LVwG-300618/4/Re/Rd

Linz, 16.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde des Herrn Dkfm. P H, pA P P E GmbH, x, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14. Jänner 2015, Ge96-132-2014, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeit­gesetz,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen, wie nachstehend angeführt, herabgesetzt werden:

Zu Faktum 1:

a)   180 Euro, EFS 18 Stunden

b)   180 Euro, EFS 18 Stunden

c)   270 Euro, EFS 27 Stunden

d)   360 Euro, EFS 36 Stunden

e)   180 Euro, EFS 18 Stunden

f)    270 Euro, EFS 27 Stunden

g)   180 Euro, EFS 18 Stunden

Zu Faktum 2:

a)   140 Euro, EFS 14 Stunden

b)   280 Euro, EFS 28 Stunden

c)   bis j) jeweils 140 Euro, EFS jeweils 14 Stunden

Zu Faktum 3:

a)   bis p) jeweils 180 Euro, EFS jeweils 18 Stunden.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe be­stätigt, dass im Spruch der Sitz der verfahrensgegenständlichen Gesellschaft mit:  E, x, konkretisiert wird; weiters, dass die verletzte Rechtsvorschrift zu Faktum 3 lautet: § 28 Abs. 2 Z 3 iVm § 12 Abs. 1 iZm § 12 Abs. 2a AZG“. 

 

 

II.       Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird mit 568 Euro (10 % der nunmehr festgesetzten Geldstrafen) bestimmt.  Ge­mäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kosten­beitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14. Jänner 2015, Ge96-132-2014, wurden über den Beschwerdeführer wegen Verwaltungs­übertretungen gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 iVm § 9 Abs. 1 AZG (Fakten 1 und 2) sowie § 28 Abs. 2 Z 3 iVm § 12 Abs. 1 AZG (Faktum 3) Geldstrafen von
280 Euro, EFS 28 Stunden (Fakten 2a, 2c bis 2j), 360 Euro, EFS von 36 Stunden (Fakten 1a, 1b, 1e, 1g und 3a bis 3p), 540 Euro, EFS 54 Stunden (Fakten 1c und 1f), 560 Euro, EFS 56 Stunden (Faktum 2b) sowie 720 Euro, EFS 72 Stunden (Faktum 1d), verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handels­rechtlicher Geschäfts­führer der P P E GmbH mit Sitz in E zu verantworten hat, dass bei der Auswertung der aufgrund einer am 18. Februar 2014 vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Betriebsbesichtigung angeforder­ten Arbeitszeitaufzeichnungen für den Monat Februar 2014 Folgendes festgestellt wurde:

 

1)

Der/Die Arbeitnehmer/in

a)   K M wurde am 20.2.2014 12 Stunden und 32 Minuten,

b)   Z L wurde am 20.2.2014 12 Stunden und 32 Minuten,

c)   E H wurde am 17.2.2014 auf den 18.02.2014 14 Stunden,

d)   Y M wurde am 2.2.2014 13 Stunden und 30 Minuten und am 3.2.2014 15 Stunden,

e)   G M wurde am 4.2.2014 12 Stunden und 9 Minuten,

f)    G S wurde vom 20.2.2014 auf den 21.2.2014 14 Stunden und
21 Minuten,

g)   Y S wurde vom 12.2.2014 auf den 13.2.2014 12 Stunden und 49 Minuten

beschäftigt, obwohl die Tagesarbeitszeit zehn Stunden nicht überschreiten darf.

 

2)

Der/Die Arbeitnehmer/in

a)   K M wurde in der Woche 17.2. bis 23.2.2014 64 Stunden und
9 Minuten,

b)   Z L wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 68 Stunden und
4 Minuten, und in der Woche 17.2. bis 23.2.2014 63 Stunden und
41 Minuten,

c)   Y M wurde in der Woche 17.2.bis 23.2.2014 65 Stunden und 57 Minuten,

d)   K A wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 64 Stunden und 14 Minuten,

e)   U H wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 60 Stunden und
16 Minuten,

f)    T F wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 62 Stunden und
17 Minuten,

g)   P A wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 64 Stunden und
15 Minuten,

h)   S A wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 62 Stunden und
13 Minuten,

i)     Y T wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 60 Stunden und
12 Minuten,

j)    T D wurde in der Woche 3.2. bis 9.2.2014 62 Stunden und 25 Minuten,

beschäftigt, obwohl die Wochenarbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten darf.

 

3)

Dem/Der Arbeitnehmer/in

a)   K H wurde vom 9. auf den 10.2.2014 eine Ruhezeit von
6 Stunden und 45 Minuten,

b)   S G wurde vom 23. auf den 24.2.2014 eine Ruhezeit von
6 Stunden und 34 Minuten,

c)   Ö S wurde vom 9. auf den 10.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 36 Minuten,

d)   K A wurde vom 2. auf den 3.2.2014 eine Ruhezeit von 7 Stunden und 32 Minuten,

e)   U H wurde vom 2. auf den 3.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 20 Minuten,

f)    T F wurde am 9. auf den 10.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 35 Minuten,

g)   D M wurde vom 2. auf den 3.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 48 Minuten,

h)   A A C wurde vom 9. auf den 10.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 36 Minuten,

i)     A N wurde vom 9. auf den 10.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 33 Minuten,

j)    P A wurde vom 9. auf den 10.2.2014 eine Ruhezeit von 7 Stunden und 32 Minuten,

k)   S A wurde am 24.2.2014 eine Ruhezeit von 7 Stunden und
26 Minuten,

l)     Y T wurde vom 9. auf den 10.2.2014 eine Ruhezeit von 7 Stunden und 36 Minuten,

m) T D wurde vom 2. auf den 3.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 36 Minuten,

n)   G S wurde vom 2. auf den 3.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 20 Minuten,

o)   G M wurde vom 23. auf den 24.2.2014 eine Ruhezeit von
7 Stunden und 33 Minuten,

p)   G S wurde vom 2. auf den 3.2.2014 eine Ruhezeit von 7 Stunden und 28 Minuten gewährt,

 

  obwohl nach Beendigung der Tagesarbeitszeit den ArbeitnehmerInnen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden – bei Arbeiten, die werktags und sonntags einen ununterbrochenen Fortgang mit Schichtwechsel erfordert, nicht weniger als 8 Stunden – zu gewähren ist.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Verringerung des Strafausmaßes beantragt. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde explizit verzichtet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Überschreitungen lediglich am Standort E – veranlasst durch das massive Insolvenzrisiko Anfang 2014 wegen des Verlusts zweier Hauptkunden – die dadurch zwingend notwendige Umstellung der Produktion von Freizeitmöbeln auf die Produktion technisch höchst anspruchs­voller Teilefertigung für die Automobilindustrie, aufgetreten seien.  

Die Qualitätsansprüche der Automobilindustrie würden aufgrund der hohen technischen Anforderungen grundsätzlich erhebliche Qualitäts- und Schadener­satz­risiken für die Zulieferer bergen, weshalb das Management vordringlich Maßnahmen zur Sicherung des Standortes ergriffen habe. Hätte sich der Standort E nicht in der P-Gruppe befunden und die Möglichkeit von Auftragsverlagerungen von anderen Standorten nach E bestanden, hätte der Standort wohl aller Wahrscheinlichkeit nicht gehalten werden können. Zudem sei der kurzfristige Personalaufbau qualifizierten Personals im Bereich E und Umgebung nicht möglich gewesen.

Vor Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat habe es keine Beanstandungen bezüglich Überschreitungen nach dem AZG gegeben. Dem Management sei in der Umstellungsphase nicht bewusst gewesen, dass Übertretungen im Bereich Arbeitszeitüberschreitungen aufgetreten seien, da die Branche, in der die P-Gruppe ansonsten agiere, nicht auffällig für derartige Probleme sei, in grundsätzlich klaren Schichten arbeite und generell in keinster Weise mit derartigen Übertretungen zu kämpfen habe.

