LVwG-150581/6/DM/FE - 150582/2

Linz, 08.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerden 1. der I. Z. und 2. des F. W., beide vertreten durch Rechtsanwälte DDr. K. R. H., Mag. A. L., x, x B. a. I., gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mattighofen vom 15.12.2014, GZ: 131/24 (II)-2014), betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Mit Ansuchen vom 27.3.2012 beantragten T. A. und H. (in der Folge: Bauwerber) die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Verkaufsraum und Imbissverkauf auf dem Grundstück Nr. x, KG M. Das gegenständliche Baugrundstück befindet sich in der Widmung "Wohngebiet".

 

I.2. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden kurz: Erst‑Bf) ist Alleineigentümerin der direkt an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke Nr. x, x und x, KG M. Der Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden kurz: Zweit‑Bf) ist Alleineigentümer des vom Baugrundstück nur durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennten Grundstückes Nr. x, KG M.

 

I.3. Mit Kundmachung vom 14.6.2012 beraumte die Baubehörde erster Instanz (gemeinsam mit der Gewerbebehörde) unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG eine mündliche Bauverhandlung für den 2.7.2012 an. Der Erst‑Bf wurde ordnungsgemäß mittels Rückschein zugestellt. Der Zweit‑Bf bestätigte den Erhalt der Kundmachung mittels Unterschrift (siehe Verständigungsvermerk im Bauakt, ON 2).

 

Bei dieser Verhandlung stellte sich heraus, dass – für die Beurteilung aus gewerbebehördlicher Sicht – auf Grund der bestehenden Verkehrssituation die Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen erforderlich sei. Daher wurde die Verhandlung bis zum Vorliegen des verkehrstechnischen Gutachtens vertagt.

 

Mit Kundmachung vom 25.10.2012 wurde die Fortsetzung der Bauverhandlung vom 2.7.2012 für den 13.11.2012 anberaumt (wiederum gemeinsam mit der Gewerbebehörde). In der Kundmachung wurde wiederum auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG hingewiesen. Die Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: Bf) wurden dazu ordnungsgemäß (mittels Rückschein bzw. persönlicher Überreichung der Verständigung) geladen.

 

Mit Eingabe vom 2.7.2012 erhob die Erst‑Bf Einwendungen gegen das beantragte Bauvorhaben und brachte dazu Folgendes vor:

 

"1. Auf Grund der Höhe des Gebäudes (10Meter) und der höheren Lage des Grundstücks, habe ich bereits zu Mittag auf meinem Grundstück bzw. Terrasse kein Licht (Sonne) mehr.

 

2. Der Höhen-Unterschied zwischen dem Grundstück x T. und dem Grundstück x, wie wird dieses Problem gelöst????

 

3. Das Grundstück wird komplett verbaut. Wo befindet sich der Sickerschacht für die Niederschlagswässer?? Welche folgen hat dies für mein Grundstück bzw. Haus. Da der Grundwasserspiegel bereits sehr hoch ist und die Versickerung der Niederschlagsmengen nun nicht mehr natürlich erfolgt. (Gutachten).

 

4. Die im Plan eingezeichneten Parkplätze befinden sich bereits auf fremdem Eigentum. Die ausgewiesenen 500m2 stehen der Familie T. nicht uneingeschränkt zur Verfügung. (Nutzungsrecht) für Grundstück x.

 

5. Im Anhang: Einwände, vorgebracht bei der Gewerbebehörde: BH‑Braunau/Inn zur Kenntnisnahme auch an die Gemeinde Mattighofen."

 

Mit Schriftsatz vom 12.11.2012 konkretisierte die Erst‑Bf - nunmehr rechtsanwaltlich vertreten - ihre Einwände gegen das Bauvorhaben. Sie bringt darin folgende Themen vor: Gewerbebetrieb im Wohngebiet; Bau eines Kellers/Untergrund (Statik); Parkplatzsituation; Ausfahrtsmöglichkeiten / Verkehrssituation; Emissionen; Sicherheitssituation.

 

In der baubehördlichen Verhandlungsschrift vom 13.11.2012 wird hinsichtlich der Einwendungen des Zweit‑Bf auf die gewerbebehördliche Niederschrift vom 13.11.2012 verwiesen. Darin wurde auf Seite 2 vermerkt, dass Einwendungen des Zweit-Bf eingelangt seien und diese der Verhandlungsschrift als Beilage B angeschlossen würden. Der Zweit-Bf bringt in diesen Einwendungen vom 11.7.2012 Befürchtungen hinsichtlich seiner Gewerbeausübung, einer Verschlechterung der Verkehrssituation, einer Besitzstörung durch Befahren seiner Liegenschaft sowie einer Beeinträchtigung durch Lärm und Geruch durch den Imbissstand und den Verkaufsraum vor.

 

I.4. Mit Bescheid vom 28.10.2014 erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Mattighofen als Baubehörde erster Instanz die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung einer Reihe von Bedingungen und Auflagen. Zu den Einwendungen der Bf wurde unter Hinweis auf § 31 Abs. 6 Oö. BauO 1994 ausgeführt, dass bereits ein gewerberechtlicher Genehmigungsbescheid (Anmerkung: der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn) für die Errichtung und den Betrieb einer Imbissstube sowie eines Verkaufsraumes im Erdgeschoß des neu zu errichtenden Einfamilienhauses vom 19.8.2013, GZ:. Ge20‑51‑2012, erlassen worden sei. Dieser gewerberechtliche Genehmigungsbescheid sei vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 7.5.2014, Zl. LVwG‑850017/5/Bm/AK, bestätigt worden. Darüber hinaus wurde unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - soweit hier relevant - noch ausgeführt, dass bezugnehmend auf die Einwendungen der Anrainer betreffend befürchteter Verschlechterung der Verkehrsverhältnisse auf der öffentlichen Verkehrsfläche kein subjektives Nachbarrecht abgeleitet werden könne.

 

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 7.5.2014, Zl. LVwG‑850017/5/Bm/AK, wurde der Bescheid der Bezirkshaupt-mannschaft Braunau am Inn vom 19.8.2013, GZ: Ge20‑51‑2012, mit welchem die gewerbebehördliche Genehmigung für die gegenständliche Anlage gemäß § 359b GewO 1994 erteilt wurde, nach Einholung eines ergänzenden schalltechnischen sowie straßenverkehrstechnischen Gutachtens bestätigt.

 

Gegen den Baubewilligungsbescheid vom 28.10.2014 erhoben sowohl die Erst‑Bf als auch der Zweit‑Bf durch ihre gemeinsame rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 7.11.2014 Berufung. Darin erfolgten Ausführungen zu folgenden Themen: Keller/Untergrund/Statik; Parkplatzsituation; Mindestabstand zu den Nachbargrundstücken; Niveauunterschied der Grundstücke; Immissionen; Verschlechterung der Verkehrsverhältnisse.

 

I.5. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mattighofen (= belangte Behörde) vom 15.12.2014, GZ: 131/24 (II)‑2014, wurden die Berufungen der Bf als unzulässig zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Erst‑Bf wurde begründet, dass sowohl die Tragfähigkeit des Untergrundes des Bauplatzes und die Rutschgefahr als auch die eingewendete Parkplatz- und Verkehrssituation keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte darstellen würden. Bei der der Erst‑Bf eingeräumten Dienstbarkeit handle es sich um ein in der Privatrechtsordnung begründetes subjektives Recht und stelle dieses somit eine von den Zivilgerichten zu klärende Rechtsfrage dar, weshalb die Erst‑Bf diesbezüglich auf den Zivilrechtsweg zu verweisen sei. Nach § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 würden Einwände über die Abstände zu Nachbargrenzen und Nachbargebäuden zwar als subjektiv-öffentliche Einwendungen gelten, doch hätten diese bei der Bauverhandlung vorgebracht werden müssen und seien sohin präkludiert. Auch bei dem in der Berufungsschrift eingewendeten Niveauunterschied handle es sich um ein neues Vorbringen, das vor der Bauverhandlung schriftlich oder bei der Bauverhandlung mündlich vorgebracht hätte werden müssen. Zudem sei daraus ebenfalls kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht ableitbar. Gegenständliches Bauvorhaben befinde sich in der Widmung "W" (= Wohngebiet) im Sinne von § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994. Gemäß Anlage 3 Z 3 Oö. Betriebstypenverordnung 1997 seien in dieser Widmungskategorie Betriebe des Gastgewerbes mit bis zu 100 Sitz- oder Verabreichungsplätzen zulässig. Wie aus dem genehmigten Bauplan klar ersichtlich sei, seien beim gegenständlichen Bauvorhaben lediglich 6 Verabreichungsplätze geplant.

Hinsichtlich des Zweit‑Bf wurde ausgeführt, dieser habe laut Niederschrift weder bei der ersten Bauverhandlung am 2.7.2012 noch bei der Bauverhandlung am 13.11.2012 gegen das Bauvorhaben schriftlich noch mündlich Einwände erhoben. Vielmehr seien schriftliche Einwendungen gegen das gewerbebehördliche Verfahren eingebracht worden, welche im gegenständlichen baubehördlichen Verfahren unbeachtlich seien. Der Zweit‑Bf habe zusammengefasst seine Stellung als Partei im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG verloren, weshalb die Berufung wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen gewesen wäre.

 

Die Bf erhoben gegen diesen Bescheid rechtzeitig Beschwerde und begründeten diese im Wesentlichen wie in der Berufung. Zur von der belangten Behörde angenommenen Präklusion des Zweit‑Bf wurden keine Ausführungen gemacht.

 

I.6. Die belangte Behörde legte dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 15.1.2015 die Beschwerden der Bf samt bezughabendem Bauakt vor.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 7.5.2014, Zl. LVwG-850017/5/Bm/AK, betreffend das gewerbebehördliche Verfahren, weiters durch Einholung aktueller Grundbuchsauszüge zu den Liegenschaften der Bf (ON 5 des verwaltungsgerichtlichen Aktes) sowie Beischaffung der gewerbebehördlichen Verhandlungsschrift vom 2.7.2012 und 13.11.2012 (ON 2 und 3 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Daraus ergibt sich der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt widerspruchsfrei.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht erforderlich, zumal der maßgebliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage feststeht und ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen waren.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Die hier relevante Bestimmung der Oö. BauO 1994, LGBl. nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, lautet auszugsweise wie folgt:

 

㤠31

Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt

 

...

 

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

 

...

 

(6) Bei baulichen Anlagen, die auch einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfen, sind Einwendungen der Nachbarn, mit denen der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen geltend gemacht wird, nur zu berücksichtigen, soweit sie die Frage der Zulässigkeit der Betriebstype in der gegebenen Widmungskategorie betreffen.“

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch die §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG normierten Prüfungsumfanges erwogen:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass die Bf unstrittig Nachbarn iSd § 31 Abs. 1 Oö. BauO 1994 sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Der Nachbar kann nach der oberösterreichischen Rechtslage im Baubewilligungsverfahren daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. als Beispiel für viele etwa das Erkenntnis des VwGH vom 12.6.2012, 2009/05/0105, mwN). Der Nachbar behält seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zudem nur, wenn er (taugliche) Einwendungen im Rechtssinn erhoben hat. Eine Einwendung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen ist, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Er muss zwar das Recht, in dem er sich verletzt erachtet, nicht ausdrücklich bezeichnen und auch nicht angeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt, und er muss seine Einwendung auch nicht begründen, jedoch muss daraus erkennbar sein, welche Rechtsverletzung behauptet wird (vgl. VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146; 27.2.2013, 2010/05/0203 jeweils mwN).

 

IV.1. Zur Beschwerde der Erst-Bf:

 

IV.1.1. Wie die belangte Behörde bereits richtig ausgeführt hat, steht dem Nachbarn in Fragen der Tragfähigkeit des Untergrundes des Bauplatzes und der Statik kein Mitspracherecht zu (vgl. zuletzt VwGH 24.2.2015, 2013/05/0054; 30.1.2014, 2012/05/0177). Die diesbezügliche Einwendung der Erst-Bf geht daher ins Leere.

 

IV.1.2. Das gilt auch für das Vorbringen der Zweit-Bf zur Parkplatzsituation. Ihrer Ansicht nach seien die Auswirkungen der zu geringen Zufahrts- und Parkmöglichkeiten in Bezug auf die Nachbargrundstücke im erstinstanzlichen Bescheid nicht ausreichend geprüft worden. Unter Hinweis auf die StVO sei ihres Wissens entlang der Stifterstraße (also entlang des beabsichtigten Bauvorhabens) Parken nicht erlaubt, weil die Straße zu schmal sei und nicht dauernd zwei Fahrspuren auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr für den fließenden Verkehr freibleiben würden. Zudem sei das Parken vor Grundstückseinfahrten (also bei der Einfahrt zum Grundstück der Erst-Bf) verboten. … Die Beschaffenheit der sechs Stellplätze und deren örtliche Situierung seien von der Erstbehörde nicht konkretisiert worden. Nach Meinung der Erst-Bf können diese Stellplätze auf dem Baugrundstück nicht errichtet werden, ohne ihre Dienstbarkeit zu beeinträchtigen oder die Parkenden zu einem Verstoß gegen § 24 StVO zu verleiten. … Diesbezüglich kann auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach Nachbarn hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen kein Recht zusteht (vgl. als Bsp für viele VwGH 15.2.2011, 2009/05/0017). Was die von der Erst-Bf angeführte Dienstbarkeit anlangt, so ist der Begründung der belangten Behörde beizupflichten, wonach es sich dabei um eine privatrechtliche Einwendung handelt. Privatrechtliche Einwendungen der Nachbarn, die zwingenden, von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmungen nicht widersprechen, sind jedoch nicht von der Baubehörde im Baubewilligungsverfahren zu erledigen (vgl. hiezu VwGH 31.7.2007, 2006/05/0114). Privatrechtliche Einwendungen von Nachbarn führen daher nicht dazu, dass die Baubewilligung zu versagen wäre (vgl. VwGH 21.12.2010, 2009/05/0277).

 

IV.1.3. Die Erst-Bf befürchtet weiters, dass aufgrund des Niveauunterschiedes und der großflächigen Bebauung des Baugrundstückes Überwasser- oder Oberflächenwasser auf das Grundstück der Erst-Bf abfließen könnte. In Kombination mit der nicht hinreichend geklärten Statik könnte dies neben dem Zufluss von Überwässern auch zu einer erheblichen Verschiebung von Erdreich auf das Grundstück der Erst-Bf führen.

 

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Erst-Bf mit diesen Einwendungen präkludiert sei, da diese entgegen § 42 AVG bis zum Schluss der mündlichen Bauverhandlung nicht vorgebracht worden seien. Die Erst-Bf bringt hinsichtlich Präklusion in ihrer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nichts vor.

 

Es ist richtig, dass im Schriftsatz der rechtfreundlichen Vertretung der Erst-Bf vom 12.11.2012 („Konkretisierung der Einwände gegen das Bauvorhaben“) diesbezüglich nichts vorgebracht wird. In ihrem vorab – ohne Rechtsvertretung – eingebrachten Schreiben an die Baubehörde vom 2.7.2012 bringt sie unter Punkt 2. und 3. dazu Folgendes vor:

 

„2. Der Höhen-Unterschied zwischen dem Grundstück x T. und dem Grundstück x, wie wird dieses Problem gelöst????

 

3. Das Grundstück wird komplett verbaut. Wo befindet sich der Sickerschacht für die Niederschlagswässer?? Welche folgen hat dies für mein Grundstück bzw. Haus. Da der Grundwasserspiegel bereits sehr hoch ist und die Versickerung der Niederschlagsmengen nun nicht mehr natürlich erfolgt. (Gutachten).“

 

Im Rahmen der mündlichen Bauverhandlung führte der bautechnische Amtssachverständige in der Auflage 5. seines Gutachtens (Auflage 6. des Baubewilligungsbescheides vom 28.10.2014) aus, dass Dach- und Grundabwässer auf eigenem Grund und Boden zur Versickerung zu bringen seien, sodass Nachbargrundstücke sowie die öffentliche Straße durch abfließendes Niederschlagswasser nicht beeinträchtigt werden. Die Versickerungsanlagen seien entsprechend ÖNORM B 2506-1 herzustellen und zu betreiben. Die Erst-Bf bringt in ihrer Beschwerde substantiiert nichts vor, weshalb sie mit dieser im Baubewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflage nicht ausreichend geschützt sein soll. Unter diesem Aspekt kann es dahingestellt bleiben, ob es sich bei ihren Ausführungen vom 2.7.2012 um Einwendungen im Rechtssinn handelt oder nicht.

 

Soweit die Erst-Bf eine Unterschreitung des Mindestabstandes durch eine allfällige nachträgliche Isolierung der Außenmauer befürchtet, ist der belangten Behörde zuzustimmen, wonach die Erst-Bf mit diesem Einwand jedenfalls präkludiert ist. Sie ist jedoch ohnedies darauf hinzuweisen, dass das Bauverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist, bei dem die Zulässigkeit des Bauvorhabens aufgrund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist (vgl. bspw VwGH 4.9.2001, 2000/05/0074).

 

IV.1.4. Soweit die Erst-Bf schließlich auf die Emissionen der geplanten Imbissstube samt Verkaufsraum und sechs Stellplätzen verweist und moniert, es liege keine Üblichkeit eines derartigen Betriebes im gegenständlichen Wohngebiet vor, ist auf § 31 Abs. 6 Oö. BauO 1994 hinzuweisen. Danach sind bei baulichen Anlagen, die auch einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfen, Einwendungen der Nachbarn, mit denen der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen geltend gemacht wird, nur zu berücksichtigen, soweit sie die Frage der Zulässigkeit der Betriebstype in der gegebenen Widmungskategorie betreffen.

 

Das beantragte Bauvorhaben bedarf (jedenfalls hinsichtlich der Errichtung und des Betriebes einer Imbissstube samt Verkaufsraum und sechs Stellplätzen) einer gewerbebehördlichen Genehmigung, welche mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19.8.2013 (bestätigt durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Entscheidung vom 7.5.2014) auch erteilt wurde. Die davon ausgehenden Emissionen wurden in diesem Verfahren geprüft, weshalb keine Prüfkompetenz für die Baubehörde besteht. Zur Zulässigkeit der Betriebstype in der gegenständlichen Widmung des Baugrundstückes wird in der Beschwerde nichts vorgebracht.

 

IV.2. Zur Beschwerde des Zweit-Bf:

 

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Zweit-Bf präkludiert ist. Er habe laut Niederschrift weder bei der ersten Bauverhandlung am 2.7.2012 noch bei der Bauverhandlung am 13.11.2012 gegen das Bauvorhaben weder schriftlich noch mündlich Einwände erhoben. Vielmehr seien schriftliche Einwendungen gegen das gewebebehördliche Verfahren eingebracht worden, die im gegenständlichen baubehördlichen Verfahren unbeachtlich seien. Der Zweit-Bf tritt dem in der Beschwerde nicht entgegen.

 

Der Annahme der belangten Behörde, der Zweit-Bf habe keine Einwendungen im Bauverfahren erhoben, ist dann zuzustimmen, wenn diese davon ausging, dass keine zulässigen Einwendungen erhoben wurden (und er daher präkludiert ist). Aus der Verhandlungsschrift vom 13.11.2012 ergibt sich nämlich, dass er in seiner Stellungnahme auf die gewerbebehördliche Niederschrift vom 13.11.2012 verweist. In dieser wiederum wird von der Verhandlungsleiterin bekannt gegeben, dass Einwendungen der Firma F. W. e.U. eingelangt seien und diese der Verhandlungsschrift als Beilage B angeschlossen werde. In diesem Schreiben des Zweit-Bf vom 11.7.2012 bringt dieser jedoch keine zulässigen Nachbareinwendungen für das Bauverfahren (keine ausreichende Anzahl an Parkplätzen; Verschlechterung der Verkehrssituation; Befürchtung, dass sein Vorplatz als Umkehr und Parkplatz missbraucht werde; Geruchs- und Lärmbelästigung durch den Imbissstand und den Verkaufsraum) vor. Im Ergebnis ist die belangte Behörde daher zu Recht von der Präklusion des Zweit-Bf ausgegangen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.


 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter