LVwG-700102/2/MZ

Linz, 20.07.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des A. M., geb x, X 83, R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.6.2015, GZ ZD96-1-2015, wegen einer Übertretung des Wehrgesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Aus Anlass der Beschwerde wird das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.6.2015, GZ ZD96-1-2015, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wie folgt abgesprochen:

 

„Sie haben am 15. Jänner 2015 in R. es unterlassen, nachdem Ihnen mit Bescheid des Militärkommandos der Antritt Ihres Grundwehrdienstes bis 15.10.2014 aufgeschoben wurde, den Wegfall der für den Aufschub massgeblichen Voraussetzungen, unverzüglich dem zuständigen Militärkommando zu melden.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 51 Wehrgesetz i.V.m. § 26 Abs. 4 Wehrgesetz.“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bf eine Geldstrafe in der Höhe von 150,- EUR, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden, verhängt.

 

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde wie folgt:

„Ihr Name ist A. F. M., Sie sind am 23.04.1993 in G. geboren, und österreichischer Staatsangehöriger. Am 16.12.2014 erlangte die Behörde Kenntnis, das Sie die Mitteilungspflicht gemäß § 26a Abs. 1, des Wehrgesetzes 2001 BGBl I Nr. 146 i.d.g.F, verletzt haben, indem Sie die Beendigung Ihrer Ausbildung und somit den Wegfall Ihrer maßgeblichen Voraussetzungen zur Befreiung auf Zeit vom Wehrdienst, nicht gemeldet haben. Die Republik Österreich, Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLS), W., legte eine Anzeige unter GZ P1038914/5-PersC/2014(2) in welcher Ihnen die Verletzung der Meldepflicht, gemäß § 24a Abs. 1, des Wehrgesetzes 2001, zum Vorwurf gemacht wurde.

 

Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport erlangte im Dezember 2014 Kenntnis von der Verletzung der Mitteilungspflicht und ihrer zu diesem Zeitpunkt schon laufenden Berufsausbildung zum EDV-Kaufmann (Lehre) und erteilte Ihnen nunmehr für diese Ausbildung befristet bis zum Tag der Auslehre dem 24.02.2016, eine weitere Befreiung von der Ableistung des Grundwehrdienstes. Dieser Bescheid wird unter der GZ P1038914/4-PersC/2013, mit Ausstellungsdatum 02.01.2013 geführt.

 

Am 11.05.2015 wurde unter der Aktenzahl ZD96-1-2015 hieramts eine Strafverfügung in der Höhe von 150,--€, oder im Nichteinbringungsfall, 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe erstellt, in der Ihnen der Vorwurf des Vergehens gegen den § 26a Abs. 4 des Wehrgesetzes, die nicht erfolgte unverzügliche Meldung, der Änderung der maßgeblichen Voraussetzungen, zum Aufschub Ihrer Wehrdienstpflicht, gemacht wurde. Als Tatzeit wurde der Zeitpunkt des Einlangens der Anzeige 16.01.2015 angeführt. Das Strafausmaß wurde gemäß § 51 Wehrgesetz BGBl I Nr. 146/2001 i.d.g.F festgelegt.

 

Gegen die Strafverfügung erhoben Sie am 13.05.2015 um 16:34 Uhr per E-Mail Einspruch. Sie bestätigten den Erhalt der Strafverfügung und sendeten im Anhang, den Bescheid vom 16.12.2014, in dem Sie die darin festgelegte Befreiung vom Grundwehrdienst, bis 24.02.2016, anführten. Sie ersuchten in diesem Schreiben deshalb die Vorschreibung der Geldstrafe von 150,-- € zu stornieren.

 

Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport wurde von Ihem Einspruch informiert und zu einer Stellungnahme aufgefordert, im daraufhin eingelangten Schreiben des Ministeriums wurde die Sachlage noch einmal konkret aufgelistet und im wesentlichen festgestellt, dass Sie zwar für Ihre Lehrzeit einen weiteren Aufschub Ihrer Wehrpflicht erhalten haben, dies jedoch vom vorhergehenden Bescheid unabhängig erfolgte. Die Tatsache, dass Sie die im "Erstbescheid" nachweisliche ausdrückliche Warnung vor der Verletzung der Meldepflicht bei Änderung der Bescheidvoraussetzungen inklusive der zu erwartenden Geldstrafe bis zu 700,-- Euro, schriftlich, zusammen mit dem Bescheid, erhalten haben wurde erneut festgestellt. Das Ministerium stellte fest, dass der erneute Aufschub des Wehrdienstes in keinem direkten Zusammenhang mit dem Erstbescheid steht und die Meldepflicht eindeutig verletzt wurde, was sich in der Anzeigenlegung wiederspiegelt.

 

Mit Schreiben vom 08.06.2015, zugestellt durch Einlegung in die Abgabeeinrichtung, am 11.06.2015, wurden Sie vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und aufgefordert innerhalb 2 Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, oder zur mündlichen Erörterung zu uns zu kommen. In einer schriftlichen Stellungnahme stellen Sie fest, dass die Verfolgung Ihrer Person gem. § 31 VStG unzulässifg sei, da die Tatbegehung und der Taterefolg im Juni 2013 verwirklicht worden seien und eine Verfolgungshandlung nicht binnen des gesetzlichen Zeitrahmens von einem Jahr erfolgt sei.

 

 

2. Beweiswürdigung:

 

Beweis wurde Erhoben, durch die Einsichtnahme in die Anzeige des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport, die Bescheide des Ministeriums, die Strafverfügung vom 11.05.2015, Ihr Einspruchsschreiben, die Stellungnahme des Ministeriums, Ihre Stellungnahme zur Beweisaufnahme, die entsprechenden Gesetzestexte, insbesondere Wehrgesetz und VStG, sowie den Akteninhalt ZD96-1 -2015.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 26a Abs.1 des Wehrgesetzes 2001 waren Sie verpflichtet, den Wegfall der Befreiungsgründe unverzüglich dem Bundesministerium für Landesverteidigung zu melden.“

 

Es folgt die Zitierung des § 26a WG. Im Anschluss setzt die belangte Behörde wie folgt fort:

„Als Befreiungsgrund wurde im Bescheid vom 02.01.2013 der Besuch der höheren technischen Lehranstalt G. genannt und die von Ihnen vorgelegte Schulbesuchsbestätigung als Grundlage für diesen `Aufschub der Wehrpflicht´ vorgelegt. Sie wurden in diesem Bescheid nachweislich davon in Kenntnis gesetzt, dass die Beendigung der Schulausbildung (jede Änderung) unverzüglich dem BMLS mitzuteilen ist, ansonsten Sie eine Verwaltungsübertretung begehen, welche mit einer Geldstrafe von bis zu 700,--€ zu ahnden ist. Allfällig neuerliche Befreiung, seien durch einen neuen Bescheid zu regeln. Die Ihnen gewährte Befreiung erfolgte `ausschließlich zum Zwecke der Schulausbildung´ in der HTL.

 

Am 16. Dezember 2014 teilten Sie dem BMLS mit, dass Sie bereits seit 15 Juli 2013 eine Lehre bei der Firma B., zum EDV Kaufmann absolvieren. Die Erhebung des BMLS ergaben, dass Sie sich am 14. 06.2013 von der HTL G. abgemeldet haben. Spätestens ab 15.06.2013 währen Sie verpflichtet gewesen die dadurch eindeutig erfolgten Änderungen der Befreiungsgründe unverzüglich, schriftlich an das Ministerium zu melden. Dieser Meldepflicht sind Sie am 16. Dezember 2014 nachgekommen, indem Sie die Änderung von Schule auf Lehre meldeten. Aufgrund der Beurteilung des BMLS wurde eine weitere Befreiung vom Wehrdiest für die Dauer des Lehrverhältnises ausgesprochen. Diese neuerliche befristete Befreiung vom Wehrdiest wegen der Lehre, steht in keinem Zusammenhang mit der Tatsache, dass Sie der Meldepflicht gemäß Bescheid vom 02.01.2013 nicht nachgekommen sind.

 

Aufgrund der Anzeige und der Aktenlage wurde eine Strafverfügung verfasst und nachweislich am 13.05.2015 zugestellt. Die Zustellung dieser Strafverfügung erfolgte um 3 Tage weniger als 5 Monate nachdem die zuständige Behörde, in diesem Fall das Verteidigungsministerium, Kenntnis von der Veränderung und gleichzeitig von der nicht rechtzeitig erfolgten Meldung dieser Veränderung erlangte. Die Strafverfügung GZ. - ZD96-1-2015 vom 11.05.2015 ,ist in Form und Inhalt klar gehalten und aufgrund der darin dargelegten gesetzlichen Bestimmungen wurde Ihnen eine Geldstrafe von 150,-- Euro (Ersatzfreiheitstrafe 72 Stunden) auferlegt.

 

Am 13.05.2015 um 16:34 Uhr, sendeten Sie per E-Mail ein Schreiben mit der Bestätigung, dass Sie die Strafverfügung erhalten haben und teilten mit, dass Sie einen Bescheid der Republik Österreich, für Landesverteidigung und Sport haben, in welchem steht, dass Sie vom Grundwehrdienst bis 24.02.2016 befreit sind. Sie ersuchten um "Stornierung der Vorschreibung", bezüglich der Geldstrafe von 150,- Euro. In diesem Schreiben gehen Sie nicht darauf ein, dass die Strafverfügung auf den Verstoß gegen die Meldepflicht, bei Veränderungen der Bescheidgrundlagen des Erstbescheides, abgestellt ist.

 

Am 8. Juni 2015 wurden Sie nachweislich zur einer Schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme eingeladen, um Ihnen die Möglichkeit einer Erörterung des Gegenstandes zu ermöglichen. Diese Möglichkeit nutzten Sie insofern, indem Sie eine "Stellungnahme zur Beweisaufnahme" am 22.06.2015 per E-Mail an und sendeten, in der Sie feststellten, dass eine Verfolgung Ihrer Person gemäß § 31 VStG unzulässig sei. Die Tatbegehung und Taterfolg seien im Juni 2013 verwirklicht worden und eine Verfolgungshandlung sei nicht binnen des gesetzlichen Zeritrahmens von einem Jahr erfolgt.“

 

Es folgt die Zitierung des § 31 VStG. Im Anschluss setzt die belangte Behörde wie folgt fort:

„Gemäß § 31 Abs. 1 ist die Verfolgung unzulässig, wenn binnen einem Jahr die strafbare Handlung abeschlossen wurde oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

 

In Ihrem Fall hat die strafbare Handlung, mit dem Tag der versäumten Meldepflicht (unverzüglich), am 14.06.2013 nach der Beendigung der Schule begonnen und mit der Meldung am 15.12.2014, an das Bundesministerium, geendet.

 

Nachdem dieses Datum nicht annähernd 1 Jahr vor dem Zustelldatum der Strafverfügung nähmlich dem 13.05.2015 liegt ist der Hinweis auf "Verjährung nicht relevant.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, das das Vergehen der mangelnden Änderungsmeldung gemäß § 51 Wehrgesetz nachweislich gesetzt ind von Ihnen auch nicht bestritten wurde, und vom Verlassen der Schule bis zum 15.12.2014, dem Tag der Meldung bein BMLS, angedauert hat. Der erneute Aufschub der Wehrpflicht, aufgrund der EDV-Kaufmannlehre bis zum 24.02.2016, steht in keinem Zusammenhang zum anhängigen Fall. Die Meldepflicht im Falle einer Veränderung des derzeitigen Zustandes, ist jedoch in gleicher Form wieder schlagend und ist bei Nichteinhaltung mit Strafe bedroht.

 

Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF ist Grundlage für die Bemessung der Strafe, das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung und Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Zur Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse machten Sie keine Angaben und wurden diese deshalb auf 800,- Euro netto pro Monat, unsererseits angenommen.

Die verhängte Geldstrafe erscheint dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden des Beschuldigten angemessen. Bei einem Gesamtstrafrahmen bis zu 700,00 Euro liegt die verhängte Geldstrafe von 150,00 Euro im unteren Bereich. Dieser Betrag erscheint ausreichend, um Sie von künftigen Übertretungen des Wehrgesetzes abzuhalten.

 

Das Ausmaß der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung. Die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

II. Gegen og Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

Seine Beschwerde begründet der Bf wie folgt:

„Gemäß § 26 WehrG Abs. 1 Z 1 hat das zuständige Bundesministerium von Amts wegen taugliche Wehrpflichtige vom Antritt zur Leistung des Präsenzdienstes bei Vorliegen einer Schul- Berufsausbildung zu befreien, da dies dem Interesse der Öffentlichkeit entspricht.

 

Im gegenständlichen Fall wurde vom Beschuldigten im Juni/Juli 2013 die Ausbildung an der HTL beendet und eine Lehre angefangen. Dem Beschuldigten wird nun vorgehalten, er hätte hierdurch die Mitteilungspflicht nach § 26a WehrG verletzt und sei nach §51 WehrG verwaltungsrechtlich zu bestrafen.

 

1. Mitteilungspflicht nach § 26a WehrG

 

§ 26a WehrG sieht eine Mitteilungspflicht für vom Antritt des Präsenzdienstes befreite Wehrpflichtige1 vor, wenn die für die Befreiung maßgeblichen Umstände wegfallen. Gemäß § 26 WehrG sind Schul- Berufsausbildungen maßgebliche Umstände, die einen Befreiungstatbestand darstellen. Da der Beschuldigte lediglich die Ausbildungsstätte gewechselt hat, ist keine Mitteilungspflicht gegeben.

 

Wenn die BH Schärding nun verneint, dass darüber hinaus auch jeder Wechsel der Ausbildungsstätte mitteilungspflichtig wäre, so findet diese Auffassung im klaren Gesetzeswortlaut keine Deckung. Die Behauptung der BH Schärding unter Pkt. 2 Beweiswürdigung, sie würde sich auf den Gesetzestext beziehen, ist daher obsolet.

 

2. Schädigung oder Gefährdung von Interessen

 

Auf Seite 5 des Straferkenntnisses bezieht sich die BH Schärding für die Festsetzung der Strafhöhe auf §19 VStG und führt im Wesentlichen aus, dass für die Bemessung der Strafe das mit der Tat einhergehende Ausmaß der Schädigung, Gefährdung der durch die Schutznorm erfassten Interessen, sowie die sonstigen nachteiligen Folgen und das Verschulden zu berücksichtigen wären.

 

Angesichts der in § 26 WehrG normierten Befreiung von Wehrdienern bei Schul-, Berufsausbildung vom Antritt des Präsenzdienstes, welche darüber hinaus von Amts wegen wahrzunehmen ist, ist es denkunmöglich, dass gleichzeitig das, von der BH Schärding im übrigen nicht einmal konkretisierte, geschützte Interesse auf Information gefährdet oder geschädigt wurde.

 

Nie und nimmer kann ein bloßer Wechsel der Ausbildungsstätte das geschützte Informationsrecht nach § 26a WehrG gefährden, da per Gesetz klar gestellt ist, dass bei Vorliegen von Befreiungsgründen ein Antritt des Präsenzdienstes ohnehin ausgeschlossen ist.

 

Mangels einer Gefährdung, geschweige einer Schädigung von Interessen, fehlender sonstiger nachteiliger Folgen für irgendjemanden, scheidet eine Bestrafung aus, und, da auch kein Vergehen vorliegt, kann auch kein Verschulden vorliegen.

 

Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, wurde der Wechsel der Ausbildungsstätte im übrigen Ende 2014 dem BM mitgeteilt und in den Unterlagen des BM aktualisiert.

 

3. §21 VStG

 

Die BH Schärding führt auf S. 5 ihres Straferkenntnisses aus, dass die Anwendung von § 21 Abs. 1 VStG ausscheiden würde, weil die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- u. Schuldgehalt zurückbliebe.

 

Auf Grund der Rechtslage (§ 26a WehrG) steht zweifelsfrei fest, dass eine Verletzung der Mitteilungspflicht nur dann gegeben ist, wenn der Befreiungsgrund (Schul-, Berufsausbildung) wegfällt und durch die Nichtmitteilung dieses Umstandes dem Bundesministerium für Verteidigung die Disposition des Antritts des Präsenzdienstes vorenthalten wird. Im gegenständlichen Fall ist der Befreiungsgrund nicht weggefallen.

 

Selbst wenn man der Auffassung der BH Schärding folgt und von einem Fehlverhalten ausgeht, so bleibt die unwiderlegliche Tatsache, dass der Beschuldigte auf Grund seiner Ausbildung ohnehin der Disposition des Bundesministeriums entzogen bleibt. Hieraus folgt zwangsläufig die Anwendung von § 21 VStG, eben genau weil der Unrechts-, Schuldgehalt hinter dem deliktstypischen Ausmaß zurück bleibt.

 

4. §31 VStG

 

Die BH Schärding führt auf S. 5 weiters aus, dass die strafbare Handlung am 14.06.2013 begonnen hätte und am 15.12.2014 geendet hätte und erklärt damit eine nicht erfolgte Meldung iSv § 26a WehrG zu einem Dauerdelikt.

 

Selbst wenn man der Auffassung der BH Schärding folgt und von einem Fehlverhalten des Beschuldigten im Sinne einer vorwerfbaren Nichtmeldung ausgeht, wäre in logischer Konsequenz hierzu die Frage zu erörtern, ob hier ein Dauerdelikt vorliegt.

 

Das entscheidende Merkmal eines Dauerdeliktes ist gemäß Gesetzesmaterialien (RV 1076 Big NR 24 GP8) und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. E 93/02/0083; E 2004/05/0113 uvm) dass über das bloße Fehlverhalten hinaus per Gesetz explizit auch das beibehalten des gesetzwidrigen Zustandes pönalisiert ist.

 

Auf Grund des Wortlautes von § 26a WehrG wird ein schuldhaftes Verhalten bereits durch eine fehlende, unverzügliche Mitteilung gesetzt. § 26a WehrG ist in keiner Silbe zu entnehmen, dass hier ein Dauerdelikt vorliegen würde, womit die Annahme eines Dauerdeliktes: ausgeschlossen ist. Tatzeitpunkt und Taterfolg wären somit am 14.06.2013 eingetreten. Die Strafverfügung iSe ersten Verfolgungshandlung wurde am 13.05.2015 zugestellt, somit annähernd 2 Jahre nach Begehung der strafbaren Handlung. Hierdurch ist die Strafverfolgung gem. § 31 Abs. 1 VStG in jedem Fall unzulässig.

 

Anträge

 

Der Beschuldigte stellt auf Grund der Missachtung der Sachlage, Missachtung der Rechtslage, Missachtung der ordnungsgemäßen Beweiswürdigung durch die BH Schärding/Hr. E. R. den Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben und die Rechtswidrigkeit dieses Straferkenntnisses festzustellen. Eine mündliche Verhandlung scheidet schon alleine auf Grund der Gesetzeslage im Hinblick auf die Strafhöhe aus, zudem ist die Sach- und Rechtslage hinreichend erörtert, um dem doch recht enttäuschenden Gesetzesvollzug durch die BH Schärding ein Ende zu bereiten.“

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Weiters wurde telefonisch mit dem BMLVS abgeklärt, dass die Meldung des Bf über den Wegfall des Befreiungsgrundes am 16.12.2014 eingelangt ist. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist.

 

c.) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem im angefochtenen Bescheid dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.1) § 44a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet:

 

㤠44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.“

 

a.2) Die einschlägigen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 – WG 2001 lauten in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung:

 

 

 

„Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern. Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Als familiäre Interessen gelten auch solche aus einer eingetragenen Partnerschaft. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.

 

Mitteilungs- und Nachweispflichten

§ 26a. (1) Wehrpflichtige, denen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, haben den Wegfall der hiefür maßgeblichen Voraussetzungen, sofern für eine Befreiung nicht ausschließlich militärische Rücksichten maßgeblich waren, unverzüglich der zur Entscheidung zuständigen Verwaltungsbehörde mitzuteilen. Erfolgte eine Befreiung nach § 26 Abs. 1 Z 1 wegen einer beruflichen Tätigkeit, so ist zu dieser Mitteilung der Auftraggeber nach § 26 Abs. 2 verpflichtet. Der Wehrpflichtige hat in diesem Fall lediglich die Beendigung einer solchen Tätigkeit mitzuteilen.

(2) Wehrpflichtige, denen eine Befreiung gewährt wurde, haben, sofern die Befreiung nicht vorher endet oder für die Befreiung nicht ausschließlich militärische Rücksichten maßgebend waren, innerhalb eines Monates nach Ablauf

1. jedes fünften Jahres nach Rechtskraft einer Befreiung nach § 26 Abs. 1 Z 1 und

2. jedes dritten Jahres nach Rechtskraft einer Befreiung nach § 26 Abs. 1 Z 2 der zur Entscheidung zuständigen Verwaltungsbehörde das weitere Vorliegen der für die Befreiung maßgeblichen Umstände nachzuweisen. Erfolgte eine Befreiung nach § 26 Abs. 1 Z 1 wegen einer beruflichen Tätigkeit, so obliegt dieser Nachweis dem Auftraggeber nach § 26 Abs. 2. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so tritt der Bescheid über die Befreiung nach Ablauf dieser Monatsfrist außer Kraft.

(3) Hinsichtlich eines Aufschubes gilt Abs. 2 mit folgenden Maßgaben:

1. Der Nachweis ist innerhalb eines Monates nach Ablauf jedes zweiten Jahres zu erbringen.

2. Nachzuweisen ist der angemessene Fortschritt der für den Aufschub maßgeblichen Berufsvorbereitung.

(4) Hinsichtlich eines Ausschlusses von der Einberufung nach § 25 Abs. 1 Z 4 gelten die Abs. 1 und 2 mit folgenden Maßgaben:

1. Der Wegfall der Voraussetzungen ist dem Militärkommando mitzuteilen.

2. Der Nachweis ist innerhalb eines Monates nach Ablauf jedes zweiten Jahres nach Feststellung der Tauglichkeit nach § 25 Abs. 1 Z 4 zu erbringen.

3. Nachzuweisen ist der angemessene Fortschritt der für den Ausschluss maßgeblichen Berufsvorbereitung.

4. Wird der Nachweis nicht fristgerecht erbracht, so erlischt der Ausschlussgrund.“

 

b) Vorweg ist festzuhalten, dass es sich bei einer Übertretung der hier ggst Meldepflicht um ein Unterlassungsdelikt mit der Wirkung eines Dauerdeliktes handelt (siehe zur vergleichbaren Rechtslage im Meldegesetz etwa VwGH 8.4.1987, 87/01/0007; 7.3.2000, 96/05/0107; 27.4.2004, 2003/05/0204). Die Verjährungsfrist beginnt daher erst mit dem Aufhören des rechtswidrigen Zustandes zu laufen (so etwa zum BDG 1979 VwGH 28.7.2000, 93/09/0182).

 

Im konkreten Fall bedeutet dies: Als Befreiungsgrund im Bescheid des BMLVS vom 2.1.2013 wurde der Besuch der HTL in G. angesehen. Dieser Befreiungsgrund ist mit der Abmeldung des Bf von der genannten Schule, dh am 14.6.2013, weggefallen. Ab diesem Zeitpunkt hat für den Bf die Verpflichtung bestanden, „unverzüglich“ Meldung zu erstatten.

 

Eine entsprechende Meldung des Bf erfolgte jedoch erst am 16.12.2015; erst an diesem Tag hat daher iS og Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der rechtswidrige Zustand aufgehört und erst ab diesem Tag ist die Verjährungsfrist zu bemessen. Das Vorbringen des Bf, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, geht daher ins Leere.

 

c) Dennoch kommt der Beschwerde des Bf Berechtigung zu:

 

Der Spruch eines Straferkenntnisses muss nämlich Auskunft darüber geben, in welcher Weise das Verfahren erledigt wird. Wenn der Spruch nicht auf Einstellung lautet, muss er das Strafverfahren mit einem Schuldspruch erledigen. Dabei muss sich alles Wesentliche aus dem Spruch ergeben, da ausschließlich dieser konstitutiv wirkt.

 

§ 44a VStG legt jene Mindestinhalte fest, die der Spruch in jedem Fall aufzuweisen hat. Z 1 leg cit zufolge ist eines dieser Mindestmerkmale „die als erwiesen angenommene Tat“.

 

Für die Bezeichnung der Tat in tatsächlicher Hinsicht ist es unter anderem erforderlich, das Geschehen, als jenes eine Vorschrift übertretende Verhalten eines Beschuldigten – hinreichend genau nach Zeit und Ort (vgl VwGH 3.9.2003, 2001/03/0150; Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 848) – zu umschreiben, das die Behörde für erwiesen hält und einer rechtlichen Würdigung unterzieht (VwGH 31.1.1990, 88/03/0239; 25.2.1992, 91/04/0285; Kneihs in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz [2010] § 44a Rz 4).

 

Bei der Bestrafung wegen eines Dauerdelikts sind der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge dessen Anfang und Ende im Spruch anzuführen (vgl VwGH 17.6.1993, 93/06/0103; 6.11.1995, 95/04/0005; 10.7.1998, 97/02/0528).

 

Im ggst Fall wird im angefochtenen Straferkenntnis nicht nur kein Tatzeitraum festgelegt, vielmehr wird dem Bf als Tatzeitpunkt auch noch der 15.1.2015 vorgeworfen. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass dem Bf in der Strafverfügung die Tat interessanter Weise am 16.1.2015 angelastet wurde.

 

Wie unter Punkt IV.c) dargelegt, hat das rechtswidrige Verhalten jedoch mit der erfolgten Meldung am 16.12.2014 geendet. Dies geht im Übrigen auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hervor.

 

Vor diesem Hintergrund steht für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fest, dass der Bf zur genannten Zeit keine Verwaltungsübertretung begangen hat. Da es dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch nicht gestattet ist, eine entsprechende Auswechslung der Tatzeit, die dem Bf nie vorgeworfen wurde, vorzunehmen, ist das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben.

 

Ob die weitere Spruchformulierung den Anforderungen des § 44a VStG entspricht, braucht daher nicht weiter geprüft zu werden. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der Spruch der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach die Zuordnung des Tatverhaltens zur verletzten Verwaltungsvorschrift hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ermöglichen muss; diese Umschreibung kann nicht durch eine bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden (VwGH 20.10.1999, 99/03/0340).

 

d) Von der Verfahrenseinstellung ist abzusehen, da die Verfolgungsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist und es der belangten Behörde freisteht, entsprechende Veranlassungen zu treffen.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die gegenständliche Entscheidung der oben genannten, einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vollinhaltlich entspricht.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde bzw einer revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Markus Zeinhofer