Zwischenzeitig seien auch klare Regelungen zur Vermeidung weiterer Verstöße installiert worden. Die Umstellungsmaßnahmen zum Erhalt des Standortes seien jedoch noch in der Umsetzung und nach wie vor schwierig, die Probleme der Produktion, Logistik und Verwaltung noch nicht beseitigt und der Standorterhalt, insbesondere aus Ergebnissicht nach wie vor kritisch.

Aufgrund der erläuternden besonderen Umstände (Insolvenzrisiko, Qualitäts­risiken, Change Management-Maßnahmen usw.) sei daher von keiner Schutz­behauptung, sondern von einer Tatsachenfeststellung auszugehen, welche von der Behörde in die Gesamterwägungen hätte miteinbezogen werden müssen.

Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass in dieser besonderen Situation die Strafzumessung als „am unteren Ende“ definiert werde, wobei der Behörde auch das Instrumentarium einer zielführenden Abmahnung zur Abstellung der Maß­nahmen zur Verfügung gestanden hätte.

 

Zur Höhe der Strafzumessung im Einzelnen sei des Weiteren wegen der Verantwortlichkeit der Geschäftsführung sowie des Unternehmens selbst auszu­führen, dass der Gesamtbetrag bzw. die Strafhöhe als unangemessen hoch erachtet werde. Ob eine allfällige Minderung (keine Vorstrafen usw.) der Strafhöhe vom Arbeitsinspektorat tatsächlich in die Bewertung miteingeflossen war, habe aufgrund der Ausführungen im Straferkenntnis keiner Überprüfung unterzogen werden können.            

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesver­waltungs­gericht vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck wurde am Verfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 13. April 2015 wurde ausgeführt, dass einer Aufhebung des Strafbescheides nicht zugestimmt, jedoch aufgrund der im Zusammenhang mit der Arbeitszeitüberprüfung getätigten Umstellungen im Betrieb, welche nunmehr die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gewährleisten sollten, einer Herabsetzung des Gesamtstrafausmaßes auf
6.040 Euro zugestimmt werde.  

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Der Sachverhalt erscheint hinreichend geklärt und wurde dieser vom Beschwerdeführer dem Grunde nach auch nicht bestritten. Es hat daher nur mehr die rechtliche Beurteilung der Verschuldensfrage zu erfolgen.

 

Gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von einer Verhand­lung absehen, wenn in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Von keiner der Verfahrensparteien wurde die Durchführung einer Verhand­lung beantragt; vielmehr wurde vom Beschwerdeführer ausdrücklich darauf verzichtet.

Angesichts dieser Sach- und Rechtslage konnte daher eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwort­liche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 AZG darf die Tagesarbeitszeit zehn Stunden und die Wochen­arbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten, sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammen­treffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit Arbeits­zeitverlängerungen nicht überschritten werden.

 

Gemäß § 12 Abs. 1 AZG ist den Arbeitnehmern nach Beendigung der Tages­arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren. Bei Arbeiten, die werktags und sonntags einen ununterbrochenen Fortgang mit Schichtwechsel erfordern, kann die tägliche Ruhezeit einmal im Schichtturnus bei Schichtwechsel auf eine Schichtlänge, jedoch auf nicht weniger als acht Stunden verkürzt werden (§ 12 Abs. 2a AZG). 

 

Gemäß § 28 Abs. 2 AZG sind Arbeitgeber, die

Z 1: Arbeitnehmer über die Höchstgrenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 2, § 7, § 8 Abs. 1, 2 oder 4, § 9, § 12a Abs. 5, § 18 Abs. 2 oder 3, § 19a Abs. 2 oder 6 oder § 20a Abs. 2 Z 1 hinaus einsetzen;

Z 3: tägliche Ruhezeit gemäß § 12 Abs. 1 bis 2b, § 18a, § 18b Abs. 1, § 18c
Abs. 1, § 18d, § 18g, § 19a Abs. 8, § 20a Abs. 2 Z 2 oder § 20b Abs. 4 oder Ruhezeit­verlängerungen gemäß § 19a Abs. 4, 5 oder 8 oder § 20a Abs. 2 Z 1 nicht gewähren,

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis
1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der P-P E GmbH mit dem Firmensitz in  E, x, und mangels Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 VStG, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich iSd § 9 Abs. 1 VStG. Er ist demnach in Bezug auf den, im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher ausgeführten Tatzeitraum, auch verwaltungsstrafrechtlich für die Ein­haltung der gesetzlichen Bestimmungen des AZG verantwortlich.

 

Vom Beschwerdeführer wurden die Arbeitszeitüberschreitungen bzw. die Ruhe­zeitunterschreitungen nicht bestritten.

Es hat daher der Beschwerdeführer als im gegenständlichen Fall für die Einhal­tung der Verwaltungsvorschriften verantwortliches Organ der Arbeitgeberin der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses konkret bezeichneten Arbeit­nehmerInnen die Nichteinhaltung der gemäß § 9 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 AZG normierten Tages- und Wochenarbeitszeiten und Ruhezeiten zu vertreten. Der Beschwerdeführer erfüllt den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen und hat diese auch zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen Ungehorsams­de­likte dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässig­keit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsbeweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein ge­eignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Allgemein gehaltene Behaup­tungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus. Die vom Beschwerdeführer angestrebte Entlastung ist im Sinne des § 5 Abs. 1 letzter Satz VStG nicht vollständig gelungen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der/die Arbeitgeber/in durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden und den Anordnungen auch ent­sprochen wird. Es bedarf konkreter Behauptungen, durch welche innerbe­trieblichen organisatorischen Maßnahmen eine Übertretung des Gesetzes hätte verhindert werden sollen (vgl. VwGH vom 26.9.2008, 2007/02/0317 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist.

 

Vom Beschwerdeführer wurde das massive Insolvenzrisiko zum Tatzeitpunkt und der dadurch bedingten zwingend notwendigen Umstellung der Produktion, um den Standort des Unternehmens zu sichern, als Grund für die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen genannt. Es sei auch der kurzfristige Personalaufbau qualifizierten Personals im Bereich E und Umgebung nicht möglich gewesen. Soweit diese Umstände aus Sicht des Beschwerdeführers als Not­standssituation vorgebracht werden, kann sich dieser Ansicht das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3.12.1992, 92/18/0084, jedoch nicht anschließen; darin wurde ausge­sprochen, dass (hier eine Unterschreitung der Ruhezeit) in der Abwendung der Gefahr einer wirtschaftlichen Schädigung kein Notstand iSd § 6 VStG erblickt werden kann. Auch stellt ein Arbeitskräftemangel keinen Schuldausschließungsgrund dar (vgl. VwGH vom 26.9.1991, 91/09/0068). Vom Beschwerdeführer wurde auch nicht dargelegt, dass er hinsichtlich des fehlenden geeigneten Personals eine entsprechende Meldung iSd § 20 Abs. 2 AZG beim Arbeitsinspektorat veranlasst habe. Der Umstand, wonach dem Management in der Umstellungsphase nicht bewusst gewesen sei, dass Übertretungen im Bereich der Arbeitszeit auftreten würden, kann ebenfalls nicht als schuldbefreiend gewertet werden, steht doch außer Zweifel, dass sich der Unternehmer vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit um alle relevanten Bereiche, also auch um jene der Arbeitszeitvorschriften, zu informieren und entsprechende Anpassungen vorzu­nehmen hat, um eine gesetzeskonforme Einhaltung zu gewährleisten. Die „Rettung“ eines Unternehmens kann keinesfalls zu Lasten der Schutzvorschriften der Arbeitnehmer gehen, auch wenn diese mit der Vorgehensweise einver­standen sind.       

