LVwG-150429/8/DM – 150430/5

Linz, 02.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde 1. des R L und 2. der B L, beide vertreten durch P A mbH, xstraße x, x P, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Scharnstein vom 23.9.2014, Zl. Bau 9/2014, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Aus Anlass der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG der Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Scharnstein vom 23.9.2014, Zl. Bau 9/2014, ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Mit Berufungsbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Scharnstein (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23.9.2014 wurde der Berufung der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer R und B L (im Folgenden: Bf) gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Scharnstein vom 11.6.2014, Zl. Bau 9/2014, keine Folge gegeben und damit der Konsenswerberin, die Marktgemeinde Scharnstein, die Baubewilligung für den Zubau einer Garage beim F-D S auf Grundstück Nr. x, KG V, erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 27.10.2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

3. Mit Schreiben vom 23.4.2015 forderte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Konsenswerberin zur Projektsmodifikation auf, weil das eingereichte Projekt sowohl dem hier maßgeblichen Bebauungsplan als auch dem Oö. BauTG 2013 widerspreche.

 

4. Mit Schreiben vom 24.6.2015 gab die Konsenswerberin (vertreten durch den Bürgermeister) der belangten Behörde bekannt, dass das gegenständliche „Bauvorhaben unsererseits hiermit zurückgezogen“ werde. Dies teilte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 24.6.2015 (eingelangt am 1.7.2015) mit.

 

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Bf). Daraus ergibt sich der unter Punkt I. dargelegte Sachverhalt widerspruchsfrei.

 

 

III.        Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat anlässlich der rechtzeitigen und zulässigen Beschwerde gem § 27 VwGVG durch seine gem § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens, sohin auch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bis zur Erlassung der Entscheidung, zurückgezogen werden (§ 17 VwGVG iVm § 13 Abs 7 AVG). Die Zurückziehung eines Antrages ist als prozessuale Willenserklärung empfangs-, jedoch nicht annahmebedürftig. Sie wird mit Einlangen bei der zuständigen Behörde oder beim zuständigen Verwaltungsgericht wirksam. Damit wird sie auch unwiderruflich (vgl VwGH vom 23.7.2009, 2008/05/0241). Eine rechtzeitige Zurückziehung eines Antrages bewirkt das Erlöschen der Entscheidungspflicht sowie der Entscheidungskompetenz (Zuständigkeit) der Behörde, sodass über den Antrag nicht mehr abgesprochen werden darf (vgl VwGH vom 1.9.2009, 2008/05/0241). Wird im Beschwerdeverfahren der Antrag, der Rechtsgrundlage für das Erlassen des angefochtenen Bescheides war, zurückgezogen, bewirkt dies nicht die Beseitigung des Bescheides der Behörde. Es fehlt jedoch ab der Zurückziehung des ursprünglich gestellten (verfahrenseinleitenden) Antrags für den Bescheid eine für einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt notwendige Voraussetzung, nämlich der Antrag selbst. Der in Beschwerde gezogene Bescheid wird folglich mit Wirksamwerden der Zurückziehung des Antrages rechtswidrig. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bestand daher die Verpflichtung, den angefochtenen (mit funktioneller Unzuständigkeit belasteten) Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 13 Rz 42; VwGH vom 19.11.1998, 98/19/0132). Auf das Vorbringen der Bf war aufgrund der – von Amts wegen wahrzunehmenden – Rechtswidrigkeit (funktionelle Unzuständigkeit) des in Beschwerde gezogenen Bescheides nicht weiter einzugehen.

 

2. Im Ergebnis war der angefochtene Bescheid der belangten Behörde (und damit der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Scharnstein vom 11.6.2014, Zl. Bau 9/2014, der in dieser Berufungsentscheidung aufgegangen ist) aufgrund der im Beschwerdeverfahren erfolgten Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Baubewilligungsantrags mit Erkenntnis ersatzlos zu beheben (zur gegenständlichen Entscheidung in Form eines Erkenntnisses siehe Leeb/Zeinhofer, ZVG 2014/8, 771).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die beantragte mündliche Verhandlung konnte gem § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG (Aufhebung des angefochtenen Bescheides) entfallen.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter