heruntergenommen habe, genau wisse sie aber nicht, ob dies öfters der Fall gewesen sei. Ihr Kollege habe Herrn F gefragt, ob er allenfalls die Auspuffdrossel ausgebaut habe, die Antwort des Herrn F wisse sie nicht. Sie wisse nicht mehr, ob die Messung unterbrochen oder in einem durchgeführt wurde. Sie glaube eher, dass Herr F die Gänge nur einmal durchgeschaltet habe, genau wisse sie das nicht mehr.

 

Der Zeuge AbtInsp. K führte allgemein aus, dass er derartige Überprüfungen seit ca. 10 Jahren durchführe und es sich um einen Routinevorgang handle. Sie hätten Herrn F auf beiden Seiten gesichert, seine Kollegin sei auf der linken Seite gestanden und er rechts. Er habe Herrn F so wie auch bei sonstigen Messungen belehrt, dass er die Füße auf den Fußrastern lassen müsse und die Schaltvorgänge so zu schalten sind bzw. er so Gas geben soll wie im normalen Fahrbetrieb. Die gegenständliche Messung habe einmal oder zweimal abgebrochen werden müssen, weil Herr F die Füße heruntergegeben habe und am Anfang auch das Gewicht auf den Vorderreifen verlagert hatte. Er habe dabei den Rollenprüfstand mit dem Fuß aus- und wieder eingeschaltet.

 

Während der Messung habe er das Motorfahrrad auf der rechten Seite gehalten und zwar mit der rechten Hand im Bereich des Lenkers und mit der linken Hand im Bereich des Sitzes oder des Rahmens. Es sei möglich, dass er dabei mit der rechten Hand auch Gas gegeben habe, er glaube das aber nicht, wenn dann sei es nur unabsichtlich passiert. Jedenfalls habe nicht während des gesamten Messvorganges er anstelle des Lenkers Gas gegeben. Nach der Messung habe er den Lenker gefragt, ob dieser am Fahrzeug technische Veränderungen durchgeführt habe und Herr F habe angegeben, dass die Auspuffdrossel entfernt worden sei.

 

Er habe Herrn F am Beginn der Messung gesagt, dass er vor dem Einlegen jedes neuen Ganges tatsächlich ausreichend lange und stark Gas geben müsse. Es sei bei diesen Messungen erforderlich, bei jedem Schaltvorgang vom Gas zu gehen, weil sonst das Moped nach vorne wegfahren würde. Auch Herr F sei beim Schalten jeweils kurz vom Gas gegangen.

 

Auf Befragen durch den Vertreter des Beschwerdeführers, wie er festgestellt habe, dass der „Rote Drehzahlbereich“ nicht erreicht wurde, gab der Zeuge an, dass er nicht mehr genau wisse, ob das konkrete Motorfahrrad einen Drehzahlmesser aufwies. Seine Aussage in der Stellungnahme vom 29. Dezember 2014, wonach er darauf geachtet habe, dass der rote Drehzahlbereich nicht erreicht werde, sei als allgemeine Formulierung zu verstehen, wie derartige Messungen normalerweise ablaufen. Wenn das Motorfahrrad über keinen Drehzahlmesser verfügt, kann er die erreichte Drehzahl ohne dies nur akustisch über das Motorgeräusch feststellen.

 

3.2. Zu diesen unterschiedlichen Aussagen ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Es ist naheliegend, dass der Zeuge F als von der Amtshandlung unmittelbar Betroffener den Sachverhalt so schilderte, wie er für ihn am günstigsten ist. Dies auch deshalb, weil gegen ihn wegen dieses Vorfalles ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig ist. Dem Zeugen wird keinesfalls eine bewusst falsche Aussage unterstellt, allerdings ergeben sich doch einige Widersprüche. So ist seine Behauptung, dass das Motorfahrrad seines Freundes M im realen Straßenbetrieb schneller fahren würde als sein eigenes, durch die anders lautende Aussage des Zeugen M widerlegt.

 

Auch seine Behauptung, dass er vom Polizisten angewiesen worden sei, während des gesamten Messvorganges die Vorderradbremse zu betätigen, ist nicht nachvollziehbar. Dazu führte der Sachverständige aus, dass ein gleichzeitiges Betätigen der Vorderbremse und ein ausreichend starkes Betätigen des Gasdrehgriffes nicht möglich ist. Ein ständiges Betätigen der Vorderbremse ist bei derartigen Überprüfungen weder notwendig noch sinnvoll. Der Polizeibeamte gab an, dass er den Zeugen F bezüglich des Messvorganges so belehrt hat, wie er es bei derartigen Messungen immer macht. Eine derartige unrichtige Aufforderung kann daher ausgeschlossen werden, dies auch deshalb, weil auch der Zeuge M, welcher wohl ebenfalls entsprechend belehrt wurde, nicht behauptet hat, zum Festhalten der Vorderradbremse aufgefordert worden zu sein.

 

Auch die Behauptung des Fahrzeuglenkers, dass der Zeuge K während der Messung ständig „Vollgas“ gegeben habe, ist nicht nachvollziehbar. Er hat nämlich das für diese Situation typische „Aufheulen“ des Motors während des Auskuppelns nicht erwähnt. Erst der Zeuge M hat ca. ein Monat später ein derartiges „Aufheulen“ des Motors behauptet. Auch die Polizeibeamtin L, welcher keinesfalls unterstellt werden kann, dass sie zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgesagt hätte, hat ein derartiges „Aufheulen“ des Motors nicht erwähnt, obwohl dies doch auffällig gewesen wäre.

 

Es ist durchaus nachvollziehbar, dass der Zeuge F sich am Beginn der Messung mit dem linken Fuß am Boden abstützen musste, dies wird von allen Beteiligten bestätigt. Allerdings ist die Behauptung des Polizeibeamten K, dass er nach diesem Vorfall die Messung neu gestartet hat, nachvollziehbar und glaubwürdig. Die Zeugen L und M konnten dazu keine konkreten Angaben machen und die anders lautenden Angaben des Zeugen F sind nicht geeignet die Behauptung des Polizeibeamten K zu widerlegen. In diesem Punkt zeigt sich auch die Tendenz des Zeugen M, seinen Freund zu entlasten, in dem er vorerst angegeben hat, dass F während der gesamten Messung den linken Fuß am Boden abgestellt hatte und er diese Behauptung erst nach Vorhalt, dass in diesem Fall ein Schalten nicht möglich gewesen wäre, revidierte. Vor diesem Hintergrund ist auch die Behauptung des Zeugen M, dass sein Freund F nach dem Schalten in den letzten Gang den linken Fuß auf den Boden gestellt hätte, nicht glaubwürdig. Derartiges wurde auch von keinem der sonst Beteiligten behauptet.

 

Der Zeuge M, welchem keinesfalls unterstellt wird, dass er seinen Freund F belasten wollte, hat zur Frage von möglichen technischen Änderungen von sich aus und spontan angegeben, dass F dem Polizeibeamten gesagt habe, dass das Moped „nur entdrosselt“ gewesen sei. Erst auf Nachfragen schwächte er diese Aussage dahingehend ab, dass F gesagt habe, dass er „davon ausgehe“, dass das Fahrzeug entdrosselt sei. Das habe schon der Vorbesitzer gemacht. Diese Aussage des Zeugen M passt mit den Angaben in dem von Herrn F unterfertigten Formular überein, wonach die Auspuffdrossel entfernt wurde. Der Zeuge F versuchte zwar, seine Unterschrift auf diesem Formular mit einer unvollständigen Erklärung des Polizeibeamten bzw. mit seinem „Respekt“ vor der Polizei zu erklären, diese Erklärungsversuche waren aber wenig überzeugend und sind durch die spontane Aussage seines Freundes M widerlegt.

 

Der Umstand, dass bei einer später vom Bf organisierten Messung eine niedrigere Geschwindigkeit gemessen und bei der Überprüfung durch einen Sachverständigen der Abteilung Verkehr keine Mängel oder Manipulationen festgestellt wurden, haben keinen wesentlichen Einfluss, weil es durchaus möglich ist, dass zu diesen Zeitpunkten sich das Kleinkraftrad nicht im selben technischen Zustand befunden hat wie bei der Kontrolle durch die Polizei.

 

Abschließend darf auch nicht übersehen werden, dass es sich für den Polizeibeamten K bei der gegenständlichen Messung um einen Routinevorgang handelt. Er führt derartige Messungen öfters durch, wurde entsprechend geschult und kennt den Ablauf dieser Messungen. Dem Polizeibeamten K wird nicht unterstellt, dass er bewusst versucht hätte, die Messung zu manipulieren bzw. als Zeuge falsch auszusagen. Aus seiner Äußerung dem Sohn des Beschwerdeführers gegenüber, dass er ihn nicht deswegen anders behandeln würde, weil sein Vater Bezirksfeuerwehr-kommandant ist, kann keinesfalls auf eine Voreingenommenheit oder unsachliche Motivation des Polizeibeamten geschlossen werden. Ganz im Gegenteil ist daraus abzuleiten, dass der Polizeibeamte den Beschwerdeführer bzw. dessen Sohn sachlich und korrekt behandelt hat, ohne sich durch die Funktion des Beschwerdeführers als Bezirksfeuerwehrkommandant beeinflussen zu lassen.

 

Insgesamt ist es daher als erwiesen anzusehen, dass zwar der Zeuge F am Beginn der Messung sich mit dem linken Fuß abstützen musste, die Messung jedoch vom Polizeibeamten K in weiterer Folge nochmals gestartet wurde und korrekt durchgeführt wurde. Die Behauptung, dass der Polizeibeamte K anstelle des Lenkers ständig Vollgas gegeben habe, ist hingegen nicht als erwiesen anzusehen.

 

 

4. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

4.1. Gemäß § 58 Abs. 1 KFG können die Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, oder die ihr zur Verfügung stehenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können jederzeit an Ort und Stelle den technischen Zustand und die Vorschriftsmäßigkeit eines Fahrzeuges oder seiner Teile und Ausrüstungsgegenstände überprüfen. Wird die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet, so sind die Bestimmungen des § 57 Abs. 8 anzuwenden. Weist das Fahrzeug Beschädigungen auf, die gegenwärtig seine weitere Verwendung offensichtlich ausschließen, so ist dies der Behörde anzuzeigen.

 

Gemäß § 57 Abs. 8 KFG sind dann, wenn die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet wird, bei Gefahr im Verzug, unbeschadet der Bestimmungen des § 44 Abs. 1 lit. a über die Aufhebung der Zulassung, der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln unverzüglich abzunehmen. In die Genehmigungsdatenbank ist eine Zulassungssperre für das Fahrzeug einzutragen.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 14 KFG gilt als Motorfahrrad ein Kraftrad mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 cm³ hat (Kleinkraftrad im Sinne der Richtlinie 2002/24/EG).

 

4.2. Das gegenständliche Kraftfahrzeug war als Motorfahrrad zum Verkehr zugelassen, weshalb mit diesem auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille (vergleiche § 2 Abs. 1 Z 37a KFG) eine Geschwindigkeit von 45 km/h nicht überschritten werden durfte. Im gegenständlichen Fall wurde die Geschwindigkeit mit einem Rollenprüfstand gemessen, wobei sich eine wesentliche Ungenauigkeit daraus ergibt, dass bei dieser Art der Messung der Luftwiderstand wegfällt. Bei der im konkreten Fall gemessenen Geschwindigkeit von 90 km/h ist jedoch mit Sicherheit davon auszugehen, dass die zulässige Bauartgeschwindigkeit von 45 km/h ganz massiv überschritten werden konnte. Dieses Messergebnis von 90 km/h ist aufgrund der Eichung und der ordnungsgemäßen Durchführung der Messung nach den Angaben des Sachverständigen aus technischer Sicht verwertbar. Das Messergebnis ist auch zwanglos durch die vom Lenker eingeräumte technische Manipulation am Fahrzeug (Entfernen der Auspuffdrossel) erklärbar.

 

Aufgrund der Möglichkeit, die mit diesem Fahrzeugtyp zulässige Höchstgeschwindigkeit massiv zu überschreiten, wäre bei einer weiteren Verwendung des Fahrzeuges die Verkehrssicherheit jedenfalls gefährdet worden. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht mit einer derart hohen Geschwindigkeit dieses Fahrzeuges rechnen mussten. Der Sohn des Beschwerdeführers hat das gegenständliche Kraftfahrzeug bis zu diesem Vorfall gelenkt und es ist davon auszugehen, dass er es – wäre die Kennzeichentafel nicht abgenommen worden – auch weiter gelenkt hätte. Der Polizeibeamte konnte daher keine anderen zweckmäßigen Sicherheitsmaßnahmen treffen, um eine Gefährdung der Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung dieses Kraftfahrzeuges auszuschließen, weshalb er zu Recht die Kennzeichentafel wegen Gefahr im Verzug abgenommen hat.

 

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

 

 

Zu II.

Bei diesem Ergebnis ist die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als obsiegende Partei anzusehen, weshalb sie gemäß § 35 VwGVG Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch den Beschwerdeführer hat. Gemäß § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 2013/517 beträgt dieser Kostenersatz 887,20 Euro. Ein gesonderter Kostenersatz für die Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war nicht zuzusprechen, weil dieser in der VwG-Aufwandersatzverordnung nicht vorgesehen ist.

 

 

Zu III.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Messung der Bauartgeschwindigkeit mittels Rolltester bzw. zur Abnahme der Kennzeichentafel wegen Gefahr im Verzug ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Gottfried Zöbl