 

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Entlastungsbeweise waren nicht geeignet, ihn von seinem schuldhaften Verhalten zu befreien, weshalb er auch in subjektiver Hinsicht die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat.  

 

6. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

6.1. Der Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Höchstgrenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit und der Ruhezeiten ist darin begründet, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein und eine Ausbeutung der beschäftigten Arbeitnehmer hintan gehalten werden soll. Durch die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Dauer der Arbeitszeitverletzungen ist davon auszugehen, dass dieses Rechtsgut intensiv beeinträchtigt war.

 

6.2. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich der jeweiligen Fakten Geldstrafen von 280 Euro bis 720 Euro, dies bei einem Strafrahmen von jeweils 72 Euro bis 1.815 Euro verhängt. Ein Wiederholungsfall liegt gegenständlich nicht vor. Weiters ist die belangte Behörde von einer Schätzung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro, keine Sorge­pflichten und Eigen­­tümer eines Einfamilienhauses, ausgegangen und wurde diese bei der Straf­bemessung herangezogen. Dieser Schätzung wurde im Beschwerde­verfahren nichts Gegenteiliges vorgebracht, sodass von deren Richtigkeit auszugehen war. Strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbeschol­tenheit, strafer­schwerend die Anzahl und Dauer der Übertretungen gewertet.

 

6.3. Die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf das nunmehrige Ausmaß herabgesetzten Geldstrafen erscheinen durchaus tat- und schuldan­gemessen und auch geeignet, den Beschwerdeführer künftighin zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen anzuhalten. So wurde strafmildernd auch das Bemühen der Arbeitsplatzerhaltung und die einsichtige Haltung berücksichtigt. Weitere, von der Behörde als Schutzbehauptungen bezeichnete Tatsachen­feststellungen konnten sich darüber hinaus nicht mehr weiter mildernd auswirken und wurden dabei mitberücksichtigt. Einer weitergehenden Herabsetzung im tatsächlich unteren Bereich des Strafrahmens standen aber die erheblichen Arbeitszeitüber- bzw. Ruhezeitenunterschreitungen entgegen.

 

Vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck wurde die Zustimmung zur Herabsetzung der verhängten Geldstrafen im Ausmaß von 6.040 Euro – sohin die Halbierung der von ihr beantragten Strafhöhe – aufgrund des kooperativen Verhaltens des Beschwerdeführers bekundet.

Dazu wird bemerkt, dass der belangten Behörde bzw. dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck bei der Addierung der jeweiligen Strafbeträge ein Rechenfehler unterlaufen ist, da im angefochtenen Straferkenntnis bzw. der Strafanzeige der Gesamtbetrag mit 12.080 Euro, anstatt richtigerweise mit 11.360 Euro, genannt wurde. Da nunmehr vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die jeweiligen Geldstrafen herabgesetzt wurden, war eine diesbezügliche Berichtigung im Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses ent­behrlich.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen, insbesondere ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe, nicht vorlagen.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort­führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Von einem geringfügigen Verschulden war nicht auszugehen, hat der Beschwerdeführer doch sein Hauptaugenmerk auf den wirtschaftlichen Bereich gelegt und die Kontrolle der Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen außen vor gelassen. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechts­widrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzu­halten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegen­ständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens; dagegen spricht auch die Bedeutung des verfahrensgegenständlichen strafrechtlich geschützten Rechtsgutes in Form der Gesundheit der Arbeitnehmer.

 

7. Die Spruchergänzungen hinsichtlich des Tatortes bzw. der Rechtsgrund­lagen erschienen gesetzlich geboten.

 

8. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren war spruchgemäß herabzusetzen (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

H i n w e i s

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger